Als ich vor einiger Zeit damit anfing, Gisa Paulys »Mamma Carlotta ermittelt«-Reihe zu hören, war es Sommer, Urlaubszeit, und ich war auf der Suche nach passender Lektüre für alle Daheimgebliebenen.
Über die Kultreihe » Mamma Carlotta ermittelt«
Was ich fand, war Mamma Carlotta. Eine Krimi-Reihe, deren Episoden in großen Teilen auf Sylt spielen. Gisa Pauly ist es gelungen, das Flair dieser Insel einzufangen und um Spannungselemente zu bereichern. Entstanden ist eine Reihe, die mich sehr gut unterhielt und mich fortan regelmäßig begleiten sollte.
Das Flair dieser Insel ist sicherlich ein Charakteristikum dieser Reihe, die mittlerweile 11 Bände umfasst. Der 12. Band wird voraussichtlich am 2. Mai 2018 veröffentlicht.
Ein weiteres nicht ganz unwichtiges Merkmal dieser Serie entsteht durch den Gegensatz, mit dem Gisa Pauly spielt, denn die Protagonistin dieser Reihe stammt nicht von Sylt. Mamma Carlotta ist Italienerin.
Was Mamma Carlotta ausmacht
Carlotta Capella ist die Schwiegermutter des Sylter Hauptkommissars Erik Wolff und kommt als solche mit einer gewissen Regelmäßigkeit zu Besuch auf die Insel, um die Familie ihrer verstorbenen Tochter zu besuchen und nach Kräften zu unterstützen.
Mamma Carlotta ist laut, sehr gesprächig, neugierig und charismatisch. Sie ist offen und hilfsbereit. In ihrem Leben hat sie schon einiges erlebt. Sie ist die perfekte Hobbydetektivin, beobachtet viel und kommt mit praktisch jedem ins Gespräch.
Mamma Carlotta als italienische Miss Marple auf Sylt?
Es gibt viele Autorinnen und Autoren, die sich ein Beispiel an Agatha Christies Miss Marple nehmen und eine Figur entwickeln, bei der der Vergleich offensichtlich erscheint. Gisa Paulys »Mamma Carlotta« weißt ebenfalls eine gewisse Analogie zur Miss Marple-Reihe auf.
Sie ist jedoch insbesondere durch das Urlaubsflair, welches diese Krimis ausstrahlen, nicht nur die perfekte Unterhaltung für zwischendurch, sondern auch für Urlaube oder um in Erinnerungen zu schwelgen. Die (Hör-)Bücher rund Mamma Carlotta überzeugen durch ein hohes Lokalkolorit und eine Wohlfühlatmosphäre.
Dabei stellt Mamma Carlotta die typische italienische Hausfrau dar. Sie kocht gerne, backt und ist ein typischer Familienmensch, der die Wärme liebt und in deren Umgebung er stets ein wenig lauter ist.
Natürlich ist mir bewusst, dass Mamma Carlotta eine fiktive Figur ist, die aus der Vorstellung von Gisa Pauly stammt, dennoch fällt es leicht, eine typische Nonna, also eine Großmutter italienischer Herkunft zu sehen. Gisa Pauly spiegelt die Vorstellung, die wir alle zu haben scheinen, wenn wir eine typische und vor allem traditionsbewusste italienische Seniorin denken.
Wobei Seniorin ist definitiv das falsche Wort, denn Mama Carlotta stellt nicht unbedingt eine ältere Dame dar, die die Hände in den Schoss legt, sondern ist überaus aktiv und lebensfroh. Wo immer möglich ist sie mittendrin statt nur dabei. Ihre Auffassungsgabe ist so schnell wie manch ein jüngerer sie sich wünschen würde.
Darüber hinaus hat sie kaum körperliche Beschwerden oder lässt sich diese nicht anmerken. Sie ist jung geblieben und so nimmt sie natürlich auch am Sylter Gesellschaftsleben teil. Alles, woran eine Sylterin auch teilnehmen würde, weckt Mamma Carlottas Interesse.
Sie ist viel zu neugierig, um die Hände in den Schoss zu legen und er wird aufgrund dieser Neugierde zahlreiche Verbindungen, die bei der Aufklärung eines Falles helfen können.
Die richtige Reihenfolge und meine Rezensionen
In den nächsten Wochen möchte ich euch die einzelnen Fälle vorstellen, dabei halte ich mich an die korrekte Reihenfolge, da es sinnvoll ist, diese einzuhalten:
Band 1: Die Tote am Watt
Band 2: Gestrandet
Band 3: Tod im Dünengras
Band 4: Flammen im Sand
Band 5: Inselzirkus
Band 6: Küstennebel
Band 7: Kurschatten
Band 8: Strandläufer
Band 9: Sonnendeck
Band 10: Gegenwind
Band 11: Vogelkoje
Band 12: Wellenbrecher
Band 13: Sturmflut
Band 14: Zugvögel
Band 15:Lachmöwe
Band 16: Schwarze Schafe
Band 17: Treibholz
Mamma Carlotta: eine Reihe – drei Sprecherinnen
Etwas verwirrend aber nicht weiter verwunderlich ist die Tatsache, dass die Mamma Carlotta-Reihe von unterschiedlichen Sprecherinnen gelesen wird. Dabei ist es allerdings nicht so, dass die Sprecherin nach jeder Folge wechselt, sondern einfach ab und an abgelöst wurde. Aus diesem Grund habe ich bei jedem einzelnen Hörbuch dieser Reihe auch ein paar Worte darüber verloren, wie dieses Werk gelesen wurde. Denn natürlich gibt es kleinere Unterschiede in der Art, wie die drei Sprecherinnen diese Geschichten sprechen.
Ricci Hohlt
Zunächst wurde die Reihe rund um Mamma Carlotta von Ricci Hohlt gelesen. Die 1945 geborene Schauspielerin hat sich vor allem am Theater einen Namen gemacht, ist aber dem ein oder anderen vielleicht auch aus Serien wie „Derrick“ oder „Siska“ bekannt. Meiner Meinung nach hat sie sehr gut auf die Rolle der Mamma Carlotta gepasst. Nach einigen Folgen jedoch wurde die Sprecherin von Christiane Blumhoff abgelöst.
Christiane Blumhoff
Die 1942 geborene Christiane Blumhoff hat sich vor allem als Volksschauspielerin (vor allem im Komödiantenstadel) einen Namen gemacht. Heute ist sie mir in Episodenhauptrollen zu sehen. Auch ihre Stimme passte gut zu Mamma Carlotta, der sie in vielen Fällen ihre Stimme lieh. Sie verkörperte eine energiegeladene und durchaus resolute Version von Mamma Carlotta. Mit dem 14. Band „Zugvögel“ wurde sie von Ursula Berlinghof abgelöst.
Ursula Berlinghof
„Ursula Berlinghof absolvierte ihre Schauspielausbildung an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Saarbrücken. Anschließend spielte sie auf Theaterbühnen unter anderem in Kiel, Hamburg und München und stand für Fernseh- und Kinoproduktionen vor der Kamera. Als Sprecherin las sie bereits Krimis von Julie Masson, Liebesromane von Åsa Hellberg und gehörte zum Ensemble mehrerer Hörspiele.“ (HörbuchHamburg)
An diese neue Stimme musste ich mich zu Anfang erst ein wenig gewöhnen, fand sie aber nach der Eingewöhnung eigentlich ebenso passend, wie jene der beiden Vorgängerinnen.
Eine Frage der Lesart
Mamma Carlotta muss mit einem gewissen italienischen Akzent vertont werden. Insbesondere in den Dialogen, in denen Mamma Carlotta selbst spricht bietet es sich daher an, einen leichten italienischen Anklang mit hinein zu lesen.
Doch unterscheidet sich dieser italienische Akzent von Sprecherin zu Sprecherin deutlich, sodass man sich bei jeder einzelnen der Sprecherinnen zunächst einen Moment einhören kann. Hört man sich die Hörbücher einzeln an, so fällt der Unterschied nicht allzu schwer ins Gewicht.
Betrachtet man die einzelnen Sprecherinnen aber im Vergleich, so stellt man fest, dass jede einzelne von ihnen eine gewisse andere Nuance der Figur betont. Dies lässt die Figur auf Dauer ausgesprochen vielschichtig erscheinen.
Ein Unterschied, wenn man selber liest
Neben der Möglichkeit, sich diese Reihe als Hörbuch anzuhören, hat man natürlich auch die Möglichkeit, die gesamte Reihe, die im Piper Verlag erschienen ist, selbst zu lesen.Allerdings hat man dann möglicherweise wiederum eine neue Stimme im Kopf.
Wenn man Mamma Carlotta selbst liest, könnte man schnell eine andere Vorstellung von der Figur kommen, denn ich habe den Eindruck, dass auch die unterschiedlichen Sprecherinnen dazu beitragen, dass Carlotta mal mehr und mal weniger resolut wahrgenommen wird.
Auch die Idee, eine typische italienische Nonna vor sich zu haben, verändert sich im Laufe der Zeit ein wenig, da sie sich einerseits an bestimmte Charakteristika des Sylter Alltags gewöhnt, die Sprecherinnen sie aber auch mal mit mehr und mal mit weniger ausgeprägter italienische Akzentuierung lesen. Dies ist sicherlich eine Frage der Gewöhnung und gleichzeitig auch eine Geschmacksfrage.
Doch letztlich ist auch die Frage ob man sich diese Reihe als Hörbuch angehört oder als Buch selber liest reine Geschmackssache. Teilweise habe ich nur den Eindruck, dass sich Buch und Hörbuch in bestimmten Situationen sinnvoll ergänzen.
Denn wenn man unterwegs ist, könnte man sich das Buch in die Handtasche stecken und es so immer dabei haben, wenn man warten muss. Wohingegen man abends vielleicht eher zum Hörbuch greift, um noch ein oder zwei Kapitel zu hören. Aber auch andersherum bietet es sich durchaus an.
Lohnt es sich die gesamte Reihe rund um Mamma Carlotta zu hören?
Ja, tatsächlich sind die Fälle einerseits recht unterschiedlich, zum anderen machen es auch die einzelnen Protagonisten eine Entwicklung durch. Dieses sieht man nicht nur an Mamma Carlotta, sondern auch und vor allem an ihren Enkeln, aber auch die Beziehungen von Eric, den Carlotta Enrico nennt, zeigen besagte Entwicklung deutlich auf.
Die Reihe rund um Mamma Carlotta ist also sicherlich lohnenswert, denn obwohl sie mit Sicherheit ein Krimi ist, ist sie gleichzeitig mehr als das, denn es geht nicht nur um das Lösen von Fällen, sondern auch um familiäre Themen, so das man diese Krimireihe auch gut als unterhaltend beschreiben kann, obwohl die Spannung keinesfalls zu kurz kommt.
Handelt es sich bei Mamma Carlotta um eine Cozy-Crime-Reihe?
Ja, man könnte tatsächlich auf die Idee kommen, dass es sich bei den Krimis der Mamma Carlotta-Reihe um eine Cozy-Crime-Reihe handelt. Denn diese Reihe erscheint vergleichsweise unblutig, überzeugt aber dennoch oder gerade aufgrund ihres unblutigen Charakters durch Spannung und Konfliktpotenzial.
Mir persönlich gefällt diese Reihe ausgesprochen gut, da sie mich einerseits gut unterhält, ich gleichzeitig neugierig bin, wie der jeweilige Fall weiter geht oder endet und natürlich weil ich gespannt bin, wie es mit der Familie Wolf weitergeht.
Carlotta gliedert sich in die Familie gekonnt ein, hat aber gleichzeitig weiterhin ihre eigene Familie in Umbrien. Sie ist also genau genommen weder ein Sylter Tourist, noch jemand, der dauerhaft auf der Insel verweilt.
Carlotta selbst sieht sich als Gast, bei dem man sich freut, wenn er auf die Insel kommt, aber traurig ist, wenn er wieder geht. Ich persönlich finde es jedes Mal schade, wenn der jeweils aktuelle Fall zu Ende gegangen ist, freue mich auf den nächsten und bin dann doch immer wieder überrascht, welche Wendungen es dieses Mal gibt. Insoweit kann ich sagen, ich freue mich jedes Mal auf die Fortsetzung.
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