„Weihnachtszauber und Hundepfoten“ von Petra Schier ist der mittlerweile achte Roman aus der Weihnachtshund-Reihe und für mich normalerweise ein Grund zur Vorfreude. In diesem Jahr begann ich also ebenfalls mit dem Buch, ohne zuvor noch einmal einen Blick auf den Klappentext geworfen zu haben.
Hätte ich noch einmal einen Blick auf den Klappentext geworfen, so wäre ich weniger überrascht worden. Zwar wusste ich, dass es dieses Mal um Melissa gehen würde, allerdings erinnerte ich mich nicht mehr daran, dass es um das Thema häusliche Gewalt gehen würde. Dieses Thema hatte ich nicht unbedingt in einem Weihnachtsroman erwartet. Allerdings wurde mir schnell deutlich, dass es um dieses Thema gehen würde, als ich Melissa und ihren Sohn kennenlernte.
Obwohl Petra Schier das Thema authentisch und tiefgehend dargestellt, verzichtet sie trotz einer in Teilen bedrohlich wirkenden Stimmung auf Darstellung von Gewalt. Bei diesem Buch schwingen also ernste Töne mit. Dieses Buch erinnert mich an die ersten Bücher dieser Reihe, die ich schon gelesen oder gehört habe. Jene Bücher spielten damals unter anderem in der Sozialstation.
Kehrt Petra Schier also mit diesem neuen Weihnachtsroman zu den Ursprüngen dieser Reihe zurück? Nein, das würde ich nicht sagen, aber dieser Roman besitzt wieder mehr Tiefgang.
„Weihnachtszauber und Hundepfoten“ von Petra Schier: eine starke, eingeschüchterte Frau?
Melissa, die wir im Roman „Auf tapsigen Pfoten ins Glück“ als Aushilfe der Glaskünstlerin Jana Weißmüller kennengelernt haben, steht im Mittelpunkt des aktuellen achten Bands. Sie hat einen sechsjährigen Sohn, Andy, und ist seit einiger Zeit mit diesem auf der Flucht vor ihrem Ex-Mann Matthias. Gegen diesen wurde ein vollständiges Kontaktverbot verhängt und Melissa hofft darauf, ihm nie wieder begegnen zu müssen.
Da Andy in ihrem Leben der wichtigste Mann ist und sie aufgrund ihrer Erfahrungen mit Matthias immer noch Angst vor der Nähe zu Männern hat, möchte sie einfach nur ein möglichst unauffälliges Leben führen und sucht weder eine Freundschaft, noch eine neue Beziehung.
„Weihnachtszauber und Hundepfoten“ von Petra Schier: Ein sanfter Fels in der Brandung
Diesen Wunsch betrachtet Lennart als Herausforderung. Er möchte Melissa nicht nur als Sicherheitsunternehmen zur Seite stehen, das Janas Stand auf dem Weihnachtsmarkt, sondern der jungen rätselhaften Frau ihr Selbstbewusstsein zurückgeben.
Ohne zu wissen, in welch schwieriger Lage sich Melissa befindet beginnt er sie aus ihrem Schneckenhaus herzulocken und möchte auch Andys Vertrauen für sich zu gewinnen. Nach ersten Versuchen ahnt er, dass es nicht leicht werden wird, Melissas schützende Fassade einzureißen und ihr Herz zu erwärmen und er bleibt nicht der Einzige, der Ansprüche geltend macht.
„Weihnachtszauber und Hundepfoten“ von Petra Schier: ein geläuteter Choleriker
In den vergangenen Monaten war Melissa stets auf der Hut und befürchtete, dass Matthias sie und Andy finden würde. Bislang hat sich ihre größte Angst bislang zum Glück nicht erfüllt, doch wirklich sicher fühlt sich Melissa nicht und bittet Janas Mann Oliver, der als Privatdetektiv tätig ist, Nachforschungen anzustellen.
Dabei wird deutlich, dass ihr Ex-Mann näher ist, als angenommen und das er bereit ist, um den Umgang mit seinem Sohn zu kämpfen. Der frühere gewalttätige Ehemann gibt vor Gericht an, sich in einer Therapie zu befinden. Melissa zweifelt jedoch stark an deren Erfolg und bleibt misstrauisch.
„Weihnachtszauber und Hundepfoten“ von Petra Schier: Eine tollpatschige Hündin mit Kuschellaune und Spielfreude
Sissy ist die tierische Heldin dieses ebenso emotionalen wie tiefgründigen Romans. Die junge Boxerdame ist ebenso verspielt wie verschmust und gewinnt mit ihrer zutraulichen und menschenbezogenen Art schnell Andys Herz. Sie wird ebenso wie ihr Herrchen zur regelmäßigen und leicht tollpatschigen Besucherin von Melissa und ihrem Sohn.
Hatte Petra Schier ihre tierischen Figuren in der Vergangenheit häufig als Spiegel ihrer menschlichen Protagonisten eingesetzt, war ich mir dieses Mal nicht ganz sicher, welche Funktion Sissy für die Handlung haben würde. Im Verlauf des Romans fielen mir dann jedoch gleich mehrere Funktionen und Spiegelungen auf.
Zunächst spiegelt Sissy den Beschützerinstinkt ihres Herrchens. Ähnlich wie Lennart ist sie stets aufmerksam und darauf bedacht, jene Menschen zu schützen, die ihr etwas bedeuten. Darüber hinaus dient sie als Spielkamerad für den kleinen Andy und schafft es seine Ängste zu reduzieren und ihn bei Bedarf zu beruhigen.
Gleichzeitig ist sie eine Art Stimmungsradar, da sie besonders aufmerksam auf die Atmosphäre im Raum und die Stimmungen ihrer Umgebung reagiert. An Sissys verhalten kann man oft schon einige Zeilen oder auch Seiten voraus erkennen, wie sich die Atmosphäre verändert.
Diese gleichzeitige Funktionalität macht Sissi als tierische Protagonistin noch einmal ein wenig vielschichtiger, als man dies vielleicht bei einer tierischen Romanheldin erwarten würde. Zumal es dieses Mal eine Änderung im Ablauf des Romans gibt, dass ich keinerlei Aufgabe hat, den Weihnachtsmann oder seinen Helfern zu helfen.
War dies in den vergangenen Romanen stets ein gelungenes Mittel für Weihnachtsstimmung zu sorgen, kommt die Weihnachtsstimmung diesmal von Lennart, der mit Melissa und Andy nicht nur dekoriert, sondern auch bastelt und backt.
Santa Claus selbst hat dieses Jahr eine eher untergeordnete Rolle und muss selbst auf die Hilfe seiner Frau und seiner Elfen zurückgreifen. Für weihnachtliche Stimmung wird dennoch gesorgt, sodass sich diese im Verlauf der insgesamt 25 Kapiteln selbst auf die Leserin und den Leser überträgt.
„Weihnachtszauber und Hundepfoten“ von Petra Schier: Mrs. Santa Claus wird’s schon richten
Santa Claus hat es in all den Jahren nie erlebt, aber nun hat er sich bei der Schlittenflugprobe eine Grippe eingefangen und das ausgerechnet jetzt, pünktlich zur Adventszeit. Für Mrs. Santa Claus ist das die Gelegenheit in die Geschicke der Menschen einzugreifen.
Dabei findet sie ganz nebenbei heraus, dass es keinesfalls einfach ist, in die Rolle ihres Mannes zu schlüpfen und dessen Aufgaben zu übernehmen. Wünsche erfüllen will eben gelernt sein. Mir persönlich gefiel die Emanzipation von Mrs. Santa Claus in diesem Roman ausgesprochen gut, da wir sie so endlich einmal näher kennenlernen und nicht nur als die Bäckerin in Santa Claus‘ Küche.
Obwohl sie auch hier die Küche nicht ganz Küche sein lässt, wird ihr Charakter durch zahlreiche Herausforderungen aufgewertet. Ob wir auch in Zukunft eine größere Rolle zugewiesen werden kann, muss ich erst noch erweisen, denn es war ja nur ein grippaler Infekt, der Santa Claus gänzlich daran hinderte, seine Aufgaben zu erfüllen. Stattdessen musste er einige Tage das Bett hüten und war darauf angewiesen, dass seine Frau sich schon um die Wünsche und die Probleme auf der Erde kümmern würde.
Trotzdem fand ich diese Entwicklung ausgesprochen positiv, da sich mit diesem spontanen Ausfall eine Änderung in der Weihnachtszeit ergibt, die so auch auf der Erde spürbar ist. Frauen haben in den vergangenen 100 Jahren spürbar an Relevanz und Wichtigkeit gewonnen. Gleichberechtigung wird also zunehmend wichtiger und auch in diesem Roman thematisiert. Santa Claus fällt aus und seine Frau packt mit an. Das ist das Leben der modernen Frau.
Stilistisch und atmosphärisch dicht
Habe ich mich im vorangegangenen Roman noch ein wenig über den Spannungsaspekt gewundert, kam mir in diesem Roman ganz gelegen, da er dafür sorgte, dass die Geschichte wieder einmal Tiefgang erlebte und nicht nur seicht vor sich hin dümpelte.
Ging es im vorangegangenen Roman um das Thema Stalking, wurde der aktuelle Roman nun durch das Thema häusliche Gewalt geprägt und auch wenn dieses Thema alles andere als einfach ist, ist es der Autorin gelungen, den schwermütigen Anteil ihrer Handlung in eine leichte und emotional weniger aufgewühlte Umgebung zu legen, sodass man sich einerseits mit diesem ernsten Thema beschäftigen konnte, sich andererseits aber auch unterhalten fühlte und in einer Art entspannte Weihnachtsstimmung versetzt wurde.
Zerbrach ich mir zu Beginn des Romans noch den Kopf, in welche Richtung sich „Weihnachtszauber und Hundepfoten“ wohl entwickeln würde, war ich am Ende des Buches viel zu verblüfft von den zahlreichen Wendungen, die Petra Schier bis zum Happy End einbaute, als dass ich mich über das Ende noch Wundern konnte.
Insgesamt erzählt Petra Schier also eine emotional dichte und gleichzeitig ausgewogene Geschichte, die auch von einem authentischen Stil geprägt ist, der einerseits leicht zu lesen ist und dennoch den Ernst der Lage unter den Tisch fallen lässt.
Dass ich Petra Schiers Bücher gerne lese, dürfte euch, sofern in meinem Blog seit längerem aufmerksam verfolgt, nicht entgangen sein. Gleichwohl staune ich immer wieder, wie wandelbar und authentisch es ihr gelingt, sich auf immer wieder neue Themen einzulassen und immer wieder neue Geschichten zu entwickeln.
Die Vielfalt, mit der ich die Autorin regelmäßig erlebe, finde ich positiv, da sie zeigt, dass man als Autorin nicht auf ein Genre festgelegt sein muss und doch weiß ich mittlerweile, dass jede ihrer Reihen ein wenig anders. Die Weihnachtshundereihe lässt sich vermutlich am ehesten mit der Lichterhaven-Reihe vergleichen, da in ihr ebenfalls Hunde enthalten sind.
Ihre historischen Romane sind mit diesen Büchern nicht zu vergleichen, aber ebenfalls sehr intensiv. Noch einmal anders erleben wir als Leserinnen und Leser vermutlich ihre Bücher, die sie unter dem Pseudonym Mila Roth veröffentlicht.
Petra Schiers Auftakt in die Rodderbach-Reihe war dann wieder ganz anders und unterhielt mich ebenfalls gut. Trotzdem oder gerade deshalb ist es für mich wichtig, zwischen den einzelnen Reihen diese Autoren zu differenzieren.
Denn obwohl sie alle von der gleichen Autorin geschrieben wurden, zeigt sie doch in jedem einzelnen ihrer Bücher und in jeder einzelnen Reihe eine gewisse Dynamik, die ihre Bücher immer wieder lesenswert machen. Eines jedoch bleibt vertraut ein lebendiger und abwechslungsreicher Schreibstil, der mich als Leserin immer wieder mitreißt.
Über die Autorin Petra Schier
„Seit Petra Schier 2003 ihr Fernstudium in Geschichte und Literatur abschloss, arbeitet sie als freie Autorin und Lektorin. Neben ihren historischen Romanen schreibt sie auch zauberhaften Liebesromane mit Hund. Sie lebt mit ihrem Mann und einem deutschen Schäferhund in einem kleinen Ort in der Eifel.“ (HarperCollins)
Fazit zu „Weihnachtszauber und Hundepfoten“ von Petra Schier
Auch wenn sich „Weihnachtszauber und Hundepfoten“ von Petra Schier insbesondere aufgrund des ernsteren Themas deutlich von früheren Romanen dieser Reihe abhob, fühlte ich mich bei diesem Roman durchweg abgeholt. Mir persönlich gefiel es, dass ein scheinbares Tabuthema erörtert wurde bei dem die Dunkelziffer der Betroffenen Männer wie Frauen vermutlich höher ist, als man glaubt.
Allerdings befürchtete ich zunächst, dass die Weihnachtsstimmung ob dieser ernsten Thematik verloren ginge und wurde hier überrascht, denn es ist der Autorin durchaus gelungen, die ganze Thematik mit der weihnachtlichen Grundstimmung in Einklang zu bringen und so miteinander zu verweben, dass sich eine ebenso spannende und unterhaltsame, wie komplexe Handlung ergab, die eben klassisch in der Adventszeit spielt.
Auch wer grippaler Infekt, der Santa Claus ins Bett zwingt, sorgt bei mir als Leserin natürlich für einige Verwunderung, allerdings auch für große Freude, da es seiner Frau die Möglichkeit gibt endlich einmal das Zepter in der Weihnachtszeit zu schwingen.
Alles in allem muss ich also sagen, dieser Roman hat mir Spaß gemacht, auch wenn ich vielleicht anfangs etwas ganz anderes erwartet hatte. Ich persönlich freue mich nun auf die neuen Bücher der Autorin, die mich vermutlich nicht auf den nächsten Winter warten lassen werden.
Bereits im Sommer ist nämlich sowohl ein neuer Rodderbach-Roman angekündigt als auch ein neuer Lichterhaven-Roman. Das verspricht gute Unterhaltung ganz ohne Weihnachtsstimmung, bevor wir dann im nächsten Herbst wieder zu einem neuen Weihnachtsroman greifen dürfen.
Weihnachtszauber und Hundepfoten
"Weihnachtszauber und Hundepfoten" von Petra Schier ist der mittlerweile achte Roman aus der Weihnachtshund-Reihe und für mich normalerweise ein Grund zur Vorfreude. In diesem Jahr begann ich also ebenfalls mit dem Buch, ohne zuvor noch einmal einen Blick auf den Klappentext geworfen zu haben.
URL: https://www.harpercollins.de/products/weihnachtszauber-und-hundepfoten-9783365004357
Autor: Marie Lanfermann
Autor: Petra Schier
ISBN: 9783365004357
Veröffentlichungsdatum: 2023-09-26
Format: https://schema.org/Hardcover
4.8
Vorteile
- Authentische Darstellung des Themas häusliche Gewalt
- Emotional dichte und ausgewogene Geschichte
- Gelungene Verbindung von ernstem Thema und weihnachtlicher Stimmung
- Vielschichtige tierische Protagonistin, die verschiedene Funktionen erfüllt
- Positive Entwicklung der Rolle der Mrs. Santa Claus
Nachteile
- Möglicher Verlust der Weihnachtsstimmung durch ernstes Thema
- Überraschender Ausfall von Santa Claus aufgrund eines grippalen Infekts