„Drei Frauen am See“ von Dora Heldt ist eine Geschichte um eine langjährige Freundschaft von gleich vier Frauen. Frederike, Alexandra, Jule und Marie kennen sich seit ihrer Jugend.
Gemeinsam haben sie viele schöne Sommer am See verbracht. Doch seit einem Sommer vor knapp 10 Jahren ist alles anders: Ein Streit hat alles zerstört.
Zehn Jahre sind seit dem Streit von damals vergangen und seit diesem Treffen hat es keine weiteren mehr gegeben. Einiges hat sich seit dem verändert und So wundert es Frederike, Jule und Alexandra als sie von einer ihnen unbekannten Frau um ein Treffen bei einem Notar gebeten werden. Dass die Vierte von ihnen kürzlich verstorben ist, haben einige von ihnen mitbekommen, aber seltsam ist dieser Termin doch irgendwie.
Da diese Unbekannte sowohl Frederike als auch Jule und Alexandra um dieses Gespräch gebeten hat, treffen die Frauen gänzlich unerwartet aufeinander.
Die verstorbene Marie hat den drei Freundinnen gemeinsam das Haus am See vererbt, da sie davon überzeugt ist, dass ihre Freundschaft noch zu retten sei. Als Bedingung legt sie fest, dass sich die drei Frauen am See treffen sollen, so sie früher jedes Jahr an Pfingsten.
„Drei Frauen am See“ von Dora Heldt: Die Geschichte einer Freundschaft
Im Vergleich zu „„Mathilda oder Irgendwer stirbt immer“ von Dora Heldt ist „Drei Frauen am See“ natürlich ganz anders. Wo Mathilda mit schwarzem Humor überzeugt, begeistert „Drei Frauen am See“ von Dora Heldt durch Ernsthaftigkeit und Melancholie.
Beides entsteht durch das Wissen des Lesers oder Hörer, dass die Vierte im Bunde den aktuellen Sommer am See nicht miterleben kann, obwohl sie es selbst maßgeblich arrangiert hat, und es somit nur drei Frauen am See aus ihrer früheren Clique geben wird. Allerdings erleben wir Marie ja in den Szenen aus der Vergangenheit ebenso wie die drei anderen Frauen und lernen sie mindestens ebenso gut kennen.
Aufgrund der szenischen Darstellung erleben wir dabei die Geschichte gleichzeitig in der Vergangenheit und in der Gegenwart. Insgesamt macht es den Ablauf damit ein wenig komplexer, als wenn man es nur in einer einzelnen Zeit erzählen würde, allerdings auch unterhaltsamer.
Obwohl ich die Geschichte als melancholisch und ernst wahrnehme, würde ich sie dennoch nicht unbedingt als dramatisch bezeichnet, sondern vielmehr als authentisch. Die Charaktere, die Dora Held in diesem Roman geschaffen hat, sind lebendig und echt. Nahezu jeder könnte jemanden kennen, der zu einer der beschriebenen Frauen passt.
„Drei Frauen am See“: typische Frauenbiografien?
Ja, tatsächlich würde man meinen, dass die Geschichte rund um die drei Frauen am See irgendwo typische Frauenbiografien aufgreift, aber meiner Meinung nach greift sie nicht nur typische Frauenbiografien auf, sondern sie schafft selbst für jede einzelne der vier Frauen eine ganz eigene Biografie und einen Lebensweg, der alles andere als geradlinig verlaufen muss.
Zwar hat jede von ihnen ihre ganz eigenen Hindernisse zu überwinden, aber gemeinsam besitzen sie eine Stärke, sodass jede von ihnen auf einen erfolgreichen Lebensweg blicken könnte. Allerdings wird auch von einigen Misserfolgen erzählt. Das Leben der vier Frauen erscheint durch diese ganzen Wendungen, durch die Irrungen und Wirrungen des Lebens, authentisch.
„Drei Frauen am See“ von Dora Heldt: eher etwas für Frauen mit Lebenserfahrung
Diese Authentizität setzt aber auch voraus, dass auch die Leserin oder Hörerin dieses Roman eine gewisse Lebenserfahrung mitbringt.
Denn die Protagonisten, die in diesem Buch mitspielen sind alle mittlerweile in den besten Jahren angekommen. Sie alle stehen, mit Ausnahme von Marie, noch mitten im Leben, sind alle etwa 50 Jahre alt und kennen sich seit vielen Jahren.
Um nachzuvollziehen, was mit diesen drei Frauen nun im Rahmen dieses Romans passiert, sollte man selbst schon einmal die Erfahrung gemacht haben, was passiert, wenn eine langjährige Freundschaft von Erwachsenen zerbricht, die sich schon im Kindesalter kennengelernt haben.
Ich selbst gehöre meiner Meinung nach noch nicht ganz zu Zielgruppe, denn ich bin jünger die Protagonisten und trotzdem oder gerade deshalb fand ich es spannend, einen Blick in diese fiktive Biografien zu werfen.
Hätte ich mehr Spaß gehabt, der Geschichte zu folgen, wenn ich ein wenig älter gewesen wäre? Nun, darüber lässt sich sicherlich streiten, aber Fakt ist, dass sich dieser Roman nicht an Frauen um die 20 richtet und ich bin mir fast sicher, dass ich als 20-jährige diesen Roman noch nicht hätte lesen können, geschweige denn hören.
Also hatte ich wohl Glück, dass mir dieser Roman nicht begegnete, als ich 20 Jahre alt war. Jetzt, da ich tatsächlich mitten im Leben stehe, kann ich mich in gewisser Weise ein wenig in die einzelnen Charaktere hinein versetzen. Das allerdings wäre mir noch nicht möglich gewesen, als ich noch zu Beginn meines Studiums stand.
Auf den Roman zurückblickend, möchte ich also festhalten, dass dieser Roman eher etwas für Frauen ab 30 oder sogar 35 Jahren ist. Jüngere Frauen können sich vielleicht nicht unbedingt mit den Protagonistinnen identifizieren und somit auch nicht für ihre Freundschaft begeistern.
„Drei Frauen am See“: Dora Heldts Erzählstil
Bereits weiter oben erzählte ich davon, dass sich diese Geschichte inhaltlich sehr stark von Mathilda unterscheidet. Allerdings ist es nicht nur eine ganz andere Stimmung, sondern auch eine veränderte Stilistik, denn obwohl es die gleiche Autorin ist, die Erzählweise, die sie für „Drei Frauen am See“ gewählt hat, nicht nur komplexer, sondern auch noch ein wenig intensiver. Intensiver vor allem was die Darstellung von Gefühlen und insbesondere verletzten Gefühlen angeht.
Gleichzeitig merkt man bei diesem Roman allerdings auch, dass Dora Heldt sich hier eine andere Zielgruppe für ihre Geschichte wünscht. Diese Geschichte besitzt dabei allerdings ebenso viel Tiefe, wie ich es auch bei Mathilda kennengelernt habe. Da muss ich sagen, dass die Tiefe durch eine andere Methodik entsteht, denn hier handelt es sich keinesfalls um eine Familiengeschichte, sondern um die Geschichte einer Freundschaft.
Diese Geschichte ist so dicht an der Realität, dass man schon fast das Gefühl hat, dabei zu sein. Wo Mathilda mit skurrilen Wendungen daherkommt, entsteht bei „Drei Frauen am See“ eine gewisse Authentizität, sodass ich das Gefühl hatte, an der Seite der jeweiligen Erzählerin alles mitzuerleben.
Die zahlreichen Perspektivenwechsel lassen das natürlich unmöglich erscheinen, allerdings ist es ja durchaus möglich, von der einen zur anderen zu wandern. Genau dieses Gefühl entsteht im Rahmen von diesem Roman.
Über die Autorin Dora Heldt
„Dora Heldt, 1961 auf Sylt geboren, ist gelernte Buchhändlerin und arbeitet seit 1992 als Verlagsvertreterin. Mit ihren spritzig-unterhaltenden Romanen hat sie sämtliche Bestsellerlisten erobert und Millionen Leserinnen und Leser zum Lachen gebracht.
Regelmäßig werden ihre Bücher, z.B. „Urlaub mit Papa“, „Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt“ und „Herzlichen Glückwunsch, Sie haben gewonnen“ verfilmt oder auf die Theaterbühne gebracht. Dora Heldt lebt in Hamburg.“ (GoyaLit)
Über die Sprecherin Anneke Kim Sarnau
„Anneke Kim Sarnau studierte Schauspiel an der Stuttgarter Hochschule für Musik und Darstellende Kunst und erhielt ihr erstes Engagement am Wiener Burgtheater. Es folgen weitere Gastspiele am Schauspielhaus Düsseldorf sowie am Hamburger Schauspielhaus.
Ihr Filmdebüt gab sie 1998 in „Barracuda dancing“. Für ihre Hauptrollen in „Ende der Saison“ und „Die Hoffnung stirbt zuletzt“ wurde sie mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Deutschen Fernsehpreis und zweimal mit dem Grimme Preis in Gold.
Einen international bedeutenden Auftritt hatte sie in dem Oscar-nominierten Film „Der ewige Gärtner“. Außerdem war sie in der Krimi-Comedy-Serie „Dr. Psycho“ zu sehen und wirkte in zahlreichen Fernsehfilmen und Tatort-Folgen mit.
Seit 2010 ermittelt Anneke Kim Sarnau als Profilerin Katrin König in der Krimiserie „Polizeiruf 110“ in Rostock.“(GoyaLit)
Die Art wie Anneke Kim Sarnau „Drei Frauen am See“ liest
Die Art wie Anneke Kim Sarnau „Drei Frauen am See“ liest, ist einerseits emotional, gleichzeitig aber auch sachlich. Aber ich einerseits das Gefühl, die Geschichte an der Seite der vier Frauen mit zu erleben, ist es andererseits doch nicht so nah, dass ich das Gefühl habe, diese Geschichte anstelle der jeweiligen Frau zu erleben. Ich bin als Hörerin dieser Geschichte also stets dabei, aber nicht mittendrin.
Liegt dies nun in der Art begründet, wie Anneke Kim Sarnau „Drei Frauen am See“ liest? Nein, denn es ist mit Sicherheit auch eine Frage der Erzählperspektive. Vermutlich würde sich der Effekt des Dabeiseins, aber nicht mittendrin zu sein, bei der Romanausgabe noch verstärken.
„Drei Frauen am See“ von Dora Heldt: Das Quäntchen Emotion
Aufgrund der Perspektivwahl des personalen Erzählers sind es vor allem unausgesprochene Gedanken, die mir bei diesem Roman fehlen. Allerdings fehlen sie nicht tatsächlich, sondern sorgen dafür, dass die Geschichte und insbesondere deren Aufbau spannend bleiben.
Durch die Wahl des personalen Erzählers ist es so, dass wir die Gedankengänge jeder einzelnen Protagonistin nur dann mitbekommen, wenn der ausgesprochen werden. Auf diese Weise erfahren wir erst sehr spät was eigentlich hinter dem ganzen Streit der vier Freundinnen steckt.
Erst als sich die drei Frauen am See treffen, dabei von Maries Lebensgefährtin begleitet werden und ein paar Geheimnisse ans Licht kommen, mit denen man so nicht gerechnet hatte, wird klar, was eigentlich die Ursache des ganzen Problems war.
Leider geht auf Basis dieses Erzählers aber ein wenig von der Emotionalität der Geschichte zurück, denn aufgrund der Tatsache, dass wir nur jene Gedankengänge erleben können, die ausgesprochen wurden, fehlen uns innere Monologe, Gedanken und eben gewisse Emotionen.
Allerdings werden uns Emotionen durch die Handlungen der Protagonistinnen in der jeweiligen Szene einzig durch bestimmte Verhaltensweisen verdeutlicht. Somit fehlt nicht tatsächlich etwas, sondern es kommt in einer anderen Form beim Hörer an.
Auf dieser Basis könnte man jetzt sagen, dass „Drei Frauen am See“ von Dora Heldt so geschrieben worden ist, als würden wir es bereits als Film sehen. Ein Film ist über einen Roman aber nicht unbedingt eine gute Idee.
Denn auch im Film kann man die Gedanken nur hören, wenn sie in irgendeiner Form entweder durch den Erzähler oder durch eine handelnde Protagonistin oder einen oder Chronisten ausgesprochen werden.
Dennoch schätze ich in gewissen Situationen die Perspektive des personalen Erzählers. So gibt es auch hier Vorteile, die im Verlaufe der Geschichte nicht missen möchte. Und trotzdem gibt es seit diesem einen Nachteil, den ich gerade zu verdeutlichen versuchte. Ein Quäntchen mehr an Emotion oder Innenschau hätte der Geschichte nach meinem Geschmack sicher gut getan.
Fazit zu „Drei Frauen am See“ von Dora Heldt
„Drei Frauen am See“ von Dora Heldt mit einem Fazit zu versehen fällt nicht leicht, denn die Geschichte erscheint einerseits melancholisch und authentisch, andererseits aber aufgrund der Tatsache, dass es in der dritten Person erzählt wird, auch sachlich und neutral.
Diese Neutralität möchte ich der Geschichte aber keinesfalls zum Vorwurf machen, vielmehr ist es so, dass „Drei Frauen am See“ sich in gewisser Weise durch diese Neutralität geringfügig von ihrer eigenen Handlung distanziert. Die Geschichte profitiert von dieser Distanz, verliert aber an Emotion, was somit nicht unbedingt hilfreich für alle Hörer des Romans ist.
Wer also eher einen emotionalen Roman erwartet hatte, der ist mit „Drei Frauen am See“ von Dora Heldt nicht so gut aufgestellt, wie all jene, die von einem Roman nicht nur Unterhaltung, sondern auch Tiefgang erwarten.
Gleichzeitig ist natürlich zu bedenken, dass sich „Drei Frauen am See“ nicht unbedingt an junge Frauen richtet, sondern an all jene, die von einem Roman Lebenserfahrung erwarten und diese auch selbst mitbringen. Ich glaube, dass dieser Roman sich vor allem an Frauen richtet.
Dabei ist „Drei Frauen am See“ nicht unbedingt ein Roman, der nur für Frauen interessant wäre. Die Tatsache, dass es sich bei „Drei Frauen am See“ von Dora Heldt um einen Roman über eine Frauenfreundschaft handelt, sorgt aber insbesondere dafür, dass Frauen sich mit den Protagonistinnen identifizieren.
Stellt sich die Frage, ob man diesen Roman lieber selbst lesen oder hören sollte. Wie so oft möchte ich an dieser Stelle keinesfalls das eine oder das andere bevorzugt empfehlen, denn wie nur allzu oft ist es eine Frage des Geschmacks.
Es hängt davon ab, ob man lieber während einer langen Autofahrt ein Hörbuch hört oder während man beispielsweise bügelt; oder ob man es sich lieber mit einem Buch auf dem Sofa gemütlich macht, oder abends im Bett liest.
Die Frage des Geschmacks kann ich für Euch nicht beantworten, aber ich kann Euch natürlich sagen, dass mir die Lesart von Anneke Kim Sarnau gut gefallen hat, denn sie passte zu diesen vier Frauen. Müsste ich selbst einmal die Wahl treffen, ob ich das Buch lieber selber lesen oder mir mir die Geschichte als Hörbuch anhören möchte, so wäre meine Wahl eindeutig.
Zwar hat das Buch sicherlich viele Vorteile, aber als Hörbuch ist es noch ein wenig entspannter und schaltet zumindest bei mir automatisch eine Art Kopfkino ein. Das macht es für mich noch mal ein wenig lebendiger. Es gibt sogar eine Fortsetzung.