“Ostsee Klönschnack und ein Mord” von Inga Schneider ist ein Roman, den ich als Hörbuch (gelesen von Heidi Jürgens) gehört habe. Dieser auf den ersten Blick touristisch geprägte und ungewöhnliche Krimi überzeugte mich mit Lokalkolorit und einer ganz besonderen Hauptfigur. Mit ihrer Art die Geschichte um Anni Gade und die Fördemorde zu erzählen, macht Lust die Flensburger Förde selbst zu besuchen.
Wer mich kennt und diesen Blog schon seit Längerem folgt, weiß, dass ich früher gerne mal den einen oder anderen Krimi mit Lokalkolorit gelesen habe. Nur blutig sollte es nicht werden. All diese Aspekte treffen auf “Ostsee Klönschnack und ein Mord” zu, dachte ich und freute mich auf diesen Krimi. Einen kleinen Teil des Fazits nehme ich an dieser Stelle vorweg, denn enttäuscht wurde ich nicht, sondern viel mehr überrascht.
Frischer Wind an der Förde – Einstieg & Atmosphäre
Schon nach wenigen Sätzen weht einem die salzige Brise der Ostsee entgegen, denn Anni Gade kommt zu spät zu ihrer eigenen Stadtführung. Als Petuh-Tante zurecht gemacht findet sie sich in mitten in einer Fangruppe der SG Flensburg-Handewitt wieder, die den Gewinn der Champions League feiern.
Als Hörerin ist mir also schnell klar, ich bin mittendrin im Geschehen. Und noch etwas ist klar, Inga Schneider, die Autorin dieses Krimis, versteht es, die Flensburger Förde so lebendig zu beschreiben, dass man fast das Möwengeschrei hört und den Sand unter den Füßen spürt.
Ich selbst hatte bis zu diesem Hörbuch noch nichts von Stadtführungen mit Petuh-Tanten gehört. Jetzt, im Anschluss an das Hören dieser Geschichte, könnte ich mir gut vorstellen, selbst mal eine Stadtführung mit einer Petuh-Tante in Flensburg zu machen. Das stelle ich mir recht angenehm vor.
Von Stadtführerin zur Spürnase – Die Hauptfigur Anni Gade
Mit Anni Gade betritt eine Protagonistin die Bühne, die sofort Sympathiepunkte sammelt. Ihre Neugier und ihr Humor stecken an – und machen sie zur perfekten Ermittlerin wider Willen. Anni bot mit ihrer charmanten Art eigentlich wenig Konfliktpotential, so lange man sie nicht reizte. Gleichzeitig bot sie nicht zuletzt aufgrund ihrer Verkleidung als Petuh-Tante natürlich Anlass, ihre Beobachtungen in Frage zu stellen oder zumindest diese nicht ernst zu nehmen.
Letztlich ist diese ungewöhnliche Aufmachung einer Hobbyermittlerin, die als Stadtführerin arbeitet, nicht nur der Grund, warum es eben doch eine gewisse Reibung gibt, sondern auch ein Aspekt, der von Anfang an viel Lokalkolorit versprach. Die Tatsache, dass Anni als Stadtführerin ihr Flensburg vor allem Touristen zeigt, macht diesen Krimi nicht nur für Flensburger Urgesteine interessant, sondern auch für Zugezogene oder Touristen, die nach Flensburg reisen wollen oder die besondere Atmosphäre bereits kennen gelernt haben. Anni macht jedem Leser sehr schnell klar, dass Flensburg für mehr bekannt sein sollte als nur die Punkte.
Doch was ist nun eigentlich dieses Petuh? Petuh ist ein Dialekt, der in Flensburg vor allen von denjenigen gesprochen wird, die eine dänische Schule besucht haben. Es ist eine sprachliche Mischung, die Hoch- und Plattdeutsch mit dänisch kombiniert und einen guten Eindruck gibt, wie eng die beiden Regionen miteinander verbunden sind.
Wenn Petuh nun also ein Dialekt ist, was ist dann eine Petuh-Tante? Nun als Petuh-Tanten bezeíchnete man im 19. Jahrhundert höher gestellte Frauen. Gleichzeitig geht das Wort Petuh auch auf die Dauerkarten zurück, mit denen sich diese höher gestellten Frauen der Grenzregion, regelmäßig zu Butterfahrten auf den Ausflugsdampfern trafen.
In “Ostsee Klönschnack und ein Mord” tritt Anni Gade im Kostüm einer solchen Frau während ihrer Stadtführungen auf und zeigt den Teilnehmern ihrer Führung ihrer Flensburg von einer anderen Seite. Mit dem was sie auf diese Weise erfährt, lässt sich das Verschwinden eines Mannes und der Mord an einem anderen fast schon in Rekordzeit aufklären. Wäre der ermittelnde Kommissar doch nur bereit ihre Informationen ernst zu nehmen?!
Skurrile Typen, starke Frauenfreundschaft – Nebenfiguren im Fokus
Anni Gade könnte man nun durchaus als skurril bezeichnen. Allerdings sind auch die Nebenfiguren dieses Krimis alles andere als gewöhnlich. Ob eigensinniger Kommissar oder Erpel Hugo: Die Nebenfiguren sind mehr als schmückendes Beiwerk. Sie sorgen für Witz, Reibung und überraschende Wendungen.
An dieser Stelle würde ich euch gerne jeden einzelnen schrägen Charakter vorstellen, aber, wenn ich das mache, würde ich euch vermutlich viel zu viel mit auf den Weg geben und euch so letztlich die ganze Spannung nehmen. Aus diesem Grund versuche ich es etwas anders. Anders sind nämlich auch die Nebenfiguren in diesem ungewöhnlichen Krimi. Jede einzelne Figur bringt hier ihre Eigenheiten mit ein und manch einer birgt ein überraschendes Geheimnis, das dieser Geschichte die eine oder andere Wendung beschert.
Fangen wir also mit den verschwundenen Unternehmern an. Beide wurden am Abend vor ihrem Verschwinden noch zusammen gesehen – während Annis Stadtführung schnappte die Stadtführerin einige Gesprächsfetzen auf und ist überzeugt: Das klang nach einem Streit. Liegt in diesem Streit der Grund für ihr Verschwinden?
Kommissar Jan Christiansen ahnt nichts von dieser Beobachtung und misst Anni Gades Aussage keine Relevanz bei, schließlich wurde sie nicht einbestellt. Insgeheim hegt er Zweifel, ob Anni die Wichtigkeit ihrer Aussage nicht überschätzt. Schließlich verbindet die Beiden bereits eine unschöne – aber für mich als Hörerin überaus unterhaltsame – Auseinandersetzung rund ums Auto fahren und dabei lässt Anni es nicht bewenden. Nein, jetzt besitzt diese Petuh-Tante auch noch, die Impertinenz sich in seine Ermittlungen einzumischen.
Tatsächlich steckt hinter Jan Christansens schlechter Laune mehr als man beim ersten Zusammentreffen meinen könnte, aber das wird Anni erst im Verlauf der Ermittlungen deutlich.
Sein Kollege Boysen ist Anni auf den ersten Blick gleich viel sympathischer. Er ist weder so arrogant wie Christiansen, noch belächelt er Anni. Im Vergleich zu seinem Kollegen, der frisch aus Hamburg hergezogen ist, kommt Boysen gebürtig aus Flensburg und kennt die Eigenheiten seiner Mitmenschen ähnlich gut wie Anni.
Und dann gibt es da auch noch Hugo, einen Erpel, um den sich Anni kümmert wie um ein Haustier. Gemeinsam mit ihrer besten Freundin, Nele, denn natürlich kann Hugo nicht mit auf Annis Stadtführungen. So tragen alleine schon die einzelnen Figuren dazu bei, dass ich von “Ostsee Klönschnack und ein Mord” gut unterhalten werde. Denn alleine durch die Figuren erhält dieser Krimi nicht nur eine spannende, sondern auch noch eine humorvolle Ebene.
Ostsee Klönschnack und ein Mord” ist ein Krimi, der von seinen skurrilen Figuren und seinem Lokalkolorit lebt. Dabei lohnt er sich nicht nur für Flensburger Einheimische, sondern eigentlich für jeden, der diese Stadt kennen und lieben lernen möchte. Alleine schon aufgrund der Figuren freue ich ich mich auf die Fortsetzung von “Ostsee Klönschnack und ein Mord”.
“Ostsee Klönschnack und ein Mord”: Spannung trifft Humor – Plot und Erzählstil
Wer glaubt, Cosy Crime sei seicht, wird hier eines Besseren belehrt. Die Mischung aus Spannung, cleveren Dialogen und norddeutschem Humor sorgt dafür, dass man das Buch kaum aus der Hand legen möchte und das Hörbuch nicht ausschaltet.
Da ich – wie vermutlich viele von euch – unblutige Krimis bevorzuge, machte mich die Handlung von “Ostsee Klönschnack und ein Mord” insbesondere mit diesen ungewöhnlichen Protagonisten natürlich neugierig.
Inga Schneiders Art diese Geschichte zu erzählen, macht es mir leicht dieser Geschichte zu folgen. Ganz nebenbei sorgt sie für einen lebendigen Verlauf, sodass dieser Krimi pure Unterhaltung versprüht und mich natürlich neugierig auf die Fortsetzung macht.
Nordische Schnackerei – Sprache und Stil
Locker-flockig, bildhaft und manchmal wunderbar schnoddrig: Der Stil transportiert nicht nur die Handlung, sondern auch das Lebensgefühl der Flensburger Förde. Man liest – und hört förmlich den Klönschnack. Die Geschichte lebt nämlich von ihren Dialogen und erscheint durch das Lokalkolorit besonders authentisch.
Obwohl ich selbst kein Petuh spreche und auch noch nie in Flensburg war, konnte ich der Geschichte gut folgen, verstand die Dialoge und bekam gleichzeitig einen guten Eindruck, was mich erwarten würde, wenn ich in Flensburger Urlaub machen und eine Stadtführung mit einer Petuhtante buchen würde.
Die Kombination aus Sprache und Stil unterstreicht und unterstützt die Handlung so gut, dass ich mich als Hörerin des Hörbuchs gut unterhalten fühle und richtig Lust auf einen Urlaub an der Flensburger Förde bekommen.
Genau wegen dieser Verbindung betrachte ich “Ostsee Klönschnack und ein Mord” als perfekten Reisebegleiter für all jene, die in der Region Urlaub machen. Auf dem Hinweg bietet dieser Roman gute Unterhaltung und während eures Urlaubs habt ihr die Möglichkeit euch diverse Schauplätze selbst anzusehen. Auf diese Weise wird die Geschichte gleich noch einmal viel lebendiger.
Über die Autorin Inga Schneider
“Inga Schneider hat »Hygge« im Blut. Sie arbeitet als Journalistin in Dänemark und Schleswig-Holstein. Seit 2021 veröffentlichte sie bereits mehrere erfolgreiche Cosy-Crime- sowie Liebes- und Feel-Good-Romane.” (Dotbooks)
“Ostsee, Klönschnack und ein Mord”: Cosy Crime mit Suchtfaktor? – Fazit & Lesetipp
“Ostsee Klönschnack und ein Mord” ist ein Wohlfühlkrimi mit Ecken und Kanten, der Lust auf mehr macht. Wer Küstenatmosphäre, sympathische Figuren und einen Schuss Humor mag, kommt hier voll auf seine Kosten.
Wer hingegen vor allem Wert auf intensive Ermittlungsarbeit legt, sollte eher bei einem andere Krimi zugreifen, denn Anni Gade ist eher eine leidenschaftliche Hobbyspürnase mit Witz und Charakter, denn eine strukturierte Kripobeamtin, aber das macht eben auch den Reiz aus.
Bei “Ostsee Klönschnack und ein Mord” stehen die unterschiedlichen Persönlichkeiten im Mittelpunkt der Ermittlungen. Anni Gades detektivischer Spürsinn arbeitet über ihre Ortskenntnis und ihr Austausch mit den Einheimischen, die Jan Christiansen nicht so recht über den Weg trauen und so wird “Ostsee Klönschnack und ein Mord” zu einem echten Leseerlebnis.
“Ostsee Klönschnack und ein Mord”: Ein Genuss auch für die Ohren
Heidi Jürgens hat “Ostsee Klönschnack und ein Mord” als Sprecherin inszeniert. Ein echter Glücksgriff würde ich sagen, denn Heidi Jürgens ist es mit ihrer Stimme gelungen, eine weitere Ebene in diesen Krimnalroman einzuziehen, die die besondere Atmosphäre und das Lokalkolorit noch einmal verstärken.
Obwohl ich Heidi Jürgens bislang nicht als Hörbuchsprecherin erlebt habe, wird es sicher nicht das letzte Hörbuch der Bremerin sein, dass ich höre. Es hat nämlich richtig Spaß gemacht der Geschichte zu lauschen.
Ich freue mich schon jetzt auf die bald erscheinende Fortsetzung mit dem Titel “Hering, Strandluft, Mordgeflüster”, die im Juni 2025 erscheint.
Ostsee, Klönschnack und ein Mord

"Ostsee Klönschnack und ein Mord" von Inga Schneider ist ein Roman, den ich als Hörbuch (gelesen von Heidi Jürgens) gehört habe. Dieser auf den ersten Blick touristisch geprägte und ungewöhnliche Krimi überzeugte mich mit Lokalkolorit und einer ganz besonderen Hauptfigur. Mit ihrer Art die Geschichte um Anni Gade und die Fördemorde zu erzählen, macht Lust die Flensburger Förde selbst zu besuchen.
URL: https://www.dotbooks.de/document/1469801
Autor: Marie Lanfermann
Autor: Inga Schneider
ISBN: 9783989524095
Veröffentlichungsdatum: 2025-02-11
Format: https://schema.org/EBook
4.8
Vorteile
- Authentisches Lokalkolorit mit norddeutschem Dialekt
- Sympathische, humorvolle Hobbyermittlerin
- Skurrile, vielschichtige Nebenfiguren
- Spannende, humorvolle Mischung
- Lebendiger, bildhafter Erzählstil
- Stimmstarke Hörbuchsprecherin
- Perfekt für Cosy-Crime-Fans und Flensburg-Interessierte
Nachteile
- Fokus auf Amateurermittlung statt professioneller Polizeiarbeit
- Wenig Konfliktspannung bei Hauptfigur
- Dialekt für Ungeübte teils herausfordernd
- Nicht für Fans blutiger Krimis geeignet