„Gegenwind“, das zehnte Hörbuch aus der Reihe “ Mamma Carlotta ermittelt“ von Gisa Pauly, spielt wieder in Gänze auf Sylt. Dieses Mal wird es sportlich, denn Mamma Carlotta ist eine freiwillige Helferin beim Stylt-Lauf, an dem ihre Enkel und Freunde ihrer Enkel teilnehmen. Mamma Carlotta engagiert sich wieder einmal am Gesellschaftsleben auf der Insel und schließt so neue Bekanntschaften.
Worum geht’s?
Während des Sylt-Laufs stirbt ein Teilnehmer, der eigentlich viel zu jung war, um während des Laufs einfach so Tod umzufallen. Mamma Carlotta, die als Streckenposten bei den Versorgungsständen hilft, ruft den Notarzt, doch zu spät. War es wirklich der unerwartete Tod eines Freizeit-Sportlers, der sich einfach nicht ausreichend auf das Event vorbereitet hat. Schnell gibt es Gedanken an einen unnatürlichen Tod.
Denn der Vater des Toten machte eine auffällige Beobachtung. So nimmt Hauptkommissar Erik Wolf, Mamma Carlottas Schwiegersohn, die Ermittlungen auf. Starb der junge Mann wirklich wegen eines Falls von Doping? Die Autopsie erbringt den Nachweis über die Einnahme eines Medikaments, so dass Erik im Umfeld des Toten ermittelt und einer Geschichte auf die Spur kommt, die längst in der Vergangenheit liegt.
Dann stolpert Mamma Carlotta über eine weitere Leiche, die neue Fragen aufwirft…
Figuren
Schon in den vorangegangen Hörbüchern erlebte ich Gisa Paulys Erzählstil als sehr authentisch und lebendig. Jede einzelne Figur hat ihren eigenen Charakter und damit verbunden auch ein ganz eigenes Temperament. Mamma Carlotta ist aufgrund ihrer Herkunft und Lebensweise sicher die Temperamentvollste. Sie erscheint sprunghaft, impulsiv und gleichzeitig warmherzig und zupackend.
Towe und Fiedje sind zwar nicht ganz so charismatisch wie Carlotta Carpella, haben aber einen ähnlich starken Charakter, dennoch wirken diese beiden wiederkehrenden Nebenfiguren in diesem Fall nur unterstützend.
Betrachtet man die Geschichte auf der Figurenebene, so fallen die Gegensätze vor allem dadurch auf, dass Mamma Carlotta als Italienerin lebendig ist, wo die Sylter Bewohner eher ein wenig introvertiert und verschlossen wirken. Ja, diese Gegensätze zeichnen sich gerade für den Handlungsverlauf immer und immer wieder in den Hörbüchern rund um Mamma Carlotta aus. Gleichzeitig jedoch verstärkt dieses »Zeigen« die Handlung, es beschleunigt sie, macht sie anschaulich und lebendig. Somit ist es auch den scheinbar unterkühlten Nordlichtern möglich aktiv ihre Anteile an der Geschichte beizutragen. Sie erfahren zum Beispiel, dass Towe ein ganz anderer ist als der, für den er sich ausgibt.
Stil
Diese Gegensätzlichkeit zeigt sich auch und vor allem in den Sprachraffinessen der Figuren, die sie abermals lebendig und greifbar erscheinen lassen. Ja, jeder einzelnen Figur hat nicht nur ihren eigenen Charakter, sondern auch ihre eigene Sprache. Bei Mamma Carlotta fällt dieses natürlich sofort an italienischen Begriffen auf oder daran, dass sie die deutschen Vokabeln ein wenig anders betont. Aber es wird auch an Kleinigkeiten auf. Mit liebevollen Details die sich in der Sprache oder in der Darstellung der Figuren widerspiegeln, gelingt es Gisa Pauly, ihren ganz eigenen Stil in den Mamma-Carlotta-Hörbüchern zum Leben zu erwecken.
Doch auch fernab der Figuren und der Dialoge zeigt sich im Verlauf einer jeden Mamma Carlotta Geschichte ein ganz spezieller Rhythmus, der keinesfalls auf irgend einen Täter hinweist, sondern vielmehr die Atmosphäre betont oder die Handlung noch nicht erscheinen lässt. All das macht zugegebenermaßen richtig Spaß und entführt den Zuhörer in einer Art Urlaubsstimmung. Einmal tief durchatmen und wohl fühlen, das scheint das Ziel der Autoren zu sein und genau das erlebt man im Rahmen dieser Geschichte. Dennoch kommt die Spannung keinesfalls zu kurz.
Die Spannungskurve
Was die Spannungskurve angeht, habe ich schon in den vorangegangenen Hörbüchern angemerkt, dass es mir bei den Mamma Carlotta Hörbüchern bislang selten gelungen ist, den Täter vor der Zeit zu ermitteln. Eine Tatsache, die bei mir im Rahmen von Krimis mittlerweile verdammt selten vorkommt. Die meisten Täter entlarve ich vor der Zeit. Dieses Mal war es auch wieder genauso, ich bin irgendwann aus Versehen darauf gekommen, wer der Täter sein könnte, auch wenn mir zu dem Zeitpunkt zunächst das Motiv noch gar nicht bekannt war.
Dennoch ist es kein schlechter Krimi, sondern ein Krimi, der mit Höhen und Tiefen im Spannungsverlauf gute Unterhaltung sorgt und dabei nahezu ohne Blutvergießen auskommt. Der perfekte Krimi also für all jene, die sich vielleicht nicht immer an den brutalsten, den hinterhältigen oder sonst wie Nerven beanspruchenden Krimi heranwagen.
Fazit
Alles in allem hat mir diese Geschichte wieder richtig gut gefallen, so das ich mich bereits auf den elften Fall rund um Mamma Carlotta freute. Leider bedeutete das aber auch, dass ich die Reihe schon bald beendet habe. Wobei, nein, sie ist ja noch nicht abgeschlossen. Mit „Vogelkoje“ freue ich mich auf einen weiteren Fall.
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