Heute jährt sich der Geburtstag von Theodor Fontane 200. Mal. Dieses Jubiläum nimmt das ZDF zum Anlass und zeigt uns heute um 20:15 Uhr den Krimi „Unterm Birnbaum“. Ich nehme mir dieses Jubiläum ebenfalls zum Anlass, um Euch ein paar von Theodor Fontanes Werke und seine Biografie vorzustellen. Wen das also interessiert, der sollte in den nächsten Tagen noch einmal reinschauen, doch erst einmal zum Film.
„Dass sich Fontanes Geburtstag am 30. Dezember 2019 zum 200. Mal jährt, ermöglicht dem ZDF den passgenauen Sendetermin als Fernsehfilm der Woche am Montag nach Weihnachten. Wir freuen uns, mit „Unterm Birnbaum“ zwischen den Jahren einen Film im Programm zu haben, der spannende Unterhaltung auf sehr hohem Niveau bietet und der gleichzeitig einem der größten deutschen Literaten eine zeitgemäße Bühne bereitet“, erklärt Petra Tilger vom ZDF.
Worum geht’s bei „Unterm Birnbaum“?
Das Ehepaar Abel und Ursel Hradschek (Fritz Karl und Julia Koschitz) betreibt ein Landhotel im Oderbruch. Voller Ehrgeiz haben sie das alte Gehöft umgebaut und sich dabei finanziell verhoben. Außerdem laufen die Geschäfte nicht so wie erhofft, zumal die Hradscheks über ihre Verhältnisse leben: Während sich bei Abel Spielschulden aus illegalen Pokerabenden anhäufen, die er in seinem Hotel veranstaltet, sehnt sich die elegante Ursel nach aufregendem Stadtleben und Statussymbolen.
Ihre Anschaffungen vergrößern noch den Schuldenberg. Zudem kann sie nicht verwinden, dass ihr Kind tot geboren wurde. Noch mehr unter Druck gerät Abel durch den geplanten Besuch seines Gläubigers Schulze (Peter Schneider), der nicht länger auf sein Geld warten will.
Als Abel bei Gartenarbeiten zufällig unter einem Birnbaum das Skelett eines Soldaten aus dem Zweiten Weltkrieg entdeckt, reift in ihm ein raffinierter Plan. Mithilfe seiner Frau arrangiert er den „perfekten Mord“ an seinem Gläubiger. Und tatsächlich scheint niemand etwas von dem Mord zu ahnen.
Der Dorfpolizist (Devid Striesow) blamiert sich in seinem Bestreben, Abel zu überführen. Dann beginnt Ursel unter schrecklichen Alpträumen zu leiden. Und Abel hat die penetrante Neugier seiner Nachbarin, der alten Jeschke (Katharina Thalbach), unterschätzt.
Die Modernisierung des Romans inklusive der Übertragung in die heutige Zeit macht das Verständnis dieses Films deutlich leichter, denn durch die Übertragung in die aktuelle Zeit erkennen wir als Zuschauer doch, wie schnell wir selbst in dieser Lage sein können und identifizieren uns gegebenenfalls sogar mit dem Ehepaar Hradschek.
Natürlich begehen wir dabei nicht unbedingt gleich einen Mord, aber wir erkennen, wie dicht Glück und Unglück und Schuld und Unschuld nebeneinander eine vermeintliche Koexistenz führen können. Das Ehepaar Hradschek ist dabei vergleichbar mit jedem von uns und die Grundannahme der Geschichte somit auch für unsere heutige Zeit ohne größere Probleme nachvollziehbar.
„Unterm Birnbaum“: Theodor Fontanes Novelle als Drama von heute
„Zwei Menschen, die in ihrer Ausweglosigkeit auf der Suche nach dem Glück den Entschluss fassen, einen Mord zu begehen, und daran zugrunde gehen – Fontane hat mit den Hauptfiguren aus „Unterm Birnbaum“, dem Ehepaar Hradschek, moderne Antihelden beschrieben, deren Geschichte sich als zeitloses Kriminaldrama liest“, beschreibt Petra Tilger das zeitlose Dilemma dieser Kriminalgeschichte.
Theodor Fontane ist dafür bekannt, in seinen Werken tatsächlich Konflikte der Gesellschaft aufzuzeigen, aber neben den Konflikt stehen immer auf die Entwicklungen im Vordergrund. In diesem Fall beschäftigt sich die Thematik des Films als auch mit Schuld und Unschuld eines Paares.
Meiner Meinung nach hätte man jedes seiner Stücke gut in die moderne Zeit übertragen können, doch die Tatsache, dass „Unterm Birnbaum“ nun ins moderne übertragen wurde, freut mich sehr. Gleichzeitig bietet dieses Jubiläum auch den Anlass, das moderne Stück zeigen.
Petra Tilger aus der ZDF Redaktion erzählt, wie die Idee zum Stück entstand: „Als die Produzenten Jan Richard Schuster und Michael Luda mit der Idee zu Günther van Endert und mir kamen, Fontanes berühmteste Novelle zu verfilmen, lag neben der Gelegenheit, den großen deutschen Schriftsteller in seinem Jubiläumsjahr zu ehren, vor allem auch ein sehr gegenwärtiger und visueller Stoff auf dem Tisch. Der Titel ist Programm, weil das dramaturgische „Skelett“ der Novelle wie für eine filmische Umsetzung geschrieben zu sein scheint, lange bevor an Film überhaupt zu denken war.“
Ein langer Weg von der Idee zum Film
„So lag es nahe, die Geschichte in die Gegenwart zu übersetzen. Doch bis in Eisenach und Umgebung gedreht werden konnte, hatte die Autorin Léonie-Claire Breinersdorfer noch viel zu tun, um aus einem gelben Reclam-Heft einen spannenden 90-Minüter zu erschaffen. Ob nun im Original die Kutsche oder im Film die Limousine versenkt wird, macht am Ende einen erstaunlich kleinen Unterschied.
Denn auch wenn die Kulisse der Erzählung 150 Jahre später eine andere sein mag – warum soll das Menschliche und all das, was uns im Innersten mit unseren Hoffnungen, Ängsten und Abgründen antreibt, damals so viel anders gewesen sein als heute?“, sagt Tilger über die Entstehung des Films.
„Die Novelle „Unterm Birnbaum“ als Fernsehfilm in die Gegenwart zu übertragen, erforderte Respekt vor dem Werk, aber auch die Bereitschaft, pragmatisch das Geschehen ins Heute zu überführen. Es galt, Fontanes Erzählkunst zu bewahren und dennoch eine aktuelle Stilistik und Form zu finden.
Eine weitere historische Verfilmung, von denen zahlreiche aus dem Oeuvre Fontanes vorliegen, sollte eben nicht entstehen. Denn der Kern der Geschichte ist zeitlos: das Scheitern einer Liebe zugunsten gesellschaftlicher Anerkennung und Renommee“, so die Produzenten Jan Richard Schuster und Michael Luda.
Mir persönlich ist klar, warum es so schwierig ist einerseits Erzählkunst Fontanes zu beachten den Film andererseits Moderne zu übertragen, denn Theodor Fontane war für seine Zeit schon überaus modern und seine Werke lassen sich auch heute noch im Rahmen des Deutschunterrichts einem Jugendlichen verständlich machen, denn die Probleme, die Theodor Fontane beschreibt sind keinesfalls neu oder alt.
Vielmehr sind die gesellschaftlichen Auseinandersetzungen und Probleme jedes einzelnen zeitlose Probleme und Hindernisse, die jeder von uns schon einmal irgendwann und irgendwo erlebt hat. Nicht unbedingt in der gleichen Konstellation wie von Fontane beschrieben, aber so, dass das Problem eindeutig wieder erkennbar ist.
Somit sollte man anerkennen, dass sich gerade dieser zeitlose Kriminalroman problemlos zwischen den unterschiedlichen Zeiten transportieren lassen würde, nicht aber Fontanes Erzählkunst. Somit war die Autorin Léonie-Claire Breinersdorfer vor eine Herausforderung gestellt, sollte doch beides erhalten bleiben.
Die Produzenten führen weiterhin aus: „Drehbuchautorin Léonie-Claire Breinersdorfer transponierte die Charaktere ins Heute, ohne die Seelen, die Fontane ihnen einverleibte, zu verletzen. Mit Regisseur Uli Edel einigte sie sich darauf, die Verabredung zum Mord, die Tat und die Vertuschung zu zeigen. Uli Edel, der die Novelle seit seiner Schulzeit kennt, war es wichtig zu schildern, wie die Tat begangen wird und die Eheleute sich dadurch zugrunde richten.
Mit den Mitteln des Filmes bringt er dies zum Ausdruck. Abscheu und Entsetzen, die Ursel als Zeugin in der Mordnacht durchlebt, spiegeln sich in ihrem Gesicht wider. Die scheinbar kaltblütige Entschlossenheit fängt er im Antlitz des Mörders Abel Hradschek ein. In Montagen wird der seelische Verfall der Täter nach der abscheulichen Tat dargestellt.“
Petra Tilger beschreibt: „Regisseur Uli Edel ist es gelungen, gemeinsam mit Kamera und Szenenbild einen Fernsehfilm zu erschaffen, der einem großen historischen Stoff entspricht und doch in der Gegenwart verankert ist.
Er füllt Fontanes Auslassungen mit Szenen, die sehr konkret werden lassen, was die Novelle im Ungewissen hält: Wie das Ehepaar im Schlafzimmer einen Mord plant und sich dabei so nahe kommt wie schon lange nicht mehr; was es physisch bedeutet, einen Menschen umzubringen und alle Beweise samt Auto beiseite zu schaffen. Und was dieser Entschluss und die Tat mit dem zu Mördern gewordenen Ehepaar macht, das nach und nach daran zerbricht.“
Meiner Meinung nach zeigen schon allein diese Passagen aus den Statements der Verantwortlichen, dass der Film selbst aufgrund seiner modernen Anpassung noch einmal näher an das Zielpublikum heran gebracht wurde und somit nicht nur Spannung und Anspruch bietet, sondern auch Unterhaltung. Ich bin mir ziemlich sicher, dass der Film in gewisser Weise ebenso Kritik an den gesellschaftlichen Normen übt, wie er ebenso Zeit, dass jeder selbst für sein Denken und Handeln verantwortlich ist.
Gleichzeitig jedoch zeigt er, wie zeitlos Probleme der heutigen Zeit sind. Meiner Meinung nach wird diese Handlung durch die Wahl der Schauspieler und die Besetzung der einzelnen Rollen noch verstärkt.
Alleine schon aufgrund der spitzenmäßigen Besetzung könnte sich dieser Film heute Abend lohnen, denn Fritz Karl habe ich bereits in einigen Rollen erlebt und fand ihn jedes Mal speziell, aber einzigartig. Die Rollen, die er spielt haben meistens eine ganz besondere Art, wirken dabei ein wenig überheblich und überzeugend doch mit einer gewissen Genialität, sodass ich mich jedes Mal sehr freue, diesen Schauspieler zu erleben.
Eins kann ich nämlich mit Gewissheit sagen: Die Rollen, die er spielt bleiben mir lange im Gedächtnis! Und so hoffe ich darauf, dass mir heute Abend wieder ein ungewöhnlicher Film präsentiert wird.
Starke Besetzung
„„Julia Koschitz und Fritz Karl spielen überzeugend zwei Süchtige, die nach dem Leben hungern und dabei an vergeblichen Stellen ihr Glück suchen: Er im Pokerspiel, sie im Online-Shopping und beide in einer gegenseitigen Abhängigkeit, die einer verhängnisvollen Liebe entspricht“, so Petra Tilgert über die Besetzung des von Julia Koschitz und Fritz Karl. Als ich dieses Statement erstmals las, musste ich schon sehr schmunzeln. Geht es Euch ähnlich?
Meiner Meinung nach ist eine Auszeichnung dafür, dass es sich um wirklich gute Schauspieler für die jeweiligen Rollen handelt. Denn nichts ist wichtiger für einen Film, als dass die Schauspieler ihre Rollen überzeugend und glaubwürdig verkörpern. Doch was war überhaupt der Beweggrund für die Schauspieler, warum sie diese Rollen übernommen?
„Unterm Birnbaum“: Julia Koschitz spielt Ursel
Julia Koschitz erzählt: „Ich mochte von Anfang an, dass man sich die Figuren erst im Laufe der Geschichte erschließen kann und einem die Motive ihres Handelns erstmal rätselhaft bleiben. Die größte Frage, die für mich dabei im Raum stand, war, warum Abel und Ursel das Verbrechen begehen, warum sie keinen anderen Ausweg aus ihrer finanziellen Misere wählen. Irgendwann habe ich begriffen, dass man den Grund dafür in der Entwicklung der Figuren nach dem Mord erkennen kann.
Man könnte einfach sagen, diese Entwicklung zeigt, wie beide an der Tat zerbrechen, jeder auf seine Weise. Ich glaube aber, dass sich die Figuren nach der Tat entblättern und man erst dann in die Abgründe sowohl jedes Einzelnen als auch in die des Paares blicken kann. In Abgründe, die bereits vor der Tat da waren: das Dilemma zweier Menschen, die eine einstige Liebe verbindet, aber beiderseits enttäuscht wurden, die voneinander abhängen und einander nicht gut tun.“
Meiner Ansicht nach beschreibt diese Aussage sehr genau, worin die Herausforderung besteht, diesen Film tatsächlich derart lebendig umzusetzen, dass er glaubwürdig erscheint. Doch welche Herausforderung das im Einzelfall ist, sieht man erst, wenn man sich anguckt, was genau eigentlich die Charaktere auszeichnet.
„Unterm Birnbaum“: Fritz Karl spielt Abel
Fritz Karl hat dies am Beispiel von Abel Hradschek einmal ausgeführt: „Abel ist ein lebenslustiger Mann, weder dem Alkohol abgeneigt noch dem Feiern, weder der Geselligkeit noch dem Spiel. Das heißt, er hat schon sehr viele Leidenschaften und auch ein gewisses Suchtverhalten und ist sicher nicht ein Mann der Selbstbeherrschung. Und genauso geht er auch in dieser Liebe zu seiner Frau auf. Einer Frau, die „etwas her macht“ in diesem Dorf und sozusagen ein Glanzstück auf dem Land ist.
Diese Frau ist etwas ganz Besonderes, um die ihn die anderen Männer beneiden. Dessen ist er sich natürlich bewusst, und es macht ihn stolz, dass Ursel zu ihm gehört. Mit den Jahren entwickeln die beiden jedoch eine gewisse Ko-Abhängigkeit. Aus Liebe und um diesen Schatz zu halten, macht er alles für sie undbringt schließlich sogar jemanden um. An der finanziellen Misere gibt Abel aber seiner Frau mehr oder weniger die Schuld – obwohl er natürlich auch selber Schuld hat, weil er ja nie rechtzeitig „stopp“ gesagt hat.“
Die Beschreibung seiner Rolle war für ihn deutlich, worin eigentlich genau die Herausforderung bestand, diesen Film glaubwürdig darzustellen. Gleichzeitig zeigt er auch auf, welchen ganz besonderen Reiz wir Zuschauer erleben dürfen, denn letztendlich zeigt uns diese Darstellung doch auch, wie sehr wir von den gesellschaftlichen Normen unserer Zeit abhängig zu sein scheinen.
Erwartungen an „Unterm Birnbaum“
Ich erwarte also einen Film, der überaus unterhaltsam, spannend und gleichzeitig interessant wird. Meiner Meinung nach bietet sich dieser Film mit seinen 90 Minuten Laufzeit als ein Krimi im Abendprogramm gut an, denn obwohl es sich um einen Klassiker handelt, der mit einem entsprechenden Anspruch daherkommt, ist er doch so modern gehalten und gefasst, dass er nahezu jeden auf seine ganz besondere Weise unterhalten kann.
Ich persönlich bin sehr gespannt auf die Umsetzung und freue mich, mich in den nächsten Tagen und Wochen ein wenig intensiver mit Theodor Fontane zu beschäftigen.