„Die Schnüfflerin“ von Anne von Vaszary ist ein zugegebenermaßen ungewöhnlicher Kriminalroman. Weitestgehend unblutig und doch nichts, was man alltäglich liest.
Dass mich dieses Buch neugierig machte, muss ich wohl nicht erwähnen, wenn ich euch sage, dass es wieder um einen unserer fünf Sinne geht. Dieses Mal jedoch nicht ums Hören, wie es bei der Auris-Reihe von Vincent Kliesch der Fall war, sondern um das Riechen.
Persönlich staunte ich nicht schlecht, welchen Spannungsverlauf dieser Krimi entwickelte, auch wenn die Geschichte mich zunächst einmal ein wenig amüsierte.
„Die Schnüfflerin“ von Anne von Vaszary: die Ursprungslage
Wenn eine Frau nach einem One-Night-Stand mit einem Mann schwanger ist, ist das alles andere als leicht. Während sie ihm bei einem gemeinsamen Abendessen die Situation beichten möchte, fallen jedoch auf einmal reihenweise Menschen mit Vergiftungssymptome im Restaurant um.
Nina, die selbst nichts von der Suppe gegessen hat, weil diese den Geruch von Bittermandeln verströmte und ihr das merkwürdig vorkam, gerät schnell unter Verdacht, zumal alle Besucher bei diesem Ereignis zu Tode kommen. Alle außer Nina.
Als Nina hört, dass Ricky tot sei, ist sie zunächst geschockt, als sie dann noch selbst unter Verdacht gerät, wird ihre Situation auch nicht besser. Nach einigen Befragungen, die sie über sich ergehen lässt, bemerkt ein Kommissar ihren ausgeprägten Geruchssinn.
Er beschließt sie und ihren Geruchssinn kurzerhand für seine Ermittlungen zu nutzen. Die Ereignisse überschlagen sich und bald ist klar, dass nicht Nina für die zahlreichen Opfer verantwortlich ist.
Wer war die Frau, die in der Nachbarkabine auf der Toilette war, als Nina sich übergab? Warum hat sie als einzige nichts von der Suppe probiert? Die immergleichen Fragen setzen ihr ordentlich zu, aber sie beschließt, auf Kollers Angebot einzugehen und selbst in die Ermittlungen einzugreifen.
„Die Schnüfflerin“ von Anne von Vaszary: Eine steile Spannungskurve
Auch wenn die Spannungskurve zunächst eher einen sanften Einstieg in einen Krimi verspricht, der zudem überaus humorvoll zu sein scheint, ist der Spannungsverlauf nach dieser ersten Einstiegsszene doch vergleichsweise steil.
Obwohl der Krimi weitestgehend unblutig ist, scheint er eben doch nichts für schwache Nerven zu sein und so entfaltet sich nach und nach eine Geschichte, deren Zusammenhänge man erst im späteren Verlauf erfährt.
Habe ich mich bei manch einem Krimi schon verwundert gefragt, warum er tatsächlich so umfangreich war, hatte ich bei diesem Krimi das Gefühl, gar nicht schnell genug von einer Seite zur nächsten kommen zu können.
Trotzdem bin ich mir nicht sicher, ob man dieses Buch nun als einen Pageturner bezeichnen sollte, denn es ist eine besondere Nuance von Spannung, die hier entsteht.
„Die Schnüfflerin“ von Anne von Vaszary: ein ungewöhnliches Ermittlerteam
Darüber hinaus ist es außerdem auch noch ein ungewöhnliches Ermittlerteam, denn Koller war früher Ermittler innerhalb einer Hundestaffel und zusammen mit seinem Hund Sherlock an der Aufklärung von vielen Fällen beteiligt. Dass Sherlock während einer Ermittlung getötet wurde, bei der Koller gleichzeitig sein Bein verlor, macht Koller zu einem nicht ganz so einfachen Ermittler, der auch öfter einmal aneckt.
Der Kommissar ist alles andere als ein leichter Mensch, er ist auch kein leichter Kollege und viele scheitern an seiner Art mit Menschen umzugehen. Tatsächlich fällt auch Nina schnell auf, dass er sie ungewöhnlich behandelt, fast schon als wäre sie ein Hund, ja, man könnte sogar sagen, er setzt sie mit seinem tierischen Partner Sherlock gleich.
Dass auch Nina keine allzu einfache, dafür aber extrem sympathische und emotionale Figur ist, liegt in ihren familiären Hintergründen und natürlich in ihrer Vorgeschichte begründet. Der Verlust Rickys, der ihr eigentlich weder Partner noch Freund war, macht ihr doch zu schaffen, dabei wollte sie eigentlich nie eine Partnerschaft eingehen, denn Nähe macht ihr Angst.
Ihre eigene Mutter ließ sie als kleines Mädchen bei ihrer Mutter zurück. Der Vater ist ihr unbekannt und die Schule hat sie ohne Schulabschluss beendet. Alles in allem schlittert sie von einem Aushilfsjob zum nächsten und nun auch noch die Sache mit dem Kind. Ninas Welt steht Kopf.
Erscheint sie mir zu Beginn eher wie eine Chaotin, entwickle ich als Leserin doch sehr schnell ein Gefühl für die junge Frau, das weniger etwas mit Mitleid zu tun hat, als vielmehr mit dem Gedanken: „Wo ist sie da denn jetzt schon wieder reingeschlittert?“
„Die Schnüfflerin“ von Anne von Vaszary: starke Atmosphäre
Diese Emotionalität, die ich in diesem Roman als Leserin erlebt habe, erzeugt nicht nur eine gewisse Nähe und Authentizität bezüglich der Figuren, sondern wirkt sich auch auf die Atmosphäre aus. Tatsächlich hatte ich als Leserin stets den Eindruck an der Seite von Nina mit durch die Geschichte zu laufen und sie dabei zu unterstützen, all die Ereignisse zu erleben.
Die Geschichte ist so lebendig und gleichzeitig authentisch, dass sie eine besondere Atmosphäre schafft, denn auch wenn ich davon ausgehe, dass zahlreiche Orte in dieser Geschichte fiktiv sind, also extra für die Geschichte erfunden wurden, bietet sich dieses Buch doch auch dazu an, einige Schauplätze in Berlin aufzusuchen.
Die Erzählung bezieht dabei keinesfalls nur die typisch Berliner Atmosphäre mit ein, sondern erzeugt eine ganz besondere und starke Atmosphäre schon alleine durch den Aspekt des Geruchs. Dass Anne von Vaszary Drehbuchautorin ist, fällt während des Lesens vor allem dadurch auf, dass es ihr gelingt, die Handlungen so aufzuschreiben, dass sie so direkt verfilmt werden könnten.
Trotzdem oder vielleicht auch gerade deshalb ist „Die Schnüfflerin“ für mich kein Buch, das ich unbedingt auf einer Leinwand sehen müsste. Denn Geruchselemente lassen sich nur äußerst schwer verfilmen. Dennoch freue ich mich bereits darüber, dass es zu diesen ungewöhnlichen Figuren auf jeden Fall eine Fortsetzung geben wird.
Also kann ich sagen, dass zwar der Fall um die Schnüfflerin beendet ist, wir Nina und Koller und sicherlich auch einige weitere Figuren aber noch in der Fortsetzung erleben werden. Ich persönlich bin gespannt auf „Schattenjagd“.
„Die Schnüfflerin“ von Anne von Vaszary: mitreißend, aber nicht abgekämpft
Wer mich fragt, wie der Stil der Autorin ist, bekommt von mir eine eindeutige Antwort. Ich persönlich habe den Stil als sehr lebendig empfunden. Er war mitreißend, emotional und doch erfrischend anders. Eines jedoch erscheint dieser Schreibstil nicht, abgekämpft oder gar erzwungen.
Sollte ich behaupten, dass dieser Schreibstil sehr gut zur Geschichte passt, so würde ich der Geschichte Unrecht tun, denn letztlich passt dieser Schreibstil nicht nur zu dieser Geschichte, sondern vermutlich auch zu vielen anderen. Wünschte ich mir zu Beginn einen Krimi, der etwas anders ist, habe ich ihn nicht nur in Bezug auf die Handlung bekommen.
Auch sprachlich und stilistisch bleibt dieser Krimi zwar einerseits klassisch, andererseits aber auch jung, modern und unerwartet. Ja, ich könnte nun behaupten, dass in dem Stil der Autorin eine Menge von der Figur der Nina steckt.
Aber das ist auch nicht verwunderlich, stammt doch auch Nina, die Hauptfigur dieser Geschichte, aus der Feder von Anne von Vaszary.Immer wieder gab es neue Verdächtige und doch blieb es mir bis fast zur letzten Seite ein Rätsel, was denn nun zu den tragischen Ereignissen geführt hat.
Darüber hinaus wurde ich als Leserin einige Male gut hinters Licht geführt, sodass ich euch an dieser Stelle auf gar keinen Fall zu viel verraten möchte, denn wenn ich über den Inhalt mehr verraten müsste, so würde ich euch einen Großteil der Atmosphäre und der Spannung nehmen.
Aus diesem Grund vielleicht nur so viel: Anne von Vaszary versteht es nicht nur eine gute Geschichte zu erzählen, sondern auch ihre Leser mit immer neuen Wendungen zu überraschen. Auch in diesem Zusammenhang erinnert sie mich ein wenig an Vincent Kliesch.
Über die Autorin Anne von Vaszary
„Anne von Vaszary, 1975 geboren und aufgewachsen in Sachsen, studierte Dramaturgie und Drehbuchschreiben an der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf und arbeitete zehn Jahre als freie Autorin und Narrative Designerin in der Gamesbranche.
Ihre Werke wurden mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, unter anderem mit dem Deutschen Entwicklerpreis für die Beste Story 2016. Inzwischen unterrichtet sie als freie Dozentin Interactive Storytelling und schreibt Kriminalromane.
Nach “Die Schnüfflerin” ist „Schattenjagd“ der zweite Band der Krimireihe um Nina Buck, die ihre Fälle mithilfe ihres außergewöhnlichen Geruchssinns löst. Anne von Vaszary lebt mit ihrer Familie in Berlin.“(Droemer Knaur)
Fazit zu „Die Schnüfflerin“ von Anne von Vaszary
„Die Schnüfflerin“ von Anne von Vazary war ein Krimi auf den ich durch Zufall aufmerksam geworden bin. Als ich erkannte, dass es um den Geruchssinn ging, stand für mich fest, dass ich diesen Krimi unbedingt lesen wollte.
Tatsächlich ließ ich diesen Kriminalroman dann jedoch einige Zeit liegen, denn nachdem ich den Prolog gelesen hatte, dachte ich, dass dies eher eine humoristische, denn eine überaus spannende Geschichte werden würde. Jetzt in den vergangenen zwei Wochen habe ich mich dann aber doch intensiver mit dem Roman beschäftigt und wurde mehr als nur positiv überrascht. Denn tatsächlich ist der Autorin nicht nur gelungen, eine überaus interessante und ja auch humorvolle Grundszene zu schaffen, sondern mich immer aufs Neue zu überraschen.
Erschien das Buch zu Beginn vielleicht lesenswert, war es mit Einstieg der Spannung kaum aus der Hand zu legen. Kann ich euch „Die Schnüfflerin“ von Anne von Vaszary empfehlen?
Uneingeschränkt empfehle ich selten einen Krimi, doch dieser hier gehört mit Sicherheit zu einem der besten Krimis, die ich in diesem Jahr gelesen habe. Sicher werden jetzt einige sagen, dass ich auch schon einmal Jahre hatte, in denen ich mehr Krimis gelesen habe, aber tatsächlich ist meine Krimileidenschaft mit der Vorhersehbarkeit des Krimis doch ein wenig abgestumpft. „Die Schnüfflerin“ jedoch ist anders, denn eines ist sie mit Sicherheit nicht, vorhersehbar.
Genau aus diesem Grund möchte ich euch diesen Kriminalroman wärmstens empfehlen, denn obwohl unblutig verbreitet er doch eine gewisse Grundspannung, die dazu führt, dass man unbedingt wissen möchte, wie denn jetzt alles zusammenhängen und das ergibt sich vor allem aus dem Grund, dass sich das angenommene Grundszenario auch immer mal wieder verändert.
Die Schnüfflerin
"Die Schnüfflerin" von Anne von Vaszary ist ein zugegebenermaßen ungewöhnlicher Kriminalroman. Weitestgehend unblutig und doch nichts, was man alltäglich liest.
URL: https://www.droemer-knaur.de/buch/anne-von-vaszary-die-schnuefflerin-9783426523827
Autor: Anne von Vaszary
Autor: Anne von Vaszary
ISBN: 978-3-426-52382-7
Veröffentlichungsdatum: 2020-01-13
Format: https://schema.org/Paperback
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