„„Altes Land“ ist ein Zweiteiler nach dem gleichnamigen Roman von Dörte Hansen, dessen Auftakt heute Abend um 20.15 Uhr anstelle des klassischen Herzkinos gezeigt wird. Diese Ausstrahlung kommt für mich genauso überraschend wie für viele von euch.
Überraschend ist dabei jedoch insbesondere, dass die Fortsetung, also der Abschluss des Zweiteilers, bereits am morgigen Montag um 20.15 Uhr ausgestrahlt wird.
Dass es sich hierbei keinesfalls um einen Romantischen Liebesfilm handelt, sondern stattdessen um ein Familiendrama, ist vielleicht denjenigen von Euch bekannt, die den Roman „Altes Land“ von Dörte Hansen gelesen haben.
Ich selbst habe diesen Roman bislang nicht gelesen, weil Familiendramen meistens nicht unbedingt das sind, was ich zu Unterhaltungszwecken lesen möchte. Zudem gibt es hier auch noch einen Bezug zum Zweiten Weltkrieg.
Trotzdem oder vielleicht auch gerade deshalb freue ich mich, dass das ZDF heute Abend den Film zeigt, denn im Anschluss werde ich sagen können, ob ich das Buch nicht vielleicht doch einmal lesen sollte. Die Besetzung lässt auf jeden Fall auf einen charakterstarken Film mit Tiefgang hoffen.
Worum geht’s bei „Altes Land“?
Vera ist eigenwillig und pflegt nur noch zu ihrem direkten Nachbarn Hinni so etwas wie einen zeitweiligen Umgang. Ihre Heimat ist der Hof, wo sie als Kriegsflüchtling mit ihrer Mutter strandete und den sie nie wieder verlassen hat. Nach dem Motto „My home is my castle“ verteidigt sie nicht nur Hof und Land, sondern auch ihre Eigenheiten und ihren Widerwillen bezüglich jedweder Veränderungen.
Vera ist mehr als skeptisch, als Anne, Stadtpflanze und Tochter ihrer Halbschwester Marlene, mit ihrem vierjährigen Sohn Leon aufkreuzt. Doch Vera erkennt Annes Nöte – nirgendwo dazuzugehören, nicht angekommen zu sein, ein Zuhause zu suchen und Wurzeln schlagen zu wollen. Diese beiden Frauen verbindet viel mehr, als sie zu diesem Zeitpunkt ahnen. Denn genau in dieser Konstellation werden alte Wunden und das Familientrauma, alles verloren zu haben, heilen können.
Der Zweiteiler spielt, wie der Roman, auf mehreren Zeitebenen, die ineinander verwoben sind und mit einer weiblichen Perspektive das Bild einer Epoche entwerfen, in der auf Flucht und Vertreibung erst Ausgrenzung und Verdrängung folgen und schließlich der Phantomschmerz verlorener Zugehörigkeit. Episch und in gleichem Maße heutig soll die Erzählung Vergangenheit lebendig machen und der Historie treibende Bedeutung für die Gegenwart geben.
„Altes Land“: Erster Teil
Ein Hof im idyllischen Alten Land wird in verschiedenen Jahrzehnten zum Zufluchtsort für zwei unterschiedliche Frauen. Doch die Frauen haben eines gemeinsam: das Gefühl, nirgendwo hinzugehören und doch auf der Suche nach einem Zuhause zu sein.
Als junges Mädchen kommen Vera und ihre Mutter als Kriegsflüchtlinge aus Ostpreußen im Alten Land an. Wider alle Erwartungen findet Vera dort nicht nur einen Ort zum Wurzeln schlagen, sondern in ihrem Stiefvater Karl auch eine Familienzugehörigkeit. Der Hof wird ihr ganzes Leben, das sie mit ihrer eigenwilligen Art vehement gegen jeden Eindringling verteidigt. Der einzige, der einen Zugang zu Vera hat, ist ihr direkter Nachbar und Freund seit Kindertagen, Hinni.
Doch Veras Altes Land ist längst zum Ort der Begegnung und der Suche für die unterschiedlichsten Menschen geworden: Auch das Aussteiger-Ehepaar Burkhard und Eva Weißwerth glaubt, dort eine idyllische Vorstellung vom Landleben jenseits der Großstadt Hamburg finden zu können. Die Landwirte Britta und Dirk zum Felde setzen dagegen alles daran, ihre Existenz zu sichern und ihren Vorstellungen des Obstanbaus trotz neumodischem Bio-Hype treu zu bleiben.
Und dann steht plötzlich Anne, die Tochter von Veras entfremdeter Halbschwester Marlene, mitsamt ihrem vierjährigen Sohn Leon vor Veras Tür. Auch in Annes Leben wollen die Puzzleteile einfach nicht zusammenpassen, und so sucht sie in ihrer Verlorenheit ausgerechnet dort Anschluss, wo keiner zu erwarten ist.
„Altes Land“: Zweiter Teil
Raus aus einem Lebensentwurf, in dem sowieso nichts stimmt – mit diesem Vorsatz ist Anne zu Vera ins Alte Land gefahren. Von Veras schroffer Art lässt sie sich nicht beeindrucken. So wird der Hof erneut zu einem Zufluchtsort für eine junge Mutter mit ihrem Kind.
Das malerische Alte Land zeigt sich dabei so facettenreich wie seine Bewohner selbst: Hinni und Vera, die auf ihre gemeinsame und doch getrennte Vergangenheit zurückblicken, könnten noch einmal einen zarten Versuch wagen, zusammen nach vorne zu schauen. Und während Anne alles daransetzt, auf Veras Hof einen Platz für sich und ihren Sohn Leon zu finden, drohen die Weißwerths von ihren eigenen Träumen zermürbt zu werden.
Schließlich muss sich Vera fragen, ob sie bereit ist, Anne wirklich in ihr Leben zu lassen. Denn das bedeutet auch, ihr den nötigen Raum für Veränderungen zu geben, gegen die sie sich eigentlich so vehement wehrt. Vergangenheit und Gegenwart scheinen unweigerlich miteinander verbunden und sich zu wiederholen – doch können Anne und Vera gemeinsam einen neuen Anfang finden? Derweil begibt sich Marlene zielstrebig auf die Suche nach einer Familienvergangenheit, zu der sie den Anschluss verloren hat.
„Altes Land“: Starke Besetzung, die auf einen guten Film hoffen lässt
Über die Rolle der Vera
Alleine die Besetzung von Iris Berben lässt darauf hoffen, dass es sich bei der Verfilmung um eine starke Darstellung der im Roman erzählten Geschichte handelt. Spannend dürfte dabei insbesondere sein, dass die Geschichte in zwei Zeitstrahlen die Geschichte eines Ortes erzählt. Jede einzelne Zeit erzählt ihre Geschichte. Und jede dieser Geschichten spielt auf dem Hof im Alten Land.
Meiner Ansicht nach ist Iris Berben eine gute Besetzung, für eine Frau, die einerseits genau weiß was sie will und was nicht und andererseits unnachgiebig und voller Gegensätze zu sein scheint. Über ihre Rolle in „Altes Land“ erzählt sie gegenüber dem ZDF:
„Es ist die Geschichte einer Frau, die in den Nachkriegswirren mit ihrer Mutter ins Alte Land flüchtet und hier ihr ganzes Leben bleibt. Ein Film über Zugehörigkeit, über Fremdsein und Fremdbleiben. Es hat also viel mit heute zu tun. Anders als die Mutter, die sich in ihr altes, gewohntes Leben zurücksehnt, wächst Vera an der Zeit, an den Menschen.
Das macht es zu einer Rolle, die viel Tiefgang hat. Sie hat keine Angst, da sie bereits so viel Ängste in ihrem Leben und so viel über Verlust erfahren hat. Sie ist aber keine die trauert und in sich zurückgezogen ist. Sie strahlt Kraft aus, ist unkonventionell, ärgert auch noch im hohen Alter ihren Nachbarn Hinni, indem sie über seinen frisch geharkten Vorgarten reitet. Solche Frauenfiguren mag ich.“
Auch Maria Ehrich verkörpert Vera, allerdings in jungen Jahren. Somit ist Vera in unterschiedlichen Zeiten von unterschiedlichen Schauspielerinnen umgesetzt worden. Auch das ist sicherlich eine Herausforderung.
Die Besetzung der jungen Vera ist für mich allerdings dahingehend ebenso wenig überraschend, wie ebenso passend. Denn Maria Ehrich hat schon einige starke Frauen verkörpert und als eine starke Frau würde ich Vera durchaus verstehen. Im Interview mit dem ZDF erzählte sie folgendes aus Veras Vergangenheit:
„Mich hat besonders Veras Standhaftigkeit fasziniert. Sie hat in ihren jungen Jahren schon sehr viel Furchtbares erlebt, hatte mit Entwurzelung, Ablehnung durch ihr Umfeld und Liebesentzug ihrer Mutter zu kämpfen und hat trotz dieser schwierigen Verhältnisse einen Weg gefunden, nicht vollkommen zu verzweifeln, sondern bei sich zu bleiben.
Die zwiegespaltene Beziehung zu Karl, ihrem Ziehvater, darzustellen, war für mich als Schauspielerin ganz besonders spannend. Die beiden verbindet ein „ambivalentes Autoritätsverhältnis“. Mal ist es Karl, der die Vaterrolle einnimmt, mal ist es Vera, die für Karl einsteht und sich um ihn sorgt wie um einen jüngeren Bruder. Dieses Auf und Ab verbindet beide untrennbar miteinander und knüpft ein wunderschönes, feinfühliges Band.“
Über die Rolle der Anne
Anne wird von Svenja Liessau verkörpert.Sie ist die einzige von den weiblichen Schauspielerinnen, von der ich noch keinen anderen Fällen gesehen habe und so bin ich auf diese Figur und die mir unbekannte Schauspielerin am meisten gespannt. Über ihre Rolle in „Altes Land“ erzählt Svenja Liessau gegenüber dem ZDF:
„Anne weiß nicht immer, was sie will, aber immer sehr genau, was sie nicht will. Sie ist auf Grund dessen in der Lage radikale Entscheidungen zu treffen, auch wenn noch nicht klar ist, wo der Weg hin geht. Sie ist in der Lage stopp zu sagen und alle Brücken abzubrechen. So begreift sie zum Beispiel ihre Trennung von Christoph nicht als Scheitern, sondern als eine Chance ihr Leben wieder in die eigene Hand zu nehmen und zu suchen, wo sie eigentlich hingehört.“
Erwartungen an die Verfilmung von „Altes Land“
Tatsächlich fällt es mir schwer, bei diesem Film eine Erwartung zu formulieren, denn natürlich bin ich ja spannend, dass diese Geschichte aus unterschiedlichen Perspektiven beziehungsweise in unterschiedlichen Zeiten spielt, trotzdem bin ich mir nicht sicher, inwieweit mich die Geschichte von Vera tatsächlich ganze 3 Stunden wird fesseln können.
An dieser Stelle sage ich bewusst fesseln und nicht unterhalten, denn ich bin mir nicht sicher, ob die Geschichte „Altes Land“ tatsächlich darauf ausgelegt ist, mich zu unterhalten oder nicht viel eher einen gesellschaftlichen Wandel aufzeigt, der sich vom Zweiten Weltkrieg bis in die heutige Zeit zieht. Sind die Menschen damals aufs Land geflüchtet, zogen sie zwischenzeitlich wieder in die Stadt, nur um heute festzustellen, dass sich auch das Landleben für den einen oder anderen anbietet.
Gleichzeitig mit der Thematik der Landflucht thematisiert „Altes Land“ aber auch die Biografie einer Frau, deren beste Jahre gleichzeitig ihre schlechtesten waren und die mittlerweile das Gefühl von fremd sein als angekommen empfindet.
Was ein wenig merkwürdig klingt, scheint ein Abbild für die damalige Gesellschaft zu sein, denn von vielen älteren Menschen hat man heutzutage, dass sie sich in unserer Gesellschaft längst nicht mehr akzeptiert und aufgehoben fühlen.
Insoweit bin ich gespannt, was mich heute Abend bei „Altes Land“ nach dem Roman von Dörte Hansen erwartet und ob ich dann daran interessiert bin, den morgigen zweiten Teil zu sehen. Die Besetzung und die Geschichte machen auf jeden Fall neugierig und klingen vielversprechend. Wer beide Teile an einem Abend sehen möchte, wird in der ZDF Mediathek fündig.
No Responses