Als ich mit „Zartbitterherzen“ von Hanna Linzee begann, wünschte ich mir hauptsächlich Ablenkung und gute Unterhaltung. Was ich bekam, war eine genussvolle und höchst emotionsgeladene Tragikomödie. Dass es in dieser Tragikomödie um süße Naschereien ging, trat dabei keinesfalls in den Hintergrund. Vielmehr konnte mich diese Geschichte von Hanna Linzee vor allem deshalb positiv überraschen, weil es neben Schokolade und Süßwaren auch noch um ein ernstes Thema ging.
„Zartbitterherzen“ von Hanna Linzee erzählt die Geschichte der 46-jährigen Rosa, die gerade von der Affäre ihres Mannes erfahren hat. Ihr Mann hat sich nach vielen Jahren glücklicher Ehe getrennt. Für Rosa kam die Trennung unerwartet, sozusagen aus dem Nichts. Scheinbar gab es keine Anzeichen dafür, dass in ihrer Ehe etwas schief lief und so erwartete sie weder die Affäre noch die darauffolgende Trennung.
„Zartbitterherzen“ von Hanna Linzee: Die Zeit heilt alle Wunden, solange die Kruste nicht aufbricht
Völlig kopflos verkriecht sie sich zunächst in ihr Bett. Der Liebeskummer kommt einem Weltschmerz nahe, der schließlich dazu führt, dass sie zu ihrem besten Freund Tom zieht. Seine Wohnung ist – seit seine Frau vor einigen Jahren überraschend verstarb – eh zu groß für ihn alleine.
Tatsächlich geht es ihr mit der Zeit besser und sie beginnt sogar in Toms Café „Claire“ zu arbeiten. Außerdem begegnet sie Jacob, der sie bereits seit 15 Jahren kennt, den sie bislang aber nicht beachtet hat. Alles könnte so schön sein, doch dann stürzt sie ein erneutes Treffen mit ihrem Ex an den Rand des Abgrunds.
Hanna Linzees Stil ist mitreißend
Der Stil, in dem Hanna Linzee Rosas Geschichte erzählt, ist mitreißend, emotional und authentisch. Die Stimmung ist einerseits freundlich, schwankt aber gleichzeitig zwischen trauriger Tragik und Lebensfreude pur.
Obwohl diese Gratwanderung auf den ersten Blick extrem schwierig zu sein scheint, meistert Linzee diese Herausforderung bravourös. Ihre Leser schickt sie dabei auf eine Achterbahnfahrt der Gefühle.
Kaffeehausstimmung inklusive
Da dieser Roman zu großen Teilen im Café „Claire“ spielt und hier eigentlich nur freundliche Kunden verkehren, ist es nicht weiter verwunderlich, dass die Grundstimmung dieses Roman postiv und optimistisch ist.
Rosas Liebeskummer steht natürlich im absoluten Gegensatz zu diesem Optimismus. Dieses Spiel mit den Gegensätzlichkeiten gibt dem Leser aber immer das Gefühl, sich wohlfühlen und sich zurücklehnen zu können.
Gleichzeitig muss ich natürlich anmerken, dass mich diese besondere Stimmung im Café noch aus einem anderen Grund reizt, denn durch Rosas Arbeit im Café von Claire lernen wir nicht nur Rosa gut kennen, sondern auch einige ihrer Stammkunden. Nahezu jede Figur auf Hauptfigur oder Nebenfigur weist dabei eine ganz eigene Geschichte auf, die manchmal schön ist, manchmal auch tragisch.
Dieses Wechselbad der Gefühle zeigt sich auch im Verlauf von Rosas Liebeskummer. Mal scheint sie schon fast über den Berg zu sein und dann doch noch einmal einen Rückschlag. Dann will sie unbedingt Rache üben, nur um im nächsten Schritt festzustellen, dass Rache eigentlich gar nicht das ist, was sie anstrebt.
An dieser Stelle könnte ich behaupten, „Zartbitterherzen“ von Hanna Linzee wäre so, wie das echte Leben und tatsächlich weiß es auch eine gewisse Parallele dazu auf, gleichzeitig habe ich bei diesem Buch den Eindruck einen Film zu schauen, was das ganze irgendwie surreal erscheinen lässt. Tatsächlich glaube ich, dass sich die Geschichte dieses Romans auch gut als Film anbietet, denn im weitesten Sinne wäre dieses Buch eine Art Kammerspiel, das auf einige ausgewählte Orte begrenzt ist.
„Zartbitterherzen“ von Hanna Linzee: Rosa als Identifikationsfigur
„Zartbitterherzen“ von Hanna Linzee erzählt die Geschichte von Rosa, 46 Jahre alt und frisch getrennt von ihrem Ehemann, für den sie eigentlich noch Gefühle hegt. Somit ist sie eigentlich die perfekte Identifikationsfigur für alle Frauen, die von ihren Ehemännern infolge einer Affäre verlassen wurden. Dabei ist dieses für eine jüngere verlassen werden keinesfalls so klischeehaft, wie man vielleicht annehmen könnte.
Aus diesem Grund glaube ich, dass Hanna Linzee mit Rosa eine gute Identifikationsfigur geschaffen hat, die unter den Leserinnen sicherlich einige Gleichgesinnte finden wird. Dabei kann man sich eigentlich ein Beispiel an Rosa nehmen, schließlich findet sie letztendlich ihren ganz eigenen Weg mit der Trennung umzugehen.
„Zartbitterherzen“ von Hanna Linzee verursacht aber vielleicht bei der einen oder anderen Leserin auch ein Wechselbad der Gefühle, denn vielleicht steht sie noch am Anfang. Dann hat sie sich dieses Buch vielleicht gekauft, weil sie im Klappentext gelesen hat, dass auch Rosa gerade von ihrem Mann betrogen und schließlich verlassen wurde.
Vielleicht liegt die Trennung dieser Leserin auch schon einige Zeit zurück, dann kann sie schon wieder ein wenig optimistischer in die Zukunft blicken und lässt sich schließlich von der Protagonist in dieser Geschichte einholen.
Vielleicht gehört die Leserin dieses Buches aber auch zur dritten Gruppe, die gerade in einer glücklichen Beziehung steckt und eigentlich gar nicht wahrhaben möchte, dass sie von jetzt auf gleich aus allen Wolken fallen könnte.
Auch für Singles bietet dieser Roman aber sicherlich einigen nutzen, denn „Zartbitterherzen“ von Hanna Linzee kann auch ganz klassisch als Wohlfühlroman gelesen werden. Dabei ist dieser Wohlfühlroman einerseits ein echter Wohlfühlroman dem Winter spielt, aber eben doch kein Weihnachtsroman.
Ein Winter- aber kein klassischer Weihnachtsroman
„Zartbitterherzen“ von Hanna Linzee spielt im Herbst, wie auch Winter. Er gibt dem Leser ein gutes Gefühl und versetzt ihn in eine Vorstufe von adventlicher Stimmung und ist dennoch alles andere als ein klassischer Weihnachtsroman. Mir persönlich hat diese besondere Atmosphäre ausgesprochen gut gefallen.
Dies liegt vor allem in der Tatsache begründet, dass dieser Roman ähnlich warmherzig erzählt wird, wie beispielsweise die Weihnachtsbücher von Petra Schier, wie zum Beispiel „Stille Nacht, flauschige Nacht“ von Petra Schier, die ich in jenem Jahr immer wieder begrüße. Allerdings kommt in diesem winterlichen Roman kein Hund vor, sodass ich die Emotionen in diesem Roman vielleicht eher mit den Büchern von Kerstin Hohlfeld oder wenn es weihnachtsfrei sein soll vielleicht auch mit Jenny Colgan vergleichen kann.
Über die Autorin Hanna Linzee
„Hanna Linzee, geboren 1979, wuchs in der Nähe von Münster auf. Heute lebt und arbeitet sie in Düsseldorf. Wann immer ihre Zeit es zulässt, schreibt sie – am effektivsten am Schreibtisch, doch am liebsten auf dem Sofa und manchmal auch in einem von Düsseldorfs bezaubernden Cafés. Dabei haben es ihr besonders moderne Märchen angetan. Denn hier ist eines sicher: Am Ende wird alles gut, und genau darum geht es doch im Leben.“ (Piper Verlag)
Fazit zu „Zartbitterherzen“ von Hanna Linzee
Kauft oder backt ein Stück Kuchen eurer Wahl, kocht euch einen Kakao und dann kuschelt euch mit „Zartbitterherzen“ von Hanna Linzee in eure Lieblingsdecke. Das dürfte exakt der Stimmung des Buches entsprechen, denn dieses Buch verströmt einen Hauch von Genuss und Feel-good-Atmosphäre.
Trotzdem sage ich nicht, dieses Buch musst du sofort lesen, denn es lässt dich nicht mehr los, wenn du es einmal begonnen hast. Vielmehr empfehle ich: Genieße es zum Sonntagskaffee!