Bevor ich nun zu meiner Rezension des Thrillers „Höhenrauschsaison“ von Meredith Winter komme, möchte ich drei Dinge festhalten. Erstens bin ich kein Bergmensch. Berge sind für mich Teil einer Landschaft, die mit einem speziellen Lebensgefühl verbunden sind.
Zweitens: Ich mag spannende Bücher, aber vor allem solche, die tatsächlich etwas mit einer real greifbaren oder für mich vorstellbaren Handlung zu tun haben. Ich muss persönlich nicht unbedingt daran glauben, dass es tatsächlich einen Mord oder eine Tötungsabsicht dieser Art gegeben hat, aber glaubwürdig und für mich als Leser nachvollziehbar sollte es schon sein.
Drittens „Blutpsalm“ – ebenfalls von Meredith Winter – hat mir gut gefallen.
Spannender Plot, interessante Charaktere?
„Höhenrauschsaison“ von Meredith Winter versprach eine spannende Geschichte mit interessanten Charakteren zu werden. Die ersten Seiten des eBooks lasen sich auch zügig, dann jedoch stellte ich fest, dass dieser Plot mich trotz aller Spannung und wohl auch trotz der interessanten Charaktere nicht richtig fesseln konnte.
Ich kann nicht einmal konkret sagen, woran es lag. Allerdings vermute ich fast, dass es in irgendeiner Verbindung mit dem Ort stand. De facto kann ich aktuell immer noch nicht sagen, dass mir die Geschichte nicht gefallen hat, denn so ist es nicht. Es ist ein Buch, das angenehm zu lesen ist, in dessen Handlung ich jedoch aufgrund der Szenerie nur schleppend hineinfand. Ich mochte die Darstellungen, und begeisterte mich auch für die Dialoge, dennoch blieb dieses Buch – und damit auch seine eigentlich gut durchdachten Charaktere – für mich nicht greifbar.
Wodurch die Abstraktheit dieser Szenerie für mich entstand, lässt sich jedoch nicht einfach auf die Verortung schieben, denn normalerweise bin ich durchaus in der Lage, Bücher von Reinhold Messner oder irgendeinem anderen Bergsteiger zu lesen und einzuordnen. Es muss also eine Mischung aus Ort und Schreibstil gewesen sein, die dazu führte, dass mich dieses Buch zwar spannungsmäßig abholte und auch überaus interessierte, mich dann aber emotional nicht binden konnte. Fesseln ließ ich mich durch die Geschichte erst recht nicht.
Doch worum ging es eigentlich?
„April 2012 – die Mount-Everest-Saison hat begonnen.
Vor Ort: Ärztin Clementine, die schon auf dem Trek zum Basecamp alle Hände voll zu tun hat, sich um die Verletzten und Höhenkranken zu kümmern, welche die Region auf dem Weg zum höchsten Berg der Erde unterschätzt haben.
Ebenfalls mit von der Partie ist der russische Auftragskiller Alexej, der sich als Bergsteiger ausgibt und bloß einen Auftrag hat: Clementine zu töten. Dumm nur, dass sie bereits tot ist.“ (Klappentext)
Wer meinen Beitrag zur Blogtour gelesen hat, der weiß, dass ich mich auf sachlicher Ebene sehr intensiv mit diesem Berg beschäftigt habe, trotzdem blieben in diesem Buch die Geschehnisse eher an der Oberfläche. Die Mythologie des Berges fand kaum Beachtung.
8000er sind oft unterschätzt und tödlich
Gut, dass man auf dem Berg sterben kann, ist nun wirklich nichts Neues und doch sind die Hintergründe, wie man auf einem Berg verunglückten kann, weitaus tief greifender als Atemnot. Die ersten Anzeichen einer Höhenkrankheit sind dabei keinesfalls derart problematisch, dass man direkt einen Arzt aufsucht, obwohl man dies vielleicht sollte.
Vielmehr beginnt es mit Kopfschmerzen, Gereiztheit, Schlappheit und dem Gefühl einfach nicht mehr zu können, möglicherweise gibt es auch ein Problem mit dem Druckausgleich.Erst in einem späteren Verlauf kommt es zu Hirn- und Lungenödemen.
Gut, der Verlauf kann recht zügig gehen, aber auch hier hättw meiner Meinung nach bei einem Krimi oder Thriller, der am Mount Everest spielt, stärker darauf eingehen können. Man hätte die Geschichte somit noch ein bisschen stärker emotional anreichern können.
Hier fehlte mir jedoch etwas Tiefe, Adrenalin und das Gefühl, dass ein Bergsteiger bei diesem Thriller vielleicht erwarten konnte. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob und wie sich das nun alles auch bei mir positiv ausgewirkt hätte, de facto blieb die Geschichte für mich jedoch sehr abstrakt und dabei bin ich nie auf einem Berg gewesen.
Es gibt Bergmenschen, Stadtmenschen und Wassermenschen
Tatsächlich wurde mir bei diesem eBook überaus bewusst, dass es unterschiedliche Arten von Menschen gibt und somit sicherlich auch eine Zielgruppe für dieses Buch. Der Bergmensch, der schon einmal im Gebirge unterwegs war oder davon träumt auf einen Berg zu klettern, könnte mit diesem Buch gegebenenfalls mehr Freude entwickeln, als ich dieses konnte. Vorausgesetzt er geht nicht von realen Ereignissen aus oder sollte ich vielleicht besser sagen: Erfahrungen wurden hier nicht verarbeitet.
Ich habe Respekt vor der Autorin, die selbst nie auf einem Berg war, wie das Vorwort verrät und dennoch ein Buch über den Berg geschrieben hat. Womöglich war auch dieses Vorwort genau mein Problem, denn ich selbst scheine eine andere Vorstellung davon zu haben, wie sich das Leben auf dem Berg so darstellt.
Wirft man einen Blick auf die Emotionen, so wird schnell klar: Es gibt einen Unterschied zwischen Theorie und Praxis. Genau diesen habe ich glaube ich gespürt. Mir ist schon klar, dass man als Autor nicht alles, worüber man schreibt, selbst erlebt haben muss, dennoch muss man etwas Vergleichbares gemacht haben, oder sich zumindest gedanklich vollständig mit der Szene vertraut gemacht haben. Ich gehe davon aus, dass Meredith Winter genau das auch bei diesem Buch versucht hat, für meinen Geschmack jedoch fehlte hier und da ein bisschen Emotionalität.
Fazit
Für mich war und ist dieses Buch im Vergleich zu „Blutpsalm“ schwächer und es tut mir Leid, sagen zu müssen, dass ich dieses Buch nicht allen Lesern ruhigen Gewissens empfehlen kann. Sicher bin ich mir allerdings darüber, dass es etlichen Leserinnen und Lesern große Freude bereitet, aber es bleibt halt eher an der Oberfläche, kratzt an dem Kern dessen, was eigentlich hätte erzählt werden können.