„Mademoiselle Coco und der Duft der Liebe“ von Michelle Marly ist die zweite Romanbiografie, die ich über das Leben und Wirken der Coco Chanel lesen durfte. Michelle Marly legt ihren Schwerpunkt jedoch nicht auf die Betrachtung der vollständigen Biografie.
Stattdessen liegt das Augenmerk bei „Mademoiselle Coco und der Duft der Liebe“ von Michelle Marly auf der Entwicklung des wohl bekanntesten Parfüms aller Zeiten: Chanel No. 5. Mit dieser thematischen Eingrenzung gelingt es Michelle Marly ihre Leser nicht nur durch Coco Chanels Leben zu führen, sondern gleichzeitig mit der Geschichte des bekannten Parfüms der Welt zu unterhalten.
Dass „Mademoiselle Coco und der Duft der Liebe“ von Michelle Marly ein Roman ist, der auf wahren Begebenheiten basiert muss ich an dieser Stelle vielleicht hervorheben, denn die Unterschiede zwischen beiden Romanbiografien liegen in den Details.
„Mademoiselle Coco und der Duft der Liebe“ von Michelle Marly: Klassische Erzählkunst mit Liebe zum Detail
Diese Details sind insbesondere durch den Erzählstil der Autorin entstanden. Michelle Marly greift in ihrer Romanbiografie auf tatsächliche Erlebnisse und Erfahrungen der Coco Chanel zurück, somit könnte man meinen, es handele sich um eine klassische Biografie, die sich mit Sicherheit auch in einigen Punkten so darstellt.
Allerdings hat Coco Chanel selber dafür gesorgt, dass sich um ihre Biografie viele Mythen ranken. Aus diesem Grund weiß niemand so genau, welche Ereignisse sich tatsächlich so zugetragen und welche Dialoge stattgefunden haben. Dieser Umstand war auch für mich ein guter Anlass gleich zwei Romanbiografien zu lesen.
In den sich überschneidenden Punkten kann man nämlich davon ausgehen, dass sich diese Ereignisse tatsächlich so oder so ähnlich dargestellt haben. Der Stil in dem Michelle Marly ist dabei bewusst schlicht gehalten und ebenso geradlinig wie das kleine Schwarze der berühmten Modeikone.
Dialoge: eine Kunst für sich
Der Autorin ist es gelungen, die einzelnen Erfahrungen der Coco Chanel nachzurecherchieren. Dennoch bin ich mir sicher, dass die Dialoge zum Teil nicht nachzurecherchieren waren, was es unheimlich schwierig erscheinen lässt, diesen Teil der Geschichte zu erzählen. Um so mehr ist es verwunderlich, wie modern und doch gleichzeitig passend Michelle Marly diese Dialoge nachempfunden hat. Sie wirken zeitlos und könnten sich doch exakt so zugetragen haben.
Allein durch diese Dialoge könnte ich nun behaupten, es sei der Autorin gelungen eine Hommage auf Coco Chanel zu schreiben.
Die Dialoge der Coco Chanel sind nämlich in „Mademoiselle Coco und der Duft der Liebe“ von Michelle Marly durch eine Sinnlichkeit ebenso geprägt wie durch eine Melancholie. Dennoch hat dieser sprachliche Ausdruck in den meisten Fällen weder etwas mit Erotik noch mit Romantik zu tun.
Cocos Dialoge wirken authentisch und so sachlich, dass man das Gefühl bekommen könnte, es ginge ihr nicht um Emotionen. Tatsächlich erzeugt sie aber mit ihren Handlungen, Gesten und den bereits genannten Dialogen eine Legende um ihre Person, in die sie sich hüllen kann, wie in eine Decke. Ihre wahre Geschichte hält sie weitestgehend geheim.
Wer Coco Chanel war könnte in Wahrheit wahrscheinlich nur Coco Chanel selbst sagen, doch Coco ist lange tot und lebt in ihren zahlreichen Romanbiografien, Legenden, Designs und nicht zuletzt ihrer Marke fort.
„Mademoiselle Coco und der Duft der Liebe“ von Michelle Marly: Raffinierte Emotionsführung
Betrachtet man Coco Chanel als Frau ihrer Zeit, so fällt auf, dass sie in ihrer Leidenschaft für Mode ebenso kompromisslos wie in ihrer Art Freundschaften und Lieben zu pflegen. Sie achtete stets auf ihren persönlichen Vorteil und war doch nicht emotionslos.
Dabei war sie allerdings in gewissen Bereichen egoistisch, ohne nazistisch zu sein. Gleichzeitig war sie auf Grund ihrer Kindheit in vielerlei Hinsicht das verunsicherte kleine Mädchen geblieben, dem die Männer gerne Schutz boten.
Unglücklicher Weise wird diese Verunsicherung mit jedem Schritt den ihr Unternehmen tut größer, nicht hinsichtlich der Tatsache, dass sie nicht genau wüsste, wo sie steht und wo sie hin will, sondern eher in Bezug auf ihre zahlreichen Liebschaften.
Man hat den Eindruck nach dem Verlust ihrer großen Liebe sucht sie bei allen und jedem Trost und Inspiration. Die größte Inspiration hat ihr Arthur „Boy“ Chapel noch zu Lebzeiten hinterlassen, hatte er ihr doch geraten, für ihre treuen Kundinnen ein Parfum als Geschenk zu kreieren.
Auf die Spuren dieses Parfums begeben wir uns also im Rahmen dieser Romanbiografie und lernen Coco so von einer Seite kennen, die irgendwo zwischen der zarten Liebhaberin und der toughen Geschäftsfrau liegt.
Michelle Marly greift genau diese Widersprüchlichkeit in Cocos Handlung auf und verschafft der „Figur Coco Chanel“ ein komplexes emotionales Inneres. Zwar muss hier gesagt werden, dass sie sicherlich nicht in die Gedankenwelt der historischen Person Coco Chanel geblickt haben kann, sich jedoch ganz offensichtlich in sie hineinversetzen konnte, wodurch sie ein Bild mit zahlreichen Facetten zeichnete.
Coco Chanel war schon zu Lebzeiten widersprüchlich und komplex. In vielerlei Hinsicht müsste man wohl sagen, dass Coco eine ebenso gute Figur in der fiktiven wie realen Welt macht.
„Mademoiselle Coco und der Duft der Liebe“ von Michelle Marly: Historische Atmosphäre
Die historische Atmosphäre hat mir gerade in Hinblick auf die Entwicklung nach dem ersten Weltkrieg gut gefallen, denn in Paris herrschte eine Aufbruchsstimmung, die in dieser Geschichte maßgeblich aufgegriffen wurde, durch den Unfall ihres Liebhabers Boy Chapel jedoch bei Coco abgedämpft wurde.
Für eine gewisse Zeit verlor Coco die ihr so wichtige Kreativität und eine scheinbar gegensätzliche Melancholie hielt Einzug. Berücksichtigt man diese Stimmung, die im Verlauf des Buches abermals umgekehrt wird, so schafft die Autorin eine ganz besondere Stimmung zu kreieren, die letztendlich jeden Leser, ganz gleich ob mit Interesse für Mode oder auch ohne, in die Zeit zu entführen, in der es Coco Chanel gelang Weltruhm zu erlangen.
Dieser Weltruhm jedoch war ebenso sehr geprägt von Gegensätzlichkeiten: die Welt liebte Pomp, Coco designete schlichte Eleganz. Sie traf dabei den Nerv der Zeit und kehrte einige Trends in ihr genaues Gegenteil um. Mit diesem Trick entstand ja auch Chanel No. 5.
Über Michelle Marly
„Hinter Michelle Marly verbirgt sich die deutsche Bestsellerautorin Micaela Jary, die in der Welt des Kinos und der Musik aufwuchs. Durch ihren Vater, den Komponisten Michael Jary, entdeckte sie schon früh ihre Leidenschaft für französische Chansons. Lange Jahre lebte sie in Paris, heute wohnt sie mit Mann und Hund in Berlin und München.“ (Aufbau Verlag)
Fazit zu „Mademoiselle Coco und der Duft der Liebe“ von Michelle Marly
Ein Fazit über eine Biografie zu ziehen ist etwas, das ich normalerweise meide, da man das Leben einer realen Person niemals bewerten oder kritisieren sollte. Gleichzeitig jedoch zeigt mein Experiment gleich zwei Romanbiografien zu lesen, wie unterschiedlich die Betrachtung eines Lebens sein kann.
Aus diesem Grund wird im weiteren auch noch ein Vergleich zwischen „Mademoiselle Coco und der Duft der Liebe“ von Michelle Marly und „Coco Chanel: Paris der 1920er und das bewegte Leben einer Modeikone“ von Nadine Sieger folgen.
Mir persönlich gefiel „Mademoiselle Coco und der Duft der Liebe“ hinsichtlich der Emotionalität noch eine Nuance besser als das zuvor gelesene „Coco Chanel: Paris der 1920er und das bewegte Leben einer Modeikone“. Die beste Variante wäre es vermutlich, eine ganze Reihe dieser Biografien zu lesen, um ein umfassendes Bild zu bekommen.
Mademoiselle Coco und der Duft der Liebe
"Mademoiselle Coco und der Duft der Liebe" von Michelle Marly ist die zweite Romanbiografie, die ich über das Leben und Wirken der Coco Chanel lesen durfte. Michelle Marly legt ihren Schwerpunkt jedoch nicht auf die Betrachtung der vollständigen Biografie.
URL: https://www.aufbau-verlag.de/index.php/mademoiselle-coco-und-der-duft-der-liebe.html
Autor: Michelle Marly
Autor: Michelle Marly
ISBN: 978-3-7466-3349-7
Veröffentlichungsdatum: 2018-02-16
Format: https://schema.org/Paperback
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