„Das kleine Hotel in der Provence“ von Marion Stieglitz ist ein leichter Roman, der einen vom nächsten Urlaub träumen lässt, und dem Leser auf angenehme Weise die Weisheit des Alters vor Augen führt. Es ist eine Geschichte, in die man einfach für einige Stunden eintauchen und sich wohlfühlen kann.Wer jedoch einen Roman mit Tiefgang erwartet, der sollte möglicherweise nicht zu „Das kleine Hotel in der Provence“ von Marion Stieglitz greifen. Bei diesem Roman handelt es sich nämlich ebenso sehr um eine klassische Liebesgeschichte wie um eine klassische Aussteigergeschichte.
Als Lilly von ihrem Freund nicht den lange erwarteten Heiratsantrag bekommt, sondern er sie stattdessen über seine neue Beziehung informiert, ist sie zutiefst verletzt und flüchtet Hals über Kopf von Rostock in die Provence. Dabei lässt sie ihren alten Job als Hochzeitsfotografin zurück. Ebenso wie alles, was sie bislang ausgemacht hat.
Eine Ruine als Single-Hotel
Noch in Rostock hat sie mit der Unterstützung ihrer Cousine, die schon seit langem in der Provence lebt, über das Internet ein Haus gekauft, das sich nach ihrer Vorstellung perfekt als Hotel anbietet. Es ist groß, hat einen Garten und liegt in einem Ort, ganz in der Nähe ihrer Cousine.
Der Vorvertrag ist schon geschlossen, während Lilli noch ihre Sachen in dem kleinen Auto verstaut. Und sich auf die Reise in die Provence begibt. Eigentlich ist das Auto für eine solche Unternehmung viel zu klein, aber es wird schon irgendwie gehen, denkt sie noch und fährt mit wenigen Pausen und voller Euphorie in ihre neue Heimat.
Dort angekommen erwartet sie bereits die Cousine. Das angebliche Traumhotel erweist sich als Ruine und Lilli zieht zunächst zu ihrer Cousine und deren Mann.
Ein Traummann anstelle eines Traumhotels?
Schon am ersten Abend wird ihr Olivier vorgestellt, doch der charmante Antiquitätenhändler erinnert sie viel zu sehr an ihren Exfreund, als das er sich tatsächlich Hoffnung machen könnte. Auch wenn ihre Cousine ihr zu verstehen gibt, dass Olivier eine Sicherheit für sie darstellen könnte, in einem ihr unbekannten Land und einer Branche, die Lilli nie wirklich kennengelernt hat. Aber sie hat immerhin den Traum, ein Single-Hotel für Frauen zu eröffnen. Ein Mann kommt ihr da gänzlich ungelegen und doch nimmt sie alle Hilfe an, die sie bekommen kann, damit das Hotel zu einem wahren Erfolg wird.
Eine Eröffnung und eine Braut, die sich was traut
Tatsächlich gelingt es unter Aufbietung aller Kräfte, das Haus zu renovieren und ein Hotel zu eröffnen. Die Gäste jedoch bleiben zunächst aus. Einzig Oliviers etwas schrullige Großtante bezieht ein Zimmer und Cousine Valeska ist der Verzweiflung nahe, als sie die ersten Zahlen des Hotels sieht. Lilli ist dies jedoch immer noch nicht bewusst, ihre Gedanken sind immer noch viel zu sehr an ihren Ex-Freund gebunden.
Als Lillis Traum schließlich zu platzen droht, reserviert eine junge Frau das gesamte Hotel für sich und ihre Freundinnen. Valeska ist begeistert, bedeutet diese Reservierung eben nicht nur Umsatz, sondern auch Werbung für das Hotel, denn der Gast ist kein Unbekannter. Die bekannte Bloggerin ist ein echter Glücksgriff.
Doch der neue Gast bringt einiges Chaos ins Hotel und auch in Lillis Leben. Denn als Lilly erkennt, dass die Bloggerin dabei ist, ihre Hochzeit zu organisieren, ist sie zunächst wenig erfreut. Denn diese Gäste sind ganz anders als sie sie sich vorgestellt hatte. Sie sind laut, lebhaft und schlicht das genau Gegenteil, von dem, was Lilli erwartet hatte. Statt eines Single-Hotels befindet sie sich in ihrem schlimmsten Albtraum und fühlt sich viel zu stark an ihren früheren Beruf erinnert und an das tragische Ende ihrer Beziehung zu Jan.
Das Chaos könnte kaum größer werden, als sie erkennt, dass ausgerechnet der Verlobte der Braut ein Exfreund aus jener Zeit ist, in der sie in Brighton als Au-Pair gearbeitet hat. Doch auch das Ende dieser Beziehung verlief alles andere als glücklich…
Die Charaktere
In manchen Situationen fand ich Lilli zu gutgläubig, ein wenig naiv und fast kindlich, so dass ich beim Zuhören mit den Augen rollte. In anderen Situation war diese etwas überzeichnete Charaktere allerdings genau das, was die Geschichte brauchte, um zu funktionieren. Insgesamt konnte man die Figuren schnell ins Herz schließen und mit ihnen die Höhen und Tiefen der Handlung erleben.
Über die Stimmung und die Atmosphäre der Geschichte
Die Stimmung und die Atmosphäre der Geschichte schwankten stets ein wenig zwischen emotional-gefühlvoll und rational-pragmatisch. Da es Lilli gelang, aus jeder Krise neue Kraft zu ziehen und Valeska – als Ruhepol – stets dafür sorgte, dass Lillis Chaos ohne ernste Konsequenzen blieb. Olivier unterstützt sie dabei nach Kräften, in der Hoffnung doch noch Lillis Herz zu erobern.
Von der Kulisse ausgehend könnte sich dieses Hörbuch für alljene Hörerinnen anbieten, die auch „Eine unerwartete Affäre“ von Katie Fforde gehört haben.
Über den Stil und die Erzählweise des Romans „Das kleine Hotel in der Provence“
Der Stil, in dem Marion Stieglitz die Geschichte um Lilli und „Das kleine Hotel in der Provence“ erzählt, ist dicht am Alltag ihrer Leserinnen und gibt gleichzeitig jeder Figur ihre eigene Identität. So kann man die einzelnen Figuren sogar in den Dialogen an der Wortwahl erkennen . Diese ganz eigene Tonalität verleiht dem Hörbuch eine hohe Authentizität.
Über die Autorin Marion Stieglitz
„Marion Stieglitz wurde 1981 in Cham im Bayerischen Wald geboren. Nach dem Studium der Neueren deutschen Literatur in München zog sie ins badische Offenburg an der französischen Grenze. Dort absolvierte sie ein Volontariat an der „Burda Journalistenschule“ und arbeitet seither als Redakteurin für verschiedene Wohn- und Gartenzeitschriften wie „Wohnen & Garten“, „Landhaus“ und „WohnenTräume“.“(Quelle: Aufbau Verlag)
Über die Sprecherin Hannah Baus und ihre Lesart
Seit ihrer Ausbildung an der Fachakademie für Darstellende Kunst Regensburg, die sie als staatlich geprüfte Schauspielerin abschloss, steht Hannah Baus regelmäßig auf der Bühne. Darüberhinaus arbeitet sie seit 2016 als Sprecherin für Saga Egmont und Steinbach sprechende Bücher als Hörbuchsprecherin.
Die Art, wie sie die Bücher liest ist stets gefühlvoll und dicht den Figuren, die sie mit ihrer Stimme zum Leben erweckt. Ihre Stimmlage entspricht dem Mezzosopran. Ich persönlich fand die Art wie sie „Das kleine Hotel in der Provence“ von Marion Stieglitz gelesen hat, authentisch und passend.
Fazit zu „Das kleine Hotel in der Provence“ von Marion Stieglitz
Insgesamt kann ich sagen, dass sich die Geschichte eher an eine weibliche Leserschaft richtet. Die Geschichte selbst ist unterhaltsam, allerdings in manchen Teilen eher an der Oberfläche. Wer diesen Roman liest, erhält keine Anleitung, wie man ein Hotel in der Provence eröffnet und etabliert.
Dieses ist aber auch gar nicht die Zielsetzung des Buches. Es möchte seine Leserinnen gut unterhalten und das tut es auch. Meine Erwartung an „Das kleine Hotel in der Provence“ von Marion Stieglitz wurde erfüllt.