„Ronja Räubertochter“ von Astrid Lindgren gehört zu meinen liebsten Kinderbüchern, da es die Themen Freundschaft und Verantwortung mit Natur und Abenteuer verbindet. Anhand zweier Clans zeigt Astrid Lindgren wie wichtig der respektvolle Umgang unter- und miteinander ist. Gleichzeitig wird im Verlauf dieser Geschichte immer eindeutiger, dass der Zusammenhalt auch das Ergebnis eines Abenteuers beeinflussen kann. Die Geschichte selbst ist dabei mittlerweile ein echter Klassiker geworden, der nicht nur die heutige Generation unterhielt.
Betrachtet man, wann dieses Buch entstand, so könnte man den Eindruck bekommen, dass die Handlung um Ronja Räubertochter längst überholt ist, denn natürlich leben die wenigsten Menschen heute in Burgen oder Wäldern. Doch als überholt würde ich die Rahmenhandlung längst nicht ansehen. Vielmehr ist sie aktueller denn je.
Über die Figuren in Ronja Räubertochter
Über Ronja Räubertochter und Birk Borkason
Zunächst möchte ich euch die beiden wichtigsten Figuren vorstellen: Ronja Räubertochter und Birk Borkason. Ronja ist die Tochter von Mattis und Lovis und lebt mit ihren Eltern und den übrigen Räubern des Mattisclans in der Mattisburg, die im Mattiswald steht. Sie gehört auch zum Clan, obwohl sie bislang keinen einzigen Raubzug mitmachte.
Zu Beginn weiß sie noch nicht einmal, wie ihr Vater und seine Freunde für den Lebensunterhalt sorgen. Als sie es herausfindet ist sie geschockt und wendet ich von ihrem bis dato geliebten Vater ab. Kurze Zeit zuvor hatte sie im Wald einen etwa gleichaltrigen Jungen kennen gelernt: Birk Borkason.
Birk Borkason ist der Sohn von Borka und Undis. Er gehört zum rivalisierenden Borkaclan. Da dieser Clan bislang in einem anderen Teil des Waldes und in einer anderen Burg lebte, ist er Ronja unbekannt.
Zwar wundert sie sich bei ihrer ersten Begegnung darüber, dass sie diesen Jungen nicht kennt, aber sie denkt zunächst nicht darüber nach, da Birk dringend ihre Hilfe benötigt. Er schwebt in größter Gefahr. Ronja hilft ihm natürlich aus dieser Situation und so entsteht zum Missfallen ihrer Eltern eine Freundschaft zwischen den Kindern der rivalisierenden Clans.
Als es kurz nach diesen ersten Begegnungen zum Disput zwischen den Clans kommt und Birk als Geisel von Mattis festgehalten wird, ist die Freundschaft längst auf einem Geschwister-Niveau angelangt, sodass beide beschließen in den Wald zu ziehen um nicht in den Konflikt der beiden Clans involviert zu werden. So leben beide Kinder den restlichen Frühling, Sommer und Herbst hindurch im Einklang mit der Natur in einer Höhle.
Doch nach einigen Wochen beginnen die Vorräte knapp zu werden. Dies ahnt auch Ronjas Mutter Lovis und versucht sie zur Rückkehr zu bewegen. Erfolglos, denn Ronja erwartet eine Entschuldigung von ihrem Vater. Doch Mattis ist genauso stur wie seine Tochter und so muss Lovis kurze Zeit später ohne Ronja zurückkehren. Allerdings ist es ihr gelungen, Ronja nachdenklich zu stimmen. Wie soll das alles erst werden, wenn es Winter wird?
Die Räuber
Die Räuber des Mattisclans sind einerseits omnipräsent, andererseits agieren sie im Verborgenen. Ihre Gemeinschaft und die Tatsache wie sie füreinander einstehen, stellt Astrid Lindgren positiv dar. Gleichzeitig gelang es der beliebten Autorin von zahlreichen Kinderbuchklassikern aber auch Handlungselemente in die Geschichte einzubringen, die das Rechtsempfinden und das Gerechtigkeitsempfinden ihrer jungen Zielgruppe stärken. Ohne diese Figuren wäre das Buch sicher niemals derart stark gewesen und das, obwohl die Räuber nur eine Nebenrolle haben.
Ein klassischer Räuberroman?
Nein, um einen klassischen Räuberroman handelt es sich gewiss nicht. Zwar gibt es wohl einige Ideen, die an einen solchen erinnern, aber diese Aspekte sind zumeist eher reduziert und somit nicht nur kindgerecht, sondern auch noch ironisch. Astrid Lindgren greift zwar auf viele Charakterzüge zurück, an die man normalerweise denkt, wenn man an einen Räuber denkt, verkehrt diese aber auch oftmals ins genaue Gegenteil.
So haben die Räuber der Mattisburg nicht nur Spaß an Raufereien, sondern auch noch Mitgefühl. Ebenso erscheinen sie natürlich lebenslustig und trinkfreudig, kennen aber auch den Ernst des Lebens. Dieses Spiel der Gegensätze zeichnet Ronja Räubertochter aus, unterscheidet sie aber auch vom klassischen Räuberroman. Hier steht nämlich nicht das brutale Räuberleben im Vordergrund, sondern vielmehr das gesellschaftliche Miteinander.
Von Klassikern inspiriert
Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich selbst habe bei der Freundschaft von Ronja und Birk ein wenig an Romeo und Julia denken müssen. Natürlich ist die Freundschaft der beiden Kinder auf einer rein freundschaftlichen Ebene geblieben, sehen sie sich doch eher als Bruder beziehungsweise Schwester an und doch gibt es Aspekte, die nur all zu deutlich an diesen Klassiker erinnern.
Ob diese Inspiration so tatsächlich stattgefunden hat, kann ich an dieser Stelle nur vermuten. Dennoch zeigt es deutlich, welche Parallelen es zwischen den unterschiedlichen Geschichten und Genres geben kann.
Über die Illustratorin Ilon Wikland
„Ilon Wikland, 1930 in Estland geboren, studierte Kunst in Stockholm und London und arbeitet als freie Illustratorin. 1954 begann ihre Zusammenarbeit mit Astrid Lindgren, aus der mehr als dreißig Bücher hervorgegangen sind. Sie prägte über Generationen das Bild von Astrid Lindgrens Kindern aus Bullerbü, Karlsson vom Dach oder Ronja Räubertochter. Ilon Wikland wurde für ihr Gesamtwerk mit dem Elsa-Beskow-Preis ausgezeichnet und bereits mehrfach für den international bedeutenden »Astrid Lindgren-Gedächtnispreis« nominiert.“ (Oetinger Verlag)
Bilder, die die Geschichte zum Leben erwecken
In meiner Ausgabe der Geschichtensammlung um Ronja Räubertochter hat Ilon Wikland viele Szenen illustriert. Zwar sind die Illustrationen in diesem Band nur in Schwarz-weiß und dennoch regen sie mit Sicherheit die Fantasie der jungen Leser an. Mir fiel dabei auf, wie detailreich und exakt diese Zeichnungen sind. Sie passen dabei nicht nur haargenau zur beschriebenen Szene, sondern transportieren auch noch eine gewisse Emotion.
Über Astrid Lindgren
„Astrid Lindgren wurde am 14. November 1907 als Astrid Anna Emilia Ericsson auf dem Hof Näs nahe der Kleinstadt Vimmerby in Småland geboren. Mit ihren drei Geschwistern Gunnar (1906-1974), Stina (1911-2002) und Ingegerd (1916-1997) verlebte sie eine glückliche Kindheit auf dem Bauernhof ihrer Eltern Hanna und Samuel August Ericsson.“(Oetinger Verlag)
Sie gehört auch heute noch zu den bekanntesten Kinderbuchautoren der Welt. Diese Berühmtheit verdankt sie Figuren wie Pippi Langstrumpf, Michel aus Lönneberga, Madita, Kalle Blomquist und Ronja Räubertochter. Nicht vergessen werden darf in dieser Auflistung meiner Ansicht nach auch Karlson vom Dach. Astrid Lindgren wurde unter anderem mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels, dem Alternativen Nobelpreis, dem Schwedischen Staatspreis für Literatur sowie dem Hans-Christian-Andersen-Preis ausgezeichnet. Dies erfährt, wer den Klappentext über die Autorin liest.
Fazit
Wie schon zu Beginn dieser Rezension geschrieben, gehört Ronja Räubertochter zu meinen liebsten Kinderbüchern. Dabei sehe ich das Werk durchaus auch kritisch. Wie viele andere Geschichten von Astrid Lindgren spielt auch diese in einer idealisierten Welt. Vieles erscheint angesichts unserer heutigen Welt etwas zu harmonisch. Doch müssen Geschichten dieser Art nicht in gewisser Weise auch ein Idealbild zeigen, um einen Gegensatz zu verdeutlichen?