Mit „Zerschunden-Ein Fall für Dr. Abel“ zeigt Sat1 den zweiten Krimi um den Rechtsmediziner Dr. Fred Abel. Bereits im letzten Jahr konntet ihr mit „Zersetzt – Ein Fall für Dr. Abel“ die erste Verfilmung sehen, die auf den True-Crime-Romanen von Michael Tsokos und somit auf realen Fällen basiert.
„Es ist wohl genau der Widerspruch zwischen Faszination und Abscheu. Hinzu kommt das Phänomen, dass Thriller und Krimis gerade in Gesellschaften, denen es ‚besser‘ geht, sehr beliebt sind. Es ist quasi ein ‘Luxusgut‘, das wir uns erlauben können. Aus der Komfortzone unseres Wohnzimmers heraus, schauen wir sozusagen in die Abgründe des Menschen“, spekuliert Tim Bergmann im Interview mit Sat1 über die Faszination True-Crime.
„Zerschunden-Ein Fall für Dr. Abel: Jetzt wird’s persönlich
Überzeugte „Zersetzt“ im vergangenen Jahr vor allem durch seine Spannung, da wir ja alle wussten, dass es sich eben nicht um eine fiktive Geschichte handelte, schafft es die Fortsetzung in diesem Jahr eine weitere Ebene in die Charakteristik der Geschichte einzubauen.
Bei „Zerschunden – ein Fall für Dr. Abel“ wird es nämlich dieses Mal richtig persönlich. Wir lernen Dr. Fred Abel dabei auch von einer ganz anderen Seite kennen.
Dr. Abel und die Sache mit den Kompetenzen
Dass Abel ein Eigenbrötler ist, der sich nicht immer an alle Spielregeln hält, ist ja schon aus dem vergangenen Film bekannt und auch in „Zerschunden-Ein Fall für Dr. Abel“ steht er wieder einmal kurz vor einer Suspendierung. Warum? Nun, er hat sich von seiner Traumatisierung noch nicht ganz erholt, aber trotzdem seinen Job wieder aufgenommen.
Genau genommen hat er allerdings wenig verkehrt gemacht, außer vielleicht ein wenig seine Kompetenzen überschritten. Letztendlich sorgt die Kompetenzüberschreitung jedoch dafür, dass ausgerechnet sein bester Freund Lars für einen Mord ins Gefängnis geht, den er nach Meinung von Abel gar nicht begangen haben kann.
Der Gefängnisaufenthalt seines besten Freundes wäre vermutlich nicht weiter schlimm, läge nicht ausgerechnet dessen Tochter Nele, die an Leukämie erkrankt ist, im Sterben. Fred möchte nun alles tun, um Lars möglichst schnell aus dem Gefängnis zu holen. Wider besseren Gewissens und Wissens ermittelt er auf eigene Faust.
Abels private Seite
In der festen Absicht seinen Fehler, die Information weitergegeben zu haben, wieder gut zu machen, stößt er dabei nur seinen Vorgesetzten vor den Kopf. Auch seinem Privatleben bekommt seine Engstirnigkeit nicht unbedingt gut. Zwar kennt seine Lebensgefährtin Lisa Suttner Abel schon eine ganze Weile, weiß also auch, wie dieser sich bei Stress im Job und im Privaten verhält, doch tut genau dieses Verhalten der Beziehung nicht gut.
Annika Kuhl, die die Rolle der Lisa Suttner spielt, verrät im Interview gegenüber Sat1 einiges über ihre Figur und ihre Beziehung zu Fred Abel: „Wenn sich Privat- und Arbeitsleben so sehr überschneiden, wie es bei Fred und Lisa der Fall ist, kann es manchmal sehr schwer sein, einen objektiven Blick zu behalten. Lisa Suttner ist es als Bundesstaatsanwältin enorm wichtig, stets einen kühlen Kopf zu bewahren und sich zwar von der eigenen Intuition, nicht aber von Emotionen lenken zu lassen.
Lisa vertraut Abel, der aber manchmal die Grenzen des Legalen zu überschreiten droht. Immer wieder muss sie Fred in seine Schranken weisen und das hinterlässt Spuren in einer Beziehung, die sich um ein Verhältnis auf Augenhöhe bemüht. Sehr schmerzlich ist es für Lisa, wenn Freds Besessenheit für einen Fall sie für ihn als Frau unsichtbar werden lässt.“
Gleichzeitig mit seiner Beziehungskrise beginnt auch der altbekannte Konflikt mit Abels Schwester wieder aufzubrechen, denn Marlene hat sich in den vergangenen Jahren mit einer aufopferungswürdigen Haltung um ihre gemeinsame Mutter gekümmert. Fred hingegen hat seine Mutter weitestgehend ignoriert und sieht auch keine Notwendigkeit, die familiären Probleme beizulegen. Als Marlene ihn also ans Krankenbett seiner Mutter zitiert, überprüft Fred nur kurz die Vitalfunktionen und stürmt gleich wieder zur Arbeit.
Lernen wir Abel also tatsächlich von einer anderen Seite kennen? Tim Bergmann, der Dr. Fred Abel verkörpert, sagt im Interview mit Sat1: „Unbedingt. Das, was im ersten Film bereits angeklungen ist, z.B. der traumatische Unfall in seiner frühen Kindheit, Abels Verhältnis zu seiner Schwester und kranken Mutter und natürlich auch das Verhältnis zu seiner Lebensgefährtin Lisa wird jetzt vertieft und bekommt mehr Raum. Somit lernen wir ihn naturgemäß besser und anders in seinem persönlichen Kontext kennen. Auch Abels einziger Freund Lars tritt wieder in sein Leben.“
Die zwei Seiten des Fred Abel
Betrachtet man die Figur des Fred Abel genauer, so müsste man sagen, dass er unheimlich impulsiv und Affekt gesteuert interagiert. Mit diesen Eigenschaften ähnelt er sogar in gewisser Weise jenen Serientätern, die er zur Strecke bringen will. Ist er aber nicht gerade von irgendwelchen Konflikten aufgebracht, so ist eine ganz normaler Mitarbeiter und für Lisa Suttner tatsächlich ein Partner.
Vielleicht ist es seine Impulsivität, welche ihn zu so einem guten Ermittler macht. Jedenfalls trägt diese Wechselwirkung innerhalb ein und derselben Figur ebenfalls zur Unterhaltung der Zuschauer bei, da Abel unberechenbar bleibt. Glaubt man zu wissen, was im nächsten Moment passiert, so liegt man meist völlig daneben.
Internationale Zusammenarbeit
Ein weiterer Aspekt, der diesen Film besonders macht, ist sicherlich auch, dass er zeigt, wie Rechtsmediziner und Polizei international zusammenarbeiten. Eigentlich sollte man meinen, innerhalb der Europäischen Union mittlerweile weitestgehend ohne bürokratische Hürden funktioniert, doch „Zerschunden-Ein Fall für Dr. Abel“ zeigt bis die bürokratischen Hürden abgebaut sind werden noch einige Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte vergehen.
Da Fred Abel dieses Mal mit einem besonderen Druck hinsichtlich der zeitlichen Komponente arbeiten muss, wird genau diese Bürokratie für ihn immer wieder zu einer Grenze, die er gerne einfach links liegen ließe. So reist er selbst mittels seines eigenen Netzwerks dem Täter hinterher.
Michael Tsokos verrät im Interview mit Sat1, wie die Zusammenarbeit sich in der Realität vom Film unterschied, aber auch welche Gemeinsamkeiten es gibt. Herumgereist ist er nämlich nicht. „Nein, ich habe das Berliner Opfer untersucht. Die anderen Fälle haben meine Kollegen in den anderen europäischen Ländern untersucht. Man kennt sich gut von internationalen Kongressen und Fachtagungen und steht im regen Austausch mit den Kollegen, zu aktuellen Fällen.“ Wie auch schon im ersten Film der Reihe ist er auch dieses Mal als Komparse zu sehen.
Erwartungen an den Film „Zerschunden-Ein Fall für Dr. Abel“
Ich bin mir sicher, dass man über diesen Film sicherlich eine ganze Menge schreiben könnte. Doch ich möchte Euch die Spannung nicht verderben. Ich selbst freue mich bei diesem Film auf spannende Unterhaltung, starke Leidenschaft, in mehr als nur einem Bereich und natürlich tiefe Einblicke in das, was man die Verbrechensbekämpfung nennt.
Doch ich weiß, dass das, was der Zuschauer bekommt, mehr ist als das, was ich erwarte. In diesem Film wird es dramatisch, es wird tragisch und sehr emotional. Gleichzeitig jedoch zeigt „Zerschunden-Ein Fall für Dr. Abel“ auch, dass auch der Täter aus mehr als einer Perspektive betrachtet werden kann.