„Mit euch an meiner Seite“ von Fiona Higgins erzählt die Geschichte einer Müttergruppe. Hierbei geht es konkret um sechs junge Mütter, die gerade innerhalb der letzten Wochen ein Kind zur Welt gebracht haben. Fiona Higgins widmet jeder einzelnen Frau ein eigenes Kapitel und zeigt so unterschiedliche Perspektiven auf die Geburt eines Kindes und die damit verbundene Elternschaft. Ganz nebenbei lässt sie die Frauen auch noch eine Freundschaft zueinander aufbauen, sodass jede von ihnen sagen könnte: „Mit euch an meiner Seite“.
Ein lebensnaher Erfahrungsbericht mit routinierten Figuren
Man sagt, dass das Sexualleben eines Ehepaars nach der Geburt eines Kindes nicht mehr existiert. Genau mit diesem Aspekt beginnt Fiona Higgins auch in diesem Buch, denn das erste was wir lesen ist eine Art erotischer Traum, oder etwas, das zumindest den Eindruck eines solchen erwecken soll und kann. Wir starten mit Ginie, die gerade eine kleine Tochter zur Welt gebracht hat. Genau sie hat diesen Traum, der eigentlich mehr so etwas wie eine Erinnerung zu sein scheint. Eine Erinnerung an bessere Zeiten, als sie noch mit ihrem Mann glücklich war.
Wir begleiten Ginie zu einem Treffen der Mütter, die innerhalb der letzten sechs Wochen entbunden haben und nun von einer Hebamme auf dem Weg durch die ersten Lebensmonate ihres Kindes begleitet werden sollen. Die Geschichte spielt in Sydney, was möglicherweise eine gewisse Relevanz entwickelt, wenn man bedenkt, dass die Mütter mit ihren Kindern Ausflüge zum Strand planen. Das Leben dieser Mütter findet draußen statt und ist eben doch mit den Leben jeder anderen Mutter vergleichbar.
Fiona Higgins erzählt nämlich tatsächlich eine fiktive Geschichte mit lebensnahen und durchaus realistischen Erlebnissen, die scheinbar aus ihrer eigenen Zeit als frischgebackene Mutter stammen. Wie gesagt, das Ganze ist ein Roman, und doch erweckt sie in vielerlei Hinsicht den Eindruck auf echte Erfahrungen zurückzugreifen. Als Leserin erlebe ich Ginie als sehr nachdenkliche Frau, die eher ein klassischer Karrieretyp ist. In zahlreichen Rückblicken erfahren wir jedoch, dass ihr Mann keinesfalls der klassische Karrieretyp ist. Er ist Künstler, kreativer Kopf in einer Werbeagentur, arbeitet als Texter und wäre doch viel lieber Schriftsteller geworden im Vergleich zu Ginie, die als Anwältin für Kapitalrisiko arbeitet, verdient er lediglich ein Viertel dessen, was sie verdient. Genau diese Überlegung veranlasst sie auch schnellstmöglichst wieder in den Beruf zurückzukehren. Einen Beruf den sie liebt, der rational ist und den sie niemandem anderen anvertrauen würde, als sich selbst.
Dass die Geburt ihrer Tochter alles andere als leicht war, gibt ihr in diesem ersten starken Kapitel immer noch zu denken, sie leidet gerade zu Beginn des Kapitels noch unter einer schmerzenden Kaiserschnittnarbe und auch mit ihrer kleinen Tochter Rose ist sie alles andere als vertraut. Gerade zu Anfang hatte ich den Eindruck, dass diese Protagonistin genau eines möchte, möglichst schnell wieder zurück in ihr eigenes Leben.
Jede Mutter hat ihre Geschichte
Ihre Mitstreiterinnen aus der Müttergruppe sind da ganz anders. Made zum Beispiel stammt ursprünglich aus Bali und genießt das Mutterdasein. Was einem im Verlauf der Geschichte auch deutlich gezeigt wird, obwohl sie erst seit kurzem in Australien lebt, fühlt sie sich in der Müttergruppe angenommen und unterstützt.
Jede einzelne Mutter bringt in diesem Buch ihre eigene Geschichte mit ein. Nach und nach entsteht also so etwas wie eine Freundschaft zwischen den den Protagonistinnen. Was dann jedoch passiert, verändert alles nachhaltig, denn die Probleme der einzelnen Frauen, werden zu den Problemen der gesamten Gruppe.
Es endet, wo es anfangen könnte
Obwohl ich selbst keine Kinder, wohl aber eine große Familie habe, konnte ich diesen Roman gut lesen. Dennoch fehlte mir immer öfters der Tiefgang. Zunächst einmal war dieser Roman ein klassischer Roman über den Alltag von frischgebackenen Müttern und ihren Erlebnissen während oder nach der Geburt eines Kindes. Diese Teile des Romans gefielen mir sehr gut. Auch zahlreichen Rückblicke ließen sich gut lesen.
In einem Punkt jedoch konnte das Buch nicht bei mir punkten. Fiona Higgins ging bei einzelnen Protagonistinnen auf psychologische Dysbalancen ein, die im Verlauf der Geschichte sehr folgenschwer werden. Es sind wichtige Themen, gewiss, aber wenn man diese in einem Roman behandelt, um mehr Emotionen zu erzeugen, sollten diese Themen authentisch wirken.
Meiner Ansicht nach hätten diese Aspekte nicht derart überraschend auftreten sollen, da es sich um schleichende Probleme handelt. Hier hätte die Autorin stärker nachfassen müssen, denn auf diese Weise wurde meiner Ansicht nach Potenzial verschenkt.
Stilistische Alltäglichkeit trifft schwierige Themen
Wer dieses Buch liest, der wird zunächst denken, dass es sich ganz klassisch um die Geschichte von frischgebackenen Müttern und ihren Alltag handelt. Tatsächlich wählt Fiona Higgins auch einen entsprechenden Stil. Sie erzählt es dem Alltag der Mütter, so wie sie selbst vermutlich ihren Freundinnen aus dem Alltag erzählt, den sie mit ihren Kindern erlebt. Alles in allem ist somit alltagsnahe und nachvollziehbar. Zumindest, wenn man auf die sprachlichen Komponenten dieser Geschichte schaut.
Letztlich kommt es jedoch durch den etwas sprunghaften Verlauf der Geschichte und durch die scheinbar spontanen aufkommenden schwierigen Themen zu einem kleinen Bruch. Denn Fiona Higgins schafft es nicht, diese schwierigen Themen im leichten Sprachstil komplett darzustellen. Vielleicht wäre es also sinnvoll gewesen, sie hätte mit Verlauf der Geschichte einen etwas melancholischeren Stil gewählt, denn die Geschichte selbst hätte diese Schwermut an einer anderen Stelle sicherlich gut vertragen. So bleibe ich als Leserin jedoch gerade bei den emotional schwierigen Teilen außen vor.
Über Fiona Higgins
„Fiona Higgins hat im Bereich Unternehmenskommunikation gearbeitet. Sie ist Geschäftsführerin einer privaten wohltätigen Stiftung und lebt zurzeit in Sydney mit ihrem Mann und ihrem gemeinsamen Sohn. MIT EUCH AN MEINER SEITE ist ihr erster Roman.“ (Droemer Knaur)
Fazit
Fiona Higgins legt mit „Mit euch an meiner Seite“ Ihren Debütroman vor, was sich auch begrüßen. Allerdings verschenkt sie in diesem Roman zahlreiche emotionale Achterbahnfahrten und Charakterisierungen. Hier hätte sie meiner Meinung nach mit einem leichteren Thema einen besseren Start als Autorin gehabt. Meiner Meinung nach handelt es sich hierbei aber dennoch nicht um ein schlechtes Buch, sondern um ein Buch mit gewissen Schwächen.
Es ist ein Buch, in das sich Mütter unmöglich gut hineinversetzen können, gerade wenn es um die Alltagsaspekte geht, das jedoch gerade bei melancholischeren Themen etwas unausgereift wirkt. Schade, von diesem Buch hatte ich mir persönlich mehr versprochen.