Als ich „Die Italienerin, die das ganze Dorf in ihr Bett einlud“ in der Verlagsvorschau von Hörbuch Hamburg entdeckte, musste ich zunächst einmal herzlich lachen, dann jedoch stutzte ich, denn dieses Buch stammt aus der Feder von Gaby Hauptmann. Normalerweise ist Hauptmann eher weniger mein lesetechnisches Beuteschema und doch machte mich dieser Titel neugierig. Denn warum sollte eine Italienerin das ganze Dorf in ihr Bett einladen? Die Geschichte versprach ungewöhnlich zu werden. Das war sie dann auch.
Worum geht’s?
Nun zunächst einmal stoßen wir auf eine Tochter, die gerade ihren Vater zu Grabe trug, sich im Anschluss ins Bett legt und sagt, sie würde erst einmal nicht wieder aufstehen. Soweit erscheint das ganze erst einmal nicht ungewöhnlich und doch wird es genau das, denn Gabriella hält Wort. Sie verbringt die nächsten Tage im Bett und doch passiert in ihrem Schlafzimmer weitaus mehr als man sich dies vorstellen kann. Denn sie empfängt einige Gäste, besinnt sich auf all jene Dinge, die wichtig sind. Gutes Essen, nette Gespräche, einen Rückzugsort.
Die Italienerin, die die letzten Jahre in New York verbrachte, steigt aus ihrem Leben aus und beginnt gleichermaßen ihr Leben zu ordnen. So kommt sie nach und nach Geheimnissen des Dorfes und ihrer Familie auf die Spur und fesselt mit ihrer Geschichte nicht nur den Zuhörer.
Der Klappentext
Gabriella braucht eine Auszeit und ist nach vielen Jahren in das Haus ihrer Familie zurückgekehrt. Mit Blick auf die toskanischen Hügel liegt sie in ihrem Bett und beschließt, es den ganzen Sommer nicht mehr zu verlassen. Wer sie sehen will, muss sich zu ihr legen. Und alle kommen, vom Schornsteinfeger bis zum Pfarrer. Sie reden auch über Gabriellas Mutter, die rätselhafte amerikanische Schauspielerin, die eines Tages für immer verschwand … (Klappentext)
Eine Geschichte, die von der Erzählung lebt
Elisabeth Günther liest „Die Italienerin, die das ganze Dorf in ihr Bett einlud“ und verkörpert somit die Rolle der Gabriela. Allerdings erzählt sie die Geschichte nicht in der ersten Person, vielmehr ist sie eine Art Betrachterin, die in jeder Situation zugegen zu sein scheint und doch nicht alles mitbekommt, aber eben doch alles wichtige. Warum sage ich dennoch, sie verkörpert die Rolle der Gabriela?
Nun, auch wenn sie als autonome Erzählerin in der dritten Person spricht, dort man ihn wie den Eindruck dass sie doch am nächsten in Gabriellas Kopf hineinblickt. Diese ganz besondere Situation, lässt uns eine Vorstellung davon bekommen, wie viel Gabriella von der Außenwelt mitbekommt. Das ist gar nicht so wenig, wie es auf den ersten Blick scheint. Denn das ganze Dorf kommt sie besuchen und so wird Gabriela zum Mittelpunkt ihres Dorfes und gleichzeitig bekommt sie den Dorfklatsch und Tratsch nur dann mit, wenn sie dies möchte.
Gabriellas Schlafzimmer ist für die Geschichte der Hauptort und doch ist er nicht der einzige Ort, an dem diese Geschichte spielt. Denn tatsächlich erleben wir Szenen aus dem Ort mit, indem sie Gabriela erzählt werden.
Gaby Hauptmanns neuestes Buch ein Bühnenspiel?
Wer sich einmal überlegt, wie man dieses Buch erzählerisch umsetzen kann, der bekommt zunächst einmal eine Vorstellung davon, dass es ein sehr Figuren geprägtes Buch ist. Das Buch selbst lebt nämlich nicht allein durch seine Handlung, sondern vor allem durch seine Charaktere und durch die Art wie sie miteinander leben, lieben, lachen und reden.
Vermutlich könnte man dieses Stück auch wunderbar als eine Art Bühnenspiel aufziehen, denn es benötigt eigentlich keine große Kulisse. Auch wäre hierfür kein großes uns notwendig, denn selten mehr als drei oder vier Personen im Raum. Dennoch habe ich Zweifel, ob es so einfach wäre dieses Stück auf eine Bühne zu bringen. Denn das Hörbuch lebt durch die Emotion und die Art und Weise wie Inhalte vermittelt werden. Schon als Hörspiel würde es vermutlich ganz anders rüber kommen.
Meine Meinung zur Erzählweise von „Die Italienerin, die das ganze Dorf in ihr Bett einlud“
Meiner Meinung nach hat Elisabeth Günther einen richtig guten Job gemacht, als sie „Die Italienerin, die das ganze Dorf in ihr Bett einlud“ einlas, denn ich glaube, aufgrund der fehlenden Handlung und der vielen Gespräche war diese Aufgabe keinesfalls einfach und genauso schwer hätten es wohl auch Schauspieler, wenn sie diese Stück bühnentechnisch umsetzen würden.
Würden die Zuschauer dann nicht vor lauter Gesprächen einschlafen, sich zu langweilen beginnen? Bei dem Hörbuch konnte man ob der Gesprächslänge manchmal einfach gedanklich abschweifen und später bei einem anderen Gespräch wieder aufmerksamer werden.
Dies lag jedoch wieder an Zuhörer noch an der Art wie gelesen wurde, sondern vielmehr an der Erzählweise dieser Geschichte.
Eine abstruse Idee, nett zum Nachdenken ein
Ein ungewöhnliches Buch, denkt man vielleicht auf den ersten Blick, doch auf den zweiten schaut man genauer hin und erkennt: dieses Buch erzählt die Geschichte eines Dorfes. Es geht um das Zusammenspiel der Menschen miteinander, die Beziehungen, die Krisen, die Hoffnungen und schließlich das Zusammenleben. Jede einzelne Figur hat ihre Rolle im Leben der anderen.
Dieses Buch lädt insbesondere als Hörbuch dazu ein, das eigene Leben, die eigene Rolle in seinem Wohnort und die einzelnen Beziehungen zu anderen infrage zu stellen. Würde man selbst in einer vergleichbaren Situation ähnlich handeln?
Nein, vermutlich nicht, denn die Idee ist an sich erst einmal ein kleines Hirngespinst und doch keinesfalls so abstrus wie man es erst einmal glauben möchte.
Fazit
Ein Buch, das vermutlich insbesondere durch seine Hörbuch liebenswert wird. Ich bin mir nicht sicher, ob ich dieses Buch als Buch ebenso klasse und hätte wie jetzt als Hörbuch. Dieses Hörbuch lebt vor allem durch die Stimme von Elisabeth Günther. Ihre Stimme ist nämlich, in der Geschichte und den Gesprächen den Charakter verleiht, den sie braucht. Gleichzeitig bin ich mir jedoch ebenfalls sicher, dass dieses Hörbuch auch eine Menge Fragen aufwirft, Zuhörer zum Innehalten motiviert, zum Nachdenken.
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