Wer diesen Blog schon länger verfolgt oder vielleicht auch meinen Newsletter abonniert hat, der weiß, dass ich bereits einige Bücher von Kerstin Hohlfeld gelesen habe. Zuletzt „Morgen ist ein neues Leben“und auch schon einmal ein Interview mit ihr machen durfte.
Ihre Bücher sind eine gelungene Mischung aus Spaß und Ernsthaftigkeit, aus Humor und Nachdenklichem. Dieser Eindruck bestätigte sich auch in ihrem aktuellen Buch, eine Weihnachtsgeschichte, die jedoch so viel mehr ist als das.
Über die täglichen Helfer in den frühen Morgenstunden
Diese Geschichte ist eine Hommage an alle Dienstleister, die nachts und in den frühen Morgenstunden arbeiten, um uns unsere täglichen Routinen möglich zu machen. Denn was wären wir ohne die Bäcker und Konditoren, die Brief- und Paketzusteller, die Zeitungszusteller und all die anderen, denen wir jeden morgen begegnen könnten, würden wir selbst uns die Zeit nehmen und auf alljene uns alltäglich gewordenen Menschen achten.
Kerstin Hohlfeld tat genau das uns und widmete ihnen eine Geschichte. Eine Geschichte, die es verdient hat, dass ihr alle sie kennenlernt. Doch ich möchte euch zunächst ein wenig über die Geschichte erzählen.
Stellt euch vor, ihr währt Komponisten, doch nicht in der Stimmung ein Weihnachtskonzert zu planen oder zu geben
Genau vor diesem Problem steht Ephraim Sasse, bekannter und überaus erfolgreicher Komponist und jedes Jahr für ein großes Weihnachtskonzert verantwortlich. Doch in diesem Jahr kommt ihm keine passende Idee. Dies kann er sich nur durch den ortsansässigen Weihnachtsmarkt erklären, dessen Musik ihm Nerven kostet. Daran, dass er selbst seit längerem immer weniger Kontakt zu seinen Mitmenschen und seiner Umgebung sucht, liegt die kreative Flaute natürlich nicht, glaubt Sasse.
Stellt euch vor, ihr währt eine allein erziehende Mutter, die nur während der Nacht und des frühen Morgens Geld verdienen könnte
Genau das ist das Problem, vor dem Amelie Rothermund steht. Sie ist 23 Jahre alt und hat einen Sohn, der seit Kurzem zur Schule geht. Aufgrund dieser und weiterer Einflüsse hat die junge Frau keine Ausbildung und schlägt sich mit zwei Aushilfsjobs durch. Als sie bei einem der beiden Jobs die Kündigung erhält, beginnt sie endlich ihre Probleme anzugehen.
Erzählstränge, die ein Ganzes ergeben
Die beiden Protagonisten sind sicher die Hauptprotagonisten dieser Geschichte, doch daneben gibt es weitere Nebenfiguren, die jedoch nicht weniger wichtig sind. Kerstin Hohlfeld entwickelt ihre Geschichte durch die Beziehungen der einzelnen Figuren zueinander und über die Handlung. Diese beiden Facetten, sowie die Emotionen treiben die Geschichte voran.
Stilistisches
Betrachtet man weniger die Handlung als vielmehr die Sprache, so werde ich mir schnell über eines bewusst. Kerstin Hohlfeld charakterisiert die Protagonisten nicht nur durch ihre Handlungen, sondern, insbesondere in den Dialogen, auch über ihre Sprache und Ausdrucksweise.
Dabei zeigt sich die sprachliche Charakterisierung nicht nur über die Wortwahl der Autorin für die einzelnen Protagonisten, sondern vielmehr auch über die Satzmelodie der einzelnen Figuren beim Sprechen. Dies war ein Aspekt, den ich nie zuvor derart detailliert festgestellt habe. Aber tatsächlich zeigt er sich bei dieser Geschichte mehr als deutlich.
Kerstin Hohlfeld stellt dabei nicht nur so Dinge wie das Berlinern, wenn man nervös ist, sondern auch sprachliche Vielfalt in Bezug auf Deutsch als Fremdsprache dar. So bekommt mit der Zeit jeder einzelne Protagonist, ob er nun Haupt- oder Nebenfigur ist, ein eigenes sprachliches Gesicht. Jede einzelne Figur, vom Schneekehrer bis zum Trommler, wird auf diese Weise vor den Augen des Lesers lebendig.
Ich persönlich bin mir nicht ganz sicher, ob die Geschichte liebenswürdiger wäre, wenn Kerstin Hohlfeld auf diese liebenswürdigen kleinen Details verzichtet hätte. Ich persönlich weiß auch nicht, ob die Geschichte dann das geworden wäre, was sie ist. Eine Geschichte nämlich, die gleichermaßen unterhält und nachdenklich macht.
Was ist uns eigentlich an Weihnachten so wichtig?
Nun ja, letztlich hat jeder der Weihnachten feiert oder auch nicht, seine ganz spezielle Vorstellung von Weihnachten. Für die einen stehen vielleicht die Geschenke im Vordergrund, für die anderen ist es eher das gemütliche Beisammensein, mit guten Freunden und der Familie. Für wieder andere stehen vielleicht die karitativen Aktivitäten im Vordergrund und andere sind an Weihnachten einsam und allein.
All diese Faktoren zeigt Kerstin Hohlfeld in „Bevor die Stadt erwacht“ auf. Es handelt nicht schon alleine deshalb um einen Weihnachtsroman, weil er in der Weihnachtszeit spielt, gleichzeitig jedoch zeichnete sich dadurch aus, dass er tatsächlich das Weihnachtsfest in den Mittelpunkt rückt, ohne dabei kitschig, festlich oder besinnlich zu erscheinen.
Letztendlich geht es aber in diesem Buch genau um eine Besinnlichkeit, die die Autoren den einzelnen Protagonisten in ihren Handlungen auferlegt. Tatsächlich scheinen sich alle auf etwas zu besinnen, dass Weihnachten neben all dem Kommerz auszeichnet. Nämlich dass es sich bei Weihnachten um das Fest der Liebe handelt.
Fazit
Vielleicht ist euch aufgefallen, dass ich bei diesem Buch nicht an Komplimenten gespart habe. Dies ist bei meinen Rezensionen zwar häufig der Fall, bei diesem Buch jedoch ist es noch ein wenig anders. Denn dieses Buch ist anders, als man es erwartet, wenn man es zur Hand nimmt.
Als ich das nämlich tat, dachte ich mir, es sei möglich, nur mal eben kurz hinein zu lesen und es dann noch einmal beiseitezulegen. Ein Fehler, wie ich feststellen musste, denn ich habe dieses Buch innerhalb kürzester Zeit, innerhalb weniger Stunden gelesen. Und hätte ich die Zeit gehabt, es wäre vermutlich noch schneller gegangen. Dieses Buch hat eine gewisse Sogwirkung, ohne dass es dabei um Spannung geht. Es ist einfach eine gewisse Emotion, eine Atmosphäre, die es transportiert.