„Honigblütentage“ von Sofie Cramer ist ein Buch, das mich insbesondere aufgrund seines Bezugs zum Honig und zur Bienenwelt gereizt hat. Honigblütentage, das klingt einfach lecker, nachhaltig und umweltfreundlich. Somit war für mich klar, dass ich dieses Buch lesen musste. Von Sofie Cramer hatte ich bislang auch schon viel Gutes gehört aber noch nie selbst ein Buch von ihr gelesen. Dies sollte sich nun ändern.
Ich fing also an zu lesen und wartete darauf, sich irgendeinen Bezug Honig und Umwelt einstellen würde. Der Bezug zur Umwelt war tatsächlich schnell gefunden, denn Valerie, die Protagonistin in „Honigblütentage“ von Sofie Cramer pilgert auf dem Heidschnuckenweg und ist ein sich auf der Suche nach sich selbst.
Worum geht’s bei „Honigblütentage“ von Sofie Cramer?
Den Sinn dieses Pilgerwegs versteht sie eigentlich nicht, wurde sie doch von ihrer Chefin dazu genötigt, diese Reise zu unternehmen. Dass ihr diese Reise guttun würde, daran hatte sie von Anfang an ihre Zweifel. Und dann läuft von Beginn an alles anders als geplant. Ob Valerie sich auf diesem Weg wohl selbst finden wird? Dies erfährt nur, wer den gesamten Weg gemeinsam mit ihr geht.
Umwelt ja – Bienen Nein: eine Frau im besten Alter auf dem Weg zu sich selbst
Den Bezug zum Honig und zu den Bienen habe ich jedoch lange vergeblich gesucht. Trotzdem hat dieser Roman einiges an Potenzial, mit dem man zuvor gar nicht gerechnet hat, denn es ist ein klassischer Wohlfühlroman und doch gibt mir als Leserin dieses Buch einige Fragen an die Hand, mit denen ich mich nun individuell beschäftigen könnte.
„Honigblütentage“ von Sofie Cramer beschäftigt sich mit Wahrheiten, mit Wirklichkeiten und mit Interpretationen und schafft es so, dass mir als Leserin gleich zwei Protagonistinnen ans Herz wachsen.
Neben Valerie gibt es nämlich auch noch Anne, die ihr auf dem Weg von Celle nach Hamburg über den Weg läuft, wobei vielleicht sollte ich besser sagen, dass Anne Valerie einige Tage beherbergt. Sie steht ihr auch mit Rat und Tat zu Seite und schaffte schließlich Valeries Leben einen neuen Sinn zu geben.
Doch in den Tagen in denen sie auf Annes Hof zu Gast ist, merkt Valerie auch, dass auch in Annes Leben nicht alles eitel Sonnenschein ist und sie beginnt ihrerseits ein paar Stricke zu ziehen. Ob das gut gehen kann, möchte ich an dieser Stelle nicht verraten, denn dieser Aspekt nimmt einen großen Teil des Buches ein und ich würde euch damit den Spaß am Lesen ruinieren.
Pilgern als Reinigung der Seele
Man sagt, Pilgern sei eine Art Reinigung für die Seele, dass man beim Pilgern zu sich selbst findet und zu einer Art inneren Ruhe, die man vorher womöglich gar nicht kennenlernen konnte. Valerie ist in einer ähnlichen Situation wie all jene, die noch nie gepilgert sind und somit wohl wie die meisten, die „Honigblütentage“ von Sofie Cramer lesen.
Sie selbst glaubt nicht daran, dass er das Pilgern dabei helfen kann zur Ruhe und zu sich selbst zu finden. Vielmehr ist sie sauer auf alle und jeden, die versuchen den Sinn des Pilgern näher zu bringen und sieht es sogar als eine Strafe an, als er ihre Chefin schließlich den Auftrag erteilt über den Heidschnuckenweg und das Pilgern als Trend zu schreiben.
Letztlich ist es aber ganz egal, ob man nun den Jakobsweg pilgert, einen Teilausschnitt aus diesem auswählt, oder den schönsten Wanderweg Deutschlands zum Pilgern nutzt. Denn innere Ruhe und ein inneres Gleichgewicht wird nur derjenige finden, der sich darauf einlässt.
Der Heidschnuckenweg, der durch einen großen Teil der Lüneburger Heide führt, lädt dazu ein, diese Lüneburger Heide mit allen Sinnen zu erleben. Deshalb hätte ich jetzt erwartet, dass das Buch um einiges umfangreicher ist, denn über den Pilgerweg, den Valerie geht, kann man eine ganze Menge erfahren.
Vorausgesetzt, dass man motiviert ist den gesamten Weg zurückzulegen, hat man also eine ganze Menge Beiwerk, auf das man sich freuen oder auch vorbereiten könnte. Aus diesem Grund könnte ich mir auch vorstellen, dass es vergleichbare Bücher von der Autorin geben könnte, denn die Lüneburger Heide hat sicher einiges an noch nicht genutzten Potenzial für tolle Romane.
Sofie Cramers Figuren
Man merkt Sofie Cramer an, dass sie mit Valerie eine Protagonistin geschaffen hat, die ihr selbst beruflich ähnelt und somit fischt die Autorin in einem Gebiet, dass sie besser kennt als ihre Westentasche, denn Valerie arbeitet als Redakteurin für eine Frauenzeitschrift und aus diesem Bereich kommt auch die Autorin selbst.
Der Schreibstil, in dem die Autorin die Geschichte erzählt, ist also offen und authentisch, gleichzeitig aber auch so, dass sich scheinbar jeder darin wieder finden kann. Sofie Cramer ist es gelungen, Figuren zu entwickeln, in denen man sich selbst wieder finden kann, mit denen man sich identifiziert und an denen man sich reiben kann. Klingt merkwürdig, aber genauso ist es und so ist „Honigblütentage“ von Sofie Cramer, von dem ich ursprünglich etwas anderes erwartet hatte doch noch zu einem echten Lesevergnügen geworden.
Sofie Cramers Schreibstil
Der Schreibstil in dem Sofie Cramer diese Geschichte erzählt ähnelt jenem Schreibstil, den wohl jede Leserin verwenden würde, um eine vergleichbare Geschichte zu erzählen, die sie vielleicht selbst erlebt hat.
Dies ist auch eine Besonderheit, denn Sofie Cramer erzählt eine Geschichte, die jede Leserin in dieser oder vergleichbarer Situation selbst erleben könnte, denn den Heidschnuckenweg gibt es tatsächlich und jede von uns könnte diesen Weg gehen. Vorausgesetzt natürlich, dass man körperlich dazu in der Lage ist.
Jeder Protagonistin und jeder Nebenfigur gibt Sofie Cramer somit nicht nur ihre eigene Stimme, sondern auch gleich ihr eigenes Gesicht, ihre eigene Entwicklung und ihre eigene Vorgeschichte. All das trägt zu einer gewissen Illusion einer real existierenden Person bei.
Der nahezu jeder hätte letztendlich gerne eine Freundin wie Valerie oder Anne. Kann man sich mit der einen identifizieren oder mit der anderen? Eine von beiden hat auf jeden Fall das Potenzial, eine gute Freundin zu werden.
Über die Autorin Sofie Cramer
„Sofie Cramer stammt aus der Lüneburger Heide, geboren wurde sie 1974 in Soltau. Zum Studium der Germanistik und Politik ging sie zunächst nach Bonn, später nach Hannover. Nach ihrer Zeit als Hörfunk-Redakteurin machte sie sich selbständig. Heute schreibt sie Romane, arbeitet als Schreibcoach sowie als freie Drehbuchautorin und entwickelt Film- und Fernsehstoffe.
Seit ihrem Bestseller «SMS für dich», der 2016 erfolgreich fürs Kino verfilmt wurde, hat sie bereits mehrere Romane unter dem Pseudonym Sofie Cramer geschrieben. Sie lebt mit ihrer Familie in der Nähe von Hamburg.“(Rowohlt)
Fazit
Dieses Buch ist ein klassischer Wohlfühlroman, der eine Inspiration sein kann selbst einmal Pilgern zu gehen oder wie Valerie im Buch selber sagte einfach einmal einen langen Spaziergang zu machen. Einen der mehrere Tage geht, natürlich. Dennoch ist dieser Roman kein Pilgerratgeber, sondern unterhält insbesondere durch das schillernde Innenleben seiner Protagonisten. Als genau das wurde auch konzipiert und genau darüber werden sich die Leserinnen und Leser freuen.
Wie immer stellt sich die Frage, ob dieses Buch für alle Leser gleichermaßen geeignet ist. Diese Frage kann ich mit einem eindeutigen Nein beantworten, denn das Buch richtet sich meiner Meinung nach eher an Frauen, die gerade auf Sinnsuche sind und sich fragen, was sie mit ihrem Leben noch anfangen können. Die perfekten Leserinnen für dieses Buch stecken also in einer ähnlichen Situation wie Valerie oder aber sind ähnlich wie andere eigentlich mit ihrem Leben zufrieden, aber die eine oder andere Baustelle gibt es im doch noch.
Ist dieses Buch lesenswert? Ja, dieses Buch kann gut an einem Wochenende gelesen werden, möglicherweise sogar als Vorgeschmack auf einen Urlaub in der Lüneburger Heide oder wenn man selbst wandern geht. Mir persönlich hat es Spaß gemacht, dieses Buch zu lesen. Für mich wäre dieser Roman ein klassischer Urlaubsroman.