Aiden Truhens Erstlingswerk ist nicht nur aufgrund des merkwürdigen Titels speziell. Nein, die deutsche Ausgabe von „The price you pay“ ist darüber hinaus auch noch ungewöhnlich derb und von brutaler Ehrlichkeit. Didi ist tot. Normalerweise würde Jack Price das nicht im Geringsten interessieren. Die Nachbarin aus der Wohnung unter ihm war keine freundliche alte Dame, sondern Jack zu Folge eher ein Hausdrachen. Normalerweise würde ihn das nicht im Geringsten interessieren. Doch ihr Tod war kein normaler Tod. Es war Mord und Jack vermutet eine Botschaft an ihn hinter diesem Verbrechen.
Vom Drogenhandel
Jack ist Großhändler. Früher war Kaffee die Ware seiner Wahl; mittlerweile bevorzugen seine Kunden und die Kunden seiner Kunden härteren Stoff. Konkret so etwas wie Koks und Jack beschafft es, weil er es kann. Er behauptet von sich selbst der beste und smarteste zu sein. Einer, der keine Spuren hinterlässt. Er verfügt über exzellente Verbindungen in die Ober- und Unterwelt und ist im Rahmen dieser Geschichte so etwas wie ein Antiheld.
Jack ist dabei derart unauffällig, dass man ihmvermutlich auch nie eine Beteiligung nachweisen könnte. Doch genau aus diesem Grund ist jetzt der Mord an Didi eine echte Bedrohung für ihn. Was ist, wenn ihm eine Bande übel mitspielt? Wenn er also als Täter dargestellt wird? Jack beschließt etwas zu ändern und stürzt sich selbst in die Ermittlung.
Stil
Aiden Truhen erzählt eine Geschichte, bei der der Zuhörer einerseits sehr schnell nervös wird, andererseits aber ebenso schnell in den Bann der Geschichte gezogen wird. Die Sprache ist derb, die Handlung zum Teil äußerst brutal. Gleichzeitig mit dieser ungewöhnlichen Brutalität tritt auch noch eine andere Facette auf. Der Autor schafft es, dass wir als Hörer des Hörbuchs die Figur des Jack Price gleichzeitig lieben und hassen lernen.
Eine Frage der Moral
Bei genauerer Betrachtung möchte man sagen, dass dieses Hörbuch mit der Frage der Moral spielt. Noch viel mehr als das, stellt der Autor in einer Figur menschliches und fragwürdiges Verhalten gegenüber. Sollte man Drogen kaufen? Nein, natürlich sollte man keine Drogen kaufen und doch gab es mal Zeiten, in denen Drogen weltweit völlig legal gekauft und konsumiert wurden. Gut, dass diese Zeiten ins Mittelalter zurückreichen, lasse ich dabei ist jetzt mal außer Acht.
Gleichzeitig wirft dieses Hörbuch eine ganze Menge von moralischen Fragen auf, denn obwohl es sich um einen Antihelden handelt und zudem auch noch um das Thema Drogen, lässt sich schwierig leugnen, dass der Hauptprotagonist und Erzähler dem Zuhörer dieses Hörbuchs irgendwann Verlauf der Geschichte sympathisch wird. Man fiebert mit ihm mit, durchlebt diesen Fall und hofft auf eine spannende Auflösung, die auch kommt.
Derbe Sprache passend zum Metier
Tatsächlich jedoch verfügt dieses Hörbuch auch über eine richtiggehend derbe Sprache, die zur Situation und auch zur Umgebung passt und somit nicht nur den Stil, sondern auch die Atmosphäre dieses Hörbuchs beeinflusst. Ja, es gibt sicherlich Hörbücher, die ich lieber höre. Einfach, weil sie sanfter und gleichmäßiger sind, aber, wer derbe, schockierende und brutale Thriller mag, der wird hier sicherlich seine Freude haben.
Der Charakter des Erzählers
Jack Price ist Protagonist und Erzähler in Personalunion, da die Geschichte aus der Ich-Perspektive erzählt wird. Gleichzeitig bedeutet dies, dass wir seinen Charakter und auch alle Widersprüchlichkeiten, die in ihm vereint wurden, am besten kennen lernen. Mir persönlich gefiel dieser vielschichtige, zynische und nicht unbedingt vorhersehbare Charakter gut. Gerade deshalb, weil er so undurchsichtig ist, gerade deshalb bei er zynisch und böse ist. Nichts, dass ich normalerweise mit einem Helden in Verbindung bringen würde und gleichzeitig ist er intelligent und charmant. Man könnte ihn fast für ein Sozio- oder einen Psychopathen halten, als der vermutlich auch gelten würde, wäre er ein echter Mensch.
Die übrigen Charaktere bleiben leider ein wenig zu flach für meinen Geschmack, was aber der Spannung der Geschichte hinsichtlich des Actionngehalts keinen Abbruch tut. Dieses Hörbuch überzeugt vor allem, wenn man auf einen spannungs- und actiongeladenen Krimi oder Thriller steht. Allerdings ist dieser ungewöhnliche Thriller auch genau das Gegenteil von jedem Krimi oder Thriller, den ich sonst so höre.
Eine Frage des Wortwitzes?
In manchen Dialogen hatte ich den Eindruck, dass ein wenig von dem Wortwitz während der Übersetzung verloren gegangen ist, sodass ich dieses Hörbuch gern im englischsprachigen Original gehört hätte. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob mich der Eindruck hier vielleicht trügt, denn das englische Original kenne ich ja nicht.
Der Autor
„Aidan Truhen ist ein Pseudonym. Truhen über Truhen: »Ich bin ein schrecklicher Mensch.«“ (Suhrkamp Verlag)
Der Trailer zum Hörbuch
Der Sprecher
„Carsten Wilhelm ist bekannt als Stimme in zahlreichen TV Dokumentationen und Werbefilmen namhafter Unternehmen. Als Sprecher ist er auch präsent in Hörspielen öffentlich-rechtlicher Sendeanstalten und als deutsche Stimme in zahlreichen bekannten Computerspielen. Spätestens seit Beginn der Tesseract-Reihe von Tom Wood und der Joe-Kurtz-Serie von Dan Simmons ist er aus dem Hörbuchbereich nicht mehr wegzudenken.“ (Ronin Verlag)
Fazit
Ja, wer diese Rezension bis hierhin gelesen hat, wird gemerkt haben, dass dieser Krimi oder sollte ich besser sagen dieser Thriller von allem abweicht, was ich bislang in diesem Jahr kennengelernt habe und ihr könnt sicher sein, das war einiges. Den Autor kannte ich bislang noch nicht, aber wie sollte ich auch wenn „The Price you pay“ der Debütthriller des Autors ist.
Obwohl dieser Thriller Schwächen aufweist, ist diese Geschichte durchaus hörenswert, denn der Sprecher hat viele Aspekte noch einmal besonders lebendig gestaltet. Die Atmosphäre des Buches ist ebenso stark wie der Spannungsgehalt. Die Charaktere (allen voran Jack Price) wirken lebendig und dennoch ist dieses Buch stilistisch definitiv eher etwas für einen männlichen Leser, der auch vor einem maskulinen Thriller nicht zurückscheut.