Als ich damit begann „Das Mörderarchiv“ von Kristen Perrin zu hören, hatte ich eigentlich keine allzu großen Erwartungen, da mir die Autorin bis dato gänzlich unbekannt war. Ich war durch Facebook und Instagram gleich mehrfach auf das Buch aufmerksam geworden und entdeckte es schließlich mehr durch Zufall auf Spotify.
Der Untertitel hatte meine Neugier geweckt und so hörte ich einfach mal rein. Schon bald lauschte ich der Stimme von Anne Düe, die mich an Annies Seite nach Castle Knoll reisen ließ. Ich erfuhr, dass Frances Adams ihr Testament geändert habe und Annies Mutter Laura nun nicht mehr die Alleinerbin sei und Frances Anni in Castle Knoll über die Änderungen informieren wolle.
Nichts Böses ahnend bricht Anni nach Castle Knoll auf, erhält dort aber keine Gelegenheit Tante Frances, die sie nur aus Erzählungen kennt, kennen zu lernen und sich die Erläuterungen zum Testament anzuhören, denn die ältere Dame wird tot in der Bibliothek ihres Herrenhauses aufgefunden.
„Das Mörderarchiv“ von Kristen Perrin: die Auffindesituation
Annie, Oliver Gordon, und Frances Neffe Saxon, sind in der Kanzlei von Walter Gordon mit Frances verabredet. Da Saxon berufsbedingt verhindert ist, erscheint Elva, seine Frau.
Niemand ist von der Anwesenheit der anderen potentiellen Erben begeistert, doch zu einer echten Anfeindung kommt es nicht. Sie alle warten auf Frances, die nicht pünktlich zum Termin erscheint, sich aber telefonisch entschuldig und den Treffpunkt ins Gravesdown-Anwesen verlegt.
Als alle Beteiligten am neuen Treffpunkt eintreffen, treffen sie dort auf den langjährigen Gärtner. Doch auf ihr Klingeln und Klopfen reagiert niemand. Haben sie Frances falschverstanden? Nein sicher nicht, denn der Oldtimer steht vor dem Haus und Frances selbst hatte gesagt, dass das Fahrzeug nicht anspringe.
Walt verschafft den Anwesenden schließlich Zutritt. Gemeinsam machen sie sich auf die Suche nach Frances. In der Bibliothek finden die ältere Dame schließlich leblos auf. In der Nähe steht ein Blumenstrauß in einer Vase. Der wirkt jedoch alles andere als schön arrangiert und das, obwohl Frances selbst Hobbyfloristin war und sogar Gestecke für das Hotel und die Kirche fertigte.
Die herbeigerufenen Sanitäter können Frances nicht mehr helfen, doch obwohl auf den ersten Blick nichts auf ein Fremdverschulden hindeutet, werden die Anwesenden misstrauisch. Hat sich hier eine alte Prophezeiung erfüllt? Ist Frances tatsächlich ermordet worden?
„Das Mörderarchiv“ von Kristen Perrin: Das Testament
Dass es sinnvoll wäre von Mord auszugehen, wird für mich als Hörerin im gleichen Moment klar, in dem es für Annie und die anderen Figuren von Bedeutung ist. Frances hat nämlich in ihrem Testament verfügt, dass einzig derjenige oder diejenige den gesamten Besitz gab, die den Mord aufklären kann. Somit gibt dieses Testament viele neue Fragen auf, aber zunächst nur wenige Antworten.
Alles in allem wird klar, dass Frances wirklich an alles gedacht hat und scheinbar jede Eventualität berücksichtigt hat. Tatsächlich muss man sogar sagen, sie hat alles perfekt vorbereitet, damit jemand anderes nach ihrem Tod den Mord an ihrer Person aufklären kann.
Ihre Paranoia war im ganzen berühmt und berüchtigt. Annie hätte die Tante sicher gerne kennen gelernt. Mit ihrem Ableben, das so überraschend kam und doch so geplant erschien, hat sie das ein oder andere Geheimnis mit ins Grab genommen. Aber Annies Mutter Laura weiß, dass die Tante ein ganz besonderes Hobby hatte. Sie bittet Annie um einen besonderen Gefallen.
„Das Mörderarchiv“ von Kristen Perrin: eine Tote mit einem außergewöhnlichen Hobby
Um ihrer Mutter diesen Gefallen zu erweisen, geht Annie in das Nachbarzimmer der Bibliothek. Soll dort aus dem Schrank die Akte ihres Vaters wurden. Annie denkt sich dabei nichts, schließlich weiß sie von der Mutter, dass er ein Tunichtgut ist, der sie vor Jahren mit ihrer kleinen Tochter allein zurück und seiner Wege ging.
Auf der Suche nach der richtigen Akte stößt Annie ganz nebenbei auch das Hobby ihrer Tante, denn diese hat das Dorf Castle Knoll ausspioniert und die Geheimnisse, die eine Bedrohung für einen Mord darstellen könnten, in eigens dafür angelegte Ordner festgehalten und passende Beweise angefügt.
Annie nimmt die Akte ihres Vaters an sich, beschließt aber ebenso einen Blick auf „das Mörderarchiv“ von Tante Frances zu werfen. Dabei fällt ihr ein Tagebuch von der jungen Frances in die Hände, dass sie offenbar in den sechziger Jahren geschrieben hat.
Damit beginnt ein weiterer Erzähler, den wir als Hörer bereits im Prolog kennen gelernt haben. Mir persönlich gefällt diese zweite Erzählerin aus der Sicht der Tante ausgesprochen gut. Gleichzeitig sorgt er dafür, dass die Geschichte selbst nun zügig an Fahrt aufnimmt und die bis dato unterschwellige Spannung langsam steigt.
Die Frage, wer Frances ermordet hat, bleibt dabei natürlich relevant, doch je mehr Annie erfährt, desto mehr wird ihr bewusst, dass nahezu jeder der anwesenden und zahlreiche Dorfbewohner ein Motiv hätten, Frances zu ermorden. Könnte dieser Aspekt auch für Annie zu treffen, schließlich ist es ihre Aufgabe, den Mord an ihrer Tante aufzuklären?
„Das Mörderarchiv“ von Kristen Perrin: Ein Wettstreit der besonderen Art
Unter den Erbberechtigten entsteht ein Wettstreit der besonderen Art, den Frances mit ihrem ungewöhnlichen Testament ausgelöst hat. Was auf den ersten Blick ein wenig seltsam erscheint, stellt auf den zweiten Blick sicher, dass ihr Mord auf jeden Fall aufgeklärt wird oder zumindest, dass darin ermittelt wird.
Annie begibt sich zwar auf die Spur ihrer Tante, wird jedoch selbst mit in den Strudel der Ereignisse hineingezogen, denn in dem Moment, wo sie erkennt, dass nahezu jeder der Anwesenden und dazu noch etliche Dorfbewohner ein Motiv hätten, Frances zu ermorden, weil sie das jeweilige Geheimnis aufdecken könnte, schwebt sie selbst in allzu großer Gefahr.
Um mehr zu erfahren, bleibt ihr jedoch nichts anderes übrig, als sich mit anderen auszutauschen und gewissermaßen einige Bündnisse zu schließen. Detective Crane kommt ihr da gerade recht. Er hat schließlich die meisten Informationen, über den Tod von Frances, kennt ihre Autopsie-Ergebnisse und viele Geschichten aus der Vergangenheit.
„Das Mörderarchiv“ von Kristen Perrin: Zwei Zeiten, eine Geschichte
Die Vergangenheit erfährt Annie zwar auch aus dem Tagebuch ihrer Tante, dass der Geschichte eine zweite Zeitebene hinzufügt, aber inwieweit ist die Erinnerung ihrer Tante durch deren subjektive Wahrnehmung verzehrt? Stimmen wirklich alle Geheimnisse, die sich im Mörderarchiv befinden?
Crane gibt Annie die Möglichkeit, das ganze aus einer anderen Perspektive zu betrachten, schließlich lassen sich manche Geheimnisse nur von einer Seite beleuchten. Mit ihm ein Bündnis zu schließen, hat für Annie also eine Menge Vorteile, denn er kann für ihre Sicherheit sorgen und kennt das Dorf seit seiner Kindheit. Doch ist seine Unterstützung tatsächlich so uneigennützig? Nein, denn auch er ist im Testament erwähnt.
Persönlich fand ich es spannend, Frances‘ Geschichte auch aus ihrer Perspektive zu erfahren, denn als Figur hätten wir Frances sonst nur als Tote erleben können. Das Tagebuch jedoch gibt uns die Möglichkeit, sie als Figur und maßgebliche Motivation für die Geschichte zu erleben.
Anfangs ist es allerdings ein wenig verwunderlich, dass wir dazu in die sechziger Jahre zurückkehren müssen, und die Geschichte einer Freundschaft einst alles in Frage stellte. Das Tagebuch ist richtungsweisend für Annies Ermittlungen und schließlich entdeckt sie eine zweite Leiche…
„Das Mörderarchiv“ von Kristen Perrin: Erzählerinnen mit eigenem Stil und Verstand
Genau genommen gibt es in „Das Mörderarchiv“ von Kristen Perrin nicht eine Erzählerin, sondern zwei. Die Tatsache, dass die Geschichte in zwei Zeitebenen spielt, sorgt dafür, dass es natürlich auch zwei Erzählerinnen geben muss.
Annie erleben wir in der Gegenwart – vertreten durch einen personalen Erzähler in der dritten Person – wohingegen das Tagebuch, die Vergangenheit repräsentiert und aus der ich-Perspektive von Frances erzählt wird, die aber ebenfalls ein personaler Erzähler ist.
Frances erzählt lediglich das, was sie selber mitbekommt und das ist nicht etwa alles, sondern lediglich das, ohne selbst anwesend ist oder was über Dritte zugetragen wird. So wissen wir lange Zeit nicht, wer für den Mord an der zweiten Leiche verantwortlich ist und dass wiederum behindert die Aufklärung von Mord an Frances.
Vielleicht ist es also die Verbindung außer unterschiedlichen Erzähler, die bei diesem etwas ungewöhnlichen Kriminalroman dafür sorgt, dass man unbedingt mehr erfahren möchte und eine Sogwirkung erlebt, mit der man so anfangs garantiert nicht rechnen konnte.
Gleichzeitig verwenden die beiden Erzählerinnen ein ganz unterschiedliche Stilistik, da die eine in den sechziger Jahren lebt und die andere in der Gegenwart. Mich persönlich würde interessieren, wie Frances die Geschichte rückblickend erzählt hätte, wenn es ein Gespräch zwischen ihr und ihrer Nichte Annie gegeben hätte.
Allerdings wäre es dann vermutlich nicht derart spannend gewesen, deshalb bin ich froh darüber, dass dieses persönliche Gespräch nicht stattgefunden hat, sondern die Autorin stattdessen die Perspektive des Tagebuchs eingebaut hat und somit eine zweite höchst spannende Zeitebene eingebaut hat.
„Das Mörderarchiv“ von Kristen Perrin: Der Auftakt einer Reihe oder ein Standalone?
Was ich mich selbst nach Abschluss des Hörbuches gefragt habe, war, ob es sich hierbei um den Auftakt einer Reihe oder etwa um einen überaus spannenden Kriminalroman, der ohne Fortsetzung bleibt.
Als ich das recherchierte, wurde ich auf der Seite vom Rowohlt Verlag schließlich fündig und erfuhr, dass es sich um den Auftakt einer Reihe handelt. Persönlich bin ich gespannt, ob mir dieser zweite Teil, der im kommenden Januar erscheinen wird, ebenso gut gefällt, wie der Krimi, den ich jetzt beendet habe.
Die Tatsache, dass Frances eine ganze Menge Vorarbeit für die Aufklärung ganz unterschiedlicher Fälle in ihrem Archiv aufbewahrt hat, gibt Annie und anderen schließlich Raum weitere Fälle aufzuklären. Ich persönlich bin also nicht nur gespannt, ob die Worte zu meinen Geschmack trifft, sondern auch, worum es wohl gehen wird. Fakt ist, mit diesem ersten Roman für Erwachsene hat mich Kristen Perrin auf jeden Fall von sich überzeugt.
Über die Autorin Kristen Perrin
„Kristen Perrin stammt aus Seattle. Nachdem sie dort mehrere Jahre als Buchhändlerin gearbeitet hat, zog sie für ihr Magisterstudium und den PhD nach Großbritannien. Sie lebt mit ihrer Familie in Surrey im Süden Englands, wo sie gerne in Antiquariaten stöbert, mit ihren zwei Kindern im Matsch herumstapft und zu viele Pflanzen sammelt. «Das Mörderarchiv» ist ihr erster Roman für Erwachsene.“ (Rowohlt Verlag)
Fazit zu „Das Mörderarchiv“ von Kristen Perrin
Zu Beginn erwarte ich von „Das Mörderarchiv“, dass es ein gemütlicher Krimi werden würde, der ein wenig anders ist als andere. Ich erhielt allerdings weniger ein Roman, der sich gemütlich entwickelte, als vielmehr einen Krimi, der langsam begann und dann recht zügig Fahrt aufnahm. Die unterschwellige Spannung wird schnell konkreter, sodass das Hörbuch für mich die richtige Wahl war.
Ich selbst bin mir nämlich nicht sicher, ob ich den Krimi als Buch ebenso spannend gefunden hätte, wie als Hörbuch, schließlich hatte ich so – durch die Stimme von Anne Düe – den Eindruck, Annie stetig über die Schulter zu blicken, während sie im Tagebuch ihrer Tante las oder an ihrer Seite zu stehen, während sie Nachforschungen anstellte oder sich mit anderen unterhielt.
Das Gefühl stets dabei zu sein, hätte sich bei einem Buch sicher nicht auf die gleiche Art und Weise eingestellt, wie nun in der Hörbuchversion. Kann ich euch diesen Kriminalroman also empfehlen?
Ja, diesen Krimi solltet ihr euch definitiv nicht entgehen lassen, wenn ihr – wie ich – unblutige, aber spannende Krimis schätzt, die im Laufe des Lesens eine Entwicklung erleben und so letztlich mit einem durchaus überraschenden Ende überzeugen können.
Das Mörderarchiv: Tante Frances dachte immer, dass sie eines Tages umgebracht wird. Sie hatte recht.
Als ich damit begann "Das Mörderarchiv" von Kristen Perrin zu hören, hatte ich eigentlich keine allzu großen Erwartungen, da mir die Autorin bis dato gänzlich unbekannt war. Ich war durch Facebook und Instagram gleich mehrfach auf das Buch aufmerksam geworden und entdeckte es schließlich mehr durch Zufall auf Spotify.
URL: https://www.rowohlt.de/buch/kristen-perrin-das-moerderarchiv-9783499012655
Autor: Marie Lanfermann
Autor: Kristen Perrin
ISBN: 978-3-499-01265-5
Veröffentlichungsdatum: 2024-01-24
Format: https://schema.org/Paperback
URL: https://www.argon-verlag.de/hoerbuch/kristen-perrin-das-moerderarchiv-9783732408801
Autor: Kristen Perrin; Anne Düe
ISBN: 978-3-7324-0880-1
Veröffentlichungsdatum: 2024-01-30
Format: https://schema.org/Hardcover
Autor: Marie Lanfermann
Format: https://schema.org/Hardcover
4.6
Vorteile
- Langsam steigende Spannung
- Interessante Zeitebenen
- Vielschichtige Charaktere
- Verknüpfung von Vergangenheit und Gegenwart
- Außergewöhnliches Testament als Handlungsantrieb
- Spannende Enthüllungen und Geheimnisse
- Einbeziehung verschiedener Motive der Figuren
- Potenziell fortsetzbar als Serie
- Einbeziehung persönlicher Tagebucherzählung
Nachteile
- Anfangs langsame Entwicklung
- Komplexität der Handlung und Charaktere
- Offene Fragen und wenige Antworten zunächst