„Mordsommer“ von Rudi Jagusch war ein Thriller, der so klang, als wäre er ganz mein Geschmack, aber er erwies sich als ein Buch, zu dessen Protagonisten man nur schwer Zugang bekam. Dennoch war es kein schlechtes Buch. Es war aber anders als erwartet.
Dass es sich bei diesem Thriller um einen echten Sommerthriller handelt, verrät bereits der Titel. Nun könnte man auf die Idee kommen, dass sich dieser Titel besonders heißen Tage eignet, die wir momentan durchlaufen und tatsächlich geht es bei diesem Thriller vor allem um eine aggressive sommerliche Stimmung. Was steckt hinter diesem seltsamen Ereignis in dem besagten Sommer?
Das werde ich euch an dieser Stelle natürlich nicht verraten. Viel mehr geht es mir darum, eure Neugier zu wecken, denn tatsächlich gibt es kaum einen Krimi, bei dem das Wetter oder viel mehr die Hitze derart stark thematisiert werden.
Bei der aktuellen sommerlichen Hitze kann man etwa zu einem derartigen Thriller greifen oder nach einem, der im ewigen Eis spielt. Meiner Ansicht nach besitzen beide Thriller hatten ihren Reiz, doch einen Thriller in dem es ähnlich heiß wird, wie in unseren aktuellen Sommermonaten ist definitiv etwas, das sich lohnt.
Normalerweise gibt es in jedem Buch einen Protagonisten, der mir als Leser sympathisch ist. In diesem Buch gab es jenen Protagonisten zunächst nicht. Alle waren irgendwie seltsam. So arrogant, zynisch und unnahbar. Das macht es nicht unbedingt leicht einen Weg in die Geschichte zu finden. Dennoch hat auch dieses Buch seinen Reiz.
Zum Inhalt von „Mordsommer“
Schon im Prolog gibt es die erste Entführung, doch die Täter, der von hinten angreift, bleibt wohl verborgen. In diesem ersten Teil, dem Prolog, wird ein Schönheitschirurg entführt, der dem Leser zunächst völlig unbekannt ist.
Im ersten Kapitel, dem eigentlichen Anfang des Buches, begegnet uns dann Nina. Nina ist Staatsanwältin, Mitte 30 und auf dem besten Wege Karriere zu machen, was auch das einzige ist, was sie zu interessieren scheint.
Sie ist Single, mit hohen Anforderungen an einen potentiellen Partner und eigentlich das, was man als Workaholic bezeichnen könnte. Dann tauchen die ersten Briefe auf. Zunächst eine Drohung, später die Aufforderung in ein einsames Dorf zu fahren.
Wenig später kommt sie, Nina, auch schon nach einer kleinen Verfolgungsjagd in dem Dorf in der Eifel, in Mauel, an. Hier lebt eigentlich niemand mehr. Man könnte auch sagen: das Dorf wirkt wie ausgestorben. Schon auf dem Parkplatz begegnet ihr ein Mann, den sie von früher kennt, der ein Teil ihrer Clique war und ebenso wie sie ein dunkles Geheimnis birgt. Das Geheimnis, mit dem sie nun erpresst wird. Das sie bedroht.
Nach und nach kommen auch die übrigen Mitglieder ihrer alten Clique in Mauel an. Der Gastwirt stellt sich nach und nach allen Mitgliedern der Clique vor und erklärt die „Spielregeln“ für das Wochenende. Dann sammelt er die Handys ein. Handys würden sie an diesem Wochenende nicht benötigen.
Immer noch fehlt jedoch ein Mitglied der Clique, Steff, Ninas Jugendliebe. Steckt er womöglich hinter diesem seltsamen und auch grausamen „Spiel“?
„Mordsommer“ von Rudi Jagusch: Eine bunte Mischung
Die Handlung des Buches erinnert mich einerseits an ein Buch, das ich vor etwa zwei Jahren gelesen habe, „Ende“ von David Monteagudo. Andererseits erinnert es mich auch ein wenig an die Schnitzeljagd aus „Fünf“ von Ursula Poznanski.
Warum ich diese beiden Bücher zum Vergleich heranziehe? Nun, das ist eigentlich schnell in Worte gefasst. Auch bei „Ende“ gibt es eine Art Cliquen Revival in einer einsamen Gegend. Auch hier lädt einer die Clique zu einer Art Revival ein.
Nur für ein Wochenende, so ist es geplant. Doch im Verlauf dieses Wochenendes verschwinden nacheinander die Mitglieder der Clique. Es wirkt fast so als würde ein grausamer Spielführer sich an das Kinderlied „Zehn kleine…“ halten.
„Fünf“ ist die zweite Geschichte, an die mich dieses Buch erinnert hat. Bei „Fünf“ gibt es eine grausame Schnitzeljagd mit Körperteilen. Nach dem uralten Kinderlied scheint auch Rudi Jagusch verfahren zu sein. Der Vergleich zu „Ende“ ist somit nicht ganz so weit.
Die Schnitzeljagd hingegen ist nicht ganz offensichtlich. Nun an eine Schnitzeljagd erinnern mich zunächst einmal die Briefe, die Nina per Post erhält, sie selbst hat keine Idee, was sie dort erwartet.
In Mauel selbst denkt sie noch das alles sei ein Spiel, eine Art Schnitzeljagd. Doch spätestens als sie dann über die ersten Leichen stolpern, wird aus dem Spiel purer Ernst.
„Mordsommer“ von Rudi Jagusch: Der Stil
Der Stil von „Mordsommer“ ist zum Teil sehr harsch, irgendwo auch unfreundlich und distanziert, aber ich denke, dass dieser Stil genau der richtige für das Buch ist. Bevor nun jemand sagt ich hätte ihn nicht gewarnt, möchte ich hinzufügen: „Mordsommer“ ist kein Buch, das man auf die leichte Schulter nimmt.
Es ist ein Psychothriller. Dieser Thriller ist nichts für schwache Nerven und schon die Wortwahl und der Stil des Autors lassen keinen anderen Schluss zu.
Während ich „Mordsommer“ gelesen habe, kam mir die Idee, dass es wohl Bücher gibt, die eher für Männer als für Frauen geschrieben wurden. Wenn es solche Bücher tatsächlich gibt, dann ist es bei diesem Buch wohl so, dass dieser Thriller wohl tatsächlich eher robusteren Leserinnen und eben die männlichen Leser anspricht. Dieses Buch ist nichts für schwache Nerven.
Ebenfalls dürfte „Mordsommer“ sich nicht an Freunde und Besitzer von Hunden und Katzen richten, da auch diese im Buch eine entscheidende und nicht um eine positive Rolle spielen.
Fazit zu „Mordsommer“ von Rudi Jagusch
Wer nicht zu zart besaitet ist und durchaus auch schon mal den ein oder anderen blutigen Thriller lesen kann, der mit diesem Buch gut beraten. Alle anderen, die vielleicht eher mal einen regionalen Krimi lesen, Finger weg von diesem Buch. Es bereitet schlaflose Nächte.
Obwohl dieser Thriller vergleichsweise blutig daherkommt, ist „Mordsommer“ von Rudi Jagusch durchaus ein Buch, das auch von Frauen gelesen werden kann und sollte. Mir persönlich gefiel die Atmosphäre und Kulisse ausgesprochen gut.
Zum Autor Rudi Jagusch
„Rudi Jagusch, 1967 geboren, lebt mit seiner Familie in einem kleinen Dorf bei Köln. Als Bücherwurm entdeckte er bereits als Jugendlicher seine Leidenschaft zum Schreiben. Nach sechs Regionalkrimis schrieb er mit »Amen« seinen ersten Thriller.“ (Randomhouse.de – Mordsommer)
Der Autor hat ein Facebookprofil und eine Homepage.
bibliophiline
Eine angenehm zu lesende Buchbesprechung, die aber auch deutlich das Leseverhalten zeigt 🙂 Du brauchst Protagonisten, mit denen Du Dich identifizieren kannst, die Dich menschlich und moralisch begeistern und die Du als sympathisch empfindest. Das Prinzip des positiven Helden wird immer gern gewählt, um Leser schnell zu binden, aber ich halte es für zu euphorisch und unrealistisch. Diese Protagonisten wirken oft überhöht und klischiert. Ein menschlicherer, fehlbarer und vielleicht auch gerade dadurch unnahbarerer Charakter hat oftmal mehr literarischen Reiz.
Ich möchte Dich nur nebenbei auf eine Satzwiederholung aufmerksam machen, als Du zweifach schriebst, der Roman sei nichts für schwache Nerven.
Einen ganz lieben Gruß an Dich!
Marie
Liebe Bibliophiline,
Erstmal Danke. 😉
Ja, ich weiß ziemlich gut, was du mit den positiven Helden meinst. Tatsächlich lese und höre ich aber auch Bücher mit echten Fieslingen. Für mich hat lesen wenig mit Sympathie für die Protagonisten zu tun. Die Unsympathen haben meist tatsächlich einen hören literarischen Anspruch.
Es ist jedoch durch Studien erwiesen, dass Bücher mit sympathischen Protagonisten meist besser beim Zielpublikum/Leser ankommen.
Da ich selbst letztens erst eine Mail von einer Leserin bekam, das ihr ein Thriller, den ich gerne gehört habe und ein Krimi, den ich selbst gerne gelesen habe, zu "nervenaufreibend" war und sie danach Schlafstörungen hatte, habe ich nun bei diesem auf beides explizit hingewiesen.
Meiner Ansicht nach sind aber beide Aspekte positiv für das Buch. Es hebt sich von der Masse ab, aber es ist gleichwohl nicht für jeden Leser geeignet.