… ist ein Thriller aus Norwegen, der in der Auffassung von Dietmar Wunder gelesen wird und somit genau mein Beuteschema erfüllte. Einem Thriller, gelesen von Dietmar Wunder, kann ich einfach nicht widerstehen.
Da ich mit der Stimme von Dietmar Wunder vor allem Jeffrey Deaver und seinen Protagonisten Lincoln Rhyme verbinde, musste ich mich nun jedoch ein wenig umstellen, denn der norwegische Autor Samuel Björk schreibt natürlich anders als der amerikanische Autor Jeffrey Deaver.
Was erwartete ich also von „Engelskalt“?
Ich erwartete einen spannenden Thriller, in einer ähnlichen Tonalität, wie die mir bekannten Thriller aus der Feder des bekannten amerikanischen Autors Jeffrey Deaver. Diese Erwartungen konnten demnach nicht erfüllt werden. Ich musste sie ein wenig anpassen. So ist das, wenn man eine bestimmte Art Buch oder wie in diesem Fall einen bestimmten Protagonisten mit einem bestimmten Sprecher verbindet.
Was bekam ich tatsächlich?
Ich bekam einen guten norwegischen Thriller, aus der Feder eines vielseitigen Autors, den ich bislang nicht kannte. Gute Unterhaltung mit einem hohen Spannungsfaktor und einem guten Spannungsbogen. Ich kam in den Genuss von Protagonisten, die es bis dato nicht gab. Möglicherweise kann ich sogar in den Genuss einer gänzlich neuen Reihe.
Wer also ist dieser Samuel Björk?
„Hinter dem Pseudonym Samuel Björk steht der norwegische Autor, Dramatiker und Singer-Songwriter Frode Sander Öien. Er wurde 1969 geboren, schrieb im Alter von 21 Jahren sein erstes Bühnenstück und veröffentlichte seitdem zwei hochgelobte Romane sowie sechs Musikalben. „Engelskalt“ ist sein erster Thriller. Derzeit lebt und arbeitet er in Oslo.“
Worum geht es in seinem Thriller?
In „Engelskalt“ geht es um einen Serienmörder, der eine Reihe von Kindern umbringt und in Puppenkleidern gekleidet in die Bäume hängt. Die Morde geben zunächst Rätsel auf und dann ist da ja auch noch die Sache mit dieser Kirche. Ich möchte euch an dieser Stelle nicht zu viel verraten, weshalb ich an dieser Stelle auf den Klappentext zurückgreifen möchte.
„Ein Spaziergänger findet im norwegischen Wald ein totes Mädchen, das mit einem Springseil an einem Baum aufgehängt wurde und ein Schild um den Hals trägt: „Ich reise allein.“ Kommissar Holger Munch wendet sich an seine Kollegin Mia Krüger, deren Spürsinn unschlagbar ist. Er reist auf die Insel Hitra, um sie abzuholen. Was Munch nicht weiß: Mia hat sich dorthin zurückgezogen, um sich umzubringen. Doch als sie die Bilder des toten Mädchens sieht, entdeckt sie ein Detail, das bisher übersehen wurde – und das darauf schließen lässt, dass es nicht bei dem einen Kind bleiben wird…“ (Klappentext)
Nun, der Klappentext verrät ja bereits einiges über die Protagonisten. Hat schon jemand von euch einen norwegischen Thriller gelesen? Nein? Ich schon. Ich liebe skandinavische Thriller, aber nicht nur, weil sie meist in Skandinavien spielen, sondern auch wegen der oftmals besonderen Atmosphäre. Skandinavische Thriller sind oftmals düstere, ja dunkle Thriller, mit hohem Spannungsfaktor und vielschichtigen Protagonisten.
Tatsächlich passt meiner Einschätzung zu den skandinavischen Thrillern auch bei diesem Thriller sehr gut. Natürlich sind auch die amerikanischen, die englischen und die deutschen Thriller düster und dunkel, sicherlich ist jeder Thriller düster, dunkel, aber dennoch ist die Stimmung bei den skandinavischen Thrillern für mich meist doch eine andere als bei anderen Thrillern. Ich weiß nicht, wie ich diese besondere Atmosphäre beschreiben soll, sie ist kalt, aber nicht gefühllos, sie ist spannend aber nicht gewaltsam. Sie bannt mich als Leser und lässt mich doch frei.
Zu den Protagonisten in „Engelskalt“
Wie der Klappentext bereits erwähnt, haben die Ermittler in ihrer Vielschichtigkeit durchaus auch einige Probleme. Mia Krüger steht kurz davor Selbstmord zu begehen und auch Holger Munch ist sicherlich kein Mann ohne Fehler. Diese Faktoren finde ich übrigens auffällig, denn es gibt höchst wenig Thriller, deren ermittelnde Protagonisten ohne Süchte auskommen oder psychisch angeschlagen sind. Teilweise geht mir das ein wenig auf dem Wecker, da diese Sachen zumeist wenig Fall relevant und somit Thriller relevant.
Bei diesem Thriller ist es jedoch von Anfang an anders, hier erfahren wir Schritt für Schritt die Hintergründe, die zu Mia Krügers Selbstmordgedanken. Sie hegt diese Gedanken aus einem bestimmten Grund, der in ihrer Vergangenheit verwurzelt ist, sie gleichzeitig aber auch zu der Person macht, die sie heute ist. Man sagt, der Mensch ist geprägt durch seine Erfahrungen. Im Fall Mia Krüger könnte man sagen, was einen nicht umbringt macht ein stärker und doch werden ihre psychischen Probleme für den Fall relevant.
Probleme anderer Art hat Holger Munch. Er ist ein Mann, der eigentlich mitten im Leben steht, sich um seine Mutter im Altersheim rührend kümmert und sich doch über familiäre Probleme den Kopf zerbricht. Gleichzeitig ist er der leitende Ermittler, derjenige der die Verantwortung trägt. Eine Verantwortung, die schwer auf ihm lastet. Auch seine Probleme sind und werden Fall relevant, deswegen auch diese mir diesen besonderen komplexen Zusammenhang nicht negativ, sondern eher durchdacht positiv aufgefallen sind.
Der Sprecher
Zu Dietmar Wunder habe ich bereits zu Beginn etwas gesagt. Ich verbinde ihn vor allem mit Thrillern von Jeffrey Deaver. Seine Stimme gehört für mich zu einem Thriller Deavers. Nun jedoch gehört sie für mich auch zu den Thrillern, die Samuel Björk geschrieben hat, schreibt oder noch schreiben wird.
Wer aber ist dieser Dietmar Wunder?
„Dietmar Wunder verdankt den „James-Bond“-Filmen mit Sean Connery seinen Weg ins Filmgeschäft. Heute ist er als Schauspieler, erfolgreicher Synchron- sowie Hörbuchsprecher und Dialogregisseur tätig. Er ist die deutsche Stimme vom aktuellen „James Bond“-Darsteller Daniel Craig sowie von Adam Sandler, Cuba Gooding Jr., Omar Epps und Sam Rockwell. Wunder wurde für seine Arbeit mehrfach ausgezeichnet, darunter der Deutsche Synchronpreis 2008 für die Dialogregie der TV-Serie Weeds und der Ohrkanus 2011 in der Kategorie „Beste Lesung Kinder/Jugendliche“. Wunder ist aber auch vor der Kamera zu sehen, so u. a. in Uli Edels „Der Baader Meinhof Komplex“. Beim Los Angeles Reel Film Festival 2010 erhielt er den Award „Best Supporting Actor“ für seine Rolle im Thriller „Not Worth A Bullet“. Im Hörverlag ist Dietmar Wunder u. a. in der Lesung von „Das Lied der Freiheit“ von Ildefonso Falcones zu hören.“(amazon.de)
Die Übersetzerin
Da nun vielerorts und nicht zuletzt auch bei Facebook über die Leistungen des Übersetzers diskutiert wird möchte ich die Übersetzerin an dieser Stelle auch vorstellen. Gleichzeitig nehme ich mir nicht das Recht heraus ihrer Leistung zu beurteilen, da ich selbst das Originalbuch kenne und auch leider kein Norwegisch beherrsche. Schade aber es gibt ja eine Person, die es mir trotzdem möglich macht das Hörbuch zu verstehen. Die Übersetzerin in diesem Fall ist Dr. Gabriele Haefs.
„Dr. Gabriele Haefs studierte in Bonn und Hamburg Sprachwissenschaft. Seit 25 Jahren übersetzt sie u.a. aus dem Dänischen, Englischen, Niederländischen und Walisischen. Sie wurde dafür u.a. mit dem Gustav- Heinemann-Friedenspreis und dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet, zuletzt 2008 mit dem Sonderpreis für ihr übersetzerisches Gesamtwerk. Sie hat u.a. Werke von Jostein Gaarder, Håkan Nesser und Anne Holt übersetzt. Zusammen mit Dagmar Mißfeldt und Christel Hildebrandt hat sie schon mehrere Anthologien skandinavischer Schriftsteller herausgegeben.“ (amazon.de)
Fazit
An dieser Stelle möchte ich meine Eindrücke zu diesem Hörbuch, das knapp 13 Stunden geht, zusammenfassen und ein Fazit ziehen.
Wer nun diese zugegebenermaßen etwas länger geratene Rezension zu „Engelskalt“ von Samuel Björk gelesen hat, der wird gemerkt haben, dass ich insbesondere zu Beginn ein paar Einstiegsschwierigkeiten mit diesem Hörbuch hatte. Dieses Hörbuch war anders als ich es erwartet hatte und doch erfüllte es meine Erwartungen in Gänze. Ein Widerspruch möchte man denken, ein Paradoxon? Nicht im Geringsten. Denn den für mich etwas schwierigeren Einstieg in die Geschichte machte später durch seinen hohen Spannungsfaktor wieder wett. Auf die die Lösung des Falls war ich bis zum Ende nämlich nicht gekommen. Der Plot dieser Geschichte ist durchdacht, wenig konstruiert und nachvollziehbar. Die Szenerie angenehm und die Fantasie anregend. Es ist eine Geschichte in unserer Welt spielt. Der Autor beschreibt seine Handlungsorte jedoch ganz konkret und doch mit Spielraum für die eigenen Ideen, künstlerischen Inspirationsspielraum sozusagen, die es dem Leser ermöglicht eigene Ideen zu entwickeln.
Dieses Hörbuch schafft es bei mir durchaus ein Kopfkino zu verursachen. Ich konnte diesen Thriller gut nachvollziehen und hatte ein paar spannende, aber unblutige (trotz mehrerer Leichen) Stunden. Der Thriller ist trotz seiner hohen Spannung nicht übermäßig brutal. Er zieht den Leser/den Hörer in seinen Bann und lässt ihn doch ziehen.
Wenn ihr mich fragt, ob es sich lohnt, dieses Hörbuch zu hören, so beantworte ich euch die Frage gerne mit einem eindeutigen Ja.
Hörprobe gefällig?