„Sommer in Villefranche“ von Birgit Hasselbusch ist ein locker leichter Sommerroman, der einen vom Meer und den Lavendelfeldern der Provence träumen lässt. Er ist somit ähnlich wie „Sommer mit Aussicht“ der ideale Begleiter durch einen heißen Sommertag. 16 Jahre nach ihrem Studentenaustausch kehrt Insa Nicolaisen für einen Job und einen persönlichen Neuanfang nach Villefranche zurück. Im Gepäck hat sie viele tolle Erinnerungen, aber auch Entscheidung, die sie nach all den Jahren noch immer bitter bereut.
Ob hier wirklich ein neuer Anfang stattfinden kann, weiß Insa noch gar nicht, befürchtet aber das Schlimmste als ihr bei ihrer Ankunft die Ex-Ehefrau ihres Auftraggebers in die Arme läuft. Véro ist alles andere als freundlich zu ihr, hält sie Insa doch für eine weitere Gespielin ihres Mannes und denkt gar nicht daran, das Feld zu Räumen, damit aus dem Haus, dass sie einst gemeinsam bewohnten, ein Feriendomizil werden kann, welches Insa online vermarkten soll.
Betrug verbindet
Nach kurzer Zeit stellen die beiden Frauen jedoch fest, dass sie sehr viel mehr verbindet und sie als Verbündete voneinander profitieren können. So beginnt Insa in der Event-Agentur von Véro mitzuarbeiten und vernachlässigt den Auftrag, das Haus an Feriengäste zu vermieten nahezu gänzlich. Véro und Insa verstehen sich im Laufe der Zusammenarbeit immer besser und helfen sich gegenseitig über das eine oder andere Hindernis hinweg. Sie als Freunde zu bezeichnen, wäre trotzdem zu viel verlangt.
Dass dieser Verrat auch ihrem Auftraggeber nicht lange verborgen bleibt, ist klar, wer aber damit droht, sie wieder zurück in ihre Heimat zu schicken, dorthin, wo sie nur noch größeres Chaos erwartet, hat Insa nun wirklich nicht rechnen können. Doch hier hilft ihr ausgerechnet ihre Verbindung zu Véro, die längst so viel mehr geworden ist, als die Ex-Frau ihres Auftraggebers. Das Agreement bleibt bestehen und Véronique beginnt langsam, ihr Leben wieder selbst in die Hand zu nehmen.
Ein Auftrag, der es in sich hat
Als Véro tatsächlich einen ersten gemeinsamen Auftrag an Land zieht, heißt dies, dass es eine erste Belastungsprobe in der Zusammenarbeit gibt, denn die Event-Agentur erhält den Auftrag, eine Hochzeit für ein Münchener Paar zu organisieren. Als Ansprechpartnerin in die Trauzeugin, die jedoch ganz besondere Ansprüche stellt. Kein Problem, würde sie sich nicht auch noch permanent umentscheiden. Trotzdem scheint bei diesem Auftrag alles überraschen glatt zu laufen, bis auch noch Insas Schwester und ein 16 Jahre alter Brief auftauchen. Wird Insa nun von ihrer Vergangenheit eingeholt?
Ein klassischer Wohlfühlroman?
„Sommer in Villefranche“ von Birgit Hasselbusch im Sommer zu lesen, war sicher eine gute Idee, denn dieser Roman ist leichte Kost und damit genau das richtige für Tage mit über 30 °C auf dem Thermometer. Selbst in stressigen Momenten fühlt man sich von dem Buch irgendwie abgeholt und geborgen. Gleichzeitig verströmt dieses Buch aber auch die kühle Brise des Meeres und ein Gefühl von Entspannung. Dieser Roman verströmt das typisch französische Lebensgefühl und zwingt einen somit, entweder selbst einmal abzuschalten oder zumindest für kurze Zeit, die Seele baumeln zu lassen und das Leben zu genießen. Meiner Ansicht also perfekt für einen Urlaub in Südfrankreich.
Ein Aussteigerroman?
Dieser Roman ist jedoch nicht nicht nur ein Wohlfühlroman, sondern auch ein Aussteigerroman, der Menschen und insbesondere Frauen wohl dazu bewegen kann, ihr Leben infrage zu stellen. Sich also zu fragen, ob am anderen Ende der Welt nicht vielleicht ein viel besserer Job auf einen wartet. Dieser Roman spielt also auch mit Träumen und Wünschen und jenen Schicksalsschlägen, die dazu führen, sein gesamtes Leben einmal komplett auf den Kopf zu stellen. Was wäre wohl gewesen, wenn man die eine oder andere Entscheidung anders getroffen hätte? Und lassen sich Entscheidungen auch noch Jahre später korrigieren?
Wie der Stil die Atmosphäre schafft
Birgit Hasselbusch malt mit ihren Beschreibungen Bilder im Kopf ihrer Leser, denen es gelingt für kurze Zeit das Gefühl von Urlaub zu erzeugen. Dies lädt erstmal dazu ein, davon zu träumen, selbst nach Villefranche zu reisen und an Insas Stelle ihre Geschichte zu erleben. Tatsächlich bieten Insa und die anderen Protagonisten ein hohes Identifikationspotential für jede Leserin, die in einer vergleichbaren Situation steckt, wie Insa und ihre Weggefährten.
Diese Geschichte ist für all jene Frauen geschrieben, die schon einmal an einer Weggabelung ihres Lebens standen und sich für eine Richtung entscheiden mussten. Dabei kommt es gar nicht so sehr darauf an, welche Entscheidung von früher man selbst im Rückblick hinterfragt. Viel mehr muss es um die Frage der Umkehr und Rücknahme dieser Entscheidung gehen.
Auch sprachlich spiegelt sich das Identifkationspotential wieder, denn die Sprache ist authentisch. Die Figuren wirken auf diese Weise lebendig.
Wo ist der Tiefgang?
Obwohl mir „Sommer in Villefranche“ von Birgit Hasselbusch eigentlich gut gefiel, fehlte mir bei aller Leichtigkeit und liebe fürs Detail ein wenig Tiefe in der Geschichte. So muss ich abschließend sagen, dass ich einzelne Figuren und ja auch Nebenfiguren gerne noch etwas näher kennen gelernt hätte. Was zum Beispiel ist der Grund dafür, dass Michels Frau auf alle anderen Frauen so eifersüchtig und richtig gehend abwertend reagiert? Warum besitzt Insas Mutter nur Humor, wenn die Witze gegen ihren Mann gerichtet sind?
Versteht mich bitte nicht falsch, diese Kritik ist eine Kritik auf hohem Niveau und dennoch hätte ich mir die eine oder andere Hintergrundgeschichte bei „Sommer in Villefranche“ von Birgit Hasselbusch gewünscht. Ich könnte an dieser Stelle, dass die einzelnen Figuren durch ihre Hintergründe an Charakter hinzugewonnen hätten. Vermutlich jedoch wäre die gesamte Geschichte dann um einiges komplexer gewesen und hätte ihre möglicherweise einen Teil ihrer Leichtigkeit verloren. Die Autorin hat sich also bei ihrem Roman auf das Wesentliche konzentriert.
Über die Autorin Birgit Hasselbusch
„Birgit Hasselbusch 1969 in Hamburg geboren, hat in der Schule Bücher aus Langeweile rückwärts gelesen. Seitdem kann sie auch rückwärts sprechen: Deutsch, Englisch, Spanisch und Französisch. Heute ist sie Rundfunkredakteurin in Hamburg – allerdings spricht sie hier vorwärts!“(dtv)
Fazit zu „Sommer in Villefranche“ von Birgit Hasselbusch
„Sommer in Villefranche“ von Birgit Hasselbusch ist ein toller und empfehlenswerter Sommerroman, der bei genauerer Betrachtung ruhig noch ein wenig mehr Tiefe vertragen hätte. Meiner Meinung nach ist es eine gelungene Mischung aus Wohlfühl- und Aussteigerroman, der dazu einlädt Südfrankreich einmal auf eigene Faust zu erkunden.
Wer auf der Suche nach einem leichten und optimistischen Sommerroman ist, ist fündig geworden. Auch wer mit dem Gedanken spielt, sich selbst einmal eine Auszeit zu nehmen, kann durch diesen Roman erkennen, dass es sich stets lohnt alles zu hinterfragen. Wer jedoch auf der Suche nach Tiefgang ist, sollte von diesem Buch lieber die Finger lassen. Dieser Roman ist ein leichter sommerlicher Genuss, aber auch nicht mehr als das.