„Schmälzle und die Kräuter des Todes“ von Linda Graze ist einerseits ein typischer Regionalkrimi, der im Schwarzwald spielt. Andererseits ist dieses Buch aufgrund seiner ungewöhnlichen Charaktere alles andere als typisch.
Der Grund: Die Spannung tritt hinter dem Humor manches Mal ein wenig zurück. Mir persönlich gefielen die Figuren ausgesprochen gut. Trotzdem fiel mir während des Lesens auf, dass dieser humorvolle Krimi aufgrund der – in den Dialogen vorkommenden – Dialektik alles andere als einfach zu verstehen ist, wenn man nicht aus der Region stammt oder dort regelmäßig Urlaub macht.
Dies ist auch ein Grund, warum man zu Beginn gut in die Geschichte rein kommt, sich aber im Verlauf in der Geschichte und insbesondere in den Dialogen verlieren könnte. Dieser Krimi ist also eher für Leserinnen und Leser, die das Lokalkolorit des Schwarzwalds mögen. Oder sich eine Stunde Zeit nehmen und etwas einlesen.
„Schmälzle und die Kräuter des Todes“ von Linda Graze: Schräge Vögel, ungewöhnlicher Fall
Dieser Krimi gehört zu den ungewöhnlichsten, die ich bislang gelesen habe, denn tatsächlich geht es nicht nur um den Fund einer Leiche, sondern auch noch um Drogen und um zwei Vermisste. Die Polizei in Bad Wildbad hat also jede Menge zu tun. Das ist ungewöhnlich im sonst so beschaulichen Örtchen und dann gibt es da ja auch noch den neuen Kommissar.
Justin Schmälzle, Freunde nennen ihn Just, ist dunkelhäutig, kommt aus Baden und ist Veganer. Damit scheint das Chaos perfekt, denn er erscheint ganz anders als seine Kollegen, die ihre gewohnten Abläufe und Routinen nur ungern aufgeben oder verändern. Justin selbst ist aber genauso wenig bereit auf sein Reismilch Macchiato zu verzichten.
Die Leiche, die wenig später gefunden wird, gibt ebenso viele Rätsel auf, denn sie umgibt nicht nur jede Menge Wasser, sondern auch eine beträchtliche Menge an Wildkräutern. Ob diese Leiche mit den Drogendeals zu tun hat? Wäre möglich, denn auch die Drogen, die an Schulkinder verkauft werden, sind mit Wildkräutern gestreckt. Schmälzle ist beunruhigt, schließlich ist sein Sohn nur wenig jünger.
„Schmälzle und die Kräuter des Todes“ von Linda Graze: Krimi mit ungewöhnlichen Charakterkopf – Diskussion zum Thema Rassismus?
Natürlich könnte man bei einer Figur wie Justin Schmälzle auf die Idee kommen, dass die Autorin mit dieser Figur die Rassismusdebatte aufgreift. Diese Erwartung ist allerdings trügerisch. Denn auch wenn der dunkelhäutige Ermittler hin und wieder merkwürdige Blicke auf sich zieht, liegt das zumeist nicht daran, dass er eine andere Hautfarbe hätte. Vielmehr ist der insgesamt ein schräger Vogel
Hätte man sich hier ein wenig mehr politisches gewünscht? Nun, möglicherweise hätte das dem Krimi gut getan, gleichzeitig hätte es aber sicherlich die Atmosphäre und das Gefühl von heimeligen nach Hause kommen abgeschwächt.
Den Lokalkolorit zu reduzieren, wäre allerdings beim regionalen Krimi, wie wir ihn hier vorfinden, mit Sicherheit eine schlechte Idee gewesen.
„Schmälzle und die Kräuter des Todes“ von Linda Graze: der Fall selbst ebenso ungewöhnlich
Linda Graze ist für mich so etwas wie die Queen der schrägen Typen, denn auch die Leiche und damit der Mordfall sind alles andere als gewöhnlich.
Alles in allem kann also festgehalten werden, dass sich dieser Krimi vor allem durch eine ganze Menge schräger Typen auszeichnet, die man aber irgendwo zu schätzen lernt. Dieses natürlich bei dem Ermittler selbst nicht unbedingt schlecht, aber auch der Fall verliert dadurch nicht an Couleur und Raffinesse.
Mir persönlich hat es Spaß gemacht diesen Krimi zu lesen. Dass dies auch im Stil der Autorin begründet ist, ist glaube ich ebenso wichtig, wie das die Handlung stimmt. Beim Stil der Autorin gibt es aber noch einige Besonderheiten.
Linda Grazes Stil
Linda Grazes Stil ist ungewöhnlich, da sie hochdeutsch bei Beschreibung und Handlung mit schwäbischen Dialogen mischt. Sie hält sich nicht mit langen Beschreibungen auf, sondern lässt die Handlung an echten Orten spielen. Auch das sorgt für Lokalkolorit und lässt diesen Krimi für Freunde des Schwarzwalds zu einem echten Genuss werden.
Obwohl die Dialoge in einem Schwarzwälder Dialekt geschrieben sind, lässt sich dieser Roman auch von nicht Schwarzwäldern gut lesen. Man muss nicht unbedingt mit dem Zungenschlag vertraut sein, um die Dialoge zu verstehen. Es ist allerdings hilfreich, wenn man sich einen Moment Zeit lässt, sich ein wenig einliest und das Buch nicht gleich beim ersten Dialog aus der Hand legt.
Bücher mit Dialekt höre ich zum Teil auch ganz gerne als Hörbuch. Bekannt und beliebt ist dabei zum Beispiel die Reihe um den Eberhofer Franz. Allerdings ist der Dialekt hier natürlich ein ganz anderer.
Trotzdem sind die beiden Autorinnen für mich in gewisser Weise vergleichbar. Beide wecken nämlich letztlich das Interesse für die Region in der dieser Krimi spielt.
Kein Krimi mit großer Action
Dieser Krimi fällt dabei nicht durch hohe Geschwindigkeit auf. Im Gegenteil! Es ist ein Krimi für alle die es eher gemütlich mögen. Unblutig, aber stark zu lesen mit ungewöhnlichen wie raffinierten Charakteren, die das ganze ganz nebenbei humorvoll und unterhaltsam machen.
Meiner Meinung nach muss sich dieser Krimi aber auch nicht unbedingt durch eine hohe Geschwindigkeit, sondern durch eine gelungene Mischung aus Spannung, Humor und überraschende Komponenten auszeichnen.
Somit bietet „Schmälzle und die Kräuter des Todes“ von Linda Graze eigentlich alles, was ich von einem regionalen Krimi erwartet. Denn meiner Meinung nach muss ein guter Krimi nicht unbedingt voller Action und Geschwindigkeit sein, sondern sollte sich durch eine spannende, abwechslungsreiche und unerwartete Handlung auszeichnen.
Genau das verbindet auch Linda Graze in ihrem Auftaktroman um Justin Schmälzle. Gleichzeitig braucht man aber einen Moment, um sich an die Dialektik dieses Buches zu gewöhnen, weswegen davon auszugehen ist, dass dieses Buch vielleicht nicht unbedingt für jeden Leser geeignet ist.
Über Linda Graze
„Linda Graze verbrachte ihre Kindheit im Nordschwarzwald. Nach einer Ausbildung zur Dolmetscherin beschloss sie: Nicht die Texte anderer übersetzen, lieber selber schreiben! Sie wurde Werbetexterin und arbeitete für die großen Agenturen des Landes, von München über Hamburg bis Frankfurt.
Sie schrieb Kampagnen für Kameras und Kosmetik, textete für Sahnebonbons, Schokoriegel und Schrauben. Inzwischen betreibt sie eine Recruiting-Agentur für die Werbebranche in Stuttgart.“ (Rowohlt Verlag)
Fazit zu „Schmälzle und die Kräuter des Todes“ von Linda Graze
„Schmälzle und die Kräuter des Todes“ von Linda Graze erscheint wie ein ungewöhnlicher Auftakt einer Reihe um einen unerwartet anderen und unkomplizierten Kommissar, der trotzdem alles andere als langweilig ist.
Der ungewöhnliche Kommissar macht Lust auf mehr und auch der Fall selbst ist so unerwartet anders, dass man sagen kann, für mich hat sich das Experiment einen regionalen Krimi aus dem Schwarzwald zu lesen gelohnt.
Über eine Fortsetzung würde ich mich freuen, auch wenn der Dialekt für mich etwas ungewohnt erscheint. Das liegt aber nicht an der Erzählweise des Buches.
Schmälzle und die Kräuter des Todes
"Schmälzle und die Kräuter des Todes" von Linda Graze ist einerseits ein typischer Regionalkrimi, der im Schwarzwald spielt. Andererseits ist dieses Buch aufgrund seiner ungewöhnlichen Charaktere alles andere als typisch.
URL: https://www.rowohlt.de/buch/linda-graze-schmaelzle-und-die-kraeuter-des-todes-9783499273216
Autor: Linda Graze
Autor: Linda Graze
ISBN: 978-3-499-27321-6
Veröffentlichungsdatum: 2018-07-24
Format: https://schema.org/Paperback
4