„Ozapft is!“ hieß es heute pünktlich um 12 Uhr zum Anstich des ersten Bierfasses nach zwei Schlägen auf dem Oktoberfest auf der Theresienwiese, auch bekannt unter dem Namen „Wiesn“. Für mich die perfekte Gelegenheit, um euch „Ozapft is! Das Oktoberfest-Handbuch“ von Moses Wolff vorzustellen. Dieses Handbuch ist dabei vielleicht nicht der perfekte Handtaschen-Begleiter zum Traditionsfest, weiß aber vorab mit unterhaltsamen Anekdoten und vielen wissenswerten Informationen, sowie Tipps und Tricks rund um die Traditionen des Fests zu überzeugen.
Dabei richtet sich dieses Buch keinesfalls nur an diejenigen, die zum Ersten Mal auf das weltweit bekannte Fest gehen. Es richtet sich vielmehr an all jene Leser, die gerne mehr über die Hintergründe und Traditionen erfahren möchten und vielleicht auch im Freundes- und Bekanntenkreis mit ihrem Fachwissen angeben möchten.
Über Aufbau und Historisches
Wann beginnt für Euch offiziell das Oktoberfest? Die meisten von Euch sagen doch jetzt bestimmt: „Es beginnt an einem Samstag Ende September.“ Wenn ich Euch dann frage, wie lange das Oktoberfest geht, sagen die eingeweihten unter Euch etwas von einem Sonntag Anfang Oktober. Und so ganz unrecht habt ihr damit auch nicht.
Doch genau genommen beginnt das Oktoberfest schon im Juli, dann nämlich, wenn die ersten Bierhallen geplant und aufgebaut werden. Ja, ja! Richtig gelesen, tatsächlich beginnen die Aufbauarbeiten für dieses weltweit bekannte Fest schon im Juli.
Bis dann alles fertig ist, vergeht also einige Zeit und ja, bereits beim Aufbau profitiert die Wirtschaft, denn natürlich gibt es auch eine Wiesn-Kantine und zwar nicht nur eine, sondern häufig auch mehrere. Der Autor schrieb konkret, dass die Preise denen beim Oktoberfest ähnelten und ähnlich fair seien. Ist das nun Ironie oder tatsächlich der Ernst des Autors? Ich tippe eher auf Ironie. Schließlich kostet eine Maß Bier in diesem Jahr bis zu 11,80 €. Möchte man das wirklich bezahlen? Offenbar ja, denn um am Oktoberfest teilzunehmen, reisen Menschen aus aller Welt an. Und sicherlich ist auch die tolle Stimmung bei diesem Volksfest mit für dessen langjährigen Erfolg verantwortlich.
Doch wie entstand eigentlich das Oktoberfest? Die Historie dieses Festes geht auf die Hochzeit von Theresia und ihrem Ehemann Kronprinz Ludwig I. zurück. Es handelt sich hierbei um jene Theresia, nach der auch die Theresienwiese benannt ist. Tatsächlich wurde nämlich das Brautpaar dazu aufgefordert, jedes Jahr wieder ein Fest zu arrangieren.
Die Idee dabei war, dass die alten Biervorräte verbraucht wurden, bevor schließlich neue die Lager füllten. Doch der König fasste diese Idee etwas weiter: zwar waren er und seine Frau von der Idee sehr angetan, allerdings hatte er auch gleich die Idee etwas Olympisches auszurichten.
Ja, ihr habt richtig gelesen, etwas Olympisches denn zunächst war der Charakter dieses Festes ganz anders geplant und erdacht als heute und fand auch nicht Ende September statt, sondern erst im Oktober, daher der Name Oktoberfest. Dies wurde jedoch Anfang des 20. Jahrhunderts nach einer langjährigen Debatte und vielen Hindernissen Wetter und Ernte bedingt verschoben.
Aus den landwirtschaftlich genutzten Flächen rund um die Theresienwiese wurde kurzerhand Bauland, was nach langjähriger Diskussion dann tatsächlich die Lösung für alle Probleme zu sein schien, doch die Geschichte selbst ist länger und tatsächlich geht Moses Wolff sogar auf die Gründung Münchens ein, um den Ursprung des Oktoberfests und der Münchener Brauzunft zu erläutern.
Spannend und eine gute Einleitung zum eigentlichen Thema, das gebe ich ja zu, aber die folgenden Kapitel sind für die Festbesucher sicher noch viel interessanter.
Über Tracht und Verhalten
Die Mädels im Dirndl und die Knaben in Lederhosen, so sieht die typisch bayerische Tracht aus. Heute natürlich um einiges moderner und doch schätzen viele diese scheinbar altertümliche Tradition und machen sich zum Fest richtig fein. Doch wie man diese typische Garderobe korrekt trägt und nach dem Besuch des Oktoberfest fürs nächste Jahr pflegt, das wissen nur die wenigsten, die sich erstmals mit dieser Tradition und Kultur Bayerns beschäftigen.
Das Oktoberfest ist sicherlich so ein Kulturgut, das sich nicht grundlos über die Jahre entwickelt hat. Es erfreut sich immer noch großer Beliebtheit. Doch wie man die Schleife der Schürze am Dirndl nun richtig bindet, das erfährt man am ehesten in diesem Buch, sofern man nicht von einer anderen Oktoberfest kundigen Person in dieses gesellschaftliche Großevent eingeführt wird.
Das klingt nun vielleicht ein wenig übertrieben, aber wer glaubt, dass die Garderobe bei den Mädels kompliziert ist, wird feststellen, auch bei den Männern ist es nicht einfacher, denn die richtige Wahl einer passenden Lederhose, geeigneter Haferlschuhe, den passenden Accessoires und der richtigen Menge Bier ist gar nicht so leicht.
Gut finde ich, dass neben der Frage der Garderobe auch ein wenig über die Besucher zu erfahren ist. Das Oktoberfest steht seit jeher für ein gemütliches Beisammensein, starken Biergenuss und einige Flirts. Moses Wolff kategorisiert nicht nur die einzelnen Festbesucher. Er zeigt auch Grenzen auf und erklärt nicht nur, wie das Fest zum richtigen Spaß wird, sondern auch welche Flirtpotenziale es gibt.
Die Bedienung, die das Bier bringt, möchte vielleicht nicht unbedingt angeflirtet oder angebaggert werden. Der reizende Polizist, der dir zwar den Weg zum Zelt erläutert und für deine Sicherheit zuständig ist, mag vielleicht dein Interesse wecken, ist aber rein dienstlich da. Man merkt, dass Moses Wolff zwar wesentliche Informationen gibt, aber das ganze eben doch mit einer ordentlichen Prise Humor.
Hilfreiche Extras
Praktisch ist neben dem ganzen Wissen sicherlich auch, welche Wörter man im bayerischen Dialekt kennen sollte, bevor man auf die Wiesn geht. Damit auch der angereiste Oktoberfest-Fan voll auf seine Kosten kommt, hat sich der Autor die Mühe gemacht, einige wichtige Ausdrücke zu übersetzen.
Es gibt außerdem einen groben Lageplan und noch viele weitere spannende Aspekte, mit denen man sich vielleicht beschäftigen kann. Entweder als Vorbereitung oder in Nachbereitung des Oktoberfests und wie sagt man so schön: nach dem Fest ist vor dem Fest. Hat es dir dieses Jahr gut gefallen, wird es dir sicher auch im nächsten Jahr gefallen.
Lehrreich, ohne zu belehren
Mir persönlich gefiel der Stil, in dem der Autor über das Oktoberfest berichtete. Wobei berichtete eigentlich das passende Wort ist, denn dieses Buches ist nicht so, wie man es von einem Handbuch gewohnt ist. Es ist weder nüchtern und trocken noch belehrend und dennoch lehrreich, denn der Autor vermittelt auf humorvolle Weise jenes Wissen, welches man gerne hätte, bevor man das erste Mal einen Fuß auf die Wiesn setzt.
Um den Stil dieses Autoren abschließend zu beschreiben, möchte ich sagen, dass man deutlich merkt, dass der Autor eigentlich aus dem komödiantischen Bereich kommt. Er ist Satiriker und das merkt man auch an, denn natürlich darf man nicht alles ernst nehmen. Vielmehr zeigt er mit dieser Art der Erzählung auf, was wirklich wichtig ist und gibt zu guter Letzt auch noch ein paar abschließende und durchaus ernst gemeinte Tipps und Tricks.
Wer sich auf das Oktoberfest vorbereiten möchte oder es bereits besucht hat und zukünftig ein paar Fettnäpfchen auslassen möchte, der ist mit diesem Buch auf der sicheren Seite und gleichzeitig gut unterhalten.
Über den Autor Moses Wolff
Moses Wolff, geboren 1969, ist Autor, Schauspieler und Komiker. Er schreibt regelmäßig für das Satiremagazin „Titanic“ und ist Mitveranstalter der erfolgreichen Münchner Lesebühne „Schwabinger Schaumschläger Show“. 2015 erhielt er den Schwabinger Kunstpreis. Gemeinsam mit Arnd Schimkat hat er den mit Christoph Maria Herbst in der Hauptrolle verfilmten Romans „Highway to Hellas“ verfasst. Moses Wolff wohnt in der Münchner Isarvorstadt.“(Piper)
Fazit
Erwartet ihr an dieser Stelle ernsthaft ein Fazit? Nun, hätte ich in diesem Jahr den Besuch des Oktoberfestes eingeplant, so wäre dieses Buch sicher eine große Hilfe. Da es in diesem Jahr aber doch ein wenig kurzfristig wäre, weiß ich nun, was ich alles beachten sollte, sollte ich tatsächlich einmal die Gelegenheit bekommen und zur Oktoberfest-Zeit in München sein.
Dieses Buch und die Lesart dieses Buches stellt nämlich eine Art kulturelle Völkerverständigung auf humoristischen Niveau dar. Damit meine ich nicht, dass sich die Kultur Bayerns so stark von jenen Traditionen im übrigen Deutschland unterscheidet, sondern eher, dass genau diese Traditionen, die das Oktoberfest so speziell machen, vorgestellt wurden. Danke dafür!