„Oxen. Das erste Opfer“ von Jens Henrik Jensen machte mich neugierig, da es sich um einen dänischen Thriller handelt, der mich direkt an Jussi Adler-Olsen erinnerte, obwohl Jens Henrik Jensens Geschichte um den Elitesoldat Niels Oxen anders als die von mir so geschätzte Reihe um die Sonderkommission Q ist.
Worum es geht
Eigentlich möchten Niels Oxen und sein Hund Mr White in den dänischen Wäldern nur eines finden: friedvolle Ruhe. Seit einiger Zeit kämpft der Elitesoldat nämlich gegen nichts so sehr, wie gegen die Folgen einiger Traumata, die ihn verfolgen und ihm seinen Nachtschlaf rauben. In seiner selbst gewählten Einsamkeit will er sich nun endlich „den Sieben“ stellen. Es kommt allerdings anders, denn während eines nächtlichen Spaziergangs betreten Niels und Whitey die Ländereien, die zum Schloss Nørlund gehören und macht sich somit verdächtig als wenig später die Leiche des ehemaligen Botschafters, Thinktank-Gründers und Schlossbesitzers Hans-Otto Corfitzen gefunden wird.
Sein Tod gibt zunächst Rätsel auf. Der Geheimdienst nimmt die Ermittlungen auf, findet die Leiche von Corfitzens Hund und misst ihm zunächst keinerlei Bedeutung bei. Als Oxen schließlich vernommen wird, wird schnell klar, dass er selbst auch einiges zu verbergen weiß. Als ihn der Geheimdienst schließlich um Unterstützung bittet, ist er wenig erfreut, denn die zuständige Geheimdienstlerin Margrethe Franck macht es ihm nicht leicht. Sie zweifelt an seiner Rolle in den Ermittlungen, doch Corfitzen bleibt nicht das letzte Opfer und die Spurenlage deutet auf ein Geheimbund.
Verschwörung, Wahn und Wirklichkeit
Jens Henrik Jensen ist mit „Oxen. Das erste Opfer“ etwas gelungen, was es mir als Leser nicht unbedingt leicht machte, in den Thriller hineinzukommen. Er stellt die posttraumatische Belastungsstörung des Protagonisten, eines Elitesoldaten gekonnt dar und während der Leser noch überlegt, wohin dieser Marsch mit Hund führen soll, befindet er sich schon in einem stark emotionsgeladenen, ermittlungsstarken und politisierenden Krimi, bei dem es zunehmend schwerer wird, zwischen Verschwörung, wahnhaften Erinnerungen und Wirklichkeit zu unterscheiden.
Trotz der Vielzahl an scheinbar überwältigenden Eindrücken lässt sich dieses Buch darüber hinaus ausgesprochen gut lesen. Die Handlung selbst variiert in der Geschwindigkeit. Die Sprache ist dabei stets an die Handlung angepasst, ohne, dass die Erzählung überhastet erscheint.
Wer jedoch glaubt, die Sprache wäre simpel, der irrt. Stattdessen erscheint die Sprache pointiert. Die Erzählung und der gewählte, flexible Erzählstil erscheinen gleichzeitig voller Empathie und objektiv berichtend.
Das Buch erscheint für einen Thriller überaus gefühlvoll und ausdrucksstark, was mir sehr gut gefallen hat. Gleichzeitig ist dieser Thriller weitestgehend ohne die Darstellung von expliziter Gewalt ausgekommen und dennoch nichts für schwache Nerven. Dieser Thriller ist ein politischer Thriller, der jedoch auch und insbesondere durch die Darstellung der psychologischen Aspekte überzeugen konnte.
Politischer Thriller für Dänemark-Fans
Bei der Beschreibung dieses Thrillers als politisch muss ich noch erwähnen, dass er, obwohl in weiten Teilen fiktiv, auch Fakten aus der dänischen Geschichte einarbeitet. Jens Henrik Jensen ist Journalist und genau das merkt man diesem Buch auch an. Denn jene Fakten, die er aufbereitet hat, sind nicht nur realistisch, sondern auch treffend eingearbeitet worden. Die Familie Corfitzen zum Beispiel hat es nicht tatsächlich gegeben, das Schloss in dem sie lebte aber durchaus. Es ist Teil des Norlund Fonds.
Niels Oxen ist ebenfalls Erfindung, das Tapferkeitskreuz hingegen wirklich. Auf weitere real existierende Aspekte möchte ich an dieser Stelle nicht eingehen, aber wen es interessiert, der findet die Angaben in einem Special aufbereitet auf der Seite von DTV. Es ist also wirklich eine gelungene Mischung, so dass man wirklich die Grauen der Kriege, die in diesem Buch eine Rolle spielen, mitbekommt. Das macht dieses Buch nervlich nicht unbedingt leichter, aber auch anspruchsvoller zu lesen.
Über den Autor
„Jens Henrik Jensen, geboren 1963 in Søvind, Dänemark, hat 25 Jahre lang in der Nachrichtenindustrie gearbeitet, u.a. als Nachrichtenredakteur. Er ist verheiratet und hat zwei Söhne. Die OXEN-Trilogie ist in Dänemark bereits erschienen und mit 100.000 verkauften Exemplaren ein riesiger Erfolg. Mehr zum Autor auf seiner Website: jenshenrikjensen.de
Im April 2017 gewann Jens Henrik Jensen den Danish Crime Award!“ (dtv)
Fazit
„Oxen. Das erste Opfer“ ist ein gelungener, wenn auch zunächst ein wenig rätselhafter Einstieg in eine Trilogie, die es in sich haben wird. Ich persönlich freue mich schon, dass ich auch schon den zweiten Teil auf dem Nachtschrank liegen habe.