Als ich begann „Mein wunderbarer Küstenchor“ von Janne Mommsen zu lesen, befand ich mich gedanklich schnell in einem kleinen Ort namens Klütz, der in Mecklenburg-Vorpommern liegt. Genau genommen ist es ein Küstenort, der vom Tourismus lebt. Da die Touristen hauptsächlich im Sommer an die Ostsee reisen, ist es jetzt im Herbst verhältnismäßig ruhig und Brittas Chef beschließt die Ruhe vor dem nächsten Touristenandrang dazu zu nutzen, das Hotel zu renovieren.
Für Britta kommt diese Auszeit keinesfalls überraschend, gibt es doch im Hotel auch viele Saisonarbeiter und auch sie selbst ist es gewohnt, in den kühleren Monaten etwas weniger zu arbeiten. Zu tun gibt es in dem kleinen Ort ja eigentlich immer etwas und wenn nicht, sitzt man mit Freunden zusammen oder singt im Küstenchor. Dieser Roman versprach also einerseits Entspannung pur, aber ebenso auch gute Unterhaltung (nicht nur für den nächsten Urlaub).
„Mein wunderbarer Küstenchor“: Auf geht’s zum Singen
Britta, die Protagonistin dieses Wohlfühlromans, freut sich also auf eine verhältnismäßig entspannte Auszeit. Das kühle Wetter gefällt ihr zwar gar nicht, aber im Großen und Ganzen weiß sie, dass es zu diesem Ort dazugehört. Sie beschließt sich um ihre Großtante zu kümmern, eine ältere Dame, die längst schon nicht mehr so selbständig ist, wie sie früher einmal war, aber immer noch eine wichtige Person für den Ort.
Als Britta ihre Großtante also abends zum Chor abholt, erwarten die beiden einen entspannten Abend unter Freunden. Wobei die einzelnen Chormitglieder mittlerweile ein wenig angespannt und nervös sind, denn sie war in meinem Wettbewerb in Tempere, also in Finnland, teilnehmen.
Bis zum Wettbewerb dauert es zwar noch einige Wochen, aber vorbereiten müssen sie sich doch. Umso erschreckender ist es für alle, dass sich ihr langjähriger Chorleiter entschlossen hat, einen neuen Job anzunehmen und so die kleine Gemeinde verlässt. Nicht erst in ein paar Monaten, sondern Hals über Kopf. Bedeutet das nun das Ende des kleinen wunderbaren Küstenchors?
Atmosphärisch: Ein Urlaub für den Leser
„Mein wunderbarer Küstenchor“ von Janne Mommsen spielt zwar nicht auf einer Insel, erinnert aber atmosphärisch sehr stark an Janne Mommsens andere Romane, die zum Teil auch auf einer Insel spielen. Tatsächlich ist auch der für diesen Roman gewählte Ort ein typischer Tourismusort. Klütz ist dabei insbesondere für sein Schloss bekannt.
Dass dieses Schloss auch im Roman eine wesentliche Rolle spielt, ist dabei sicher bewusst vom Autor inszeniert worden. Der Ort existiert also tatsächlich nicht nur in der Fantasie des Autors, sondern auch tatsächlich. Man könnte diesen Roman also nehmen, in der direkten Nähe der Ostsee Urlaub machen und die einzelnen Spielorte aufsuchen.
Mir persönlich ihr schon bewusst, dass die Erzählung selbst fiktiv ist, dennoch hat alleine das Bewusstsein darüber, dass es die wichtigsten Orte des Romans tatsächlich gibt etwas mit der Atmosphäre zu tun. Denn Jane Mommsen entführt seine Leserschaft an dieser Stelle nicht einfach nur in einem kleinen Ort, der zum Träumen einlädt, nein man hat tatsächlich die Möglichkeit mehr als nur gedanklich in diesem kleinen Ort einzutauchen.
Charaktere mit Potenzial
Wer nach einem Roman mit wenig Tiefgang sucht, erwartet vielleicht manchmal, dass auch die Figuren eine gewisse Leichtigkeit haben. Trotz dieser Leichtigkeit erwarten wir aber das jeder einzelnen Figur ihr Potenzial mitbringt und voll entfaltet. Genau das ist auch, was wir bei diesem Roman bekommen. Ich bin mir zwar sicher, dass die Geschichte rund um den Küstenchor mit diesem einzelnen Roman sehr umfangreich erzählt ist, könnte mir jede einzelne der Figuren jedoch auch noch einmal in einem späteren Buch am gleichen Ort vorstellen.
Jede einzelne Figur bietet nämlich ein hohes Identifikationspotenzial, sodass sich der eine vielleicht in Britta hinein versetzen kann, jemand älteres aber vielleicht eher in ihre Großtante. Möglicherweise gibt es auch Menschen, die sich in die Figur des Chorleiters, der von jetzt auf gleich den Chor verlassen muss, hineinversetzen können.
Wer sich die Figuren einmal vorgestellt, der wird schnell merken, dass er nicht nur durch die Beschreibung der Äußerlichkeiten, die im Falle von „Mein wunderbarer Küstenchor“ von Janne Mommsen sehr kurz gefasst werden, eine konkrete Vorstellung bekommt.
Konkreter jedoch als über die Darstellung und Beschreibung der Äußerlichkeiten geht dies noch über die Dialoge, so entdeckt man schnell, welche Figuren in welcher Verbindung zueinander stehen und war es der Einzelne zum Gesamterfolg oder Misserfolg beitragen kann. Die unterschiedlichen Stärken und Schwächen zeigen sich aber zum Beispiel auch in den Dialogen, bei denen jeder einzelne Figur eine eigene Sprache und einen eigenen Stil hat. Auf diese Weise ist die Geschichte selbst überaus lebendig.
Sind die Dialoge der nun besonders spritzig? Nein, Janne Mommsen überzeichnet keine seiner Figuren. Er gibt auch keine seiner Figuren der Lächerlichkeit Preis, obwohl die Geschichte selbst viel Humor aufweist und auf diese Weise zu keinem Zeitpunkt ihren Schwung verliert. Vielmehr hat man als Leser von „Mein wunderbarer Küstenchor“ von Janne Mommsen den Eindruck selbst Teil der Gemeinschaft zu werden. Ich als Leser hat auf diese Weise immer das Gefühl, die Geschichte an Brittas Seite mitzuerleben.
Jede einzelne Figur bietet sich für weitere Geschichten an. Aus diesem Grund fände ich es schade, sollte es sich bei diesem Roman um einen allein stehenden Roman handeln. Den Spielort Klütz finde ich dabei genauso interessant, wie auch die einzelnen Figuren. Denn jede einzelne Figur bietet ihre eigenen Konflikte, ihre Probleme und könnte weiter entwickelt werden. Ich bin also gespannt, ob und wie es mit diesem Roman und seinen Figuren weitergeht.
Über Janne Mommsen
„Janne Mommsen hat in seinem früheren Leben als Krankenpfleger, Werftarbeiter und Traumschiffpianist gearbeitet. Inzwischen schreibt er überwiegend Drehbücher und Theaterstücke. Mommsen hat in Nordfriesland gewohnt und kehrt immer wieder dorthin zurück, um sich der Urkraft der Gezeiten auszusetzen. Passenderweise lebt die Familie seiner Frau seit Jahrhunderten auf der Insel Föhr.“(Rowohlt)
Fazit zu „Mein wunderbarer Küstenchor“ von Janne Mommsen
Meiner Ansicht nach ist „Mein wunderbarer Küstenchor“ von Janne Mommsen ein Wohlfühlroman, der Urlaubsstimmung mit Küstenflair verbindet. Jeder der Urlaub am Meer liebt, wird in diesem Roman sicherlich das entsprechende Ambiente finden und einfach einmal für ein paar Stunden abzuschalten und sich tatsächlich zu entspannen.
Mir persönlich hat es wieder unheimlich viel Spaß gemacht in eine Welt einzutauchen, die einfach nach Ruhe und Entspannung verlangte. Ich ahne, dass die Handlung selbst viele eigene Assoziationen weckt. Aus diesem Grund bietet sich wohl dieser Roman wie kein zweiter dazu an sich einfach einmal eine kurze Auszeit zu gönnen.