Fabian (Moritz Treuenfels, l.) und seine Frau Paula (Bettina Burchard, 2.v.r.) versuchen, mit ihren Kindern Mathilda (Heidi Tebroke, 2.v.l.) und Louis (Marian Dilger, r.) das Nestmodell zu leben. (c)ZDF/Steffen Junghans
Mit „Willkommen im Nest“ zeigt das ZDF heute Abend um 20.15 Uhr die erste Episode der neuen Herzkino-Serie „Familie Anders. Freue ich ich mich sonst immer sehr über neue Reihen und Serien auf diesem Sendeplatz, bin ich dieses Mal skeptisch, da es sich nicht um ein klassisches Herzkino handeln wird.
Wahrscheinlich müsste man sagen, dass es sich bei „Familie Anders“ um eine komödiantisch-realistische Familienserie handelt, in die man sich gut hineinversetzen kann, wenn man den turbulenten Familienalltag kennt.
Worum geht es bei „Familie Anders – Willkommen im Nest“?
Fabian Anders ist ein erfahrener und erfolgreicher Leipziger Paartherapeut, doch seine eigene Ehe stellt ihn vor große Herausforderungen – so schnell ist da keine Lösung in Sicht.
Nach mehr als zehn Jahren ist Fabians Ehe mit der Zweiradmechanikerin Paula scheinbar am Ende. Doch anstatt sich zu zerfleischen, haben die Anders beschlossen, es als Familie mit zwei Kindern anders zu machen – nämlich besser, und zwar mit dem Nest-Modell!
Ausgerechnet beim gemeinsamen Familienessen mit den Großeltern verplappert sich der kleine Louis – und lässt damit die Bombe platzen: Alle erfahren, dass seine Eltern Fabian und Paula sich getrennt haben und seit einigen Wochen das sogenannte Nest-Modell praktizieren.
Doch der neue Alltag als frisch getrennte, vollberufstätige, teilzeit-alleinerziehende Eltern verläuft zu turbulent und entpuppt sich als totale Überforderung. Da leider auch Paulas und Fabians Eltern als Babysitter für Louis und seine Schwester Mathilda ausfallen, soll zur Unterstützung eine Leihoma oder auch ein Leihopa engagiert werden.
Fabian und Paula können sich allerdings nicht auf einen gemeinsamen Bewerber verständigen, sodass zunächst zwei Kandidaten in das alte Bauernhaus der Familie Anders einziehen: Ibrahim Yildiz, türkischer Tischler und seit Kurzem verwitwet, sucht bei den Anders‘ eine neue Lebensaufgabe.
Moni Berner ist eine Weltenbummlerin, die in Altersarmut geraten ist. Der Platz bei den Anders‘ ist ihr letzter Rettungshalm. Schnell wird klar, dass nicht beide bleiben können, und so soll nach drei Wochen Probezeit entschieden werden. Ibrahim und Moni sind jetzt Konkurrenten.
Als Fabian bemerkt, dass es einen Mann gibt, der sich für Paula interessiert und sie sich für ihn – Paulas Geschäftspartner Alexej –, läuten bei ihm alle Alarmglocken. Zumal er auch bei seiner Arbeit als Paartherapeut gerade mit dem Thema Fremdgehen konfrontiert wird: Die Eheprobleme seiner Klienten Tess und Tom Scharper sind allerdings noch gravierender als die eigenen, denn Tom betrügt seine attraktive Frau seit einiger Zeit mit einer Kollegin, obwohl sie eigentlich noch ein zweites Kind haben wollen.
Fabian setzt nun erst recht alles daran, Paulas Liebe zurückzuerobern.
„Familie Anders – Willkommen im Nest“: Emotionale Geschichten aus dem Leben (eines Paartherapeuten)
Wie anfangs bereits erwähnt, ist „Familie Anders“ keine Serie jeder andere und „Willkommen im Nest“ keine klassische Herzkino-Episode. Vielmehr könnte man den Eindruck gewinnen, es handele sich um einen Film für die ganze Familie, denn in dieser Einstiegsepisode und vermutlich auch in den weiteren Episoden dieser Reihe geht es um den Familienalltag.
Somit bietet dieser Film offensichtlich eine ganze Menge Identifikationspotenzial für große und kleine Familien. Jedes einzelne Familienmitglied wird sich in diesem Film irgendwie abgebildet fühlen.
Es handelt sich hierbei also nicht um Situation, die man als Paartherapeut kennt, sondern vielmehr um Situationen, die man als gesamte Familie kennt. Dass die Scheidungsrate mittlerweile deutlich höher ist als noch vor einigen Jahrzehnten, ist wenig überraschend, in turbulenten Zeiten wie jetzt. Tatsächlich könnte man den Eindruck gewinnen, dass die Scheidungsraten durch die Pandemie noch einmal gestiegen sind.
Dabei ist weniger die Pandemie daran schuld, als vielmehr die Tatsache, dass man keine Möglichkeit hatte sich aus dem Weg zu gehen. Beim Nestmodell, wie in „Willkommen im Nest“ wird den Eltern von zwei Kindern diese Möglichkeit durchaus gewährt, denn die beiden wechseln sich ab und ziehen abwechselnd je eine Woche zu ihren Kindern. Das heißt aber nicht, dass es sich trotzdem turbulent werden kann.
Persönlich bin ich mir nicht ganz sicher, ob ich es nun gut finden soll, dass ein solch heikles Thema in der jetzigen Zeit in einem Film verarbeitet wird. Gleichzeitig jedoch kann ich mir gut vorstellen, dass der Film, der ein gewisses Konfliktpotenzial besitzt, nicht nur gut unterhält, sondern auch tatsächlich so etwas wie Lebenshilfe leisten kann.
Möglicherweise sind streitende Paare noch gar nicht auf die Idee gekommen, eine Paartherapie oder auch eine Familientherapie in Betracht zu ziehen. Durch den Film erhalten Sie nun die Möglichkeit, sich einmal eine solche Paartherapie anzusehen.
„Familie Anders – Willkommen im Nest“: vom Sinn der Paartherapie
Paartherapie und Familientherapie sind zwei verschiedene Ansätze, die einem ähnlichen Zweck dienen: die Beziehungen zwischen Menschen zu verbessern. Wenn Paare oder Familien Schwierigkeiten haben, effektiv zu kommunizieren, Konflikte zu lösen oder sich auf einer sinnvollen Ebene zu verbinden, kann eine Therapie einen sicheren Raum bieten, um an diesen Problemen zu arbeiten. Das Ziel beider Therapieformen ist es, den Personen in der Beziehung dabei zu helfen, bessere Bewältigungsfähigkeiten und Kommunikationsstrategien zu entwickeln.
Für Paare, die eine Trennung erwägen, kann eine Paartherapie ein wichtiges Instrument sein, um festzustellen, ob es sich lohnt, die Beziehung zu retten. Durch die Zusammenarbeit mit einem ausgebildeten Therapeuten können Paare ihre zugrunde liegenden Probleme erforschen und an deren Lösung arbeiten, um eine gesündere Beziehungsdynamik zu schaffen. Für Eltern, die Schwierigkeiten mit der Kindererziehung haben, kann Familientherapie eine Gelegenheit für alle Mitglieder der Familie sein, bestehende Probleme anzugehen und gemeinsam Lösungen zu finden.
„Familie Anders – Willkommen im Nest“: Das Nestmodell
Das Nest-Modell ist ein einzigartiger Ansatz der Familientherapie, der sich auf die Bedürfnisse von Kindern während und nach einer Trennung konzentriert. Im Gegensatz zu traditionellen Modellen, die der Kommunikation zwischen den Eltern Priorität einräumen, betont das Nest-Modell die Schaffung einer stabilen und unterstützenden Umgebung für Kinder, wenn sie sich an neue Routinen und Lebenssituationen anpassen.
Das Herzstück des Nest-Modells ist die Idee, dass Eltern zusammenarbeiten können, um eine fördernde Umgebung für ihre Kinder zu schaffen, auch wenn sie sich nicht mehr in einer romantischen Beziehung befinden. Das bedeutet, Unterschiede beiseite zu lassen und das Wohlergehen ihrer Kinder über alles zu stellen. Auf diese Weise können Eltern ihren Kindern helfen, sich während des Trennungsprozesses sicher, geborgen und geliebt zu fühlen.
Das Nest-Modell hat sich als effektiv erwiesen, um Familien dabei zu helfen, herausfordernde Übergänge mit weniger Konflikten und Stress zu meistern.
Tatsächlich zeigt „Familie Anders – Willkommen im Nest“ recht eindringlich, wie genau das Nest-Modell funktioniert, aber auch, Programme scheitern kann. Das Nest-Modell bietet aber gleichzeitig auch den Eltern die Chance sich nicht ganz aus den Augen zu verlieren und im Sinne der Kinder gemeinsam Entscheidungen zu treffen.
Theoretisch müsste man also sagen, dass dieses Modell für getrennt lebende Eltern ideal ist, wenn diese sich nicht grundlegend zerstritten haben. Gleichzeitig bietet auch das Nest-Modell wieder neue Konfliktpotenzial, dann nämlich, wenn die Beziehung nicht ganz zerrüttet ist, die Eltern oder zumindest ein Elternteil noch darüber nachdenken eine Beziehung über den freundschaftlichen Aspekt hinaus zu pflegen.
Das Nest-Modell könnte man als eine Vorstufe zur Patchwork-Familie verstehen. Gleichzeitig jedoch bedeutet es, dass den Kindern ein eigener Wohnraum zur Verfügung gestellt werden muss, in dem in einem regelmäßigen Rhythmus mal das eine und mal das andere Elternteil wohnt.
„Familie Anders – Willkommen im Nest“: Drehorte
Bei „Familie Anders“ ist es egal, wo dieser Film gedreht wurde und trotzdem möchte ich den Drehort an dieser Stelle nicht unerwähnt lassen. Die Dreharbeiten fanden vom 22. August 2022 bis zum 12. Oktober 2022 in Leipzig und Umgebung statt.
Da es hierbei aber weniger darum geht sich an der schönen Kulisse zu erfreuen, sondern viel eher darum geht die familiäre Situation oder auch die die Situation eines Paares zu betrachten, könnte man behaupten, diese Serie könnte überall platziert werden und nahezu jeder könnte eine vergleichbare Konfliktsituation kommen, wie es bei Familie Anders der Fall ist.
Gleichzeitig ist „Willkommen im Nest“ eine ganz gute Form zu zeigen, dass man auch wenn man sich als Paar getrennt hat als Familie noch gut zusammenarbeiten kann.
Somit muss man wohl zugeben, dass bei diesem Film des Herzkinos weniger der Drehort im Mittelpunkt der Betrachtung zu stehen hat, sondern eher die Handlung. Gleichzeitig geht es in dieser Reihe mehr als in allen anderen um Beziehungen und um die Kommunikation miteinander, das heißt, dass sogar die Besetzung als wichtiger angesehen werden muss als die Drehort.
„Familie Anders – Willkommen im Nest“: Besetzung
Werfen wir also einen genaueren Blick auf die Besetzung. Bei genauerer Betrachtung werden wir feststellen, dass es bei „Familie Anders“ eine feste Besatzung geben wird und eine Besetzung, die sich von Episode zu Episode verändern wird.
Tatsächlich kann man aber jetzt noch nicht sagen, wer in der Besetzungsliste tatsächlich eine dauerhafte Figur ist. Fest steht für mich, dass Fabian Anders (gespielt von Moritz Treuenfels) und Bettina Burchard (als Paula Anders) zu den dauerhaften Figuren gehören. Ebenso wie die Kinder Mathilda und Louis Anders, die von Heidi Tebroke und Marian Dilger gespielt werden.
Ob nun Ramona Kunze-Libnow oder Vedat Erincin dauerhaft als Leihoma und Leihopa zu sehen sein werden, kann ich euch zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht mit Gewissheit beantworten. Fakt ist aber, dass Gisa Flake und Knud Riepen (als Tess und Tom Scharper) wohl nur in dieser Episode zu sehen sein werden. Schließlich betreut Fabian Anders bereits in der nächsten Episode ein anderes Paar.
Unsicher bin ich mir darüber hinaus, ob wir Tobias van Dieken, als Alexej Kasabian und Delio Malär (in der Rolle des Luigi) wohl regelmäßig sehen werden. Rainer Reiners (als Bernd Krause), Heike Jonca (als Bärbel Krause) Bettina Redlich (als Gisela Anders) sowie Julia Jendroßek gehören auf jeden Fall zu denjenigen, die in weiteren Episoden zu sehen sein werden.
Victoria Findlay (als Lydia), Franziska Kleinert (als Roswitha Hanemann), Eva-Maria Kurz (als Hildegard Feldmaier) und Cornelia Lippert (in der Rolle von Ute Jäger) gehören ebenfalls zum Cast von „Familie Anders – Willkommen im Nest“.
Auch wenn ich mir sicher bin, dass wir mit Ausnahme des jeweiligen Episodenpaars einige Figuren regelmäßig sehen werden, wird sich erst im Laufe der Serie zeigen, die die Gewichtung der einzelnen Rollen ist. Fakt ist aber auch, dass es bei jeder einzelnen Episoden dieser Serie sehr um die Beziehungsebene des Episodenpaares gibt.
Spannend für einige dürfte daher sein, dass in jeder einzelnen Episode auch tatsächlich ein Schauspielerpaar besetzt wurde. Heißt das nun, dass Gisa Flake und Knud Riepen im echten Leben genauso sind, wie Tess und Tom Scharper?
Sie selbst bestreiten gewisse Parallelen, allerdings ändert sich durch die Besetzung eines Paares, die ein paar spielen sollen etwas auf der Vertrauensebene. So kennt sich das Paar, dass ein Paar spielt natürlich sehr viel genauer und kann authentischer agieren.
Gisa Flake erklärt: “ Mit Knud zusammen zu spielen (es war ja nicht das erste Mal), heißt erstmal, dass ich einen Spielpartner habe, dem ich maximal vertraue. Den ich nicht morgens schnell um 6 Uhr in der Maske kennengelernt habe, sondern bei dem ich spüre, dass wir das Gleiche in der Szene erzählen wollen. Wir sind nicht gleich, aber sprechen eine ähnliche Sprache. Und trotzdem sind wir professionell genug, am Drehtag eben nicht Gisa und Knud zu sein, sondern Tess und Tom.
Deshalb habe ich auch keine Angst, dass man Rückschlüsse auf unsere Beziehung ziehen kann. Wer das möchte, kann das natürlich gerne tun, aber ich kann versichern, dass wir privat anders miteinander umgehen.“
Knut Riepen ergänzt: „Mit Gisa zu arbeiten ist ein großes Geschenk – wir haben bereits einige Male zusammen fürs Fernsehen gedreht, unter anderem bei „Ella Schön“, und standen gemeinsam auf der Musical- und Kabarettbühne. Wenn man Gisa und mich kennt, weiß man, dass wir uns schon sehr von den Scharpers unterscheiden.“
Dass es auch für das besetzte Paar selbst eine Herausforderung darstellt, diese Geschichte zu spielen, wird deutlich, wenn man sich überlegt, dass dieses besetzte Paar ja in Wirklichkeit ein paar ist. Gisa Flake legt dar, wie die Authentizität in dieser Episode zustande kommt: „Erstmal war ich beleidigt, dass ich nicht fremdgehen darf (lacht). Im Ernst, es war eine Herausforderung, sich diesem Schmerz auszusetzen, dass da jemand ist, der einem so nah ist und der mich so verletzen kann.“
Erwartungen an „Familie Anders – Willkommen im Nest“
Welche Erwartungen habe ich an „Familie Anders – Willkommen im Nest“? Nun, vor dieser Frage stehen, habe ich mich zunächst gefragt, ob diese neue Serie überhaupt ein klassisches Herzkino ist und kam dahin, dass es sich bei dieser Reihe um etwas anderes handelt als ein klassisches Herzkino. Emotional dürfte sogar noch ein wenig aufgeladene sein, als die übrigen ein und Filme auf diesem Sendeplatz. Vor allem dürfte es aber um einiges authentischer werden, da die Episoden rund um Familie Anders authentischer zu erleben sind.
Obwohl sie um fiktive Szenen handelt, muss man wohl zugeben, dass alleine die Besetzung durch ein authentisches Paar die paar Szenen authentischer erscheinen lässt, denn sie gehen zwangsläufig anders miteinander um. Trotzdem oder vielleicht auch gerade deshalb war ich mir nicht sicher, ob ich euch diese neue Serie, deren Episoden aufeinander aufbauen, vorstellen möchte, denn ich bin mir sicher, dass hier nicht jeder gleichermaßen angesprochen wird.
Trotzdem glaube ich, dass dieser Film vielen Zuschauern dabei helfen wird, ihre eigene Beziehung zu hinterfragen, somit besitzt diese Reihe erheblich mehr Tiefgang, als man es von anderen Herzkino-Reihen gewöhnt ist.
Ich persönlich freue mich auf „Willkommen im Nest“ des heute Abend um 20:15 Uhr im ZDF gezeigt wird, bleibe jedoch zunächst ein wenig skeptisch, ob diese Herzkino-Reihe tatsächlich für alle Zuschauerinnen und Zuschauer gleichermaßen geeignet ist. Familie Anders könnte tatsächlich mit „Willkommen im Nest“ das hätte Zuschauer erobern und doch wird sich nicht jeder gleichermaßen angesprochen fühlen.
Familie Anders - Willkommen im Nest
Regisseur: Sophie Averkamp
Erstellungsdatum: 2023-03-12 20:15
4.7
Vorteile
- eine neue Reihe mit viel Authentizität
- starke Besetzung durch Episodenbesetzung
Nachteile
- kein klassisches Herzkino
