Als ich begann „Die Toten von Carcassonne: Monsieur Keller ermittelt“ zu lesen, fiel mir zunächst auf, wie gut sich dieses Buch als Reisebegleiter anbietet. Warum?
Nun, um es kurz zu machen, müsste ich sagen: „Konrad Keller, Kriminalhauptkommissar a.D., befindet sich auf einer Reise, die ein jähes vorzeitiges Ende findet, als Karim auf sein Hausboot springt.“ Doch bekämt ihr auf diese Weise noch immer keinen Eindruck davon, was dieses Buch so anders macht. Aus diesem Grund möchte ich mich doch etwas ausführlicher äußern.
Der Hausboot-Krimi „Die Toten von Carcassonne“ von Jules Besson ist der Auftakt der neuen Reihe „Monsieur Keller ermittelt“, um einen Ermittler, der aufgrund seines Alters kein beruflicher Ermittler mehr ist, der sich aber so sehr mit seinem Beruf identifiziert hat, dass er sich mit der Rente einfach nicht abfinden kann.
Darüber hinaus ist sein Plan für die Rentenzeit leider nicht mehr in der ursprünglich geplanten Weise möglich: Seine Frau Helga, die ein Teil dieses Plans war, verstarb kürzlich an Krebs. Auch über diesen tragischen Verlust ist Keller noch lange nicht hinweg. Eigentlich ein guter Grund, sich in die Arbeit zu flüchten, aber er ist ja in Rente.
„Die Toten von Carcassonne“: Laue Abende und ein guter Wein
Nach einigen Gesprächen mit seinen Kindern Burkhard, Jochen und Sophie hat sich Konrad entschieden die Reisepläne, die er einst mit Helga geschmiedet hatte, umzusetzen. An der Reise selbst ist ja erstmal nichts Falsches. Dies ist der Moment, in dem wir Leser Monsieur Keller kennenlernen. Konrad Keller hat vor einigen Tagen ein Hausboot mit dem Namen „Bonheur“ vom Bootsverleih abgeholt und schippert nun über den „Canal du Midi“.
So ein Hausboot bietet viele Vorteile, kann er doch überall festmachen und sich die Gegend ansehen. Sein aktuelles Quartier ist der Hafen von Carcasonne. Am Tag hat er sich bereits in dem kleinen Städtchen umgesehen, das aufgrund seiner malerischen, ja fast pittoresken Altstadt für Touristen besonders interessant ist. Außerdem hat er den Tag dazu genutzt ein paar kulinarische Gaumenfreuden zu erwerben. Zu diesen Gaumenfreueden gehört auch der Rotwein, den er sich nun gönnt, um den Abend ausklingen zu lassen.
Doch kaum hat Konrad das Glas geleert, wird es plötzlich hektisch im Hafen. Nur wenige Augenblicke später springt ein fremder Mann auf die „Bonheur“. Mit wenigen hektisch ausgestoßenen Worten, erklärt er Keller, unschuldig zu sein und mit der Sache nichts zu tun zu haben. Dann ist auch schon die Polizei zur Stelle und nimmt den Flüchtigen fest. Konrad selbst ist an dieser Festnahme beteiligt, da er dem jungen afrikanisch wirkenden Mann ein Bein stellte, um dessen Flucht zu vereiteln.
Drei Tote und nur ein Verdacht?
Am nächsten Morgen erzählt Béatrice Bardot, die leitende Ermittlerin, dass der Mann vom Vorabend dringend tatverdächtig sei, drei Tote auf dem Gewissen zu haben: eine Mutter und ihre beiden Kinder. Der Vater sei nicht anwesend gewesen, was ihm wohl das Leben gerettet habe. Einen Beweis für die Schuld Karims gäbe es auch, die Überwachungskamera habe alles aufgezeichnet. Sie sähe den Fall damit als abgeschlossen an. Doch Konrad hegt Zweifel und stellt eigene Ermittlungen an…
Spannungsbogen und Urlaubsflair
Die Geschichte, die sich durch Konrads Ermittlungen von den Augen der Leser entfaltet erscheint als spannungsvoller Krimi mit einer Extraportion Urlaubsflair, die mir als Leserin das Gefühl gibt, an Konrad Kellers Seite durch Carcasonnes Viertel zu streifen und an Helgas Stelle an der Reise teilzunehmen.
Der Spannungsbogen selbst ist dabei ein stetiger Wechsel aus steigender Spannung und Entspannung und erinnert somit ein wenig an die Schleusen, die das Hausboot auf seiner Reise eigentlich passieren sollte.
Das Gefühl von Urlaub kommt bei diesem Krimi ebenfalls zum Tragen und erscheint mir als Leser in gewisser Weise gegenläufig zum Spannungsbogen, denn Konrad Keller nutzt jene Momente zum Abschalten, die an einen ganz normalen Urlaub erinnern. Das „petite dejeuner“ und die Beschreibung der regionalen Spezialitäten, sowie der Rotwein am Abend versetzen dabei nicht nur den Protagonisten in Urlaubsstimmung.
Stilistisch
Sprachlich gelingt es Jules Besson jeder Figur eine eigene Stimme zu geben. Das ist in dieser Geschichte keinesfalls unwichtig, da diese unterschiedlichen Stimmen die kulturellen Besonderheit jeder Figur gekonnt herausstellen und somit zur besonderen Atmosphäre des Buches beitragen. Die Erzählweise des Autors erscheint mir als Leserin dabei zunächst in etwa so, als hätte sie sich an einer klassischen Hausboot-Reise orientiert. Sie ist gradlinig und schnörkellos. Dennoch gebt es viele raffinierte kleine Details, die diese Geschichte von der Masse der Urlaubsgeschichten unterscheidet.
Als Reihenauftakt gelungen?
Als ich damit begann, „Die Toten von Carcassonne: Monsieur Keller ermittelt“ von Jules Besson zu lesen, hielt ich es zunächst für einen Standalone, der für sich genommen schon stark gewesen wäre. Mit dem letzten Kapitel wird allerdings klar, dass es sich bei dieser Geschichte um den Auftakt einer neuen Krimi-Reihe handelt. Konrad Keller ermittelt also weiter.
Das freut mich sehr, denn ich glaube, dass dieser Reihenauftakt seine Leser dazu ermuntern kann, selbst einmal mit einem Hausboot auf dem Canal du Midi zu reisen. Konrad Keller ist ein charmanter, humorvoller und intelligenter Protagonist, der durch den Rahmen der weiteren Figuren immer weiter wachsen kann.
Obwohl auch die Nebenfiguren dieses Buches überaus interessant waren, befürchte ich, dass wir sie im nächsten Band nicht noch einmal erleben werden. Obwohl, Burkhard, Jochen und Sophie werden ihren Papa wohl wieder auf seiner Reise begleiten und möglicherweise bei einer neuen Ermittlung unterstützen. Ich bin gespannt und vielleicht erlebe ich ja doch, die eine oder andere Überraschung.
Über Jules Besson
„Jules Besson ist das Pseudonym eines leidenschaftlichen Frankreichfreundes, der die enorme Vielseitigkeit der Grande Nation vorzugsweise mit dem Hausboot erkundet. Land und Leute lassen sich kaum besser kennenlernen als beim gemächlichen Befahren der jahrhundertealten Kanalsysteme, die weite Teile Frankreichs durchziehen. Der Sammler landestypischer Rezepte ist zudem stets auf der Suche nach neuen schmackhaften Gerichten, die in seine Büchern ebenso Eingang finden wie so mancher Wein, von dem er sich beim Schreiben inspirieren ließ.“ (Piper Verlag)
Fazit zu „Die Toten von Carcassonne: Monsieur Keller ermittelt“ von Jules Besson
Der Hausboot-Krimi „Die Toten von Carcassonne: Monsieur Keller ermittelt“ vereint Reiseflair mit der Spannung eines guten Krimis und mischt noch ein paar kulinarische Elemente hinzu. Da dieser Krimi gleichzeitig jedoch auch weitestgehend unblutig und frei von Gewaltdarstellungen ist, kann ich dieses Buch jedem Leser empfehlen, der sich auf den baldigen Urlaub freut oder gerne an den letzten Urlaub zurück erinnern möchte. Dieser Krimi lädt nämlich dazu von einem Urlaub in Carcasonne zu träumen.