„Der achtsame Mr. Caine und die Tote im Tank“ von Laurence Anholt ist ein ungewöhnlicher Krimi, der nicht nur achtsamen Lesern Spaß machen wird. Genau genommen ist dieses Hörbuch eines der ungewöhnlichsten, wenn nicht sogar das ungewöhnlichste Buch, das sich in den letzten Monaten gehört habe.
Achtsame Ermittler habe ich in dieser Form noch nicht erlebt, denn genau genommen ist Mr. Caine noch gar nicht wieder im Dienst. Derzeit befindet er sich in einer Selbstfindungsphase und beschäftigt sich viele Stunden am Tag mit Meditation. Dann jedoch weder von einer Kollegin, die seine Partnerin werden möchte zu einem Fall hinzugezogen, der an Brisanz kaum zu überbieten ist.
„Der achtsame Mr. Caine und die Tote im Tank“: Ein ungewöhnlicher Fall
Neben dem Thema der Achtsamkeit geht es bei diesem Krimi häufig um Kunst-Happenings. Alleine diese Kombination sorgte bereits dafür, dass ich diesen Krimi als ungewöhnlich wahrgenommen habe. Sowas muss man unbedingt lesen oder hören. Doch was machte diesem Fall so besonders?
Die Tote Kristal Havfruen wird während ihres eigenen Kunst-Happenings in einem Tank mit Formaldehyd gefunden. Niemand kann sich erklären, wie die Künstlerin, die entweder vergöttert und verehrt oder zutiefst gehasst wurde, in diesen Tagen hinein gelangen konnte. Normalerweise hätte an ihrer Stelle eine lebensechte Puppe liegen sollen.
Ja, man konnte darüber streiten, ob es tatsächlich Kunst war, die Kristal Havfruen so erfolgreich machte. Ihre Ideen waren anders und aufgrund ihrer zahlreichen innovativen Aktionen, die man auf jeden Fall als exzentrisch bezeichnen konnte, ließ sich die Künstlerin selten richtig in Worte fassen. Selbst die Zeugung und später die Geburt Geburt ihres Sohnes war ein Happening.
Als Mr. Caine und seine Partnerin Shanti Joyce anfangen im Umfeld der Toten zu ermitteln, glauben sie zunächst daran, dass die Tote beliebt war, doch dann fängt die Fassade an, zu bröckeln.
Bald schon erscheint nicht mehr so, wie es zu Beginn den Anschein erweckte. Genau aus diesem Grund entfaltete dieser Fall auch eine gewisse Sogwirkung. Denn im Vergleich zu anderen Krimis gab es hier so viele neue Entwicklungen, dass man zunächst gar nicht genau sagen konnte, was einen erwartete. Und mittendrin zwei Ermittler, die anders waren, als man es von zahlreichen Kriminalfällen und Kriminalreihen kannte.
„Der achtsame Mr. Caine und die Tote im Tank“: Ein außergewöhnliches Ermittler-Duo
Genau genommen sind Vincent Caine und Shanti Joyce eines der ungewöhnlichsten Ermittlergespanne, die ich je in einem Krimi erlebt habe und das nicht etwa, weil sie besonders viele Probleme haben. Vincent Caine hat sich nach einem früheren Fall sehr zurückgezogen und betreibt mittlerweile Meditation. Eigentlich ist ihm die ganze Polizeiarbeit und all das was damit zu tun hat über den Kopf gewachsen und so sträubt er sich zunächst dagegen, als Shanti Joyce bei seiner Hütte, die weit abgelegen liegt, erscheint und ihn um Unterstützung bei diesem Fall bittet.
Sein ungewöhnlichen Ermittlungsmethoden haben sie auf die Idee gebracht, dass eine Zusammenarbeit sinnvoll wäre. Vincent Caine selbst finde seine Ermittlungsmethoden natürlich nicht ungewöhnlich.
Er hört halt genau zu, beobachtet und prüft. In seiner Genauigkeit erinnert er mich ein wenig an Figuren wie der Mantalist, Monk oder auch Luzifer. Genau genommen ist Vincent Caine aber in seinen Ausführungen weniger extrem und sehr viel entspannender, als die Ermittler aus diesen bekannten Krimiserien. Vincent Caine ist die Ruhe selbst und aufgrund seiner Meditationserfahrungen immer irgendwie tiefen entspannt.
Bei Shanti Joyce deutet auf den ersten Blick nichts darauf hin, dass sie irgendwie von einer normalen Ermittlerinnen abweicht. Aber auch sie stellt unter den Ermittlern eine Besonderheit dar. Sie ist nämlich alleinerziehend, was dazu führt, dass sie sich an feste Zeiten halten muss, viel nebenbei organisiert und sich stets ein wenig verblüfft zeigt, wenn Caine wieder einmal weiter ermittelt hat und nun Erkenntnisse besitzt, die sie auf diese Weise wohl niemals erhalten hätte. Im Vergleich zu ihm ist sie lebendig, fast schon quirlig und stets auf dem Sprung.
Ich persönlich finde die beiden Ermittler durchaus interessant und ihre ungewöhnliche Form der Zusammenarbeit macht diesen Krimi zu einem Highlight. Nicht nur für all jene Leser, die selbst meditieren oder sich vielleicht für Kunst interessieren, sondern auch für all jene, die einfach auf der Suche nach einem guten Krimi sind.
„Der achtsame Mr. Caine und die Tote im Tank“ von Laurence Anholt: Ein starker Reihenauftakt
Genau genommen kann man sagen, dass es sich bei diesem ungewöhnlichen Kriminalroman um den starken Auftakt in eine neue Reihe handelt. Insoweit würde es mich nicht überraschen, wenn wir in den Folgebänden noch ein wenig tiefer hinter die Fassaden der beiden Ermittler blicken und nicht nur Vincent Caines Interesse für Meditation von Bedeutung ist.
„Der achtsame Mr. Caine und die Tote im Tank“ oder „Art of Death“
Ich persönlich habe nicht schlecht gestaunt, als ich erkannte, dass der englische Originaltitel nicht etwa ein zu eins übersetzt ist, sondern sich vollständig unterscheidet. „Der achtsame Mr. Caine und die Tote im Tank“ oder „Art of Death“ hat sich alleine durch Übersetzung und die Neubenennung dieser Reihe eine ganz neue Zielgruppe erschlossen.
Dabei gibt der Titel ganz andere Informationen Preis. So erfahren wir bei dem englischen Original gleich, dass bei diesem Fall um die Kunst des Todes geht. Hier scheint der Schwerpunkt auf den Tod der Künstlerin gelegt worden zu sein.
In der deutschen Version liegt der Schwerpunkt eher auf dem Ermittler. Ja, man kann an dieser Stelle kleinlich sagen, dass die Geschichte eher die gleiche ist, mit einer neuen oder einer größeren Zielgruppe jedoch erweitert sich die Leserschaft beträchtlich.
Zumal das Thema Meditation und Achtsamkeit aktuell ein sehr beliebtes Thema ist. Jeder wünscht sich einmal runter zu kommen und das Hamsterrad ein wenig verlassen zu können. Nun aktuell durften wir etwas vergleichbares erleben, zumindest hatten viele zunächst die Idee, dass sie während dieser ganzen Regelungen weniger Stress haben würden. Ein Irrtum, der sich noch zeigen würde, stellte sich dann aber bei vielen ein.
Insoweit trifft „Der achtsame Mr. Caine und die Tote im Tank“ von Laurence Anholt einen wunden Punkt bei vielen und so könnte ich mir vorstellen, dass die Reihe ein voller Erfolg wird.
Der Stil in „Der achtsame Mr. Caine und die Tote im Tank“ von Laurence Anholt
Man merkt, dass sich Laurence Anholt nicht nur im Rahmen von „Der achtsame Mr. Caine und die Tote im Tank“ mit dem Thema Achtsamkeit befasst hat. Achtsamkeit oder besser gesagt Gleichmut merkt man auch der Art und Weise an, wie diese Geschichte erzählt wird. Der Autor hat dabei ganz offensichtlich Wert auf jedes einzelne Wort gelegt und gleichzeitig eine ganz besondere Atmosphäre in jede einzelne Szene hineingeschrieben.
„Der achtsame Mr. Caine und die Tote im Tank“ ist also nicht nur ein Krimi in dem es um Achtsamkeit geht, er spiegelt gleichzeitig die Achtsamkeit seines Autors Laurence Anholt wieder.Da ich diesen Krimi nicht als Buch gelesen habe, kann ich nicht sagen, inwieweit sich das Buch von der Hörbuchfassung unterscheidet. Auch habe ich die englische Fassung des Buches weder gelesen noch gehört.
Trotzdem könnte ich mir vorstellen, dass die Übersetzerin Kristina Lake-Zapp auch bei ihrer Arbeit mit einer besonderen Achtsamkeit vorgehen musste. Das Ergebnis, welches wir als Hörer des Hörbuches „Der achtsame Mr. Caine und die Tote im Tank“ präsentiert bekommen, überzeugt jedoch auf ganzer Linie.
Neben der sprachlichen Stilistik könnte man auch die Liebe fürs Detail bei diesem Kriminalroman herausstellen. Doch fast ebenso sehr, wie ich die Liebe fürs Detail als wichtig empfinde, geht mir manch eine Pedanterie im Krimi doch ein bisschen zu weit. Es gibt viele gute Krimis, die aufgrund ihrer Vielzahl von Details plötzlich an Spannung oder Geschwindigkeit verlieren.
Bei diesem Krimi ist es jedoch anders, denn als einen schnellen oder gar aktionsreichen Krimi würde ich ihn nicht bezeichnen und die Spannung, die im Laufe der Handlung aufbaut wird, profitiert im Vergleich stark von Kleinigkeiten, die im späteren Verlauf dann doch ihre Bedeutung haben.
Eine andere Form der Stilistik zeigt sich auch bei der toten Protagonistin. Ihre Pedanterie und Detailverliebtheit hat Laurence Anholt allerdings so achtsam behandelt und dargestellt, dass sie in jeder Szene fast greifbar ist.
Die Pedanterie, die ich weiter oben als eine mögliche Bremse im Krimi beschrieben habe, zeigt sich hier eher bei der Protagonistin, denn im Stil der Erzählung und Erzählweise. Kristal Havfruen war nämlich exzessiv und pedantisch und ließ andere deutlich spüren, was sie von ihnen hielt, Nichts.
Insoweit war mir die Protagonistin, die in diesem Fall geopfert wurde, relativ schnell sehr unsympathisch. Aber glücklicherweise musste ich sie auch nicht schätzen, um diesen ungewöhnlichen Kriminalroman zu mögen.
Im Fall von „Der achtsame Mr. Caine und die Tote im Tank“ von Laurence Anholt wirkte die Pedanterie der Protagonisten eher beschleunigend oder unterhaltend, denn als Bremse und auch wenn der Autor Laurence Anholt viel Wert auf Sprache, Kulisse und Atmosphäre legte, so war dieses Vorgehen nicht pedantisch, sondern für diesen Krimi genau das richtige.
Über die Sprecherin Brigitte Carlsen
Brigitte Carlsen wurde in Eutin geboren und wuchs im Rheinland auf. Sie arbeitet seit über 20 Jahren erfolgreich als Profisprecherin für TV, Hörfunk, Hörbücher und mehr. Außerdem gehört sie dem WDR-Sprecherensemble an.
Über den Autor Laurence Anholt
„Laurence Anholt hat in seiner 30-jährigen Karriere als Schriftsteller und Illustrator schon mehr als 200 Bücher veröffentlicht. Er stammt aus einer niederländischen Familie mit persischen Wurzeln und hat in London Bildende Kunst studiert. Heute lebt er mit seiner Frau Catherine in Südengland in einem Öko-Cottage am Meer und interessiert sich vor allem für Bücher, Bienen und Buddhismus.“ (Droemer Knaur)
Fazit zu „Der achtsame Mr. Caine und die Tote im Tank“ von Laurence Anholt
Laurens Anholt hat mit “ „Der achtsame Mr. Caine und die Tote im Tank“ einen wirklich ungewöhnlichen Krimi vorgelegt, der mich gleich zu Anfang sehr überrascht hat, denn mir war bewusst, dass man über Achtsamkeit schreiben kann, dass man sie aber auch in einem Krimi ausleben kann, habe ich erst verstanden, nachdem ich diesen Krimi von Laurence Anholt gehört habe. Er wendet diese Achtsamkeit nämlich an und zeigt in jeder einzelnen Szene mit einer gewissen Bedeutung.
Letztendlich war „Der achtsame Mr. Caine und die Tote im Tank“ von Laurence Anholt für mich eine deutliche Überraschung, sodass ich sagen kann, ich freue mich bereits auf eine Fortsetzung.
Hierbei bin ich mir allerdings sicher, dass Laurence Anholt die gleiche Achtsamkeit walten lässt, wie ich sie im ersten Teil der Reihe rund um Mr Caine zu schätzen gelernt habe.
Mir ist bewusst, dass dieser Krimi möglicherweise nicht unbedingt für alle Krimi und Thrillerfreunde gleichermaßen geeignet ist, wer aber auf der Suche nach einem vergleichsweise blutigen aber dennoch spannenden Krimi ist, der sollte es einmal mit der neuen Reihe von Laurence Anholt versuchen.
Ich bin mir sicher, all jene, die nicht unbedingt den klassischen Krimi oder Thriller erwarten, es eher ruhiger und unaufgeregt mögen, werden „Der achtsame Mr. Caine und die Tote im Tank“ von Laurence Anholt mit ihren Spaß haben.