„Liebesbrief an Unbekannt“ von Thomas Brezina ist zugegebenermaßen ein ungewöhnlicher Liebesroman in Briefform. Es geht um eine junge Frau von 29 Jahren, die auf der Suche nach dem Glück ist. Doch bei ihr ist in letzter Zeit praktisch alles schief gegangen. Ihre Ehe hielt nur kurz und war alles andere als das glückliche Leben, das sie sich vorgestellt hatte. Stattdessen hat ihr Mann Firmengelder ihres Hotels veruntreut, war unberechenbar und alles andere als ein Familienmensch. Dann jedoch ist es ihr gelungen, Abstand zu gewinnen. Aktuell jedoch steht noch nicht einmal mehr ihre eigene Familie hinter ihr und Emma beschließt einen ungewöhnlichen Neuanfang zu starten.
Ein neuer Anfang auf eigenen Beinen
Tatsächlich bietet sich Emma jedoch wenig später eine einmalige Gelegenheit, so beschließt eine Tante von ihr, selbst eine Reise anzutreten. Diese Reise jedoch soll möglichst ohne Handy und ohne Internet oder sonstigen Kommunikationsmöglichkeiten sein. Sie will eine Auszeit vom Alltag nehmen und bittet Emma, die wie sie selbst das schwarze Schaf der Familie ist, um Hilfe.
Emma soll sich um das Cherry Tree kümmern und die Gäste des B&B versorgen. Das ist natürlich kein Hexenwerk, denkt Emma und nimmt die Herausforderung an. Doch schon bald nach ihrer Ankunft in Brighton muss sie einsehen, dass das Bed and Breakfast ihrer Tante schon bessere Zeiten gesehen hat.
Mit ihrem eigenen Leben scheint es auch nicht besser zu laufen, hat sie doch seit ihrer gescheiterten Ehe keine einzige Verabredung mit einem aufmerksamen Mann gehabt. Dabei sucht sie doch nach dem großen Glück.
Die Idee: „Liebesbrief an Unbekannt“
Um ein ein wenig auf die Sprünge zu helfen, schlägt ihre Freundin Patricia vor, dass sie doch Liebesbriefe oder besser gesagt einen Liebesbrief an Unbekannt schreiben könnte.
Was als harmlose Idee anfängt, beginnt Emma bald schon große Freude zu machen, sodass sie tatsächlich nahezu jeden Abend an einen Unbekannten schreibt. Sie nutzt diese Briefe um ihr eigenes Leben zu reflektieren und eigentlich sind sie nicht dafür vorgesehen, abgesendet zu werden.
Den Liebesbrief an Unbekannt schließt sie jeden Abend nach dem Verfassen in ihren Schreibtisch ein. Doch schon wenige Tage nach dem das ganze begonnen hat, erhält sie plötzlich Post von einem Unbekannten, der sich sehr genau mit den Inhalten ihrer Briefe beschäftigt zu haben scheint.
Ab diesem Moment beginnt es turbulent zu werden, denn der unbekannte Mann stellt Emmas Leben ganz schön auf den Kopf. Ob ihr ihre neu gewonnenen Freunde dabei helfen können den Unbekannten aufzuspüren?
Eine Mischung aus Leichtigkeit und Anspruch
Tatsächlich stellt dieser Liebesroman eine gelungene Mischung aus Leichtigkeit und Tiefgang dar und hat insbesondere was die inhaltlichen Facetten angeht, einige Aspekte, die durchaus etwas anspruchsvoller erscheinen, da man sie so möglicherweise nicht in einem Liebesroman erwarten würde. Dafür ist die Sprache vergleichsweise einfach.
Ich behaupte an dieser Stelle nicht, dass die Sprache nicht passt, aber dennoch erscheint sie eher bewusst einfach gehalten sein, denn kompliziert.
Emmas Briefe sind dabei aus ihrem Alltag gegriffen und oftmals einfach nur innerhalb kürzester Zeit geschrieben worden. Die Antworten des unbekannten Mannes, der ihren alltäglichen Liebesbrief an Unbekannt so gut zu kennen scheint, sind zwar ebenfalls in der Sprache einfach gehalten.
Im Inhaltlichen jedoch erscheinen sich zum Teil ein wenig hintergründig, ja fast philosophisch. Letztendlich sind die Briefe des Unbekannten, welche Emma dazu motivieren, ihr Leben endlich wieder in die Hand zu nehmen.
„Liebesbrief an Unbekannt“: Nur ein Wunsch ans Universum
Zu Beginn des ganzen Romans werde ich genau genommen ein wenig überrascht, denn ich selbst wäre nicht auf die Idee gekommen auch nur einen Liebesbrief an Unbekannt zu schreiben. Die Protagonistin in diesem Buch jedoch scheint die Idee ihrer Freundin ernst zu nehmen.
Auch der Autor Thomas Brezina hat mit dieser Technik seinen heutigen Partner in sein Leben gezogen. Zumindest hat er selbst in jener Zeit die Technik angewandt und regelmäßig einen Liebesbrief an Unbekannt geschrieben.
Ich persönlich bin nicht unbedingt esoterisch interessiert und doch habe ich schon häufiger von der Strategie gehört wünsche ans Universum zu geben. Der Trick dabei scheint jedoch zu sein, dass man selbst genau das ausstrahlt soll, was man anziehen möchte.
Ganz ähnlich scheint es ja auch mit der sich selbst erfüllende Prophezeiung zu sein. Letztendlich ziehen wir alle doch genau das an, was wir selbst ausstrahlen. Glaube mir selbst nicht an uns, kann es auch kein anderer tun.
Der Trick in „Liebesbrief an Unbekannt“ besteht eigentlich darin, dass Emma beginnt ihr eigenes Leben zu reflektieren und nachhaltig zu verändern. Ist es also letztendlich der Blick auf sich selbst, durch den es gelingt, das eigene Leben zu verbessern oder es neu zu gestalten?
Tatsächlich könnte man den Eindruck bekommen dass es genau so ist und man selbst genau das zurückbekommt, was man ausstrahlt. Eine einfache Idee zeigt doch schon, dass viel an der Aussage dran ist: „Wir sehen den Wald hineinruft, schallt es wieder heraus!“
Betreten wir mit einem Lächeln auf den Lippen einen Raum, ist es nicht selten, dass Menschen, die im Raum versammelt sind, ebenfalls freundlich zurück lächeln. Ziehen wir gegen ein Gesicht wie wir es nach sieben Tagen mit Regenwetter zeigen würden, schauen uns die Menschen dort genauso miesepetrig entgegen.
Auch das Sprichwort „Wir ernten, was wir zuvor gesät haben“ verweist genau auf dieses Verhalten. Letztendlich scheint es tatsächlich so sein, als zögen wir das Glück auch selbst an. Das Glück bleibt dabei nie dauerhaft und ist ein flüchtiger Begleiter. Dieser Roman zeigt, dass das reale Leben genauso turbulent sein kann, wie dieser Roman.
Thomas Brezina weckt Kindheitserinnerungen
Als ich zwölf oder 13 war, habe ich die Bücher von Thomas Brezina gerne und häufig gelesen, doch irgendwann bin ich diesen Büchern entwachsen und fand es schade, dass dieser Autor nur für Kinder und Jugendliche schrieb.
Umso mehr freute ich mich, als ich entdeckte, dass er nun auch Bücher für Erwachsene schrieb. Nun bin ich nicht unbedingt der Typ für Ratgeber, aber bei diesem Liebesroman konnte ich nicht Nein sagen und entdeckte währenddessen auch gleich, dass es offenbar auch einen Krimi für Erwachsene von ihm gibt. Ich glaube, nach diesem Krimi werde ich mich einmal umsehen und bin gespannt, ob er mich ähnlich gut gefällt, wie dieser Roman.
Über Thomas Brezina, den Autor von „Liebesbrief an Unbekannt“
„Thomas Brezina, geboren 1963, ist Buchautor, TV-Produzent und TV-Moderator. Nach mehr als 560 Büchern für Kinder erschien 2017 sein erster Krimi für Erwachsene. Drei weitere Bücher für Erwachsene folgten bisher und wurden alle zu Bestsellern. „Liebesbrief an Unbekannt“ ist sein erster Liebesroman.“ (edition a)
Fazit zu „Liebesbrief an Unbekannt“
„Liebesbrief an Unbekannt“ von Thomas Brezina ist einer der turbulentes Liebesgeschichten in Briefform, die man bekommen kann. Zumindest habe ich den Eindruck bekommen, als ich mit diesem Buch angefangen habe. Zu behaupten, dass dieser Roman eine gewisse Sogwirkung entfaltet und mich als Leserin schnell in die Geschichte hineinzieht, ist dabei noch untertrieben.
Tatsächlich scheint sich dieser Liebesroman wie für Liebesromane typisch eher an Frauen zu richten, denn an Männer, dennoch ist dieses Buch nicht so kitschig, dass es nicht auch von Männern gelesen werden könnte. Diese Liebesgeschichte ist aus dem Leben gegriffen und genau das merkt man ja auch an.
Sollte Thomas Brezina weiterhin Romane für Erwachsene schreiben, würde ich gerne weitere Geschichten von ihm lesen.