„Die geheime Mission des Kardinals“ von Rafik Schami ist ein Hörbuch, von dem ich erwartet hatte, dass es ein Krimi wäre. Hintergrund ist, dass es um die Ermittlung rund um einen toten Kardinal geht. Ich erwartete also einen Krimi. Was ich bekam, war jedoch kein Krimi, sondern viel eher eine Geschichte über die Völkerverständigung, die die Grundlage für einen Krimi bot.
Rafik Schami entschied sich dafür, diese Geschichte in Syrien im Jahr 2010 spielen zu lassen, also einige Zeit, bevor der Krieg in Syrien ausbrach. Dennoch warf der Krieg bereits seine Schatten voraus. Sogar von Anfang an eine leicht bedrohliche Stimmung zu spüren, möglicherweise ließ sie sich aber auch nur mit dem Wissen, dass wir nun neun Jahre später haben, greifen. In der damaligen Zeit lebten die unterschiedlichen Völker noch friedlich miteinander und nur bei genauerer Betrachtung kam es drauf an, ob man Christ oder Muslim war.
Die Anfangsspuren eines Konflikts
Die Anfänge des Krieges, der heute geführt wird, sind dahingehend spürbar, als dass ein Land seine Bürger ausspioniert, sie Angst vor Repressalien haben und sich entsprechend streng daran halten, was ihnen die Obrigkeiten vorgeben. Eben diese Anfänge des Islamismus zeigen sich bereits in der ersten Hälfte der Geschichte deutlich.
Der Fall um die Geheimmission des Kardinals
Die Geschichte, die Rafik Schami erzählt, ist der eigentliche Krimi. Vor der italienischen Botschaft in Damaskus wird nämlich die Leiche eines Kardinals mit italienischen Wurzeln gefunden. Genau genommen werden seine sterblichen Überreste in einem Fass voller Olivenöl in die Räume der italienischen Botschaft geliefert. Als wenige Zeit nach der Lieferung die Leiche im Fass entdeckt wird, werden natürlich alle Maßnahmen ergriffen, die zur Klärung des Falls beitragen. So kommt Kommissar Barudi ins Spiel und wenig später auch ein italienischer Kommissar namens Mancini.
Die Verdächtigen sind dabei zahlreich, denn Spuren gibt es einige, denn obwohl scheinbar niemand etwas über die geheime Mission des Kardinals wusste, hat er sich doch in Angelegenheiten eingemischt, die ihn gar nicht betrafen somit den Zorn oder zumindest den Unwillen einiger verdienter Bürger auf sich gelenkt.
Welche Art von Mission der Kardinal nun im Geheimen ausführt, bleibt lange verborgen. Dabei birgt diese Aufgabe sogar gewisse Risiken, denn die Spur führt nicht nur zu normalen Bürgern, sondern auch zu Regierende in hohen Positionen, die natürlich ihre ganz eigene Macht besitzen.
Eine Liebesgeschichte an eine Frau und eine Kultur
Da wir im Verlauf der Geschichte auch immer wieder mit der Biografie des ermittelnden Kommissar Barudi konfrontiert werden, erleben wir in Rückblicken auch Teile seines Lebens. Dabei geht es vor allem um jene Teile, die ihn geprägt haben. Da ist zum Beispiel die kurze aber intensive Zeit mit seiner geliebten Frau, die leider viel zu früh von ihm ging und um die er immer noch trauert. Doch ist diese Geschichte nicht die einzige Liebesgeschichte in diesem Kriminalroman.
Vielmehr ist auch eine gesellschaftliche Liebe, die Rafik Schami hier mit einer schönen Sprache in Worte fassen. Es ist eine Liebeserklärung an die Stadt Damaskus, die so durch die unterschiedlichen Kulturen geprägt wurde, dass man an jeder Ecke eine Art kulturellen Schmelztiegel vermuten kann und die somit auch von unterschiedlichen Einflüssen geprägt wurde.
Man merkt dieser Geschichte an, dass der Autor selbst viele Jahre im Handlungsort einer Geschichte gelebt hat und auch wenn er mittlerweile seit vielen Jahren in Deutschland lebt und die deutsche Sprache gekonnt spricht, immer noch eine starke Verbindung in diese Kultur hat.
Der Stil des Autors
Den Erzählstil von Rafik Schami in „Die geheime Mission des Kardinals“ zu beschreiben, ist keinesfalls einfach, denn im Vergleich zu vielen anderen Autoren ist seine Sprache nichtlinear, sondern vielmehr voluminös, leicht verschnörkelt und somit durchaus das, was ich als anspruchsvolle Lektüre bezeichnen würde.
Wer einen Roman aus seiner Feder lesen möchte, der sollte wissen, dass es kaum möglich ist, den Roman mit Krimi-Elementen in einem Rutsch zu lesen oder zu hören die Geschichte selbst umfasst also etwa 19 Stunden. Das ist nicht ohne, obwohl es dem Autor stets gelingt mich als Zuhörer der Geschichte mitzunehmen. Die Länge ist aber auch, in die Geschichte ein wenig anstrengend erscheinen lässt.
Wäre es also leichter, der Geschichte zu folgen, wenn die Sprache des Autors weniger verschnörkelt wäre? Mit Sicherheit, aber dann wäre ein großer Teil des Reizes dieser Geschichte ebenfalls weg, denn die Art und Weise wie Rafik Schami diese Geschichte erzählt, zeigt nur seine Liebe fürs Detail, sondern auch, dass er ein besonders durchdachter Erzähler ist, der scheinbar nichts dem Zufall überlässt.
ollte also jeder Leser einmal zu einem Buch von Rafik Schami greifen oder sich ein Hörbuch anhören? Nun, die Frage lässt sich nicht ohne weiteres beantworten. Wenn man berücksichtigen möchte, dass jeder Leser seine individuellen Präferenzen und jeder Hörer möglicherweise eine neue spannende Geschichte hören möchte. Also muss ich hier einige Einschränkung, denn die Geschichte eignet sich insbesondere für jene Leser und Hörer, die bereits häufiger Anspruch gelesen oder gehört haben.
Gleichzeitig bietet es sich an, davon auszugehen, dass sich der sprachliche Anspruch dieses Hörbuchs an Menschen richtet, die sich für ein multikulturelles Leben stark machen und sich möglicherweise auch schon mal der muslimischen Kultur beschäftigt haben. Schwerpunktmäßig geht es dabei um die Geschichte von Ländern wie Syrien oder Afghanistan. Menschen, die sich mit dieser Entwicklung auskennen und somit sehen, wie sich die Kultur und das Leben in diesen Ländern durch den Islamismus verändert hat.
Dieses Buch ist definitiv nicht für jene Leser, die tatsächlich glauben, dass sie die Vorurteile, die sie über die Menschen aus diesen Ländern in diesem Buch und in dieser Geschichte bestätigt sehen. Vielmehr zwingt uns „Die geheime Mission des Kardinals“ von Rafik Schami, unseren eigenen Horizont zu erweitern und ein wenig über den Tellerrand zu blicken.
Über Rafik Schami
„Rafik Schami wurde 1946 in Damaskus geboren und lebt seit 1971 in Deutschland. 1979 promovierte er im Fach Chemie. Sein umfangreiches Werk wurde in 32 Sprachen übersetzt und mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, so u.a. mit dem Hermann-Hesse-Preis, dem Nelly-Sachs-Preis, dem Preis „Gegen Vergessen – Für Demokratie“ und dem Gustav-Heinemann-Friedenspreis.
Im Hanser Kinder- und Jugendbuch erschien u.a. Das ist kein Papagei (illustriert von Wolf Erlbruch, 1994), Die Sehnsucht der Schwalbe (2000); Wie ich Papa die Angst vor Fremden nahm,(2003, illustriert von Ole Könnecke); Der Kameltreiber von Heidelberg (2006, illustriert von Henrike Wilson); Das Herz der Puppe (2012, illustriert von Kathrin Schärer), Meister Marios Geschichte (2013, illustriert von Anja Maria Eisen); im Erwachsenenprogramm des Verlages Die dunkle Seite der Liebe (Roman, 2004) Das Geheimnis des Kalligraphen (Roman, 2008), Die Frau, die ihren Mann auf dem Flohmarkt verkaufte (2011) und Sophia oder Der Anfang aller Geschichten (2015).
Im Herbst 2019 folgen sein Bilderbuch Elisa oder Die Nacht der Wünsche (illustriert von Gerda Raidt) und der Roman Die geheime Mission des Kardinals.“(Hanser Buchverlage)
Hörbuch – Die Leistung der Sprecher
Gelesen wurde „Die geheime Mission des Kardinals“ von Udo Schenk und Jürgen Tarrach. Beide Sprecher haben mit ihren Stimmen dazu beigetragen, die Erzählung, die phasenweise wirklich eher einem Roman gleicht, unterhaltsam und abwechslungsreich zu gestalten. Dabei lesen beide Hörbuchsprecher die Geschichte so ein, dass ich als Zuhörerin das Gefühl habe, mittendrin im Geschehen zu sein.
Habe ich euch auf Instagram bereits erzählt, dass dieses Hörbuch mit 19 Stunden zwar nicht ganz kurz, dafür aber kurzweilig ist? Meiner Ansicht nach bietet „Die geheime Mission des Kardinals“ von Rafik Schami aber auch eine ganze Menge Inhalte, über die es sich lohnt, länger nachzudenken. Die Art und Weise wie Udo Schenk Jürgen Tarrach diese Geschichte eingelesen habe unterstützt genau diese Komponente sehr, denn obwohl sie diese Geschichte sehr lebendig eingelesen habe, ist es doch mit einer ruhigen und gelassenen Stimme.
Ich habe mich im Rahmen dieser Geschichte stets gut aufgehoben und durch die beiden Sprecher abgeholt. Von beiden hatte ich bislang noch nie ein Hörbuch gehört und doch kannte ich Uwe Schenk aus seiner Rolle als Dr. Kaminski aus „In aller Freundschaft“. Jürgen Tarrach kannte ich bislang weder als Schauspieler noch als Hörbuchsprecher. Bei keinem dieser beiden Sprecher würde ich zögern erneut zu einem Hörbuch zugreifen, das von Ihnen gelesen wird.
Über Udo Schenk
„Udo Schenk ist deutscher Schauspieler, Synchron- und Hörbuchsprecher. Er ist u.a. seit 2007 Dr. Kaminski in der ARD-Serie »In aller Freundschaft«. Seine Stimme leiht er zudem regelmäßig Schauspielern wie Kevin Bacon, Ralph Fiennes oder Gary Oldman.“(Steinbach sprechende Bücher)
Über Jürgen Tarrach
„Jürgen Tarrach ist einer der markantesten Schauspieler der deutschen Film- und Theaterlandschaft. Aufsehen erregte er vor allem durch seine Darstellung des Walter Sedlmayr in Jo Baiers Wambo, für welche er 2002 mit dem Adolf-Grimme-Preis ausgezeichnet wurde.“(Steinbach sprechende Bücher)