„Die kleine Sommerküche am Meer“ von Jenny Colgan erinnerte mich dem Titel nach zunächst an „Die kleine Bäckerei am Strandweg“, welches ja ebenfalls von Jenny Colgan stammt. Dass es aber doch eine eigenständige Geschichte ist, erkennt man jedoch schnell, wenn man in die Geschichte oder die Hörprobe hineinhört.
Gemeinsamkeiten und Unterschiede
Tatsächlich gibt es einige Gemeinsamkeiten zwischen „Die kleine Bäckerei am Strandweg“ und „Die kleine Sommerküche am Meer“ so spielen beide in eher ländlichen Inselregionen, deren Ortschaften von einer starken Gemeinschaft geprägt sind. Eine Gemeinschaft, die immer zusammenhält. Außerdem gibt es einen reichen Bewohner des Ortes, der eigentlich gerne Veränderungen vornehmen möchte, gegen die sich die Gemeinschaft stellt. Damit hören die Gemeinsamkeiten aber auch schon wieder auf, denn im Großen und Ganzen die beiden Geschichten sehr unterschiedlich.
Starke Protagonisten und ein starkes Gegenspiel
Die Protagonistin, die wir gleich am Anfang der Geschichte kennen lernen, ist Flora. Sie ist Anwaltsgehilfin in London, obwohl sie gebürtig von der Insel Mure stammt. In der riesigen Londoner Kanzlei ist sie nur ein kleines Rädchen, eine von vielen und irgendwo auch leicht zu ersetzen, also gibt sich Flora größte Mühe, den Job zu halten. Dann jedoch erhält ihr Chef den Auftrag sich um einen reichen Einwohner auf der Insel Mure zu kümmern. Er ist auf der Suche nach einem einheimischen, der sich für seine Idee stark macht und gleichzeitig den Bau einer Windkraftanlage vor seiner eigenen Haustür zu verhindern.
Dass dieser reiche Einwohner ursprünglich aus den USA stand und ein Milliardär ist, macht die Sache nicht unbedingt leichter, dennoch er hat seine Eigenheiten. Auf den ersten Blick scheint es so, als wollte Colton Rogers mit den echten einheimischen keinerlei Kontakt pflegen, das wirkt deshalb so, als wollte er sich von seinem Geld alles kaufen, da sie tatsächlich aber viel Positives im Sinn hat, merkt man schnell, sobald man ihn einmal kennengelernt hat.Um sein Vorhaben in die Tat umzusetzen, würde am liebsten einen Anwalt oder eben eine Anwaltsgehilfin, die selbst von der Insel stammt, engagieren.
Dass Flora eine solche ist, ist ihrem Chef jedoch zunächst ganz bekannt, schließlich hat er wichtigeres zu tun als sich um seine Kollegen zu kümmern. Als er dann jedoch bemerkt, fordert er Flora auf, sich umgehend auf die Insel zu begeben und zwingt sie somit sich mit ihrer eigenen Familiengeschichte zu beschäftigen, wohnen soll sie wieder auf dem Hof ihres Vaters.
Floras Familie lebt seit Mutter ohne weiblichen Hand im Haus und Flora erkennt bald, dass nichts mehr so ist, wie es früher einmal war. Sie nimmt die Herausforderung an, beginnt wieder zu kochen, nach den Rezepten der Mutter, die der Familie ein so gut geschmeckt haben und langsam blüht die Familie wieder auf, gleichzeitig kommen alte Vorwürfe wieder hoch, die zu lange ungefragt neben und schließlich steht auch noch Floras Chef vor der Tür.
Dieser ist selbst zwar unheimlich sexy, aber eben auch nicht ganz unproblematisch, denn er selbst kennt seine Familie gar nicht, er ist arrogant, einerseits charmant aber introvertiert, andererseits aber auch leicht die Palme zu bringen. Alles in allem kein allzu einfacher Charakter.
Melancholie, gepaart mit Romantik und Humor
Tatsächlich ist die Atmosphäre in diesem neuen Roman von Jenny Colgan ganz anders als in jedem Vorgänger zuvor. Es ist eine Spur melancholischer, etwas ernster aber keinesfalls lahm oder zynisch.
Gleichzeitig immer wieder Szenen, die voller Humor sind und schließlich auch noch ein wenig Romantik und Charme.
Vielleicht für diese Melancholie in Verbindung mit Romantik und Humor aber auch dazu, dass sich manch ein Hörer etwas anders vorgestellt hatte. So ging es mir am Anfang auch, denn ich hatte und der Endlichkeit der Titel etwas ganz Ähnliches wie die kleine Bäckerei am Strandweg erwartet, bis die kleine Sommerküche aber eine Rolle spielte, dauert es seine Zeit, denn Flora muss erst einmal mit den alten Erinnerungen an ihre Mutter und mit den Problemen der Vergangenheit aufräumen, bevor sie überhaupt dazu kommt, besagte Sommerküche aufzubauen, die ihren Klienten den Zutritt zur Gemeinschaft erleichtern soll. Dennoch ist dies eine wunderbare Geschichte, die zum Träumen einlädt, zum Genießen, zum Verlieben oder einfach nur zum Entspannen.
Starke Geschichte mit Tiefgang
Auch wenn ich persönlich durchaus etwas anderes erwartet hatte, konnte mich die Geschichte gänzlich davon überzeugen, dass seine absolut starke Geschichte mit Tiefgang ist, und somit nicht nur anders als ich erwartet hatte, sondern womöglich auch eine ebenso gute Geschichte, wie ich erwartet hatte.
Spannend waren dabei sicherlich auch die Liebeswirrungen der Protagonisten und ihrer Männer, aber ebenso amüsant. Auch wenn die Atmosphäre so ganz anders war ich ja sehr erwartet hatte, konnte mich diese Geschichte restlos überzeugen, sodass ich nun schon auf eine Fortsetzung hoffe, die dann vermutlich in einem ähnlichen Stil Floras Geschichte weitererzählen wird.
Der Klappentext
„Vom quirligen London zur entlegenen Insel Mure? Nein – nur widerwillig kehrt die junge Flora in ihre schottische Heimat zurück. Weder die unberührte Landschaft noch das glitzernde Meer können sie aufmuntern, während sie ihren geschwächten Vater und ihre Brüder versorgt. Doch dann entdeckt sie das alte Kochbuch ihrer verstorbenen Mutter, und als sie ein Rezept nach dem anderen ausprobiert, öffnet sich ihr Herz: für die Sinnlichkeit des Essens, für die Schönheit der Natur und für einen neuen Anfang …“ (Klappentext)
Über Jenny Colgan
„„Jenny Colgan studierte an der Universität von Edinburgh und arbeitete sechs Jahre lang im Gesundheitswesen, ehe sie sich ganz dem Schreiben widmete. Mit dem Marineingenieur Andrew hat sie drei Kinder, und die Familie lebt etwa die Hälfte des Jahres in Frankreich.
Die Romane um »Die kleine Bäckerei am Strandweg« standen wochenlang auf der Spiegel-Bestsellerliste.“(Quelle)
Über Vanida Karun
Wie auch schon in „Die kleine Bäckerei am Strandweg“,„Sommer in der kleinen Bäckerei am Strandweg“ und „Weihnachten in der kleinen Backerei am Strandweg“ von Jenny Colgan hat Vanida Karun für eine lebendige Darstellung gesorgt.
„Vanida Karun, geboren 1979, studierte Schauspiel in Hamburg und Sprechwissenschaften in Münster. Sie ist regelmäßig Teil der Bühne für Menschenrechte und arbeitet als Synchronsprecherin für TV und Kino. Außerdem liest sie erfolgreich Hörbücher ein, u. a. Romane von Bestsellerautoren wie Jenny Colgan, Kristin Cashore, Rowan Coleman oder Samantha Young.“ (Über Vanida Karun – Hörbuch Hamburg)
Fazit
Ein Urlaubsroman, der schnell Fahrt aufnimmt und Tiefe gewinnt, der einerseits gut unterhält und dennoch nicht nur unterhalten will. Es ist eine Geschichte, die nachdenklich macht und somit für jede Leserin und jeden Leser geeignet ist, der von einem Buch mehr erwartet als ein paar Alltagsgeschichten. Ähnlich wie auch schon „Die kleine Bäckerei am Strandweg“ entwickelt dieses Buch nämlich Tiefgang. Nur dieses Mal gepaart mit ein wenig Melancholie.
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