„Der Wald heult“ von Hubert Flattinger und Petra Hartlieb ist der Auftakt der Kinderkrimi-Reihe „Ein Fall für Martha und und Mischa“. Als die Kinder erfahren, dass ihre Eltern mit ihnen aufs Land ziehen möchten und damit raus der österreichischen Hauptstadt Wien, ist ihre Freude nicht sonderlich groß und das, obwohl die Zwillinge jeweils ein Zimmer für sich alleine bekommen.
In Krähfeld neu anfangen kommt für beide nicht in Frage. Schließlich blieben ihre Freunde in Wien. Krähfeld hat doch gar nichts zu bieten denken sie. Und überhaupt gibt es in dem Kaff überhaupt Kinder?
Martha und Mischa zweifeln an der Entscheidung ihrer Eltern, doch an dieser ist nichts mehr zu ändern und so ziehen sie kurze Zeit später in einen Ort, den die Kinder Krächzfeld nennen und in ein Haus, das erstmal hergerichtet werden muss.
Da tröstet das eigene Zimmer nur wenig über die Schwächen hinweg. Während die Mutter ihre eigene Tierarztpraxis herrichtet und eröffnet und der Vater, der ein ziemlicher Chaot zu sein scheint, sich größtenteils als Redakteur im Home-Office einrichtet, kommen auch Martha und Mischa langsam im Ort.
„Der Wald heult“: Nächtliches Wolfsgeheul oder doch etwas anderes?
Bei aller Freude über die eigenen Zimmer und trotz de neuen Freunde, gibt es Etwas, das Martha und Mischa den Schlaf raubt. Jeden Abend, nach dem sie ins Bett gegangen sind, hören sie aus dem angrenzenden Wald ein Heulen. Die Kinder sind alarmiert. Handelt es sich etwa um einen Wolf?
Sie beschließen der Sache auf den Grund zu gehen. Doch ganz alleine trauen sie sich das nicht. Wie gut, dass sie im Freibad Benji, Simon, Nathalie, Boris und Kerstin kennen gelernt haben. Gemeinsam unternehmen sie Ausflüge in den Wald und hoffen so, dem Wolfsgeheul auf die Spur zu kommen.
Gleichzeitig lernen sie einander besser kennen und erfahren so, dass auch Simons Opa als Tierarzt in Krähfeld arbeitet. Laut Simon ist er ein „richtiger Tierarzt. Im Vergleich zu Marthas und Mischas Mutter ist er für Großtiere zuständig.
„Der Wald heult“: Zwillinge und doch verschieden
Die Tatsache, dass die Geschichte aus Sicht der Zwillinge erzählt wird, macht eine Besonderheit dieser Reihe aus, denn es gibt sowohl einen männlichen Protagonisten im Alter der Leserinnen und Leser, als auch eine weibliche Protagonistin. Aus diesem Grund müsste man durchaus sagen, perfekt gelöst, wenn man sowohl lesen wir Jungen als auch Mädchen ansprechen möchte.
Meiner Ansicht nach macht dies aber noch eine weitere Sache deutlich, in der heutigen Zeit gibt es keine Geschichten mehr, die sich nicht gleichermaßen für Mädchen und Jungen eignen. Folgerichtig kann man hier nicht sagen, dass sich dieses Buch nur an Mädchen oder eben Jungen richtet, sondern vielmehr ist davon auszugehen, dass beide gleichermaßen angesprochen werden.
Was das Abenteuer selbst angeht, macht es auch keinen Unterschied, da beide gleichermaßen ihre jeweiligen Stärken und Schwächen mit einbringen können und auch die Freunde ihre jeweiligen Fähigkeiten nutzen. Die Geschlechterzuordnung ist somit nicht für die Geschichte selbst relevant.
Bezogen auf Martha und Mischa müsste man hier also sagen, ich finde beide bringen sich gleichermaßen in die Geschichte ein. Wo Martha gerne und viel mit anderen redet, ist Mischa eher ein stiller Beobachter. Wo Martha lieber schreibt, zeichnet Mischa.
Gleichzeitig haben beide keine Angst davor den Wald zu betreten, da sie mehr oder weniger identisch erzogen sind und ähnliche Erfahrungen mit einbringen. Persönlich finde ich dieses einbeziehen der jeweiligen Interessen durchaus spannend, zeigt sich doch, dass es eben nicht mehr so wichtig ist, ob man dieses Buch aus Jungen- oder Mädchenperspektive erzählt.
Apropos Perspektive, die Perspektive bei diesem Buch ist überaus stark, da sie regelmäßig gewechselt wird. Ein Kapitel wird von Martha erzählt, dann eines von Mischa, sodass sich letztlich die Geschichte aus beiden Perspektiven ergibt. Auf diese Weise hat man einerseits eine lineare Geschichte, da die beiden nicht so unterschiedlich empfinden, wie man meinen könnte, andererseits aber auch unterschiedliche Perspektiven und Rollenwahrnehmungen.
„Der Wald heult“: eine Kinderkrimi-Reihe ohne Klischees
Insbesondere, wenn man die Perspektivwechsel berücksichtigt und das hier beide Kinder identisch erzogen werden, kann man wohl sagen, dass es sich bei dieser Kinderkrimi-Reihe um eine Kinderbuchreihe ohne Klischees handelt. Das finde ich wichtig, da Kinder heutzutage von äußeren Einflüssen geprägt werden. Die Klischeefreiheit ergibt sich aber noch durch eine weitere Ebene, so ist die Mutter der Zwillinge zwei Österreich geboren, hat aber Eltern mit türkischen Wurzeln.
Diese Migrationsebene wird immer nur nebenbei thematisiert, sodass sich aus ihr wiederum kein Klischee ergibt. Trotzdem wird darauf eingegangen, dass es für die Mutter nicht immer ganz leicht ist, mit ihren Wurzeln in der Gesellschaft akzeptiert zu werden. Auch diese Anspielung auf Alltagsrassismus finde ich bemerkenswert, da sie in Kinderbüchern zwar immer mal wieder vorkommt, jedoch selten wirklich angesprochen wird.
Persönlich ist es mir wichtig, dass Kinderbücher Vielfalt darstellen, da Kinder auf diese Weise ihre ganz eigenen Erfahrungen machen und nicht nur die erlernten Vorurteile aufgreifen. Klischeefreiheit in Kinderbüchern ist also ein Qualitätsmerkmal, dass ich jedoch erst in den vergangenen Jahren wirklich herauskristallisiert hat.
„Der Wald heult“: Das Thema Tierschutz
Das Thema Tierschutz ist ebenfalls ein wichtiges und vielseitiges Thema, dass die durch gesamte Reihe „Ein Fall für Martha und Mischa“ ziehen wird. „Der Wald heult“ bildet den Auftakt und spricht sowohl Jungen als auch Mädchen an.
Da viele Kinder gerne Haustier hätten, finde ich das Thema Tierschutz für die Altersklasse ab 9 Jahren nicht nur interessant, sondern auch relevant. Jeder Mensch sollte das Tierwohl achten und versuchen es zu schützen.
Ob es sich dabei um wilde Tiere handelt oder aber um Haustiere, spielt dabei nicht unbedingt die wichtigste Rolle. Vielmehr sollte es darum gehen, dass wir Lebensräume achten, Tiere nicht misshandeln oder quälen. Wer ein Tier als Haustier aufnimmt, trägt Verantwortung und genau das sind Aspekte, die in diesem Kinderkrimi zum Thema Tierschutz eine wesentliche Rolle spielen.
„Der Wald heult“: Der Reiz des Kinderkrimis
Das Kinderkrimis einen gewissen Reiz besitzen und die Kinder zum mitmachen oder nachahmen einladen, weiß ich nicht eher seit „Der Wald heult“. Tatsächlich gab es auch schon zuvor einige starke Kinderkrimis, wie „Die drei ???“, „TKKG“ oder, „Die Strandspürnasen“, „Die Blaubeerdetektive“. Obwohl jede einzelne Reihe gewisse Gemeinsamkeiten zu anderen Reihen aufweist, gibt es doch große Unterschiede.
Jede einzelne Reihe hat ihr übergeordnetes Thema. Bei „Die drei ???“ und bei „TKKG“ steht Gerechtigkeit im Vordergrund, bei den „Blaubeerdetektiven“ geht es ähnlich wie bei Martha und Mischa um den Umweltschutz und um die Verantwortung für unsere Natur. Meiner Meinung nach bieten sich solche Themen durchaus an, dass sich jeder verweise mit ihnen identifizieren kann und direkt ein Reiz zum Mitmachen und miträtseln geboten wird.
Die Natur braucht unsere Hilfe und somit geben Themen wie Umweltschutz oder Tierschutz alle etwas an. Dass Kinderkrimis zeigen, wie es geht, finde ich positiv, die Motivation, die durch das Miträtseln entsteht lässt sich tatsächlich ins echte Leben übertragen.
Auf jeden Fall entsteht durch den Reiz des Kinderkrimis aber noch etwas anderes, nämlich ein Interesse für das Thema. Ein Kinderkrimi bietet also immer auch einen Anreiz, dass ich die junge Leserin oder der jungen Leser mit dem Thema intensiver beschäftigt. Im Fall von Martha und Mischa könnte das Interesse dazu führen, dass sich die Kinder mit Aspekten wie Greenpeace oder dem BUND beschäftigen möchten und selbst aktiv werden.
„Der Wald heult“ : ein Kinderbuch aus Österreich
Obwohl es sich bei „Der Wald heult“ um ein österreichisches Kinderbuch handelt, lässt sich auch von Kindern lesen, die nicht aus Österreich kommen, dass in weiten Teilen Hochdeutsch geschrieben wurde.
Mir persönlich war es wichtig, mit diesem Buch auch einmal zeigen, dass es nicht nur gute deutschsprachige Kinderbücher in Deutschland gibt, sondern auch in anderen deutschsprachigen Ländern. Tatsächlich freute ich mich sehr, als ich erkannte, dass sich die österreichischen Kinderbücher gar nicht so sehr von den deutschen unterschieden.
Lohnt es sich also, den eigenen Kindern auch einmal ein Kinderbuch aus Österreich aus einer Buchhandlung mitzubringen? Nun, meiner Meinung nach spricht nichts dagegen, sofern sich das Kind für das ausgewählte Thema des Buches interessiert. Eine Sache ist übrigens durchaus auffallend. Man könnte nämlich den Eindruck gewinnen, dass sich die Kinderbücher thematisch durchaus ein wenig von den deutschen Trends unterscheiden.
Nicht ganz sicher bin ich mir, ob das nun daran liegt, weil dieses Kinderbuch aus Österreich stammt oder ob sich in den vergangenen Monaten einige Themen einfach verschoben haben. Fakt ist jedoch, dass hier einige andere Schwerpunkte gesetzt wurden.
„Der Wald heult“ : kindgerecht, lebendig, unterhaltend
„Der Wald heult“ ist ein starker Auftakt in eine neue Kinderkrimi-Reihe rund um den Tierschutz. Tatsächlich wäre es nicht notwendig gewesen explizit auf dieses Schwerpunktthema hinzuweisen, da jeder Fall dieser Reihe mit Sicherheit einen eigenen Schwerpunkt bekommt. In diesem Auftakt geht es nun darum, Tiere zu schützen und sie mit dem Respekt zu behandeln, den sie verdienen.
Mir persönlich dieses Kinderbuch so gut, dass ich, nachdem ich „Der Wald heult“ beendet hatte auch gleich „Aufregung im Hühnerstall“ lesen wollte. Tatsächlich hatte ich Glück, denn meine anfängliche Angst, vor dem österreichischen Dialekt, den ich erwartet hatte, hatte dazu geführt, dass ich das Buch zunächst einmal einige Zeit zurücklegte.
Überrascht wurde ich in diesem Punkt dann aber doch, denn der erwartete österreichische Dialekt lag ja hier nur in einigen wenigen Passagen vor und so eigenwillig, wie ich den Schreibstil anfangs vermutet hatte, war er gar nicht.
Vielmehr erschien mir dieser Kinderroman direkt aus dem Alltag von Kindern auf dem Land entnommen und kindgerecht und unterhaltsam erzählt. Alles in allem kann ich also sagen, dass mir die Art und Weise, wie Petra Hartlieb und Hubert Flattinger diesen Kriminalroman für Kinder erzählt haben ausgesprochen gut gefiel. „Aufregung im Hühnerstall“ werde ich also schon zeitnah ebenfalls hier vorstellen.
„Der Wald heult“: Illustrationen regen zum Weiterlesen an und zeigen Stimmungen an
Eine weitere Besonderheit, die „Der Wald heult“ ausmacht, sind die Illustrationen von Ulrike Halvax, die den gesamten Roman illustrieren und begleiten. Besonders auffällig sind jedoch die kleinen Abbildungen, zu Beginn eines jeden Kapitels.
Hier zeigt sich nämlich, in welcher Stimmung Martha und Mischa sich jeweils befinden. Dass die Geschichte abwechselnd aus der Perspektive von Martha und Mischa erzielt wurde, finde ich passend, denn auf diese Weise zeigt sich eine gewisse Geschlechtergerechtigkeit, die man sonst in Kinderbüchern eher selten findet.
Die Tatsache, dass sich dieses Kinderbuch sowohl für Mädchen als auch Jungen eignet, finde ich gelungen, da es eine Erziehung ermöglicht, in dem auch Mädchen Abenteuer erleben können oder Jungen ein wenig emotional sind.
Über die Autoren Petra Hartlieb und Hubert Flattinger
„Petra Hartlieb führt mit »Hartliebs Bücher« eine der berühmtesten Buchhandlungen Österreichs, mit »Meine wundervolle Buchhandlung« gelang Petra Hartlieb nämlich ein Spiegel und Weltbesteller. Seit einigen Jahren hat sie ein kleines Haus am Land, ganz in der Nähe von Hubert Flattinger.
Aus gemeinsamen Spaziergängen und Lagerfeuersitzungen der beiden Familien ist die Idee für »Martha & Mischa« entstanden.“(Leykam Verlag)
„Hubert Flattinger fand nach mehreren Exkursionen u. a. als Pflastersteinmaler, Tierpfleger und Grafiker schließlich als Journalist, Buch- und Theaterautor sein eigentliches Betätigungsfeld. Über viele Jahre war Hubert Flattinger verantwortlicher Redakteur und Illustrator der Kinderseite der Tiroler Tageszeitung. Seit 2004 entstehen seine Geschichten in einem Bauwagen auf dem Land.“ (Leykam Verlag)
Fazit zu „Der Wald heult“
Meiner Ansicht nach ist „Der Wald heult“ ein gelungener Auftakt in eine Reihe, bei der ich mir nicht sicher war, ob sie sich nicht nur für österreichische Kinder anbietet. Die Geschichte selbst hat mich eines Besseren belehrt, da die Kinder zwar zunächst in Wien und später eher ländlich leben, es aber dennoch genug Parallelen gibt, sodass man die Geschichte auch hier in Deutschland hätte ansiedeln können.
Somit kann ich sagen, es ist ein Buch, das sich für jedes Kind im deutschsprachigen Raum gleichermaßen anbietet, sofern es sich für Tierschutz interessiert. Da es in Hochdeutsch geschrieben wurde und nur wenige dialektische Ausdrücke beinhaltet, wird es auf jeden Fall von jedem Kind verstanden.
Die Thematik ist sowieso ein überregionales Thema, da das Thema Tierschutz wie bereits ausgeführt alle angeht. Ich persönlich bin gespannt, wie sich diese Reihe weiter entwickeln wird und freue mich schon sehr darauf, euch in den nächsten Tagen den zweiten Teil dieser Reihe vorzustellen.
Der Wald heult - Ein Fall für Martha und Mischa 1
"Der Wald heult" von Hubert Flattinger und Petra Hartlieb ist der Auftakt der Kinderkrimi-Reihe "Ein Fall für Martha und und Mischa". Als die Kinder erfahren, dass ihre Eltern mit ihnen aufs Land ziehen möchten und damit raus der österreichischen Hauptstadt Wien, ist ihre Freude nicht sonderlich groß und das, obwohl die Zwillinge jeweils ein Zimmer für sich alleine bekommen.
URL: https://www.leykamverlag.at/produkt/der-wald-heult/
Autor: Marie Lanfermann
Autor: Hubert Flattinger; Petra Hartlieb
ISBN: 978-3-7011-8262-6
Veröffentlichungsdatum: 2023-01-23
Format: https://schema.org/Hardcover
4.3
Vorteile
- Vielfältige Darstellung von Geschlechterrollen und Interessen
- Klischeefreie Kinderbuchreihe
- Fokus auf Tierschutz als relevantes und interessantes Thema
- Geschlechtergerechtigkeit durch wechselnde Perspektiven
- Interessante und kindgerechte Erzählweise
- Illustrationen zur Unterstützung der Stimmungen
- Autoren mit vielfältigem Hintergrund und Erfahrung
Nachteile
- Möglicherweise zu spezifisch für Leser außerhalb Österreichs
- Dialektische Ausdrücke könnten Verständnis erschweren (wenn vorhanden)
- Themen könnten nicht alle Leser gleichermaßen ansprechen