Eigentlich hätte ich es wissen müssen, schon bevor ich das Buch begann. Mit Fantasybüchern habe ich schon häufiger Probleme beim Lesen bekommen. Meistens waren es weniger diese Urban-Fantasy-Bücher, als vielmehr Fantasy Eposse, die mir Probleme bereiteten.
Trotzdem interessierte mich „Der Stern von Erui“ aus der Feder von Sylvia Rieß sehr. Tatsächlich begann ich es auch wenig später zu lesen, nur um gleich darauf festzustellen, dass diese unterschiedlichen Welten, in denen das Buch spielt, mir ein wenig zu fantastisch erschienen. Das machte mir persönlich das Lesen nicht unbedingt leichter, dennoch las ich weiter.
Die Charaktere hatten etwas, dass mich durchhalten ließ. Sie waren spannend geschrieben, höchst komplex und doch authentisch und nachvollziehbar. Wäre da nicht die Sache mit diesen anderen Welten gewesen, so hätte ich vermutlich nur wenige Stunden für dieses Buch gebraucht. So jedoch brauchte ich eine gefühlte Ewigkeit, was jedoch nicht am Buch lag, sondern an mir.
Worum es geht
„Eine totgeglaubte, junge Frau taucht vier Jahre nach ihrem Verschwinden plötzlich wieder auf. Es gibt keine Hinweise, wo sie gewesen ist. Selbst die Polizei kann nur vermuten, wer sie so grausam misshandelt hat.
Wie weit diese Vermutungen allerdings von der Wahrheit entfernt sind, wird allen klar, als der Atem der Dunkelheit zum Leben erwacht.
Die Yar’Ukhtairi sind Fenia über die Grenzen gefolgt. Wenn sie sich und ihre Freunde retten will, muss sie ihr Schweigen brechen und die magischen Schleier erneut öffnen.“ (Amazon.de)
Die Welt des Sterns von Erui
Das gesamte Buch erscheint an sich sehr anschaulich und ist in seiner Welt doch ganz anders als unsere. Der Stern von Erui scheint eine Parallelwelt zu sein. Gleichzeitig wird das Gefühl vermittelt, dass sie unserer Welt ähnlich zu sein scheint und doch so ganz anders ist. Diese Parallelwelt, dieser Stern von Erui, scheint ein viel dunklerer, mystischerer Ort zu sein, als unsere eigentliche Erde.
Letztlich spreche ich bei guten Büchern immer davon, dass vor meinem inneren Auge eine Art Film abläuft. Bei Fantasybüchern jedoch habe ich genau mit dieser Beschreibung ein Problem. Denn viele dieser Fantasyepos sind einfach nicht dafür gemacht, sich selbst die komplette Welt vorzustellen. Gleichzeitig jedoch sind sie genau dafür gemacht. Solche Bücher schulen die Fantasie. Und so tauchte ich nach und nach in eine Welt ein, die mir aufgrund der vielen Beschreibungen hätte immer vertrauter werden müssen. Sie wurde es jedoch nicht, stattdessen erschreckte mich die Vorstellung dieser Welt in Teilen.
Aller Anfang ist schwer
Zu Beginn beginnt alles ganz harmonisch und ja, wir lernen die einzelnen Protagonisten kennen. Bis zur besagten Entführung der weiblichen Hauptfigur, Fenja, erscheint das Ganze fast wie ein Krimi, denn bis zur Entführung spielt es ja in unserer Welt. Im Anschluss finden wir uns dann an Fenjas Seite in dieser uns unbekannten Welt wieder. War es zu Beginn aufgrund der Vielzahl der Charaktere ein wenig unübersichtlich, wiederholt sich dies nun noch einmal in einer uns ebenso wenig bekannten Welt. Das alles war für mich als Leser ein wenig verwirrend. Aber es ist der erste Teil eines Fantasyepos.
Die Welt, in der diese Geschichte größtenteils spielt, ist glaubhaft und wird durch die Charaktere nicht nur glaubhaft mitgestaltet, sondern überaus lebendig genutzt.Aus diesem Grund wird man nach und nach etwas wärmer mit dem Buch und seiner Welt. Ja, man könnte sogar sagen, nachdem der Beginn ein wenig hart war und man für sich genommen erst einmal die einzelnen Welten sortieren musste, beziehungsweise genauer gesagt die einzelnen Elemente dieser so vielschichtigen Welt, konnte man sich in dieser Welt recht gut zurechtfinden.
Man merkt schon, ich lese Fantasy nicht allzu oft, zumindest nicht diese High Fantasy Sagen. Aus diesem Grund hätte ich das Buch auch eigentlich ablehnen müssen. Ich weiß, dass mir diese Reisen in ferne Galaxien, fremde Welten etc. zumeist nicht liegen. Somit kann ich nicht sagen, ob die Welt in der dieses Buch spielt, jenen Welten ähnelt, die es sonst so im Fantasybereich gibt oder nicht, aber ich kann sagen, dass diese Welt eine sehr detailliert ausgestaltete Welt ist, die mich als Leser einerseits ängstigt, andererseits aber auch fasziniert.
Liebevoll ausgestaltete Charaktere
Abgerundet wird die Darstellung dieser Welt durch liebevoll ausgestaltete Charaktere, die so vielschichtig sind, dass man sie einerseits nicht vorhersehen kann, sich aber andererseits sehr gut vorstellen kann. Die Autorin war sogar so detailliert, dass man ihre Figuren sogar, wie auf der Homepage der Autorin geschehen, zeichnen könnte. Ihre Handlungen und ihre Beweggründe sind dabei nicht nur authentisch, sondern logisch und nachvollziehbar. Wäre ich zu diesem Zeitpunkt nicht schon durch die Vielzahl der unterschiedlichen Figuren und Elemente der Welt durcheinandergeraten, so hätte mich das Buch sicher in seinen Bann ziehen können, so jedoch war ich mit den einzelnen Elementen der Welt ebenso überfordert wie von den so liebevoll ausgestatteten Figuren.
(K)ein Buch für einen Fantasy-Neuling
Wie ich schon zu Beginn feststellte, lese ich Fantasy-Bücher nicht allzu häufig, da ich von der Vielzahl der Welten oftmals ein wenig überfordert bin. Nicht weil ich bin die Welt nicht vorstellen könnte, sondern weil mich die Vielzahl der Eindrücke einfach ein wenig mitnimmt. Anders jedoch ist es bei Fantasybüchern im Jugendbereich, die zumeist in einer urbanen Fantasielandschaft spielen, die unserer Welt sehr ähnlich ist.
Für High Fantasy jedoch muss man gemacht sein, womöglich ist es sogar empfehlenswert, wenn man bereits andere Fantasy Bücher gelesen hat. Dennoch ist es keinesfalls so, dass dieses ein Muss ist. Denn wer dieses Buch zu einer Zeit liest, in der er oder sie als Leser genug Zeit und Muße hat, sich in eine komplett neue Welt hinein zu denken, der kann ein tolles Leseerlebnis haben. Für mich war es definitiv das falsche Buch zur falschen Zeit.
Für einen Fantasy Neuling, der sich bislang nur mit Urban Fantasy beschäftigt hat, ist dieses Buch sicherlich eine große Herausforderung.
Über die Autorin
„Sylvia Rieß wurde 1985 in einer Kleinstadt im Lahntal geboren und wuchs im ländlich geprägten Mittelhessen auf. Mit dem Schreiben von Geschichten hat sie schon früh begonnen, für sich selbst allerdings beschlossen, davon nicht ihren Lebensunterhalt abhängig zu machen. Als vielseitig interessiertes Kind war es auch immer ihr Traum Tierärztin zu werden und eben nebenher zu schreiben, damit das, was einmal veröffentlicht werden würde, ganz ohne Druck entstehen konnte. Diesen Traum hat sie sich bewahrt und begann nach dem Abitur und einem Sabbatjahr in Neuseeland das Studium der Veterinärmedizin in München, welches sie in Gießen im Jahr 2012 abschloss. Der Zufall verschlug sie dann wieder zurück in die Heimat, wo sie heute mit ihrem Mann, ihren Katzen und ihren Pferden lebt. Sie arbeitet in einer Gemischtpraxis auf dem Land und, wie könnte es anders sein, schreibt in ihrer Freizeit immer noch. Mit der Veröffentlichung ihres Erstlings, der gleichzeitig der Einstieg in eine epische Fantasy-Reihe ist, erfüllte sie sich schließlich den Traum Tierarzt und Schriftstellerin zu sein. Auch wenn das Schreiben damit zu mehr als einem Hobby geworden ist, und sie beides manchmal ziemlich fordert, könnte sie es sich nicht anders vorstellen. Im September ist der zweite Band der Reihe bereits als Ebook erschienen, dem konsequenterweiser nur der Print des ersten Teils folgen konnte.“ (Amazon.de)
Fazit
Wer nun erwartet, dass ich ein schlechtes Fazit ziehe, zu einem Buch, über das ich immer noch nachdenke, der irrt. Meiner Meinung nach ist dieses Buch eine anspruchsvolle Lektüre, die zum Träumen einlädt. Sie muss jedoch auch in der passenden Stimmung gelesen werden. Wer keine Zeit oder Geduld in dieses Buch investieren möchte, sollte womöglich auf eine bessere Zeit für dieses Buch warten. Denn dieses Buch ist ein Buch, das einen gefangen nimmt. Allerdings lässt es einen phasenweise, insbesondere am Anfang, ein wenig ratlos erscheinen. Gleichzeitig ist es so spannend, dass man es unbedingt weiter lesen möchte. Kurz um: dieses Buch ist nichts für stressige Zeiten. Es ist aber etwas für Freunde der hohen Fantasy-Literatur.
Sylvia Rieß
Liebe Marie,
ich bin wirklich positiv überrascht, wie intensiv du dich mit dem Buch auseinandergesetzt hast. Das erlebe ich so im Detail wirklich selten. Meist geht es nur um Handlungen und Personen und den Klappentext.
Dein Fazit zu dem ganzen könnte von mir stammen, denn tatsächlich ist das buch mit diesem Anspruch geschrieben worden. Es ist keine 'leichte Kost' und es soll nachdenklich machen, es darf gerne nachhallen und dass der Stern das bei dir geschafft hat, finde ich toll.
Das Gefühl mit dem richtigen/falschen Buch zur falschen Zeit kenne ich übrigens auch. Wer grade was locker leichtes und durchgehend Positives braucht, der ist mit dem Stern schlecht beraten. aber wer, wie du schreibst eine neue Welt zum Abtauschen sucht, der ist herzlich eingeladen auf die Reise.
Du sprichst übrigens einen Gedanken an, den ich neulich erst auf einer anderen Seite ausführliche behandelt gefunden habe. Für die meisten sind die Welten im Stern von Erui unsere reale Welt(plus eben die Magie) und dann das Reich hinter den Schleiern, Erui.
Dabei stimmt es, dass solche Bücher niemals wirklich in unserer Welt spielen, sondern in einer abgewandelten Form davon, die zu verstehen und zu begreifen man auch erst mal in der Stimmung sein muss.
Auf jeden Fall danke ich dir herzlich für dein Urteil. Vielleicht hast du ja irgendwann einmal Lust auf die Fortsetzungen.
Liebe Grüße,
Sylvia
Marie
Liebe Sylvia,
vielen Dank für Deinen Kommentar. Ich versuche immer die Rezensionen, so auf das Buch und meinen Eindruck vom Buch abzustimmen, dass sich auch ein anderer Leser meiner Rezension in meine Leseeindrücke hineinfühlen kann. Bei deinem Buch war ich mir ob der Vielzahl der Eindrücke unsicher, ob mir das so gelänge.
Ich freue mich, dass du als Autorin mit meiner Arbeit als Rezensent zufrieden bist.
Wahrscheinlich werde ich mir dein Buch noch einmal vornehmen, wenn es nicht so stressig ist. Dann würde ich sehr gerne auch die Fortsetzungen lesen.
Liebe Grüße,
Marie