„Blue Note Girl“ von Bernd Richard Knospe erzählt eine fiktive Geschichte rund um das Verschwinden der Jazzsängerin Janina Nossak, die in ihrer Geradlinigkeit auf den ersten Blick einfach erscheint und dennoch voller Spannung ist.
Das eigentliche verschwinden und damit die Vorgeschichte, die diese Geschichte birgt, liegt bereits 15 Jahre zurück. Journalist Eric Teubner, unser Hauptprotagonist entdeckt in seinen Recherchen das Foto der jungen Künstlerin bei ihrem ersten und gleichzeitig letzten öffentlichen Auftritt.
Viele Fragen ungeklärt – ein spannender Krimi
Das Foto macht ihn neugierig und der gleichermaßen Erinnerungen an den Fall. Er nimmt Kontakt zu den damaligen Ermittlern auf und zu Leuten die darüber hinaus noch in die Ermittlung involviert wurden. Denn aufgrund seiner Neugier fallen ihm offene Fragen ein, die damals wie heute ungeklärt sind, auch Widersprüche, und ja, er findet sogar einen entscheidenden Hinweis auf das Verschwinden der jungen Künstlerin.
Bernd Richard Knospe weiß, wie man einen spannenden Roman schreibt. Konkret hat er sich hierbei in einer fast linearen Erzählung versucht, die doch aufgrund ihrer unterschiedlichen Perspektiven ein wenig ungewöhnlich wirkt. Denn der eigentlich geradlinige Stil erhält mit dem unterschiedlichen Perspektiven und Sichtweisen aller Beteiligten immer wieder neuen Schwung und ist alles in einem völlig neuen Licht erscheint. Natürlich erfährt man als Leser auf diese Weise immer neue Aspekte des Falls. Dennoch bleibt er bis zur letzten Minute spannend, denn was damals wirklich geschehen ist, bleibt lange verborgen.
Die Protagonisten
Gerade hier konnte Bernd Richard Knospe von Beginn an Punkten, denn bei den Protagonisten handelt es sich um vielfältige und vor allem sehr unterschiedliche Handelnde, die in ihrem Motivationen und in ihrer Handlungsweise klar voneinander abzugrenzen sind.
Aber hier entsteht auch ein Problem der Geschichte, denn die Protagonisten sind nach meinem Geschmack zu Anfang ein wenig zu sehr an den Norm orientiert. Ja, der Journalist als solcher ist neugierig und folgt eigentlich jeder Spur. Dennoch fehlte mir hier in der Entwicklung dieses Charakters ein ausgleichende Gegenpol, denn natürlich erhält er ordentlich Konfliktpotenzial durch seine Gegenspieler, ist jedoch gleichermaßen idealtypisch.
Auch die Figur des ehemaligen Ermittlers, dem Leiter der damaligen SOKO, fehlt das gewisse etwas, auch wenn er aufgrund seiner Vielschichtigkeit natürlich überaus interessant ist. Aber auch er erschien mir zu Beginn als ein klassisches Idealbild.
Überraschen konnten mich die Protagonisten also nicht, allerdings geht es glaube ich auch keinesfalls darum, den Leser durch die Protagonisten zu überraschen. Das tun sie nämlich über ihre Handlung und nicht über die Charaktere als solche. Dennoch oder gerade deshalb sollte man sich auf die Handlung konzentrieren. Aber bevor ich mich nun der Handlung widme, möchte ich
auch einen kurzen Blick auf das Opfer werden. Janina Nossak wirkt auf den ersten Blick wie die Musik begeisterte Jazzpianistin und Sängerin, die zwar noch ein wenig schüchtern und nervös ist, aber eigentlich genau das, ein Talent, dem eine große Karriere bevorstand.
Aus diesem Grund ist auch die Musik, die in diesem Kriminalroman eine nicht ganz unwesentliche Rolle spielt. Ja, es geht um Musik und um die unterschiedlichen Eindrücke und Emotionen, die sie vermittelt und ja, genau genommen spielt die Musik auch in den Rückblicken und Ermittlungen eine nicht ganz so keine Rolle. Sie ist letztendlich so etwas wie das Salz in der Suppe, der rote Faden durch den Roman.
Doch selbst wenn es die Musik nicht gäbe, müsste man den roten Faden nicht allzu lange suchen, denn auch die Ermittlungen des Falt selbst könnte man als solchen verstehen und anwenden.
Von Verstrickungen, Verwicklungen und Drohungen
Tatsächlich lohnt es sich bei diesem Roman den Blick über den Tellerrand hinaus zu wagen sich der Frage zu widmen, wie viele Spuren es eigentlich noch 15 Jahre nach einem Verschwinden gibt. Natürlich, es gibt keine echten verwertbaren Spuren mehr, außer jenen, die bereits damals gesammelt wurden und die heute im Archiv lagern.
Aber auch die Augenzeugen von damals können heute noch hilfreich sein. Möglicherweise betrachten sie heute einzelne Aspekte anders als noch vor 15 Jahren. Genau das macht auch den Reiz dieses Krimis aus. Augenzeugen, die sich an Ereignisse erinnern, die 15 Jahre zurückliegen, dass es sicherlich speziell so das man sich als Leser fragen muss, was sich auch Eric selbst fragt, welche Motive haben die einzelnen und welche Motive verhindern möglicherweise die Aufklärung. Dass er mit seinen Rückfragen allerdings auch schlafende Hunde geweckt, mit dem erst bewusst, als er die ersten Drohungen erhält.
Ein stetiger Spannungsbogen
Die Geschichte beginnt dabei relativ langsam, die Spannung ist fast unmerklich und doch steigert sie sich nach einem langsamen Einstieg stetig und zügig und schon bald steckt man im eine Erzählung, die man so nicht erwartet hatte. Das ist auch der Moment, wo man die Figuren selbst lebendiger wahrnimmt. Es ist der Moment, wo die scheinbaren Idealtypen von dem erwarteten abweichen, aus genau dem Grund sage ich auch, dass die Protagonisten obwohl scheinbar idealtypisch eine Stärke des Autors, denn in dem Moment, wo eine bestimmte Stelle im Buch überschritten wurde, fangen die Figuren und die Wahrnehmung des Lesers an sich zu verändern. Gibt es hier wirklich jemanden, der Janina Nossak auf dem Gewissen hat? Ja, an dieser Stelle müsste ich schon viel verraten, und euch damit die Spannung nehmen, jene Spannung die einen guten Krimi ausmacht. Das möchte ich nicht, also erzähle ich euch nicht viel mehr als das.
Stilistik
Auch wenn es sich bei dem Krimi um ein dem des Autors Bernd Richard Knospe handelt, so möchte ich doch darauf hinweisen, dass er jahrelang in der Medienbranche tätig war. Leider ist dies in seiner Autorenbiografie nicht mehr ausgeführt, was mich allerdings davon ausgehen lässt, dass er möglicherweise auch schon vor seiner Zeit als Autor viel geschrieben hat.
Bin mir durchaus darüber im klaren, dass sie das Schreiben fiktiver Geschichten vom Schreiben von Geschäftsbriefen oder Sachtexten (welcher Art auch immer) unterscheidet, allerdings glaube ich, dass man auf diese Weise eine gewisse Routine erlangt und sich das auch beim Schreiben in anderen Bereichen zeigt. Dennoch möchte ich kurz sagen, dass ich bei diesem Krimi keinen Unterschied feststellen konnte zwischen einem neuen und möglicherweise unerfahrenen Autor und einem alten Hasen feststellen konnte. Mir persönlich hat der Schreibstil des Autors und die Art wie die Geschichte erzählt wurde gut gefallen. Ich würde sogar soweit gehen und sagen, dass ich mich auf die Fortsetzung, die es vermutlich geben wird, freue, denn ich bin mir sicher, dass dies nicht der letzte Fall von Eric Teubner war.
Fazit
Hat es sich gelohnt, dieses Buch zu lesen? Ja, denn aufgrund seiner ungewöhnlichen Mischung aus Musik, Krimi und Charakterenentwicklung scheint dieser diesen Krimi etwas ganz Besonderes sein. Etwas, bei dem ich sagen kann, freue mich auf eine Fortsetzung, sollte es sie geben.