„Bevor es Weihnachten wird“ von Kerstin Hohlfeld ist die Fortsetzung von „Bevor die Stadt erwacht“. Allerdings ist die Geschichte wie auch ihr Vorgänger in sich abgeschlossen. Dieses Mal geht es allerdings nicht um Ephraim Sasse, sondern um Sophia Sommer. Die PR-Frau liebt ihren Beruf und lebt für diesen, hat jedoch zu ihrer Familie, die ihr früher sehr wichtig war, den Zugang verloren. Stress mit den Kollegen mindert ihre Vorfreude zusätzlich. Als Sophia ihren Frust schließlich auf ihre Nichte überträgt, ist das Chaos perfekt. Genau das ist der Moment, in dem Sophia erkennt, dass sie etwas ändern muss, wenn sie nicht alles verlieren möchte.
Ein Hoch auf das Ehrenamt
Stand in „Bevor die Stadt erwacht“ noch das Thema Dienstleister im Mittelpunkt, ist es nun das Ehrenamt und auch dieser ganz besonderen Zielgruppe widmet sich Kerstin Hohlfeld hingebungsvoll. Ja, tatsächlich gewinnt man relativ schnell den Eindruck, dass die Autorin genau weiß wovon sie hier spricht. Schon im ersten Buch wurde dieses Thema am Rande thematisiert und dieses Mal lernen wir die Nebenfiguren aus dem ersten Teil als Nebenfiguren im zweiten Teil näher kennen.
Das alles hat mir persönlich wiederum sehr gut gefallen, denn obwohl es vom Konzept her ähnlich ist, ist die Geschichte eine ganz andere. Denn in diesem Buch geht es um eine Form von Hochmut, die man selber wieder bei sich noch im Freundes und Bekanntenkreis erleben möchte. Gleichzeitig zogen einen die liebevoll ausgestalteten Charaktere so weit mit, dass man schon bald in die Geschichte hineingezogen wurde. Dieses Buch ist ein Weihnachtsbuch, das gleichermaßen typisch wie untypisch ist. Denn einerseits steht das Weihnachtsfest im Mittelpunkt und auch das, was damit verbunden ist. Andererseits ist es eine Geschichte, die man sich auch darüber hinaus zu Herzen nehmen könnte.
Klare Sprache
Dass Kerstin Hohlfeld dabei klare Strukturen schafft und ebenso eine klare Sprache benutzt, ist sicherlich von Vorteil, denn sie erreicht damit nur jene Leser die eine anspruchsvolle Lektüre bevorzugen. Vielmehr erreicht sie auch all jene, die sich ansonsten in einem Wohlfühlroman heimisch fühlen würden. Ich glaube, dass es insbesondere die klare Sprache ist dieses Buch so anschaulich macht.
Sie kreiert Dialoge, Szenen und Beziehungen, die zwar gewisse Konfliktpotenzial bieten, aber dennoch immer herzlich bleiben. Dennoch ist der Konflikt so deutlich, dass sich ein jeder Leser mit diesem identifiziert und sich in die Charaktere hineinversetzen kann. Ob es nun Sophia ist, ihre Schwester Laura, ihre Eltern oder die Freunde, die ihr und ihrer Familie stets zur Hand gehen. Sie alle bieten das Potenzial sich in sie hinein zu versetzen.
Ohne eine klare Sprache wäre dieses Potenzial möglicherweise verloren gegangen, so jedoch unterstützt dieses lineare Erzählen die alltagsnahe Handlung und die Entwicklung der Geschichte.Auch der Spannungsbogen, der im Rahmen dieser Geschichte aufgebaut wird, ist zunächst einmal linear. Das Konfliktpotenzial steigt langsam, bis es schließlich eskaliert. Müsste man diese Geschichte im Theater spielen, so wäre es ein Stück in drei Akten. Im ersten Akt ist alles noch gut, im zweiten geht die Welt unter und im dritten rappelt sich der Protagonist wieder auf. All das gibt es auch in diesem Roman, wobei insbesondere die Gedankenwelt der Sophia sehr gut nachzuvollziehen war. Natürlich hatte sie Ängste, war verwirrt und wusste nicht mehr wohin, aber das alles war derart gut erzählt, dass man mich als Leser auch hierbei nicht verlor.
Über Kerstin Hohlfeld
„Kerstin Hohlfeld, geboren 1965 in Magdeburg, studierte von 1985 bis 1991 Theologie in Naumburg und Berlin. Danach gründete sie eine Familie und verlegte sich aufs Schreiben. Sie hat bereits mehrere Romane veröffentlicht.“
Fazit
Dieses Buches ist mit 247 Seiten recht übersichtlich und eigentlich auch nach einem stressigen Arbeitstag sehr schnell gelesen. Dennoch entführt es einen für kurze Zeit in die Welt der Weihnachtsfreunden und der Nächstenliebe, die eben nicht nur zur Weihnachtszeit besonders relevant ist. Die Geschichte selbst ist dabei dicht am Alltag und trotzdem weit genug entfernt als das es einen aus unserem stressigen Alltag herausnimmt und für einen kurzen Moment zum Nachdenken und zum Besinnen auffordert. Gleichzeitig hat dieses Buch die gewisse Leichtigkeit, dich mal zu oft in Verbindung mit Tiefgang vermisse. Dieses Buch ist ausgewogen und absolut zu empfehlen.