Ein Krimi der anderen Art das ist „Ein dunkler Sommer“ von Thomas Nommensen. Bei vielen Krimis habe ich es bereits erlebt, spätestens ab der Hälfte weiß man ,wie der Krimi ausgehen muss. Tatsächlich liegt man bei diesen Krimis dann zu 70 % richtig. Viele sind inzwischen gerade für Krimiliebhaber irgendwie vorhersehbar. „Ein dunkler Sommer“ ist anders.
Was unterscheidet „Ein dunkler Sommer“ von anderen?
Denn hier ahnt man zwar immer mal wieder ein bisschen was, doch jegliche Ahnung erweist sich als falsch. Dennoch ist das Ende hinterher logisch und absolut schlüssig.
Was ich damit sagen möchte, lässt sich an dieser Stelle gar nicht ganz so leicht in Worte fassen. Das Buch selbst habe ich gestern bereits beendet. In der Lage, eine Rezension zu formulieren, war ich dadurch jedoch noch lange nicht.
Das Problem war Folgendes: Bei diesem Krimi könnte ich euch richtig viel erzählen, ohne euch den Spaß am Buch zu nehmen. Allerdings wird es euch wenig nützen, denn in seinem Debütkrimi legt Thomas Nommensen bereits so viele Erzählstränge an, als würde er eine ganze Reihe zu einem Fall schreiben. Tatsächlich hat das Buch jedoch „nur“ 416 Seiten.
Viele Erzählstränge – dichte Atmosphäre
Die Erzählstränge selbst haben auf den ersten Blick erst einmal keinerlei Zusammenhang. Sogar der Prolog erscheint zunächst unabhängig von der ersten Szene. Nach und nach webt Nommensen aus den einzelnen Erzählfäden allerdings ein ganzes Stück Stoff. Fast wirkt es so, als sei alles von vornherein so geplant, als hätte er ein fertiges Bild genommen und daraus ein Mosaik gemacht.
Das alles lässt das Buch unheimlich spannend erscheinen, gleichzeitig erscheint es in manchen Teilen ein wenig verwirrend. Zunächst liest der Leser ja jeden Erzählstrang für sich, bekommt die Geschichte von jedem Protagonisten erzählt. Nichts wiederholt sich, nichts ist identisch und doch hat alles irgendwas mit dem Fall zu tun.
Wer sich den Klappentext einmal vorgenommen und durchgelesen hat, der kennt bereits einen kleinen Teil der Geschichte.
Zum Inhalt
„Ein kleines Mädchen. Entführt. Tot. Ein Familienvater. Verdächtigt. Verurteilt.“ Bereits diese wenigen Sätze auf der Rückseite des Buches verraten, was einen in diesem Buch erwartet. Denn das Konfliktpotenzial ist mit dieser kurzen Beschreibung schon erfüllt. Was also wenn noch eines dazukommt, wenn der verurteilte Mörder den Mord nicht begangen hat, und nach Verbüßung der Haftstrafe wieder auf freiem Fuß ist?
Was wenn der frühere Ermittler inzwischen selbst in Ruhestand geschickt wurde, weil er nach der Ermittlung im Mordfall nicht mehr so belastbar war?
Bereits aus diesen wenigen Worten, wenigen Sätzen, ergeben sich Konfliktpotenziale, die allesamt im Buch umgesetzt werden. Hinzu kommt auch noch, dass die Eltern des getöteten Mädchens nie über den Tod Ihrer Tochter hinwegkamen.
Mir persönlich fiel es nicht leicht, dieses Buch zu lesen, da es aufgrund seiner vielfältigen Erzählstränge sehr undurchsichtig wirkt.
Hinzu kommt, dass der Autor Thomas Nommensen in vielerlei Hinsicht vor allen Dingen psychologisch in seinen Fall eingestiegen ist. Der Fall um das entführte und später tote Mädchen ist pure Fiktion, dabei jedoch so real, als hätte er es in einer Zeitung gelesen.
Stilistisch erinnert bei diesem Buch nichts an ein Debüt. Die einzelnen Sätze, Absätze und Seiten wirken stimmig und absolut nachvollziehbar.
Fazit
Wenn ihr euch jetzt fragt, lohnt es sich dieses Buch zu lesen? So kann ich euch diese Frage eindeutig beantworten. Das Buch ist kein Buch, welches man zwischendurch mal eben zwischen zwei anderen lesen kann oder sollte. Es ist ein Buch, das seinen eigenen Nachhall verursacht. Es ist schlüssig erzählt, braucht aber einige Stunden, bis es seine Wirkung entfaltet hat. Ich habe bereits viele Krimis gelesen, doch keiner dieser Krimis ging mir, obwohl er nahezu frei von Gewalt ist, so an die Nieren wie „Ein dunkler Sommer“.