„Rosaleens Fest“ von Anne Enright erzählt die tragische Geschichte der Familie Madigan, deren Teil auch besagte Rosaleen ist. Sie ist Mutter von vier Kindern und Ehefrau. Ihre vier Kinder Hanna, Constance, Dan und Emmet sind lange aus dem Gröbsten raus. Hanna ist zu Beginn des Buches im Jahre 1980 bereits zwölf Jahre alt und eigentlich nicht das, was man sich an einem normalen Teenagern vorstellt. Sie ist weder renitent noch chaotisch, wirkt erwachsen, hat aber durchaus noch kindliche Züge an sich. Kein Wunder, sie ist zwölf, aber das scheint in der Familie keinen wirklich zu interessieren.
Ihre Mutter Rosaleen kümmert sich am aller wenigsten um ihre Kinder und somit auch um Hanna, die eigentlich nichts lieber hätte als die Liebe ihrer Mutter. Somit erzählt Anne Enright auf 384 Seiten das, was sie am besten kann, eine kritische keinesfalls unrealistische Familiengeschichte, die auch Kritik an der Gesellschaft unserer Zeit nimmt.
Eine Familie zwischen Schein und Sein
Zu der Beginn der Geschichte weiß man eigentlich nicht so genau, was einen erwartet, denn der Titel „Rosaleens Fest“ lässt eigentlich eher an ein positives Buch glauben, tatsächlich jedoch ist und bleibt Rosaleen auch im Verlauf des Buches, sich bis ins Jahr 2005 zieht unnahbar und emotional kalt. Sie scheint selbst keine Emotionen zu haben außer ein tiefes Gefühl des Abgeschottetseins.
Zunächst wirkt es so, als ob es für die gesamte Familie immer weiter bergab geht. Es beginnt mit Ostern 1980, bei dem Dan verkündet er wolle Pastor werden. Natürlich wolle er sein Studium noch beenden, dann jedoch die Pastorenweihe entgegennehmen, zu seinem Studium kämen so noch einmal sieben Jahre.
Für die Mutter ist dies ein Schock, den sie jedoch emotionslos hinnimmt, sieht man einmal davon ab, dass sie die nächsten Wochen und Monate nicht mehr in der Lage sein wird ihr Zimmer zu verlassen. Aber das ist nichts Neues in dieser Familie, es hat immer Phasen gegeben, wo die Mutter sich über längere Zeiträume in ihr Schlafzimmer zurückzog und sich abschottete.
Rosaleen lebt in diesen Zeiten in ihrer eigenen kleinen Welt. Das einzige was sie erwartet ist, dass alle anderen ihre Wünsche und Bedürfnisse erfüllen, sie selbst geht aber gar nicht auf die Bedürfnisse ihrer Umwelt ein.
Ihre Kinder, und allen voran Hanna, schickt sie zwar immer wieder in die Apotheke um irgendwelche Schmerzmittel zu organisieren, aber sie selbst ist augenscheinlich nicht in der Lage die Erwartungen anderer zu erfüllen. Sie erwartet das die Menschen in ihrer direkten Umgebung praktisch alles für sie tun, erfüllt aber selbst weder das Bedürfnis von Nähe und Geborgenheit…
Tatsächlich hat man als Leser anfangs den Eindruck, dass nach außen hin alles perfekt ist, sie sind die perfekte Familie, leben den perfekten Schein und doch stimmt etwas nicht und das ist gar nicht so tief verborgen wie man zunächst glauben mag.
Im Verlaufe des Buches erleben wir unterschiedliche Zeiten aus unterschiedlichen Sichten. Wie bereits festgestellt beginnt alles im Jahre 1980 zu Ostern und doch kann man eigentlich gar keinen Anfang festmachen, als Leser steigen wir eigentlich in die schon feststehende Geschichte ein.
Es sind Rückblicke und Rückblenden, auf Ereignisse welche die Protagonisten erlebt haben. Die Perspektiven werden immer in der dritten Person erzählt, sodass man eigentlich nicht direkt sagen kann es ist aus der Sicht von Hanna, Dan, Constance oder Emmet erzählt, vielmehr spricht das Buch über sie, stellt vermutlich nur die traumatischen Erfahrungen dar, welche die Kinder in ihrer Kindheit aushalten müssen.
Auf den ersten Blick sind es dabei ganz normale alltägliche Geschichten, Eindrücke und Erfahrungen, die jedoch so lieblos erlebt wurden, dass sie im Nachgang einen bitteren Nachgeschmack haben. Die Erfahrung der nicht entgegengebrachten Liebe seitens der Mutter prägt die Kinder auch noch als sie schon längst aus dem Haus sind.
So könnte man im Verlaufe des Buches den Eindruck gewinnen, sie alle flüchten vor dem Einfluss und der Einwirkungen der Mutter. Erst als Rosaleen schon Mitte 70 ist, und das Elternhaus der Kinder verkauft werden soll, treffen die Kinder wieder auf ihre Mutter. Es ist „Rosaleens Fest“. Offen bleibt an dieser Stelle die Frage, ob es ein Fest der Freude ist oder eine Tragödie wird.
Anne Enrights nüchterne Sachlichkeit zeigt die emotionslose Seite einer Familie
Der Autorin gelingt es auf eindrucksvolle Art und Weise Szenen einer Familie darzustellen, die sich selbst immer weiter an den Abgrund schiebt. Ihre Erzählweise ist dabei so nüchtern und sachlich, dass man selbst nicht unbedingt das Gefühl hat daneben zu stehen und es mitzuerleben. Gleichzeitig ist es sehr eindringlich die Gefühle der Familie mitzuerleben.
Ich muss zugeben, dass es mir schwer fiel einen Zugang zu diesem Buch zu bekommen, da ich mit dieser nüchternen Sachlichkeit, die so emotionslos erschien zunächst meine Probleme hatte. Gleichzeitig möchte ich sagen, dass ich das Buch sehr gerne gelesen habe, weil es authentisch realistisch und ja erschreckend war. Augenscheinlich ist es ein typisches Buch für die Autoren, die sich offenbar in ihren Romanen gerne Beziehungsgeflechten annimmt, die eigentlich recht dicht und verbindlich gewebt wurden und die sich nicht leicht zerstören lassen. In jedem ihrer Bücher geht es in gewisser Weise um die Familie. Hinzu kommen dann so nannte Störfaktoren, die Einfluss auf jeden einzelnen Protagonisten nehmen.
Fazit zu „Rosaleens Fest“ von Anne Enright
Kurzum, wer sich kritisch mit dem gesellschaftlichen Konstrukt der Familie und seiner Bedeutung in der heutigen Zeit beschäftigen möchte, ist mit den Büchern von Anne Enright gut aufgestellt, wer aber eine schöne Weihnachtsgeschichte vermutet, dem sei gesagt, dass es hierbei nicht um Weihnachten geht.
Rosaleens Fest
"Rosaleens Fest“ von Anne Enright erzählt die tragische Geschichte der Familie Madigan, deren Teil auch besagte Rosaleen ist. Sie ist Mutter von vier Kindern und Ehefrau. Ihre vier Kinder Hanna, Constance, Dan und Emmet sind lange aus dem Gröbsten raus. Hanna ist zu Beginn des Buches im Jahre 1980 bereits zwölf Jahre alt und eigentlich nicht das, was man sich an einem normalen Teenagern vorstellt. Sie ist weder renitent noch chaotisch, wirkt erwachsen, hat aber durchaus noch kindliche Züge an sich. Kein Wunder, sie ist zwölf, aber das scheint in der Familie keinen wirklich zu interessieren.
URL: https://www.penguinrandomhouse.de/Taschenbuch/Rosaleens-Fest/Anne-Enright/Penguin/e498928.rhd
Autor: Anne Enright
Autor: Anne Enright
ISBN: 978-3-328-10023-2
Veröffentlichungsdatum: 2016-08-22
Format: https://schema.org/Paperback
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