„Schiefer die Socken nie hingen“ von Ulrike Herwig ist ein turbulenter Familienroman über die Herausforderung ein Weihnachtsfest über zwei Kontinente und drei Länder zu organisieren. Familie Bachmann steht in diesem Jahr vor der Herausforderung, dass ihre drei erwachsenen Töchter zu Weihnachten leider nicht ins elterliche Nest zurückkehren, sondern in ihren eigenen Kreisen Weihnachten verbringen wollen. Emily plant ein Anti-Weihnachtsfest in ihrer WG in Berlin, doch diese hat plötzlich andere Einladungen; Anne plant ihr Weihnachtsfest mit ihrem Freund, einem Hedgefondsmanager, in London wird, aber pünktlich zu Weihnachten von ihm verlassen; und Charlotte feiert mit ihrer US-amerikanischen Verwandtschaft in Seattle.
Den Enkelsohn, der gerade wenige Wochen alt ist, hat Familie Bachmann in Deutschland noch nicht zu Gesicht bekommen. Alles, was sie haben sind Fotos und Video-Nachrichten via WhatsApp.
Kurzerhand beschließt das Ehepaar Bachmann,bestehend aus Julia und Frank, gemeinsam mit Oma Elisabeth eine Reise zu ihren drei erwachsenen Töchtern zu unternehmen und steht schon wieder vor einer Vielzahl von Herausforderungen.
Weihnachtliche Familienszenen
Das Weihnachtsfest, welches die Autorin Ulrike Herwig hier beschreibt, ist natürlich fiktiv und orientiert sich auch an den chaotischsten Zuständen, die man sich vorstellen kann. Erscheint am ersten Advent noch alles perfekt, bricht zum zweiten Advent das totale Chaos aus, als Julia Bachmann feststellen muss, dass alle drei Kinder die Tradition brechen und anders geplant haben.
Kaum hat sie sich jedoch damit abgefunden, das Weihnachtsfest allein mit ihrer Schwiegermutter Elisabeth und ihrem Mann Frank bei der traditionellen Weihnachtsgans verbringen, ändert sich die Erwartung an das Weihnachtsfest abermals, denn Emily stellt pünktlich am 23. Dezember fest, dass ihre WG mittlerweile ganz andere Pläne hat, als ursprünglich geplant.
Aus dem Anti-Weihnachtsfest ist nichts geworden, dafür sitzt sie nun mit vier Hunden und einer längst abgelaufenen Tütensuppe allein in der WG. Völlig aufgelöst ruft sie bei ihren Eltern an, um sich ihren Frust von der Seele zu reden. Damit setzt die die Reisewelle ihrer Eltern in Gang und sorgt für ein ganz untypisches Familienfest, das aber allen noch lange im Gedächtnis bleiben wird.
Auf geht’s nach Berlin
Die Weihnachtsreise der Familie Bachmann beginnt praktisch auf den letzten Drücker, Julia hat gerade eben Schwiegermutter Elisabeth aus dem Seniorenheim abgeholt, als Emily anruft und sich über ihre WG und deren Spontanität ärgert. Julia Bachmann reagiert ihrerseits äußerst spontan, beschließt, Frank und Elisabeth zusammen mit der Weihnachtsgans ins Auto zu packen und möchte innerhalb von 4 Stunden in Berlin sein.
Die Strecke Weimar – Berlin ist dabei normalerweise im 4 Stunden zu schaffen, doch am Abend des 23. Dezember herrscht bekanntermaßen mehr Verkehr, der sogenannte Feiertagsverkehr macht ihr schon vor der Reise Sorgen. Doch der Feiertagsverkehr soll keinesfalls ihre größte Herausforderung werden…
Weiter geht’s nach London und schließlich nach Seattle
Da sie nun gemeinsam mit ihrer Tochter Emily Weihnachten verbracht haben, beschließt die Familie auch Tochter Anne in London einen Besuch abzustatten, auch sie ist schließlich unglücklich, hat sie sich doch es gerade von ihrem Freund getrennt. Und wenn man schon zwei Kinder besucht hat, sollte es doch auch möglich sein, die dritte Tochter, Charlotte, und ihre Familie in Seattle zu besuchen oder etwa nicht?
Stilistisches zu „Schiefer die Socken nie hingen“ von Ulrike Herwig
Dieses dreifache Familienfest stellt die Familie nicht nur vor logistische Herausforderungen, sondern sorgt zugegebenermaßen auch für gute Stimmung beim Leser. Hierfür sorgt zum einen die szenische und atmosphärisch dichte Art, wie Ulrike Herwig diese Geschichte erzählt, zum anderen sorgt auch die Erfahrung der Autoren mit den unterschiedlichsten Weihnachtsfesten dafür, dass man sich sofort wohlfühlt. Dieser leicht chaotische Weihnachtsroman überzeugt mit einigen spannenden Informationen, aber auch und vor allem mit viel Gelächter.
Die zugegebenermaßen recht unterschiedlichen Charaktere, schaffen dann manche Situationskomik, denn Großmutter Elisabeth ist mit ihren 80 Jahren natürlich andere Herausforderung gestellt, als Vater Frank mit seiner Flugangst oder Mutter Julia, der die englische Sprache zu schaffen macht.
Die unterschiedlichen Charaktere werden jedoch nicht nur bei den Problemen deutlich, sondern auch durch die Dialoge und Situationskomiken jeder einzelnen Szene, über die ich mich sehr amüsieren konnte.
Ein Weihnachtsroman für Eltern, deren Kinder schon flügge sind
Dennoch muss ich natürlich anmerken, dass dieses ungewöhnliche Weihnachtsbuch sich eher an eine reifere Zielgruppe richtet, wobei man dies nicht ganz genau sagen kann, denn auch ich fühlte mich gut unterhalten. Warum vermute ich aber, dass sich „Schiefer die Socken nie hingen“ von Ulrike Herwig vor allem an Eltern richtet, deren Kinder bereits ausgezogen sind?
Die Antwort ist simpel und schnell gegeben, denn der Wiedererkennungsfaktor dürfte bei diesen Eltern größer sein. Noch besser funktioniert es dann, wenn die Kinder über den ganzen Kontinent oder am besten über die gesamte Welt verteilt leben. Auch dürfte es sich eher an Familien richten, die mehrere Kinder im Haus hatten.
Eine weitere mögliche Zielgruppe für dieses Buch wären auch erwachsene Kinder, die gerade in diesem Jahr von zu Hause ausgezogen sind und deren Familie nun vor der Herausforderung steht, ein erstes Weihnachtsfest als Familie mit getrennten Wohnungen und Wohnorten zu organisieren. Denn auch in die Perspektive von Charlotte, Emily und Anne kann man sich ganz gut hineinversetzen.
Jedoch könnte es dabei entscheidend sein, dass man selbst schon einige Zeit in der Ferne verbracht hat, ob diese nun in Berlin, London oder gar Seattle liegt, ist dabei natürlich sekundär, aber die Erfahrung hierbei sicherlich hilfreich.
Obwohl diese ganzen Faktoren auf mich nicht zutreffen, konnte ich mich jedoch ganz gut in die Rollen von Emily, Anne und Charlotte hinein versetzen. Alle drei leben mittlerweile durchaus ihr eigenes Leben und hatten eigentlich andere Pläne gemacht. Aber wie sagt man so schön? Leben ist das, was passiert, während Du andere Pläne machst. Auf keinen anderen Weihnachtsroman in diesem Jahr passte der Satz besser, als auf diesen.
Über die Autorin Ulrike Herwig
„Ulrike Herwig wurde 1968 geboren und wuchs in Jena auf. Sie studierte Englisch und Deutsch und lebte fast zehn Jahre lang in London. 2001 zog sie mit ihrer Familie nach Seattle, USA, wo sie auch heute noch wohnt. Seit vielen Jahren schreibt sie unter verschiedenen Pseudonymen für Kinder und Erwachsene.“ (Autorenbiografie)
„Schiefer die Socken nie hingen“ von Ulrike Herwig merkt man es sicherlich an, dass die Autorin bereits in unterschiedlichen Ländern und Heimaten Weihnachtsfeste verbracht hat, denn sie weiß genau, worüber sich hier eigentlich schreibt.
Fazit zu „Schiefer die Socken nie hingen“ von Ulrike Herwig
Dieses Buch ist aufgrund seines sprunghaften Charakters, aufgrund seiner zahlreichen Perspektivwechsel und kleinerer Zeitsprünge mit Sicherheit ein wenig gewöhnungsbedürftig, sodass man vielleicht die ersten drei Kapitel braucht, um darauf zu achten, aus welcher Perspektive und in welcher Zeit man sich gerade befindet.
Ich persönlich habe mich dennoch in diesem Roman ausgesprochen wohlgefühlt und kann sagen, diesen Roman werde ich im nächsten Jahr definitiv noch einmal in der Adventszeit einplanen. Denn eines versprüht „Schiefer die Socken nie hingen“ von Ulrike Herwig auf jeden Fall, neben Humor gibt es Weihnachtstraditionen aus drei Ländern und die entsprechende Atmosphäre.