… zunächst einmal Fragen aufwirft. Ist es nun ein belletristisches Buch, ein Sachbuch oder gar eine Biografie? Ist es überhaupt wichtig, in welches Genre dieses Buch eingeordnet wird?
Meiner Ansicht nach ist es nicht so relevant, und trotzdem will ich es einmal versuchen. Denn „Mein Leben in Häusern“ sollte eingeordnet werden schon allein aus dem Grund, damit niemand auf die Idee kommt es tatsächlich für eine Biografie zu halten. Denn das ist es in meinem Verständnis einer Biografie nicht. Die Autorin berichtet nämlich nur sekundär über ihr Leben. Jedoch berichtet sie über die Häuser und wie jedes einzelne von ihnen Einfluss auf ihr Leben genommen hat. Ist es also ein Buch über Architektur?
Ein Buch über Architektur? Oder doch nicht?
Nein, auch das ist es nicht, vielmehr ist es eine Mischung aus allen Genres, die ich bereits nannte. Ja, es ist ein Sachbuch, ja es ist in Teilen eine Biografie, aber viel mehr noch als das seine Gesellschaftskritik. Denn sie ordnet ja bestimmte Abschnitte ihres Lebens bestimmten Häusern zu und zeigt damit, wie sie von Haus zu Haus im gesellschaftlichen Ansehen stieg und immer mehr dem entsprach, was das Haus von ihr erwartete, beziehungsweise was die Gesellschaft die ihr Haus kannte von ihr erwartete.
Und immer, wenn sie ihre Phase im Leben ausfüllen konnte, zog sie um. Eine Ebene höher, in ein neues Haus, in eine neue Gesellschaftsschicht. Manchmal zog sie auch innerhalb der gleichen gesellschaftlichen Schicht um, dann jedoch verbesserte sie ihr Ansehen aufgrund der Siedlung in der sie dann wohnte. Denn auch innerhalb der gleichen Schicht gibt es Unterschiede. All diese Facetten zeigt Margaret Forster in „Mein Leben in Häusern“ auf und all jene Facetten lassen dieses Buch so unglaublich spannend erscheinen, als hätte man einen Roman in der Hand. Einen, der schreit: „Hier bin ich! Lest mich!“
Aber es ist eben kein Roman. Denn eines ist diese Geschichte nicht fiktiv. Das sage ich, obwohl ich mir nicht sicher sein kann ob es nicht doch fiktive Elemente beinhaltet. Trotzdem kann ich mir eine Sache gewiss sein, einige der Facetten ihres Buches müssen autobiografisch sein, auch wenn ich sie nicht als klassische Biografie einstufen kann, da es wie gesagt nicht nur um sie und ihr Leben geht, sondern eben auch um die Häuser und deren Einfluss.
Die Struktur dieses ungewöhnlichen Buches
Normalerweise würde ich an dieser Stelle über die Tatsache wie die Struktur von „Mein Leben in Häusern“ ist kein Wort verlieren, denn es wäre klar, dass jedes Buch einen chronologischen Aufbau hat und bestenfalls Kapitel beinhaltet.
Normalerweise ist das so, doch in diesem Fall ist es ein wenig anders, denn obwohl „Mein Leben in Häusern“ eine gewisse Chronologie mit sich bringt, ist es doch alles andere als chronologisch. Die Abschnitte, die Margaret Forster für dieses Buch wählt, umfassen in der Regel mehrere Jahre und sind doch so kurz zusammengefasst, dass eine Chronologie erst deutlich wird, wenn der Leser schon mit der Nase darauf geworfen wird. Ein Satz wie „ich habe 14 Jahre in diesem Haus gelebt“, macht deutlich durch welchen Zeitraffer sie in „Mein Leben in Häusern“ ihr Leben zusammenfasst. Wahrscheinlich, weil der Alltag in diesen Häusern nicht das eigentlich interessante ist, sondern vielmehr den Rahmen ihrer Handlung bildet.
Natürlich berichtet sie auch über den Alltag in Häusern, aber der Alltag wird nur einmal erzählt, vielmehr erzählt sie von ausgewählten Szenen ihres Lebens, die sich in diesem Haus zugetragen haben, bevor sie sich dann dem nächsten Haus zuwendet. Natürlich nicht ohne diese Szenen jeweils eingeordnet zu haben, doch diese Einordnung ist nicht das, was ich als Chronologie betrachtet, vielmehr sind die einzelnen Kapitel, jedes Haus ein Kapitel, chronologisch angeordnet.
Der Stil in „Mein Leben in Häusern“
Gerade eben sprach ich über die Struktur dieses ungewöhnlichen Büchleins, das mit etwas mehr als 200 Seiten eigentlich mehr ein dickes Heft als ein Buch ist. Nun wende ich mich dem Stil des Buches zu.
Der Stil, in dem Margaret Forster ihre überaus ungewöhnliche Geschichte, die wie bereits angemerkt mehr eine biografische Gesellschaftskritik ist, erzählt, ist ungewöhnlich sachlich, fast schon nüchtern, sie wertet nämlich nicht. Vielmehr zeigt sie, wie sich ihr Leben durch das Wohnen in den einzelnen Häusern verändert hat, wie aus dem unscheinbaren kleinen Mädchen eine selbstbewusste, selbstständige und gewissenhafte Frau wurde, die genau wusste, was sie in ihrem Leben erreicht hatte, um genau diesen Fortschritt auch einsortieren konnte.
Ein kleines Fazit?
Wer dieses ungewöhnliche Buch liest, könnte den Eindruck bekommen, es sei das letzte Buch dieser Autorin. Das allerdings will ich nicht hoffen, da sie mit ihrem ungewöhnlichen Stil, ihrer ungewohnten Sachlichkeit und ihrer Fähigkeit, komplexe Dinge einfach darzustellen zu überzeugen wusste. Ich hoffe auf eine Art „Zwischenfazit“, dass sie über ihr Leben zog. Ich denke, dass die letzte Seite ihrer Bibliografie wie auch ihrer Biografie noch lange nicht geschrieben wurde, werde diese Autorin jedoch weiterhin im Auge behalten und sicherlich bei passender Gelegenheit, das eine oder andere Buch von ihr lesen.