„Letzte Spur Algarve: Anabela Silva ermittelt“ von Carolina Conrad ist die Fortsetzung von „Mord an der Algarve„. Er beginnt wenige Monate nach dem ersten Teil, schließt aber nahtlos an, da Anabela Silva ihr Leben in Portugal zwischendurch auf Eis legen musste, um ihre Scheidung in Deutschland und den Umzug an die Algarve zu organisieren. Wir kommen also genau in dem Moment zurück, in dem auch sie selbst sich gerade einzunehmen beginnt. Mittlerweile hat sie sich auch entschieden, eine Ausbildung als Übersetzerin zu beginnen, ist also eigentlich voll ausgelastet, doch die Erkenntnisse des ersten Falls lassen sie nicht los und so sucht sie selbst auf eigene Faust nach einer Lösung.
Eine Akte, die es nie gab, und eine Akte, die geschlossen wird
Doch auch Almeida, der Kommissar mit dem sie schon beim letzten Mal zusammenarbeitete, benötigt dringend ihre Hilfe. Ein Pferd hat seine Besitzerin tot getreten. Obwohl alles auf einen Unfall hindeutet, hegt er Zweifel und möchte gerne ermitteln, doch die Akte wird geschlossen und so sind ihm die Hände gebunden. Nicht jedoch Anabela. Sie dürfte Nachforschungen anstellen, doch ist sie mit ihrer eigenen Recherche beschäftigt. Dennoch ist sie natürlich ihrem alten Bekannten zugetan und bietet ihm einen Tauschhandel an. Wenn er ihre Ermittlungen unterstützt, würde sie seine Nachforschungen unterstützen. Der Deal funktioniert. Beide akzeptieren die Bedingungen und so haben sie schon bald erste Spuren in ihren jeweiligen Fällen.
Undercover im Tierheim
Um Almeida bei seinen Nachforschungen zu helfen, schleicht sich Anabela in das örtliche Tierheim ein, da auch die Tote dort gearbeitet hat und und möchte sich gerne mit den dort im Ehrenamt Tätigen anfreunden. Doch das ist alles andere als leicht, denn es wird schnell klar, dass nichts so ist, wie es scheint, und dass auch Almeida nicht die ganze Wahrheit bei seinen Befragungen erfahren hat. Doch was verursachte den Tod der gebürtigen Dänin, die sich offenbar nicht nur für Tiere interessierte, sondern einen gewissen Ruf hatte. Insgesamt ist es schon verwunderlich, dass sie sich das teure Gestüt erlauben konnte. Anabela beschließt auch hier Nachforschungen anzustellen und stößt bald auf eine heiße Spur, die sie allerdings in Gefahr bringt.
Stilistisch eine Entwicklung
Im Vergleich zum ersten Buch ist bei diesem Roman eine Entwicklung zu erkennen und das nicht nur im Bezug auf die Tatsache, dass sich die Figuren weiter entwickelt haben, sondern auch dahingehend, dass sie nun eine uns bekannte Vorgeschichte haben oder dass sie uns vertraut erscheinen.
Nein, auch sprachlich gibt es eine Entwicklung, die sicherlich auch durch die Handlung geprägt ist. „Letzte Spur Algarve: Anabela Silva ermittelt“ erinnert dabei natürlich immer noch an den Auftakt der Reihe, ist jedoch so ausgerichtet, dass für unsere Hauptfigur nun feststeht, dass sie vorerst in Portugal bleiben würde.
Weiterentwickelte Figuren
Somit entwickelt sich „Letzte Spur Algarve: Anabela Silva ermittelt“ in eine Richtung, die ich so zunächst nicht erwartet hätte. Tatsächlich scheint es so, dass Anabela Silva bestimmte Verhaltensweisen aus Deutschland und Portugal mischt. So ärgert sie sich über Almeidas Unpünktlichkeit und Pintos Distanziertheit. Gleichzeitig jedoch sieht sie auch in ihrem Helfer vom ersten Fall, dem Bibliothekar, mittlerweile nicht nur die sich entwickelnde Freundschaft, sondern auch dass er in einer Beziehung zu stecken scheint oder diese gerade aufnimmt. Das Beziehungsgefüge zwischen den einzelnen Figuren wird also irgendwie dichter.
Der Stil, in dem die Autorin die Geschichte erzählt, wirkt gleichzeitig jedoch etwas distanzierter. Ich bin mir nicht sicher, ob sich die Perspektive verändert hat, aber de facto gibt es dieses Mal keine Szenen aus Sicht des Täters. Zumindest habe ich nach dem Lesen keine einzige dieser Szenen bewusst in Erinnerung. Möglicherweise liegt es es an der Entwicklung der Geschichte oder daran, dass Anabela bei diesem Fall weit weniger involviert war. Sie selbst hat schließlich zunächst keinerlei Interesse daran, den Fall der toten Pferdebesitzerin zu lösen. Auch erhält sie dieses Mal keinerlei finanzielle Entschädigung. Bei der Unterstützung, die sie Almeida gewährt, geht es ihr einzig darum, selbst Unterstützung für ihre Recherche zu erhalten.
Hat diese Entwicklung eine Auswirkung auf die Erzählweise? Vielleicht, denn diese veränderte Erzählweise schadet der Geschichte in keiner Weise, sondern sorgt dafür, dass die Handlung selbst mehr in den Vordergrund rückt. Auch scheint sich die Perspektive ein wenig geändert zu haben, denn dieses Mal erfahren wir weit weniger über den Täter, sodass wir bis zuletzt jeder Idee der Autorin folgen. Dies hängt aber vielleicht auch damit zusammen, dass die Täterperspektive einfach unter den Tisch zu fallen scheint.
Der Spannungsbogen im Vergleich
Fragt man mich nun, welches Buch ich persönlich spannender finde, ob das erste oder das zweite, so muss ich sagen, dass sie sich im Bereich der Spannung nicht groß unterscheiden. Beide Bücher entwickeln sich und jedes hat seine individuellen Stärken. Auch wenn die beiden Bücher aufeinander aufbauen und sich sogar in gewisser Weise ähneln, hat doch jedes am Schluss seinen individuellen Verlauf. Dennoch sind die Fälle trotz aller Gemeinsamkeiten so stark unterschiedlich, dass ich bis kurz vor Ende nicht hätte sagen können, wer für den Tod der Tierschützerin verantwortlich wäre. Allerdings spekulierte ich die ganze Zeit über mit.
Atmosphärisch dicht und doch keine Urlaubsstimmung
Insgesamt unterscheiden sich die Bücher in der Atmosphäre nicht wirklich, lediglich dadurch, dass sich die gesamte Stimmung ein wenig verändert hat. Dies ist vermutlich der Tatsache geschuldet, dass Anabela nun, da sie wieder zu Hause und in der Nähe ihrer Eltern wohnt, ganz anderen Herausforderungen gegenübersteht. Zwar geht sie wie gewohnt regelmäßig an den Strand und verhält sich auch sonst in manchen Bereichen so, als wäre sie nur kurzfristig zu Gast, aber ein echtes Urlaubsgefühl kommt nun allenfalls die Landschaft darüber, die aber auch nicht mehr so intensiv dargestellt ist, wie beim ersten Teil.
Dafür jedoch hat der Fall noch einmal an Tiefe gewonnen, wurzeln doch die Ursachen eines Teils der Geschichte in der Geschichte Portugals und seines Nachbarlandes Spanien.
„Letzte Spur Algarve: Anabela Silva ermittelt“: Fortsetzung gewünscht?
Auch die Frage, ob ich mir eine Fortsetzung wünschen würde, ist nicht ohne Weiteres zu beantworten, denn tatsächlich scheinen nun mit dem zweiten Teil der Reihe alle Fragen des ersten Teils beantwortet zu sein. Nun müsste es nach meinem Verständnis also einen dritten Teil mit neuen offenen Fragen geben oder wird es eine Entwicklung geben mit der man aktuell noch nicht rechnen kann? Da es auf jeden Fall die Möglichkeit gibt, die Geschichte weiter zu erzählen, würde ich im kommenden Jahr mit einer Fortsetzung rechnen. Ich weiß es genauso wenig wie ihr, hoffe allerdings durchaus auf ein Wiedersehen mit all den lieb gewonnenen Figuren.
Über die Autorin Carolina Conrad
„Carolina Conrad ist das Pseudonym der aus dem niedersächsischen Oldenburg stammenden Autorin Bettina Haskamp. Die gelernte Journalistin hat ihre Basis in Hamburg, lebt aber seit mehr als zwölf Jahren in Portugal. Anfangs auf einem selbstgebauten Segelboot, inzwischen in einem kleinen Holzhaus im Hinterland der Ostalgarve. In der zweiten Heimat entstanden Bestseller wie «Alles wegen Werner» und «Hart aber Hilde» und ihre Portugal-Krimireihe um Journalistin Anabela Silva.“(Rowohlt)
Fazit zu „Letzte Spur Algarve: Anabela Silva ermittelt“
„Letzte Spur Algarve: Anabela Silva ermittelt“ ist ein weiterer höchst interessanter Fall für Anabela Silva und ihre Freunde, der mich als Leserin noch einmal durch eine starke Atmosphäre und einen interessanten Fall zu überzeugen wusste. Die Spannung war bei diesem stets oben, auch wenn die Emotionalität des Buches eine andere war. Dies liegt aber auch schon in der Geschichte des ersten Teils begründet.