Als ich “Einbruch mit Stil”, den zweiten Band der “High Society Crimes” von Oreg Rogerson, las, war ich neugierig, wie der Autor an den gelungenen Auftakt Kunstvoll morden anknüpfen würde.
Der erste Band überzeugte durch lebendige Figuren, satirische Gesellschaftskritik und einen spannenden, ungewöhnlichen Kriminalfall, der weit über einen klassischen Whodunit hinausging, da hier weniger der Täter als vielmehr nach einem Motiv gesucht wurde. Auch im zweiten Teil knüpft Rogerson daran an. Er entwickelt die Hauptfiguren weiter und vertieft Themen, bei den jeder glaubt, einem selbst könne das nicht passieren. Dabei ist die Geschichte selbst absolut glaubwürdig und keinesfalls so abwegig wie man meinen könnte.
Die Stilistik selbst erscheint irgendwie vertraut ohne dabei ähnlich stark zu überzeichnen wie im ersten Band. An dieser Stelle könnte ich nun ausführen, dass dieser zweite Band, obwohl es am gleichen Ort spielt in einem ganz anderen Umfeld. Durch diese Anpassung ergibt sich ein anderes Flair und eine andere Stimmung, die auch die Überzeichnungen des ersten Bandes deutlich reduzieren.
Die Geschichte verbindet kurzweilige Spannung mit einer dichten Atmosphäre und einer feinfühligen Reflexion gesellschaftlicher Themen, die Lesende sowohl emotional als auch intellektuell fordert.
Atmosphäre und Symbolik: Der Nebel als Metapher gesellschaftlicher Verhüllung im “Einbruch mit Stil”
Schon der Einstieg von “Einbruch mit Stil” schafft eine dichte Grundstimmung: Der kalifornische “June Gloom”-Nebel legt sich wie ein schwerer Schleier über die wohlhabenden Viertel von Benedict Canyon. Diese atmosphärische Kulisse ist weit mehr als nur eine Wetterbeschreibung – sie steht sinnbildlich für das Verhüllte, Unsichere und die schwelenden Spannungen in der Nachbarschaft.
Der Titel “Einbruch mit Stil” verweist nicht nur auf die Einbruchserie im Zentrum der Handlung, sondern symbolisiert auch die feine Balance zwischen äußeren Erscheinungen und inneren Konflikten. Der Nebel wird zum wiederkehrenden Symbol für das, was verborgen bleibt – Ängste, Geheimnisse, soziale Distanz. So wie er die Sicht verschleiert, verdeckt er auch die wahren Konflikte und Zerwürfnisse unter der glänzenden Oberfläche.
Diese Symbolik baut Rogerson behutsam auf und zieht sie durch die gesamte Erzählung. Als Leserin fragte ich mich zunächst, ob es in der Nachbarschaft möglicherweise verborgene Konflikte und Spannungen gibt. Doch letztlich gibt es weitere Motive, die sich mir als Leserin nach und nach offenbaren. Auf diese werde ich an dieser Stelle natürlich nicht näher eingehen.
Fakt ist jedoch, neben einer Alarmanlage gibt es weitere Tools, die Haus oder Wohnung einbruchsicher machen. Hier hilft eine umfassende Beratung manchmal mehr als die beste Alarmanlage. Einbruchsichere Eingangstüren, Kellerfenster und ein einbruchsicherer Zaun bieten ergänzenden Schutz und hätten mit Sicherheit auch den Einbrechern in diesem Roman das Leben erschwert.
Doch auch eine aufmerksamere Nachbarschaft, die sich austauscht, hätte diesem Buch gut gestanden, denn Alex und Mike erfahren viel in Gesprächen mit ihren Nachbarn. Auch Lucy erfährt ganz nebenbei einiges, was letztlich zu den wahren Tätern führt.
Mike und Alex – nahbar, ambivalent und lebendig im Kontext von “Einbruch mit Stil”
Mike Greenwood und Alex Diamantis bleiben das emotionale Herzstück der “High Society Crimes”. Mike präsentiert sich als pragmatischer Geschäftsmann mit warmherzigem Humor, während Alex nach außen sportlich und souverän wirkt, innerlich aber eine spürbare Verletzlichkeit trägt.
Ihre Beziehung spiegelt die Ambivalenz wider, die auch der Titel “Einbruch mit Stil” suggeriert: einerseits äußerer Glanz, andererseits verborgene Brüche. Diese Ambivalenz zeigt sich aber auch in der sich ergänzenden charakterlichen Kontraste.
Wie schon im ersten Band zeigt Rogerson keine idealisierten Heldinnen oder Helden, sondern Figuren mit Ecken und Kanten – liebenswert, aber auch verletzlich. Ihre lebendigen Dialoge sind ein Highlight der Reihe und verleihen der Handlung Wärme und Authentizität.
Lucy: Impulsgeberin zwischen Nähe und Distanz im Gefüge von “Einbruch mit Stil”
Lucy kehrt als impulsive Freundin zurück und bringt mit ihrer neuen Beziehung zu Ryan frischen Wind in die Geschichte. Sie steht stellvertretend für das Spannungsfeld zwischen Sehnsucht nach Nähe und der Gefahr sozialer Isolation – thematische Elemente, die auch in den Einbrüchen sichtbar werden: das Eindringen in private Räume als Metapher für Verletzbarkeit und soziale Entfremdung.
Obwohl ihre Figur gelegentlich stereotype Züge trägt, fungiert Lucy als wichtige Katalysatorin für Konflikte und Entwicklungen in der ansonsten eher eingefahrenen Gemeinschaft. Ihr Handeln spiegelt zentrale Themen der Reihe wider: Nähe, Distanz, das Streben nach Anerkennung und Verlust.
Figurenentwicklung: Nebenfiguren mit Persönlichkeit
Neben den Hauptfiguren gewinnen auch Nebenfiguren in “Einbruch mit Stil” an Profil. Sie spiegeln unterschiedliche soziale Milieus wider und tragen wesentlich zur atmosphärischen Dichte bei.
Ihre individuellen Perspektiven bereichern das narrative Geflecht der Reihe und eröffnen vielfältige Blickwinkel auf soziale Spannungen sowie persönliche Herausforderungen. Dabei gefielen mir jene Szenen besonders, die zum Miträtseln einluden.
Handlungsschwerpunkt: Die Einbruchserie als Spiegel gesellschaftlicher Ängste
Im Zentrum von “Einbruch mit Stil” steht eine Einbruchserie, die mehr ist als bloßer Kriminalfall. Sie erschüttert das fragile Gefüge einer alternden Nachbarschaft, in der das Vertrauen langsam zerbricht. Die Bewohnerinnen und Bewohner sind oft körperlich gebrechlich, sozial isoliert – eine Kombination, die sie besonders verletzlich macht.
Diese Einbrüche sind Auslöser für diffuse Ängste und wachsendes Misstrauen. Dabei verschwimmen Täter- und Opferrollen zunehmend; Schuldgefühle werden komplex dargestellt. Die Erzählung legt den Fokus nicht erneut auf die Fragen “Warum?”, sondern auf das “Wer und wie? “, was dem Roman eine beklemmende psychologische Tiefe verleiht. In diesem Punkt ähnelt “Einbruch mit Stil” seinem Vorgänger “Kunstvoll morden” und ist doch ganz anders.
Der Titel “Einbruch mit Stil” fasst diese Thematik prägnant zusammen: Es geht nicht nur um das Verbrechen an sich, sondern auch um den stilvollen Umgang mit gesellschaftlichen Rissen und verborgenen Konflikten.
Gesellschaftskritische Reflexionen: Überalterung, Einsamkeit und moralische Ambivalenz
Rogerson setzt seine Gesellschaftskritik pointiert fort. Die Überalterung wird als Sinnbild für psychische Vereinsamung inszeniert – trotz materiellem Wohlstand herrscht Einsamkeit und soziale Distanz.
Der Roman zeigt gesellschaftliche Bruchstellen auf: Ängste vor Fremden, Schweigen und Wegsehen wirken destruktiv auf den Zusammenhalt. Die moralische Ambivalenz zieht sich durch die Geschichte und fordert zum Nachdenken über Verantwortung in Gemeinschaften heraus. Dabei verzichtet der Autor in diesem Roman bewusst auf einfache Antworten oder klare Schuldzuweisungen – ein Spiegel aktueller gesellschaftlicher Herausforderungen.
Symbolik und Leitmotive: Nebel, Hecken und Schatten als erzählerisches Gerüst in “Einbruch mit Stil”
Die Symbolik des “June Gloom”-Nebels durchzieht den Roman als atmosphärisches Leitmotiv. Nebel steht für Unsicherheit und Verhüllung, Hecken markieren Grenzen zwischen Öffentlichkeit und Privatheit, Schatten symbolisieren verborgene Ängste.
Orte wie Hecken oder düstere Gassen dienen darüber hinaus als Brenngläser sozialer Spannungen. So unterstützt die räumliche Gestaltung wirkungsvoll zentrale Themen wie Isolation oder Bedrohung.
Diese Motive verleihen der Erzählung erzählerische Tiefe und Struktur – ganz ähnlich wie im Vorgängerband das Motiv der Kunst zwischen Schein und Wirklichkeit das Geschehen prägte. Die präzise Inszenierung von Orten – sei es Villen, Boulevards oder Strände – ist mehr als bloße Kulisse. Sie reflektiert soziale Schichtung sowie Grenzen zwischen Privatheit und Öffentlichkeit.
Sprachstil und Erzähltechnik: Klarheit trifft auf ironische Leichtigkeit
Rogersons Sprache ist klar, präzise und atmosphärisch dicht. Ein feiner ironischer Unterton verleiht dem Roman Leichtigkeit ohne die ernste Grundstimmung zu mindern.
Die kurzen Kapitel enden oft mit Cliffhangern, was das Lesetempo hochhält. Perspektivwechsel ermöglichen facettenreiche Einblicke in Innenwelten verschiedener Figuren ohne Überfrachtung. Subtile Mystery-Elemente wie nächtliche Beobachtungen sind organisch integriert und verstärken die unterschwellige Spannung des Romans.
Humor als stilistischer Ausgleich
Wie im ersten Band sorgt der feine Humor zwischen Mike und Alex für eine angenehme Auflockerung. Ihre ironischen Dialoge vermitteln Wärme und Menschlichkeit, ohne den ernsten Kern des Romans zu schwächen.
Dieses ausgewogene Spiel zwischen Satire und Empathie macht die “High Society Crimes” zu etwas Besonderem im Genre.
Moralische Fragestellungen: Schuld, Verantwortung und Schweigen
Der Roman zeichnet ein differenziertes Bild moralischer Ambivalenzen. Täter- und Opferrollen sind nicht klar getrennt; Mitverantwortung, schweigendes Wegsehen oder aktive Schuld werden sensibel dargestellt.
Diese Reflexionen fordern dazu auf, gesellschaftliche Dynamiken kritisch zu hinterfragen, die oft Ursachen sozialer Brüche sind oder diese verschärfen.
Zwischen Cozy Crime und Gesellschaftsroman
Die “High Society Crimes”-Reihe richtet sich an Leserinnen und Leser, die neben Spannung Wert auf psychologische Tiefe, gesellschaftliche Kritik sowie humorvolle Figurenzeichnung legen.
Gegenüber klassischen Cozy Crimes zeichnet sich Rogersons Werk durch stärkere gesellschaftliche Relevanz, komplexe Figurenkonstellationen und emotionale Tiefe aus. Damit spricht die Reihe sowohl Fans literarischer Krimis als auch gesellschaftskritischer Romane an.
Für wen eignet sich “Einbruch mit Stil”?
Der Roman ist sprachlich klar strukturiert und gut lesbar. Er bietet einen leichten Zugang für Neueinsteigerinnen und Neueinsteiger ins Genre ohne Abstriche an Komplexität oder Tiefe.
Das ausgewogene Erzähltempo sorgt für Spannung ohne zu hetzen oder Längen zu provozieren. So empfiehlt sich die Reihe sowohl für Genreliebhaberinnen als auch für Leserinnen mit Interesse an gesellschaftlichen Themen.
Über den Autor Oreg Rogerson
“Oreg Rogerson ist Autor der turbulenten Cozy-Crime-Reihe rund um die beiden Privatermittler Alex und Mike, einem schwulen Paar aus der High Society von LA, die immer wieder durch Zufall in ebenso witzige wie spannende Abenteuer verwickelt werden. Oreg Rogerson ist seit 2010 als Schriftsteller tätig und hat vor der High Society Crimes-Reihe in den Bereichen Krimi und Psychothriller veröffentlicht. Privat wohnt der gelernte Jurist in einem kleinen Dorf vor den Toren der Großstadt und lässt sich gerne vom Gegensatz zwischen beschaulichem Landleben und urbanem Treiben inspirieren.” (Autorenprofil)
Fazit: Ein atmosphärisch dichter Nachfolger mit relevantem Tiefgang
“Einbruch mit Stil” knüpft nahtlos an die Stärken von Kunstvoll morden an und erweitert diese um beklemmende Stimmungen sowie eine tiefere gesellschaftliche Reflexion. Die gelungene Verbindung von persönlichem Drama, gesellschaftlicher Kritik und spannendem Kriminalfall macht den Roman zu einem intensiven Leseerlebnis mit großer Sogwirkung.
Mike und Alex bleiben sympathische Figuren voller Wärme, Humor und glaubhafter Konflikte. Die dichte Atmosphäre wird durch präzise Sprache, symbolkräftige Leitmotive sowie einen ausgewogenen Spannungsbogen getragen.
Diese Episode ist eine klare Empfehlung für Lesende anspruchsvoller Cozy Crime- oder Gesellschaftsromane, die neben Spannung auch Wert auf komplexe Charaktere sowie tiefgründige soziale Beobachtungen legen.
Einbruch mit Stil - High Society Crimes 2

Als ich "Einbruch mit Stil", den zweiten Band der "High Society Crimes" von Oreg Rogerson, las, war ich neugierig, wie der Autor an den gelungenen Auftakt Kunstvoll morden anknüpfen würde.
URL: https://www.digital-publishers.com/de/romane/einbruch-mit-stil-cosy-crime-ebook
Autor: Marie Lanfermann
Autor: Oreg Rogerson
ISBN: 978-3-98998-873-6
Veröffentlichungsdatum: 2025-06-26
Format: https://schema.org/EBook
4.6
Vorteile
- Atmosphäre: dichter „June Gloom“-Nebel als konsequentes Leitmotiv
- Symbolik: Nebel, Hecken, Schatten tragen thematische Tiefe
- Hauptfiguren: Mike & Alex glaubhaft, warmherzig, entwicklungsfähig
- Nebenfiguren: prägnante soziale Milieuschilderung
- Gesellschaftskritik: Überalterung, Einsamkeit, soziale Distanz treffend
- Moralische Komplexität: ambivalente Schuld /Verantwortungsfragen
- Sprache: klar, präzise, leichter ironischer Ton
- Erzähltechnik: kurze Kapitel, effektive Cliffhanger
- Genrebalance: Cozy-Crime-Charme plus gesellschaftlicher Tiefgang
- Lesbarkeit: zugänglich für Einsteiger*innen ins Genre
Nachteile
- Weniger stilistische Überzeichnung als Band 1
- Lucy: vereinzelt stereotype Züge
- Thematische Überschneidungen mit Vorgänger möglich
- Schwächerer Fokus auf Beweggründe (Motivtiefe zugunsten von „wer/wie“)
- Manche Nebenstränge voraussehbar