„Am Sonntag geht Gott angeln“ von Dirk Großer war mehr oder weniger ein Zufallsfund, da ich mich schon seit Längerem mit den Kelten und ihren Ritualen und Traditionen auseinandersetze. Ich mag die irische Kultur vor allem aufgrund ihrer Verbundenheit mit der Natur und aufgrund ihres Gemeinschaftsgefühls. Dieses Buch verbindet nun die irische Kultur und Mythologie mit dem Begriff des Christentums und der Religion. Wie auch Dirk Großer selbst sagt, braucht es nicht unbedingt eine Kirche, um sich Gott oder einem anderen Oberhaupt einer Religion nahe zu fühlen.
Vielmehr müsste es um eine Art gelebte Religion und Religionsausübung gehen, die sich auch im heutigen Alltag umsetzen lässt und den Gläubigen ein Gefühl von Sicherheit und Vertrauen schenkt.Es handelt sich hierbei um ein ursprüngliches Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und Stärken.
Warum Gott nicht unbedingt reiner Glauben sein sollte
Laut Dirk Großer und seinem Sachbuch „Am Sonntag geht Gott angeln“ geht es darum, die Religion als einen Bestandteil des eigenen Alltags zu betrachten und die Ausübung dieser Verbundenheit zu seinen Mitmenschen und der Natur in den Alltag zu integrieren. In der keltischen Tradition passierte dies zum Beispiel indem man sich am Lagerfeuer Geschichten erzählte.
Mich persönlich fasziniert die Tradition des Geschichten Erzählens, wie man sie beispielsweise in Irland findet. Außerdem hat man hier stets das Gefühl, dass die keltische Mythologie in all ihren Facetten stets irgendwie nah ist. So hat man hier spielt das Gefühl, dass die Fabelwesen und Feen bereits hinter dem nächsten Hügel warten.
In Bezug auf die Weisheit des keltischen Christentums bedeutet dies, dass man heutzutage die Geschichten, die in der Bibel über Gott und seinen Sohn Jesus erzählt werden, längst nicht mehr eins zu eins umsetzen kann. Heutzutage weiß man nämlich, dass viele der Gleichnisse und Metaphern der Bibel nichts anderes sind als Gleichnisse und Metaphern, die man aber in ihrer Moral und ihrer Interpretation als eine Inspiration begreifen kann, die das Leben in der Gesellschaft nachhaltig offen gestaltet. Die Rede ist hier nicht unbedingt vom alten oder vom Neuen Testament, wobei sich das Christentum sicher eher am Neuen Testament orientiert.
Vielmehr erzählen die Geschichten in der Bibel Geschichten von gelebter Nächstenliebe, von sich gegenseitig unterstützen und von der Überzeugung genau zu wissen, wozu man selbst imstande ist. Glaube ist hierbei nämlich keinesfalls nur auf die Religion und auf ein überirdisches Wesen bezogen, sondern auch auf den Glauben an sich selbst und die eigenen Stärken.
Spiritualität steckt in jedem von uns und gibt uns Kraft
Letztendlich ist es die Spiritualität, die jedem von uns in Zeiten von Stress und Ungerechtigkeit wieder auf die Beine helfen kann. Es ist der Glaube, der uns letztendlich in Zeiten weitermachen lässt, wenn wir selbst vielleicht nicht mehr weiter wissen und es sind die Geschichten, die uns inspirieren und auf diese Weise in die eine oder andere Richtung lenken.
Man sagt hierzulande häufiger: „Der Glaube versetzt Berge!“ Es handelt sich hierbei um eine Redewendung, die nicht unbedingt etwas mit Religion zu tun hat und doch ist vom Glauben die Rede. Man sagt nicht „Der Gedanke versetzt Berge!“ oder „Der Mensch versetzt Berge!“, sondern „Der Glaube versetzt Berge!“ und lässt somit eine gewisse Spiritualität in seinen Alltag, der einzigartig ist, da er nur von jedem von uns selbst geprägt werden kann.
Jeder von uns kann dabei ein Stück dazu beitragen, unser Welt besser zu machen.Es geht letztendlich um nichts anderes, als darum eine Entscheidung zu treffen, immer und immer wieder und sich zu fragen ist sie für die Gemeinschaft, für uns selbst und unsere Natur und Umwelt positiv oder negativ. Beeinflussen wir die Welt in die eine oder die andere Richtung?
Von Entscheidungen, die man trifft
Entscheidungen, die man trifft, entscheiden sich immer für etwas und gegen etwas anderes. Je nachdem für welche Richtung man sich entscheidet, man entweder eine Entscheidung für ein Leben innerhalb einer Gesellschaft oder verlässt die Gesellschaft für eine gewisse Entscheidung. Dabei geht es nicht um die Gesellschaft als großes Ganzes, sondern um ganz alltägliche Dinge wie die Entscheidung für eine vegetarische Ernährung oder für einen bestimmten oder möglicherweise auch für oder gegen die eigene Familie. Mit jeder Entscheidung die man trifft hat man die Möglichkeit, den Weg, den man vor sich hat zu beeinflussen.
Diese Beeinflussung hat in jedem Fall folgen, denn es ist kaum möglich sich auf mehreren Wegen zur gleichen Zeit finden und immer und immer wieder trifft man Entscheidungen oder gegen eine Teilgesellschaft. Selbst die Frage, ob man lieber Fußball oder lieber Handball spielt ist die Entscheidung für oder gegen etwas anderes. Somit beeinflusst jede Entscheidung nicht nur unser Leben, sondern möglicherweise auch das Leben unserer Mitmenschen. Somit sollten wir uns immer fragen, wie fühlt sich das, was ich tue für mein Gegenüber an. Natürlich sollte man jede Entscheidung von seinem Gegenüber abhängig machen, aber es kann nicht schaden, Entscheidungen im Einklang mit seinen Mitmenschen zu treffen.
Von Magie und Religionsausübung
Ähnliche Gemeinschaften und einen ähnlichen Austausch gibt es auch in der keltischen Mythologie.Die keltische Mythologie und das keltische Christentum leben zum Beispiel vom Leben in der Natur. Sie betrachten Steinkreise als einen gesegneten Ort. Zumindest sprechen die Menschen den Kreisen, die schon viele Jahrhunderte alt sind, einiges an Magie zu.So findet man diese Steinkreise auch häufiger in Verbindung mit Naturreligionen und guter Magie, die sofern man sich für sie interessiert ebenfalls zu einem Leben in der Gemeinschaft beiträgt. Davon erzählt auch „Am Sonntag geht Gott angeln“ von Dirk Großer.
Woran der Glaube an die Magie innerhalb dieser Steinkreise liegt, lässt sich schwer in Worte fassen. Vielleicht ist dieser Glaube in der Tatsache begründet, dass diese Steinkreise schon da waren, als es uns noch gar nicht gab. Sie sind schon lange vor unserer Generation dagewesen und haben sicherlich viele Menschen in ihrer Religionsausübung unterstützt und geprägt.
Religion kann dem Alltag eine gewisse Struktur geben
Die Ausübung einer Religion kann dem Alltag des Ausübenden eine Struktur geben. Diese Struktur sieht man zum Beispiel in den Klöstern und im klösterlichen Alltag. Jeder hat seine Aufgabe, der Tag hat seine feste Struktur und seinen Ablauf. Trotzdem ist er keinesfalls langweilig, vielmehr gibt er jedem die Möglichkeit, sich selbst in eine Gemeinschaft einzubringen.
Nein, das klösterliche Leben ist ganz sicher nichts, das ich anstrebe, und dennoch zeigt sich in diesem Alltag ganz gut, wie wesentlich die Religion oder das Verständnis von Kultur ein Leben bereichern können. Dabei ist es ziemlich gleich, ob man nun die Geschichten der Bibel als Inspiration betrachtet, oder sie tatsächlich ernst nimmt. Es ist egal, ob man an den Aufbau der Welt durch Gott oder durch Metaphysik glaubt. Man hat seinen Platz in der Gemeinschaft gefunden.
Doch braucht es wirklich ein Klosteralltag, um seinen Platz zu finden? Nein, nachdem ich dieses „Am Sonntag geht Gott angeln“ gelesen habe, bin ich fest davon überzeugt, dass jeder seinen ganz eigenen höchst individuellen Platz in der Gemeinschaft finden kann, auch ohne dabei in ein Kloster zu ziehen. Die Ausübung der eigenen Religion heißt nämlich nichts weiter als die Menschen in seiner Umgebung zu achten, die Natur zu wertschätzen und alles mit einem gewissen Respekt zu behandeln.
Würden wir uns alle daran halten, hätten wir vermutlich weniger kriegerische Auseinandersetzungen. Gleichzeitig würden wir das Wunder der Natur in der Welt erkennen und möglicherweise den Klimawandel betrachten, ohne dass wir dabei gleich sagen, was wir alles ändern müssen, um ihn zu stoppen, denn vielleicht müssten wir ihn gar nicht stoppen, wenn wir die Erde mit dem gleichen Respekt behandeln, wie Gott es für uns Menschen vorschlägt.
Über den Autor Dirk Großer
„Dirk Grosser (*1971) ist Autor diverser Bücher zu naturspirituellen Themen und den mystischen Zweigen der Weltreligionen. Zudem schreibt er für verschiedene spirituelle Magazine, gibt Meditations-Seminare und berät Menschen in spirituellen Krisen. Sein eigener Weg ist beeinflusst von der Philosophie der Antike (in einem Spannungsfeld zwischen Stoa und Epikur), der Naturmystik von Autoren wie Thoreau, Emerson und Whitman, Ideen des philosophischen Taoismus (den er für die Naturreligion Asiens hält), einem sehr undogmatischem Zugang zum Buddhismus, der keltischen Weltsicht, Meditation und eigener Naturerfahrung.
Eine weitere große Leidenschaft ist die Musik: Er hat in verschiedenen Bands gespielt, an den Soundtracks zu zwei Dokumentarfilmen mitgewirkt und mehrere Percussion-CDs unter seinem eigenen Namen sowie unter dem Projektnamen viatores veröffentlicht. Er ist Vater zweier Kinder und lebt im schönen Kalletal.“ (Autorenbiografie)
Fazit zu „Am Sonntag geht Gott angeln“ von Dirk Großer
„Am Sonntag geht Gott angeln“ von Dirk Großer ist ein Buch, das ich wie ich bereits sagte, durch einen Zufall entdeckte. Zu Beginn fragte ich mich, ob dieses durchaus spirituelle Buch als Leitfaden das richtige ist, um mich mit der keltischen Kultur zu beschäftigen.
Nun, nachdem ich „Am Sonntag geht Gott angeln“ gelesen habe, kann ich sagen, dieses Buch ist nicht nur ein Leitfaden zur Ausübung von Religion, sondern tatsächlich eine Inspiration für den Alltag in der Gesellschaft, für die respektvolle Behandlung anderer Menschen und für ein nachhaltiges Leben im Einklang mit der Natur. Schade, dass so viele Menschen die Ausübung von Religion mit dem Besuch in der Kirche gleichsetzen. Letztendlich ist der Glaube nämlich ein Vielfaches mehr. Glaube ist lebendig und letztendlich auch ein Glaube an uns selbst und unsere eigenen Kräfte.
Betrachtet man „Am Sonntag geht Gott angeln“ von Dirk Großer als eine Inspiration, so wird man erkennen, dass Glaube und die Ausübung einer Religion nicht länger in der Kirche stattfinden muss.Jeder Mensch muss schließlich für sich selbst entscheiden, ob und in welcher Form er oder sie seinen Glauben ausüben möchte und jeder andere sollte so offen sein, diesen Menschen bei dieser Ausübung behindern, denn auch das hat etwas mit Nächstenliebe, Toleranz und Akzeptanz von Unterschieden zu tun. „Am Sonntag geht Gott angeln“ bietet also tatsächlich die entsprechende Inspiration.