“Kunstvoll morden – High Society Crimes 1” von Oreg Rogerson begegnete, als ich gerade auf der Suche nach einem starken und ebenso kurzen wie kurzweiligen E-Book war. Der Titel weckte meine Neugier und erinnerte mich irgendwie an “Mord in bester Gesellschaft”. Auch der Klappentext sprach mich sofort an – es ging um scheinbar doppelte Kunstwerke – und so lud ich es mir wenig später auf meinen Tolino Epos.
Eigentlich freute ich ich mich auf entspanntes Lesen, doch nach wenigen Seiten zeigte mein E-Reader an, dass er geladen werden wollte. Gut das kann vorkommen, könnte man meinen. Also schloss ich das Gerät erstmal an die Steckdose an. Schade, denn die Geschichte um einen Betrug in der Kunstszene hatte mich bis dahin gut unterhalten. Ich mag ungewöhnliche Krimis, die man zügig lesen kann und solche, die einem so manche Wartezeit überbrücken können. Hier erwartete ich beides. So freute ich mich als der Tolino einige Stunden später einen voll aufgeladenen Akku anzeigte und tauchte kurz darauf, richtig tief in die Geschichte um “Kunstvoll morden” ein.
Prolog: Geheimnisvolle Gräueltat im San Gabriel Mountains
Schon der Prolog stellte meine Erwartungen in Frage und machte mich nur noch neugieriger. Vielleicht ärgerte mich das Strombedürfnis des Tolinos auch deshalb. Die Frage, wie ich als Leserin von “Kunstvoll Morden” diesen Prolog einordnen sollte, zeigte sich jedoch erst am Ende.
Dies führte gewissermaßen zu meinem Unmut. Als Leserin konnte ich nach diesem Prolog schließlich davon ausgehen, dass zwei mir unbekannte Protagonisten hier, in den San Gabriel Mountains, eine Leiche verschwinden ließen. Davon hatte der Klappentext von “Kunstvoll morden” mir nichts angekündigt. Ich war verwundert, aber nun gut.
Zugegeben, angesichts des Titels des Auftakt-Krimis hätte ich davon ausgehen können und ausgehen müssen, dass in “Kunstvoll morden” auch eine Leiche gefunden wird oder sollte ich eher sagen, versteckt? Nach diesem düsteren, geheimnisvollen Prolog, wechselt die Szene von “Kunstvoll morden”. Oreg Rogerson führt seine Leser in einen Vorort von Los Angeles.
Ein Tag im Luxus: Morgenstimmung in Benedict Canyon
Benedict Canyon liegt im Westen von Los Angeles in Kalifornien. Hier leben Mike Greenwood und sein Lebensgefährte Alex Diamantis in einem exklusiven Anwesen. Eine Haushälterin und ein Gärtner leben mit ihnen zusammen und obwohl der Alltag der beiden recht luxuriös erscheint, sind sie sicher nicht die reichsten Bewohner der Nachbarschaft.
Auf den ersten Blick führen die beiden ihr Leben sowohl gut situiert als auch geordnet. Bei genauerer Betrachtung fällt auf, die beiden sind ganz schöne Paradiesvögel, aber dazu komme ich noch ausführlicher zu sprechen.
Aufbruch in einen vielversprechenden Tag
Mikes Tag startet mit Sport, einem typisch amerikanischen Frühstück und einem Smoothie. Alex erfreut sich ebenfalls am Frühstück. Beide besprechen ihre Pläne für den Tag. Mike muss sich unbedingt im Familienunternehmen sehen lassen und Alex, der als Personal Coach arbeitet, plant seine Klienten für den Tag. So weit, so vielversprechend.
Alles spricht dafür, dass es ein Tag wie jeder andere wird. Als Conchita eine Lieferung für Mr. Mike ankündigt, beichtet dieser seinem Partner ein Gemälde erworben zu haben. Angesichts der in Rechnung gestellten Summe schwindelt es Alex, aber sie sind zwar nicht knapp bei Kasse, aber er hatte gehofft, dass es seinem Freund gelänge dieses Bild günstiger vom Galeristen zu erwerben.
Doch dieser bestätigt die Summe und erfreut sich am Kauf des Bildes, das er sofort aufhängt und als lukrative Investition betrachtet, bevor er sich auf den Weg zum Unternehmen seiner Familie macht.
Mike und Alex: Leben und Liebe im exklusiven Anwesen
Mike und Alex sind seit einigen Jahren ein Paar. Mit Mikes Kauf des Gelben Zirkelkreises verkörpern beide die üblichen Paarstrukturen, was sehr gelungen ist, da hier unauffällig eine Rollenverteilung deutlich wird, die sich im Verlauf der Geschichte nicht groß verändert.
Dieses erste Kapitel las sich äußerst kurzweilig zumal die Figuren durch ihre Handlung und ihre Dialoge lebendig wurde, ohne dass dabei irgendwelche Längen entstanden. Allerdings wurde mir mit diesem Einstieg auch schnell klar, dass Oreg Rogerson wohl auch mit satirischen Elementen spielt und das gleich mehrfach.
So nimmt Oreg Rogerson zum Einen die High Society aufs Korn, was sich aber erst im Lauf der Handlung wirklich herausstellt. Da der Autor in diesem Auftakt nicht nur Satire anwendet, sondern durch Überzeichnung auch verschiedene Klischees herausarbeitet.
Die Ankunft des Gelben Zirkelkreises: Kunst als Investment
Ein typisches Klischee wird direkt als Motivation des Krimis betrachtet: Kunst als Investment. Vielleicht kennt ihr die Redewendung “Ist das Kunst oder kann das weg?”, die gerade im Umfeld von moderner Kunst manchmal ausgerufen wird. Auch Alex scheint es Angesichts des Gelben Zirkelkreises nicht anders zu gehen und so schaut er sich die neueste Errungenschaft seines Freundes Mike sehr genau an. Ist das Gemälde wirklich seinen Preis wert?
Er hat Zweifel. Eignet sich dieses Gemälde wirklich als Geldanlage? Eigentlich sieht man doch nur einen großen gelben Kreis. Alex betrachtet das Bild intensiv, er sucht das, was dieses Bild einmalig macht.
Zweifel an der Echtheit: Kunst und Täuschung im Buch “Kunstvoll morden”
Die Suche nach Einzigartigkeit dominiert diese Geschichte, denn Oreg Rogerson greift einem Magier nicht unähnlich die Idee von Schein und Realität auf. Fakt ist Mike hat in der Galerie von Herbert Seltman ein neues Bild erworben. Ihm wurde versichert, dass es sich bei diesem Gemälde und ein echtes Meisterwerk von dem ortsansässigen Künstler Walt Dermond handelt.
Doch stimmt das wirklich? Als Alex bei einem Spaziergang durch Westhollywood am Schaufenster der Galerie vorbeikommt, entdeckt er das mutmaßlich identische Bild noch einmal. Von Alex darauf angesprochen, bestreitet Herbert Seltman, dass es identisch sei. Die Bilder wären mit Sicherheit nur ähnlich und er, Seltman verkaufe nur Unikate. Doch Alex Zweifel, die sich durch sein brüskes Abstreiten noch verstärkt haben, kann er so nicht ausräumen.
Alex, der sich eigentlich mehr für Sport als für Kunst interessiert, beschließt der Sache auf den Grund zu gehen und sticht mit seinen Nachforschungen ins sprichwörtliche Wespennest …
Der rätselhafte Gelbe Zirkelkreis: Original oder Fälschung?
So, an dieser Stelle habe ich euch also die Ausgangslage von “Kunstvoll morden” vorgestellt. Ihr wisst nun, dass es um das Thema Kunstbetrug geht und an dieser Stelle möchte ich euch gar nicht soviel mehr erzählen. Denn dieser Krimi wartet nicht nur mit pointierten Dialogen und ungewöhnlichen Charakteren auf, sondern bietet auch sonst einige Überraschungen.
Fakt ist: Die Frage, ob es sich beim gelben Zirkelkreis um Original oder Fälschung handelt, lässt sich nicht so ohne weiteres beantworten. Ein Dermond-Kenner ist sich sicher, bei bei Mikes Bild handelt es sich um ein Original, aber auch der zweite gelbe Zirkelkreis, den die drei in London aufspüren, ist keine Fälschung. Alex Skepsis wächst weiter und tatsächlich stellt sich allen drei Männern schnell die Frage: Warum hat der Künstler selbst sein Bild dupliziert?
Spannungsaufbau und Konfliktpotenzial in “Kunstvoll morden”
Als ich begann “Kunstvoll morden” von Oreg Rogerson zu lesen, rechnete ich mit einem entspannten Krimiroman, der mich mit guten Dialogen und einem spannenden Fall unterhalten würde. Ich bekam einen Cozy Crime, wie gewünscht, mit spritzigen Dialogen, der mich mit einem ebenso ungewöhnlichen wie spannenden Fall überraschen konnte. Meine Erwartung wurde also erfüllt.
Tatsächlich waren die jeweiligen Protagonisten aber gleichzeitig herrlich überzeichnet – und ich rede hier nicht nur von Alex und Mike, dem schwulen Pärchen, das durch einen Zufall in einen ebenso spannenden wie ungewöhnlichen Fall hineingezogen wird, sondern auch von manchen illustren Freunden und einigen Kennern der Kunstszene oder auch Conchita und ihrem Ehemann.
Genau diese Satire macht diesen Krimi aber auch derartig speziell, dass sich der eine oder andere Leser hier nicht nur nicht unterhalten fühlt, sondern veralbert. Der eine oder andere Leser könnte diese Art von Humor als ein sich über die Protagonisten lustig machen verstehen. Ja, Oreg Rogerson balanciert mit der humorigen Ausgestaltung seiner Protagonisten als Paradiesvögel stets ein wenig am Abgrund zwischen gerade noch lustig und die Protagonisten verhöhnend.
Es ist ein Balanceakt, der hier das Konfliktpotential noch stärker herausstellt und den Spannungsbogen verstärkt. Persönlich kann ich sagen, dass mich diese satirischen Elemente nicht gestört haben, sondern vielmehr zu meiner Unterhaltung beitrugen. Allerdings wusste ich durch die Leseprobe genau, worauf ich mich einlasse.
Visuelle und atmosphärische Gestaltung von “Kunstvoll morden”
Wer hinter dem Cozy Crime “Kunstvoll morden” einen düsteren Krimi erwartet, liegt falsch. Das habt ihr sicher schon bemerkt. Die Atmosphäre dieses Reihenauftakts ist überaus ansprechend und lebendig. Dem Autor ist es nämlich gelungen einen überzeugenden Cozy Crime zu schreiben, der auch atmosphärisch etwas hermacht.
Die Villa im Vermissa Drive, das Leben mit Conchita und ihrem Mann, das alles klingt ansprechend und vielleicht würden wir alle als Leserinnen und Leser gerne mit Mike und Alex tauschen. Allerdings spielt Oreg Rogerson offensichtlich gerne mit Gegensätze und so spüren die beiden liebenswürdigen Hobbydetektive einige düstere Geheimnisse auf.
Mir als Leserin von “Kunstvoll morden” wurde ziemlich schnell vor Augen geführt, dass Schein und Realität manchmal nicht ganz zusammenpassen. Mit seinem Spiel irgendwo zwischen Schein und Wirklichkeit nimmt mich der Autor in “Kunstvoll morden” mit auf eine Reise von der Wahrheit des Einen und der Wahrheit des Anderen hin zu einem Mosaik, das die Wahrhaftigkeit dieser Szenen aufarbeitet und ein ganz neues, wahrhaftiges Bild malt, das die Geschichte von allen Seiten betrachtet.
Über den Autor Oreg Rogerson
“Oreg Rogerson ist Autor der turbulenten Cozy-Crime-Reihe rund um die beiden Privatermittler Alex und Mike, einem schwulen Paar aus der High Society von LA, die immer wieder durch Zufall in ebenso witzige wie spannende Abenteuer verwickelt werden.
Oreg Rogerson ist seit 2010 als Schriftsteller tätig und hat vor der High Society Crimes-Reihe in den Bereichen Krimi und Psychothriller veröffentlicht. Privat wohnt der gelernte Jurist in einem kleinen Dorf vor den Toren der Großstadt und lässt sich gerne vom Gegensatz zwischen beschaulichem Landleben und urbanem Treiben inspirieren.”
Fazit zu “Kunstvoll morden – High Society Crimes” von Oreg Rogerson
“Kunstvoll morden -High Society Crimes” war ein ungewöhnlich satirischer Krimi-Auftakt, der mir trotz etwaiger Klischees und Spielereien gut gefiel. Dieser Krimi amüsierte mich mit seinen humorvollen Facetten und regte mich mit seinen satirischen Elementen zum Nachdenken an.
Der Spannungsbogen in “Kunstvoll morden” überzeugte mich ebenfalls. Obwohl es sich nicht um einen echten Whodunnit-Fall handelte, entwickelte dieser Fall eine ungeahnte Sogwirkung, die weniger von der Frage “Wer war es?”, sondern von der Frage des “Warums?” getrieben wurde. Da man diese Fragen erst nach dem “Was ist geschehen?” und “Wie kam es dazu?” klären kann, gibt es hier nun einen Spannungsbogen der zu Beginn leichtfüßig erscheint und dann bis kurz vor dem Ende stetig anzieht.
Wer also einen klassischen Krimi erwartet, liegt falsch, denn die Verbindung aus ganz unterschiedlichen Elementen lockert die typische Struktur auf und macht diesen Krimi-Auftakt zu einem Erlebnis.
Obwohl “Kunstvoll morden” ein queerer Krimi ist, spricht der Autor mit diesem Roman nicht nur die queere Community an, sondern vielmehr alle, die Krimis mögen, die zum Mitdenken anregen. Obwohl es um Kunst geht, wird bei “Kunstvoll morden” nicht nur die Künstlerszene angesprochen, sondern vielmehr jeder, der die feine Grenze zwischen Schein und Wahrhaftigkeit zu schätzen weiß, denn eins dürfte nach diesem Krimi deutlich werden. Gefälscht wird nicht nur in der Kunstszene.
Mit Sicherheit spricht Oreg Rogerson mit diesem Krimi-Auftakt keinesfalls alle Thriller-Fans an, aber sofern du dich für Cozy Crime erwärmen kannst, solltest du dir “Kunstvoll morden” unbedingt ansehen.
Kunstvoll morden - High Society Crimes 1

"Kunstvoll morden - High Society Crimes 1" von Oreg Rogerson begegnete, als ich gerade auf der Suche nach einem starken und ebenso kurzen wie kurzweiligen E-Book war. Der Titel weckte meine Neugier und erinnerte mich irgendwie an "Mord in bester Gesellschaft". Auch der Klappentext sprach mich sofort an - es ging um scheinbar doppelte Kunstwerke - und so lud ich es mir wenig später auf meinen Tolino Epos.
URL: https://www.digital-publishers.com/de/romane/kunstvoll-morden-cosy-crime-ebook
Autor: Marie Lanfermann
Autor: Oreg Rogerson
ISBN: 978-3-98998-870-5
Veröffentlichungsdatum: 2025-06-05
Format: https://schema.org/EBook
4.6
Vorteile
- Pointierte, humorvolle Dialoge
- Ungewöhnliche, lebendige Charaktere
- Satirische Elemente und Gesellschaftskritik
- Kurzweiliger, zügig lesbarer Stil
- Abwechslungsreiche Schauplätze (San Gabriel Mountains, Benedict Canyon, L.A.)
- Überzeugender und stetig anziehender Spannungsbogen
- Unkonventioneller Cozy Crime mit Kunstthema
- Überraschende Wendungen
- originelles Motiv (Kunstfälschung, Schein vs. Wirklichkeit)
- Atmosphärisch dicht und bildhaft geschrieben
- Queere Hauptfiguren ohne aufgesetzte Klischees
- Vielschichtige Nebenfiguren (z.B. Conchita, Galerist Seltman)
- Eignet sich gut als kurzweilige Lektüre für zwischendurch
- Spiel mit Klischees und Überzeichnung auf witzige Art
- Regt zum Nachdenken über Wahrhaftigkeit und Betrug an
Nachteile
- Satirischer Humor könnte für manche Leser ins Lächerliche kippen
- Erwartung eines klassischen Krimis/Whodunnit wird nicht erfüllt
- Teilweise starke Überzeichnung der Figuren
- Einstieg mit düsterem Prolog irritiert im Verhältnis zum späteren Cozy Crime-Ton
- Klischees und Stereotype werden teils bewusst eingesetzt
- Konfliktpotenzial: schmaler Grat zwischen Satire und Verhöhnung der Figuren
- Wenig Fokus auf klassische Ermittlungsarbeit
- Weniger geeignet für Thriller-Fans, die düstere Spannung bevorzugen
- Kunstthema könnte Leser ohne Interesse an Kunst weniger ansprechen
- Relativ vorhersehbare Rollenverteilung im Hauptpaar