„Ganze Tage im Café“ von Solveig Jónsdottir erzählt die Geschichte von vier Frauen Hervör, Karen, Mía und Silja. Die alle zwar sehr unterschiedlich sind, jedoch auch zahlreiche Parallelen aufweisen. Als ich die Ankündigung für diesen Roman las, fand ich es sehr interessant und fand es besonders spannend, da dieser Roman in Island spielt. Das alleine macht noch keinen unterschied, jedoch spielt dieser Roman im Winter. Und genau diesem Grund war es für mich etwas Besonderes, denn der isländische Winter ist dunkel und kalt. Alle vier Frauen haben derzeit Beziehungsprobleme. Und einiges sorgt für zusätzliches Konfliktpotenzial.
Zu Beginn dieses Buches hat es mir auch große Freude bereitet, zur Mitte hingegen schwächt die Geschichte jedoch ein wenig ab, sie wird seicht. Irgendwie bekommt das Buch nicht den Schwung, den es bräuchte. Phasenweise entwickeln sich sogar ein paar Längen. Obwohl das Buch wirklich
viel versprechend begann, fehlt den Charakteren das gewisse Etwas. Man hat als Leser den Eindruck sie entwickeln sich nicht weiter. Die Protagonistinnen erscheinen meistens ein wenig vorhersehbar und irgendwie eindimensional. Wer an einem Buch das dreidimensionale Funkeln der Charaktere zu schätzen weiß, der wird an diesem Buch definitiv wenig Freude haben, wer jedoch auf der Suche nach flotter Unterhaltung zwischendurch ist, ist hier gut bedient. Das volle Konfliktpotenzial des Buches wird jedoch nicht ausgeschöpft. Auch wer eine Verbindung zu der klassischen Frauenunterhaltung (Chic Lit) zieht, ist hier falsch. Für mich ist dieses Buch als Roman nicht weiter zu klassifizieren. Einerseits ist dieses gut, andererseits weckt das Buch gewisse Erwartungen. Je nachdem wie diese angelegt sind, kann der Leser an der einen oder anderen Stelle enttäuscht werden.Meiner Meinung nach hätte es dem Roman gut getan, wenn man ihn ein wenig gestrafft hätte, das Ende hingegen hätte ruhig etwas ausführlicher sein dürfen. Unterhaltsam war er ja durchaus, zur reinen Unterhaltung auch sicherlich ganz brauchbar. Jedoch frage ich mich, ob Isländerinnen und Isländer, die diesen Roman lesen, vielleicht einen anderen Humor haben. Mir persönlich hat das Buch trotz aller Schwächen Spaß gemacht, jedoch würde ich es nicht zu den besten Büchern zählen, die die Bücherwelt derzeit zu bieten hat. Wenn man so will, kann man sagen, es ist ein guter Unterhaltungsroman.
Insoweit ist es eigentlich schade, denn aus der Thematik und aus der Parallelität hätte man vielleicht noch mehr herausholen können. Ich persönlich muss zugeben, dass ich mir von diesem Roman etwas völlig anderes erwartet hatte. Ich hatte diesen Roman nicht als klassischen Chic-Lit-Roman erwartet. Das ist auch auf gar keinen Fall, jedoch hatte ich mir mehr von dieser winterlichen Atmosphäre, von einem heimeligen Gefühl versprochen. Bei Hervör habe ich dieses Gefühl auch gehabt, wenn sie im Café gearbeitet hat, bei der anderen habe ich genau diese Atmosphäre weitestgehend vermisst. Alle Protagonistinnen waren so angelegt, dass sie verschiedene Konflikte hatten, aber ausgeschöpft wurde das volle Konfliktpotenzial nicht.